Duisburg, 3. Mai 2023 -
Photovoltaikanlagen boomen. Viele Hauseigentümerinnen und
Hauseigentümer planen derzeit die Anschaffung einer Anlage,
um günstigen Solarstrom zu erzeugen. Allerdings halten sich
noch immer einige falsche Vorstellungen in den Köpfen der
Deutschen. Werden sie nicht berichtigt, kann das zur
Enttäuschung bei den Käuferinnen und Käufern führen. Darauf
weist das Photovoltaik-Netzwerk Baden-Württemberg hin und
räumt mit den wichtigsten Mythen auf.
Zu ihnen gehört etwa die Annahme, dass Süddächer am besten
geeignet sind. Die Wirtschaftlichkeit von Batteriespeichern
wird ebenfalls oft falsch eingeschätzt. Auch ist man mit
Solaranlage und Speicher meist nicht autark. Das
Photovoltaik-Netzwerk wird koordiniert von der
Landesenergieagentur KEA-BW und dem Solar Cluster
Baden-Württemberg.
Eine Solarstromanlage ist für Eigenheimbesitzerinnen und
-besitzer lohnend. Sie erzeugt günstigen Strom für die
Waschmaschine, den Kühlschrank und sogar das Elektroauto.
Was nicht selbst verbraucht werden kann, wird gegen eine
Vergütung in das Netz eingespeist. Insgesamt führt dies
trotz gestiegener Anlagenpreise und einer geringen
Einspeisevergütung zu einer ordentlichen Rendite. Mit der
eigenen Photovoltaikanlage auf dem Dach wird man zudem
unabhängiger vom öffentlichen Stromversorger und leistet
einen Beitrag zur Energiewende. Es gibt jedoch noch immer
einige Photovoltaikmythen.
Mythos 1: Süddach-Anlagen sind lukrativer
Das stimmt nicht.
Richtig ist: Von der Ausrichtung der Solarmodule hängt es
ab, wie viel Strom die Photovoltaikanlage erzeugt. Optimal
für die maximale Solarausbeute sind Süddächer mit einer
Neigung von 30 Grad. Dann ist der Jahresertrag der Anlage am
höchsten.
Eigenverbrauch lukrativer
Wirtschaftlicher ist jedoch, den Strom dann zu ernten, wenn
er direkt genutzt werden kann. Dafür eignet sich eine
Ost-West-Ausrichtung, bei der man die Anlage auf beiden
Seiten des Daches anbringt. Der solare Ertrag liegt hier
zwar „nur“ bei 80 bis 90 Prozent. Dafür erzeugen
Ost-West-Anlagen den Sonnenstrom kontinuierlicher über den
Tag – weniger mittags und mehr morgens und nachmittags. So
können Anlagenbetreiberinnen und -betreiber einen größeren
Teil des Stromverbrauchs mit günstigen Solarstroms vom Dach
decken, was den Einkauf von teurem Strom aus dem Netz
stärker reduziert.
Grundsätzlich gilt: Da der Eigenverbrauch lukrativer ist als
die Einspeisung in das Netz, erhöht das die
Wirtschaftlichkeit der Anlage. Ausnahme: „Wer eine
Wärmepumpe und eine Photovoltaikanlage betreibt, hat bei
Montage der Solaranlage auf der Südseite des Daches
Vorteile“, sagt Tina Schmidt vom Photovoltaik-Netzwerk
Baden-Württemberg. „Sie erzeugt in den kurzen Wintertagen,
wenn die Wärmepumpe viel Strom zum Heizen benötigt, mehr
Solarstrom als eine Ost-West-Anlage. Das verbessert die
Wirtschaftlichkeit.“
Mythos 2: Nur mit Solarstromspeicher lohnt sich die
Photovoltaikanlage
Falsch.
Die Solaranlage lohnt sich bereits ohne Batteriespeicher.
Mit Batterie verschlechtert sich die Rentabilität sogar, da
die Solarstromspeicher für kleinere Wohngebäude meist noch
nicht wirklich wirtschaftlich sind.
Grundsätzlich gilt: Je höher der Anteil des Solarstroms am
selbst verbrauchten Strom ist, desto höher ist der
Gesamtgewinn der Photovoltaikanlage. Ihn mit Batterien zu
erhöhen, lohnt sich aufgrund der zu hohen Speicherkosten
noch nicht.
Inzwischen gibt es bereits Systeme, deren Kosten inklusive
Leistungselektronik rund 800 Euro pro Kilowattstunde
Speicherkapazität betragen. Unterhalb dieser Schwelle sind
die Powerpakete wirtschaftlich – vorausgesetzt, die
Lebensdauer der Speicher beträgt 20 Jahre. Halten die
Geräte, wie garantiert, nur zehn Jahre, rechnen sich die
Speicher nicht.
Anders aussehen kann es bei Solarstromspeichern, die noch
zusätzliche Aufgaben z.B. für den Betrieb des öffentlichen
Stromnetzes oder eine Notstromversorgungssicherheit
übernehmen.
Mythos 3: Autarke Stromversorgung mit Photovoltaik
und Speicher
Dies ist ein auffällig häufiger Irrglaube.
Die Photovoltaikanlage und der Batteriespeicher können in
aller Regel nur einen Teil des Strombedarfs im Haushalt
decken. Je nach Größe der Anlage und des Speichers sowie des
Stromverbrauchs liegt der typische Unabhängigkeitsgrad
zwischen 30 und 90 Prozent. Insbesondere in den Monaten
November bis Februar reicht der Solarstrom vom Dach nicht
für den gesamten Bedarf im Haus aus. Die Bewohnerinnen und
Bewohner müssen dann zusätzlich Strom aus dem Netz beziehen.
