| Duisburg, 28. März 2015 - Was 
					machen, wenn es als mal nicht so richtig läuft in der 
					Beziehung? Man kann eine Auszeit nehmen – oder es mal mit 
					einer Paartherapie bei einem Psychotherapeuten versuchen. 
					Wenn dieser dann noch Dr. Rüdiger Leid heißt, ist das, was 
					sein Nachname verheißt, schon vorprogrammiert in dem 
					Theaterstück „Unbehandelt“. Doch keiner der mehr als 700 
					Zuschauer konnte sich so 'vernachlässigt' fühlen bei diesem 
					musikalischen Streifzug durch die vergangene Pop-Kultur der 
					80er-und 90er-Jahre:  Für jeden Geschmack war ein Titel 
					dabei, der dann von Live-Musikern mit Gitarre und Keyboards 
					angestimmt und  von den Schauspielern polyphon, ja fast 
					wie in einem Musical, gesungen wurde.
 
 Die Beziehung 
					der Akteure auf der Bühne war allerdings etwas diffus: Ein 
					hoch neurotischer Psychotherapeut Dr. Rüdiger Leid, sehr 
					egoman verkörpert von Rüdiger Rudolph, bekommt es in seinem 
					Tanztherapie-Seminar am Wochenende ebenfalls mit schwierigen 
					Fällen voll von psychosozialen Auffälligkeiten zu tun. Da 
					ist einmal Wolfgang, (so kalt wie das Bühnenbild mit seinen 
					faden Neonröhren agiert Heiko Senst in dieser Rolle), der 
					nun mal keine Gefühle zulassen und zeigen kann, und seine 
					rothaarige Frau Vera, sehr impulsiv emotional verkörpert von 
					Heike Trinker, die als Yoga-Lehrerin am liebsten in einem 
					Meer von Emotionen baden möchte.
 
 Die anderen 
					Teilnehmer sind die blonde Gabi (Anne Keßler), die nicht 
					richtig weiß, was sie will, ob es lieber ein Macho oder ein 
					Romantiker sein soll, und ihr Mann Frank, der eigentlich nur 
					authentisch sein kann.
 „Ich mag, aber keinen Mann, der 
					nach dem Sex weint“, sagt Gabi über ihren Partner – und so 
					ufern unterschwellige Konflikte langsam aus. Zumal der 
					Psychotherapeut darauf drängt: „Kehrt euer Innerstes nach 
					Außen, lasst euren Gefühlen freien Lauf, schreit es 
					heraus!“, befiehlt er der kleinen Runde, die anfangs noch in 
					Hufeisenform sitzt.
 Doch nach seinem Kommando tanzen die 
					Schauspieler wild durcheinander, spätestens nach dem Titel 
					„Major Tom – Völlig Losgelöst“ im Original von Peter 
					Schilling, ist keiner mehr, der er vorher war, die 
					Schauspieler schweben durcheinander als wären sie auf der 
					ISS. Dann erklärt Wolfgang seiner Vera in windigen 
					Tanzschritten, dass er mehr Sex braucht, und beide liegen 
					bei dem ominösen Titel „Out of the dark“, der von Falco im 
					Original gesungen wurde, in eindeutiger Pose aufeinander.
 
 Der Therapieansatz des durchgedrehten Psychotherapeuten 
					greift am Ende: Alle Teilnehmer landen irgendwann in ihrer 
					frühkindlichen Phase und erzählen über gestörte 
					Mutter-Vater-Konstellationen – und dass obwohl Dr. Rüdiger 
					Leid in einem ironischen Song seine Lehre über die von C.G. 
					Jung oder Sigmund Freud erhoben hat.
 
 Am Schluss des 
					Stücks gibt es ein geballtes Neue Deutsche Welle -Feuerwerk: 
					Titel wie „Dicke“, „Ich will Spass“ „Goldene Reiter“, bis 
					hin zu „It's a man's man's world“ und „Everybody needs 
					somebody to love“ reißen das Publikum emotional mit. Unklar 
					bleibt allerdings, inwiefern die zu behandelnden Akteure von 
					diesem mysteriösen Dr. Leid geheilt worden sind – das 
					Publikum jedenfalls war geläutert ob der musikalischen 
					Vielfalt, applaudierte lange und forderte eine Zugabe.
 
 
 
 
 
					
 
 
 
 
 
   
 
 
 
 
 
					
 
 
 
 
 
 
 
 
   
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
  
 
 
   
 
     
 
     
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
   |