Duisburg, 7. Mai 2024 - Zum „Tag gegen
den Schlaganfall“ am 10. Mai erklären Prof. Dr. Wilhelm
Nacimiento, Chefarzt der Klinik für Neurologie,
Neurologische Frührehabilitation mit überregionaler Stroke
Unit, sowie Dr. Martina Nolden-Koch, Leitende Oberärztin der
Stroke Unit an den Sana Kliniken Duisburg, im Gespräch, wie
man frühe Anzeichen eines Schlaganfalls erkennt, welche
Folgen in vielen Fällen auftreten und welche Hilfsangebote
es für Angehörige gibt.
Interessierte können sich
darüber hinaus bei einer Informationsveranstaltung
am 5. Juni 2024 im Hörsaal am Standort Wedau umfassend
informieren und mit den Expertinnen und Experten
der Sana Kliniken Duisburg und Mitgliedern der
Selbsthilfegruppen Schlaganfall und Aphasie sowie des
regionalen Schlaganfallbüros der Stiftung Deutsche
Schlaganfall-Hilfe sprechen.
Nach Angaben der
„Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe“ erleiden rund 270.000
Menschen jedes Jahr in Deutschland einen Schlaganfall. Mit
den Folgen sehen sich etwa fünf Millionen Menschen
konfrontiert: die Patientinnen und Patienten selbst, aber
auch nahestehende Angehörige, die sich um die Pflege der
Betroffenen kümmern.
Informationsveranstaltung “Schlaganfall - was kommt danach?”
Mittwoch, 05. Juni 2024 - 15.30 bis 17.00 Uhr im
Hörsaal der Sana Kliniken Duisburg (Zu den Rehwiesen 9 bis
11, 47055 Duisburg) Eine Anmeldung ist nicht
erforderlich. Die Veranstaltung ist kostenfrei.
Fest steht: Ein Schlaganfall kann mit sehr
unterschiedlichen und vielfältigen Einschränkungen
einhergehen. Je nachdem, welcher Gehirnbereich in
Mitleidenschaft gezogen wird, müssen Betroffene teilweise
mit schweren Behinderungen leben und benötigen nicht selten
pflegerische Unterstützung.
Was ist ein
Schlaganfall und warum zählt jede Minute? Prof.
Dr. Nacimiento: „Ein Schlaganfall ist eine plötzlich
auftretende Durchblutungsstörung in bestimmten Abschnitten
des Gehirns. Es gibt zwei Formen: Einen Hirninfarkt, bei dem
Arterie verschlossen ist, die das Hirngewebe versorgt. Und
eine Hirnblutung, bei der eine Arterie platzt. In beiden
Fällen erhalten Nervenzellen im Gehirn nicht mehr genug oder
zu wenig Sauerstoff und Nährstoffe. Dadurch können sie
absterben und dann ihre Funktion natürlich nicht mehr
ausüben. Daraus resultieren häufig neurologische
Ausfallserscheinungen wie Lähmungen oder Sprachstörungen.
Für eine mögliche Therapie ist die Zeit entscheidend: Je
früher ein Schlaganfall erkannt und behandelt wird, umso
größer sind die Chancen auf einen Rückgang der
neurologischen Ausfallserscheinungen.“
Woran erkenne ich einen Schlaganfall? Dr.
Nolden-Koch: „Bei folgenden Anzeichen sollte unverzüglich
der Rettungsdienst alarmiert werden: plötzliche
Sehstörungen, Doppelbilder, Lähmungserscheinungen, besonders
wenn sie einseitig auftreten, Sprach- und
Sprachverständnisstörungen, Taubheitsgefühle einer
Körperseite, plötzlich aufgetretene starke Kopfschmerzen,
Schwindel mit Gangunsicherheit,
Koordinationsschwierigkeiten. Welche Symptome auftreten,
hängt allerdings davon ab, welcher Teil des Gehirns
betroffen ist. Um die Situation besser einschätzen zu
können, hilft der sogenannte "BEFAST-Test.“
Worum handelt es sich bei diesem Test?
Dr. Nolden-Koch: „BEFAST steht hier für die
Anfangsbuchstaben der englischen Wörter ‚balance‘, ‚eyes‘,
‚face‘, ‚arm‘, ‚speech‘ und ‚time‘ – also ‚‘Gleichgewicht‘,
‚Augen‘, Gesicht‘, ‚Arm‘ ‚Sprache‘ und ‚Zeit‘. Diese
Begriffe helfen, mögliche Schlaganfall-Symptome schnell
abzuklären. Hat die Person Probleme mit dem Gehen oder ist
sie dabei auf eine Seite geneigt? Liegt eine Sehstörung oder
Sichtfeldeinschränkung vor? Bitten Sie die betroffene
Person, zu lächeln. Hängt ein Mundwinkel herab, deutet das
auf eine Halbseitenlähmung des Gesichts hin. Bitten Sie die
Person, die Arme nach vorne zu strecken und dabei die
Handflächen nach oben zu drehen. Bei einer Lähmung können
nicht beide Arme gehoben werden. Lassen Sie die Person einen
einfachen Satz nachsprechen. Ist sie dazu nicht in der Lage
oder klingt die Stimme verwaschen, liegt vermutlich eine
Sprachstörung vor. Und zum Schluss noch ein Tipp zur Zeit:
Zögern Sie nicht, sondern wählen
Sie unverzüglich die 112 und schildern Sie die Symptome und
den Verdacht auf einen Schlaganfall.“
Was
sollte ich tun, wenn ich den Rettungsdienst verständigt
habe? Prof. Dr. Nacimiento: „Am wichtigsten ist
es, ruhig zu bleiben. Beobachten Sie die betroffene Person
und beruhigen sie sie. Sie sollte zu ihrer Sicherheit
aufgrund möglicher auftretender Schluckbeschwerden nichts
essen oder trinken bis abgeklärt ist, ob tatsächlich ein
Schlaganfall vorliegt.“
Wie geht es dann
weiter? Prof. Dr. Nacimiento: „Liegt der
Verdacht auf einen Schlaganfall vor, wird die Person in ein
Krankenhaus mit einer sogenannten ‚Stroke Unit‘ gebracht.
