| Duisburg, 24. Januar 2015 - Unter diesem 
					Motto hatte Bernd Hänschke, Kantor der evangelischen 
					Friedenskirche, nach Oestrum eingeladen. Dort hinterließen 
					zwei sehr gute zeitgenössische Gitarristen einen 
					beeindruckenden Abriss über Kompositionen der Moderne für 
					ihr Instrument. Der langjährige Dozent an der Essener 
					Folkwang-Hochschule Leonhard Beck und Ralf Bauer, selbst 
					Komponist für Moderne Musik, bezauberten durch ihr 
					distinguiertes Gitarrenspiel die leider wenigen Zuhörer.
 Der inzwischen 72-jährige Leonhard Beck hatte zehn 
					Etüden eines katalanischen Komponisten, Emilio Pujol, der 
					1980 im Alter von 94 Jahren starb, ausgewählt - und es 
					entstanden zeitlos schöne Momente, weil diese Musik 
					impressionistische Züge annahm, wie man sie vom 
					französischen Komponisten Claude Debussy kennt. Beck 
					erklärte mit klarer Stimme geschichtliche Zusammenhänge zu 
					den Etüden, die ihm selbst als junger Gitarrenschüler zur 
					Übung dienten und 1935 im Druck erschienen sind: „Die Titel 
					sind erst im Nachlass von Pujol gefunden worden, ansonsten 
					waren die Stücke nur nummeriert.“
 Angefangen von „Zapateado“, 
					einem Schuhtanz, arbeitete Leonhard Beck mit schwierigsten 
					Akkordauflösungen lautmalerisch die Ganztonleiter Debussys 
					in dem Stück „Liebesgeschichte“ ab und es gab einen Anklang 
					katalanischer Folklore bei „Goyesca“ - oder ein Hauch der 
					verflossenen Spätromantik zog noch einmal in Tonfolgen durch 
					das Stück „Blauer See bei Nacht“.
 
 Aber der einstige 
					Professor in Essen weiß: „Die Musik ist das schwierigste 
					Instrument.“
 Und so variierte er sein Gitarrenspiel:  
					er ließ ein vertontes Gedicht seines Freundes Bernd Hänschke 
					als „Tönendes Licht“ am geistigen  Auge  seiner 
					Zuhörer durch das Halbdunkel der Oestrumer Kirche 
					vorbeiziehen - intoniert mit dem Feingefühl, mit dem es auch 
					der Autor komponiert hatte. Und verschiedene Sonette 
					Shakespears (12,18,66)  wurden durch die Kompositionen 
					seines 2006 verstorbenen Freundes Tilo Medek, Komponist für 
					neue Gitarrenmusik, in die Neuzeit überführt und im Sonett 
					Nr. 12 „Zähl ich die Glocke“ ahmte Leonhard Beck sogar im 
					Ausklang des Stückes den Schlag einer Kirchenglocke nach.
 
 Ralf Bauer könnte man ohne weiteres der „Neuen Abstruse“ 
					als Stilrichtung zurechnen, so witzig sind seine 
					Kompositionen und die Geschichten, die er dazu erzählt.
 „Wer nie in Spanien war, der ist kein Gitarrist“, behauptet 
					Bauer eingangs seines Stücks „Ein Hörspiel – für ein bis 
					zwei Gitarren“. Es geht da um eine fiktive Reise von Spanien 
					ins Tangoland Argentinien, zurück nach Europa, wo er auf 
					Findlinge trifft: „Zwei hatten ein kommunikatives Problem, 
					der weibliche Stein redete die ganze Zeit – der männliche 
					Teil hatte sich bereits einen getrunken, lag einfach da und 
					schnarchte.“ Und auch die musikalische Umsetzung dieser 
					hanebüchenen Story erfolgte genauso witzig und bekam noch 
					ungeahnte Tangorhythmik, als Leonhard Beck ihn mit seinen 
					Harmonien ergänzte. Ein Hauch von Hochkultur, die auch im 
					Foyer der Folkwang-Hochschule aufgeführt werden könnte.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
  
 
 
   
 
     
 
     
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
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