Im Sommer jedoch kann die Anlage mehr Strom erzeugen als
verbraucht und in der Batterie gespeichert werden kann.
„Eine Einspeisung des Überschussstroms in das Netz ist dann
auch wirtschaftlich äußerst sinnvoll – und der
Autarkiegedanke unvernünftig“, erklärt Hans-Joachim Horn,
Solarfach- und Energieberater vom regionalen
Photovoltaik-Netzwerk Hochrhein-Bodensee. „Eine wirkliche
Autarkie, also die komplette Versorgung des Haushaltes zu
jeder Zeit aus der eigenen Anlage mit Batteriespeicher ist
zwar technisch möglich, aber extrem aufwendig und teuer.“
Mythos 4: Balkonsolaranlage schützt vor Stromausfall
Balkonsolaranlagen lohnen sich insbesondere für Mieterinnen
und Mieter sowie Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer.
Sie können bei einem Umzug einfach mitgenommen und auch im
Garten aufgestellt werden. Aktuell sind schon rund 400.000
der kleinen Steckersolargeräte in Deutschland in Betrieb.
Sie bestehen üblicherweise aus ein bis zwei Solarmodulen,
einem Kleinwechselrichter und dem Anschlusskabel an eine
Steckdose. Dass Balkonsolarmodule vor einem Stromausfall
schützen, stimmt aber nicht. Bei einem Stromausfall schaltet
sich der Wechselrichter der Balkonsolaranlage innerhalb
Sekundenbruchteile aus Sicherheitsgründen automatisch ab.
Das Steckersolargerät kann dann keinen Strom mehr in das
Haushaltsstromnetz einspeisen.
Für eine Ersatzstromversorgung bräuchte man einen
Stromspeicher mit speziellem Wechselrichter. Für die kleinen
Balkon-Steckersolargeräte, die viel weniger Strom erzeugen
als Dachanlagen, lohnt sich ein Speicher jedoch nicht. Er
könnte die elektrischen Geräte im Haushalt auch gar nicht
vollständig versorgen.
Mythos 5: Photovoltaikanlagen stellen eine
Brandgefahr dar
Dass eine Photovoltaikanlage ein Brandrisiko darstellt, ist
eine immer noch weit verbreitete Befürchtung. Doch dies ist
nicht richtig.
Die Brandgefahr erhöht sich durch eine Photovoltaik-Anlage
nicht nennenswert. Die Statistik zeigt dies eindrücklich:
Nur 0,006 Prozent der Photovoltaikanlagen waren Ursache für
einen Brand mit größerem Schaden, hat das
Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE für den
Zeitraum von 1994 bis 2013 herausgefunden. Das sind sechs
von 100.000 Anlagen. In den zehn Jahren danach hat sich
daran nichts Grundlegendes geändert.
Auch die Vorstellung, dass die Feuerwehr Häuser mit
brennenden Solaranlagen nicht löscht, da die Anlagen unter
Strom stehen, entspricht nicht heutigem Stand. „Die
Feuerwehr löscht selbstverständlich auch in Brand geratene
Häuser mit Photovoltaikanlagen“, sagt Antonia Gordt vom
Photovoltaik-Netzwerk. „Löschen mit Wasser ist entweder mit
Vollstrahl aus fünf Metern oder mit Sprühstrahl aus einem
Meter Entfernung möglich.“
Noch ein Wort zum Recycling
Dass Solarmodule nicht recycelt werden, stimmt nur
teilweise. Es gibt bereits ein bundesweites Sammel- und
Recyclingsystem, dem sich viele Hersteller angeschlossen
haben. Es heißt PV-Cycle. Betreiber von Photovoltaikanlagen
können Module der Mitgliedsunternehmen nach Ablauf der
Lebenszeit oder auch beschädigte Module an einer der
Sammelstellen kostenlos abgeben.
Welche Marken das sind und wo sich die nächste Sammelstation
befindet, steht auf der Internetseite von PV-Cycle. Recycelt
werden aktuell die Solarmodulbestandteile Glas und
Aluminium. Die Verwertung von Silizium und anderen Metallen
ist technisch möglich, jedoch erfolgt sie aus
wirtschaftlichen Gründen aktuell noch nicht.
Forschungsvorhaben arbeiten aber daran, die vollständige
Verwertung in die Praxis zu bringen, so etwa das Projekt
ReSi-Norm.
Das Photovoltaik-Netzwerk Baden-Württemberg
gibt neue Impulse für den Ausbau der Sonnenstromnutzung im
Südwesten, bringt Akteure zusammen und unterstützt so die
Energiewende in allen zwölf Regionen Baden-Württembergs. Als
Anlaufstelle richten sich die regionalen Netzwerke an
Kommunen, Unternehmen, Landwirte, Umweltschutzverbände,
Bürgerinnen und Bürger sowie weitere Institutionen. Alle
Interessierte, Institutionen und Unternehmen sind
eingeladen, sich einzubringen und das Netzwerk zu nutzen.
Mit Informations- und Fachveranstaltungen, Beratung,
Öffentlichkeitsarbeit und Wissens- und Erfahrungsaustausch
sollen Vorbehalte abgebaut und die klimafreundliche
Energiebereitstellung direkt vor Ort beschleunigt werden.
Landesweit koordiniert wird das Netzwerk vom Solar Cluster
Baden-Württemberg und der KEA Klimaschutz- und
Energieagentur Baden-Württemberg. Die zwölf regionalen
Netzwerke werden von Akteuren vor Ort - insbesondere
Energie- und Klimaschutzagenturen sowie Hochschulen und
Wirtschaftsförderungen - organisiert.
Aktuell sind mehr als
400 Institutionen und Unternehmen im landesweiten Netzwerk
aktiv. Das PV-Netzwerk BW wird vom Umweltministerium
Baden-Württemberg gefördert.
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