Diese Abteilungen sind auf die Diagnose und Behandlung von
Schlaganfallpatienten spezialisiert. Hier wird unverzüglich
geklärt, ob ein Schlaganfall vorliegt und ob eine
Akuttherapie zur Wiedereröffnung verschlossener Hirngefäße
möglich ist, die nur in der sehr frühen Phase nach Beginn
der Symptomatik durchgeführt werden kann.“
Was ist entscheidend für eine erfolgreiche
Weiterbehandlung? Dr. Nolden-Koch: „In erster
Linie eine schnelle und vor allem gezielte Behandlung. In
der ‚Stroke Unit‘ klären wir zum einen die Ursache, um durch
eine adäquate Therapie weitere Schlaganfälle zu verhindern.
Außerdem beginnen wir umgehend mit den Akutbehandlungen.
Dazu gehören verschiedene Maßnahmen im Rahmen einer
frühzeitigen Rehabilitation wie Logopädie, Physiotherapie
und Ergotherapie. Eine begonnene medikamentöse Therapie zur
Verhinderung eines weiteren Schlaganfalls muss häufig
lebenslang fortgeführt werden.“
Wieso ist
eine frühzeitige Rehabilitation so wichtig?
Prof. Dr. Nacimiento: „Sie ist ein ganz entscheidender
Faktor für die Genesung bzw. Teilerholung – auch hier gilt:
je früher, desto besser. Nach einem Schlaganfall ist es für
die meisten Betroffenen wichtig, ihre Bewegungsfähigkeit und
Sprache sowie ihre Selbstständigkeit wiederzuerlangen oder
zumindest einen Teil davon. Diese beginnt schon während der
Behandlung auf der ‚Stroke Unit‘ und wird bei Bedarf
anschließend in einer Rehaklinik stationär oder ambulant
fortgesetzt.“
Haben Sie Tipps für
Angehörige? Dr. Nolden-Koch: „Ein Schlaganfall
führt manchmal zu massiven Einschränkungen der
Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Die
Pflege findet langfristig meist durch die Familie bzw. den
Partner oder die Partnerin zu Hause statt. Da der
Schlaganfall in der Regel aus heiterem Himmel kommt, haben
die Angehörigen keine Zeit, sich auf die neue
Lebenssituation vorzubereiten. Die ‚Stiftung Deutsche
Schlaganfall-Hilfe‘ rät Angehörigen vor allem zu drei
Dingen: 1. Informieren Sie sich ausführlich über den
Schlaganfall und seine Folgen, um besser auf die betroffene
Person eingehen zu können und sie gut zu fördern. 2.
Achten Sie bei allem Einsatz auch auf sich selbst, gönnen
Sie sich Auszeiten und gehen Sie weiter eigenen Interessen
nach. 3. Nehmen Sie Kontakt zu anderen Betroffenen und
Angehörigen auf, um Erfahrungen auszutauschen und sich
gegenseitig zu unterstützen.“ Prof. Dr. Nacimiento: „In
unserem Haus unterstützen die Kolleginnen und Kollegen der
Familialen Pflege Betroffene und vor allem auch deren
Angehörigen.“
Welche Risikofaktoren können
zu einem Schlaganfall führen? Prof. Dr.
Nacimiento: „Ein hoher Blutdruck ist mit großem Abstand der
größte Risikofaktor. Weitere Faktoren sind erhöhte
Blutzuckerwerte bei Diabetes mellitus, erhöhte Blutfette
sowie das Rauchen.“
Haben ältere Menschen
ein erhöhtes Risiko? Dr. Nolden-Koch: „Das
Alter ist der einzige nicht beeinflussbare Risikofaktor.
Aufgrund der demographischen Entwicklung sehen wir viele
Schlaganfälle bei älteren Menschen, dennoch erleiden auch
jüngere Menschen aufgrund von seltenen Ursachen
Schlaganfälle, sodass ein junges Alter kein
Ausschlusskriterium für einen Schlaganfall ist.“
Kann man einem Schlaganfall vorbeugen?
Prof. Dr. Nacimiento: „Ein optimal eingestellter Blutdruck
und Blutzucker, regelmäßige Bewegung, Nichtrauchen sowie
eine gesunde und ausgewogene Ernährung verringern die
Risikofaktoren deutlich. Daher ist eine Aufklärung der
Menschen besonders wichtig. Natürlich ist es gut, wenn sie
wissen, wie sie im Notfall richtig reagieren – aber viele
Risikofaktoren könnten im Vorfeld minimiert werden.“
Dr. Nolden-Koch: „Aus diesem Grund bieten wir regelmäßig
Informationsveranstaltungen an, um Patienten und
Angehörigen, aber auch die breite Öffentlichkeit zu
informieren: über unsere Therapieangebote und
Behandlungsmöglichkeiten sowie über allgemeine Themen rund
um den Schlaganfall. Die Informationsveranstaltung am 5.
Juni wird von unserem Neuro-Zentrum organisiert; hier sind
alle Fachdisziplinen beteiligt, die an der Diagnostik und
Therapie des Schlaganfalls mitwirken: Neurochirurgie,
Neuroradiologie, Geriatrie und Neuropädiatrie.“
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