Duisburg, 05. April 2016 - In zwei
weiteren am Landgericht Duisburg laufenden Zivilverfahren
wegen der tragischen Ereignisse bei der Loveparade 2010 hat
das Gericht Termine zur mündlichen Verhandlung bekannt
gegeben. Am 11. Mai 2016 beginnen vor der 10. Zivilkammer
die Verhandlungen über die Klagen einer 48-jährigen Frau aus
Essen (Sitzungsbeginn 9:00 Uhr) und einer 30-jährigen Frau
aus Melle (Sitzungsbeginn 10:30 Uhr).
Beide Klagen richten sich gegen die Lopavent GmbH als
Veranstalterin, deren Ge- schäftsführer, die Stadt Duisburg
und das Land Nordrhein-Westfalen. Bei der
Loveparade-Veranstaltung am 24. Juli 2010 kam es zu einem
Gedränge, durch das 21 Menschen getötet und zahlreiche
verletzt wurden. Die 48 Jahre alte Essenerin verlangt ein
Schmerzensgeld in Höhe von 80.000 Euro sowie Schadensersatz
in Höhe von 93.000 Euro.
Sie gibt an, sie habe sich im Gedränge befunden und sei dort
gestürzt. Andere Veranstaltungsteilnehmer seien über sie
hinweg gelaufen. Neben einer Schulterverletzung und einer
Vielzahl an Prellungen habe sie insbesondere eine
posttraumatische Belastungsstörung erlitten. Vorgerichtlich
hat die Versicherung der Veranstalterin an sie 26.800 Euro
gezahlt.
Die 30 Jahre alte Klägerin aus Melle verlangt Schmerzensgeld
und Schadensersatz in Höhe von insgesamt 65.000 Euro. Sie
gibt an, sich im Gedränge befunden zu haben. Sie sei nicht
in der Lage gewesen, sich selbstständig zu bewegen. Sie habe
im Gedränge auf dem Boden liegende Personen und später Tote
und Verletzte gesehen. Nach dem Unglück habe sie als
ausgebildete Intensivkrankenschwester anderen Verletzten
geholfen. Aufgrund der Vorfälle habe sie eine posttraumati-
sche Belastungsstörung erlitten. Vorgerichtlich hat die
Klägerin von der Versicherung der Veranstalterin 14.212 Euro
sowie von der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen 20.000 Euro
erhalten.
Die Klägerinnen meinen, die L. GmbH habe die Veranstaltung
fehlerhaft geplant und durchgeführt, die Stadt Duisburg habe
eine fehlerhafte und rechtswidrige Baugenehmigung erteilt
und die als Sicherheitskräfte eingesetzten Polizeibeamten
des Landes Nordrhein-Westfalen hätten Fehler begangen. Dies
habe zu dem Gedränge und damit zu den von ihnen erlittenen
Schäden geführt.
Die Beklagten treten dem entgegen und bestreiten das
Vorliegen und den Umfang der Schäden. Das Gericht hat in
jedem dieser Zivilverfahren zu entscheiden, ob der
jeweiligen Klägerin Schadensersatz und Schmerzensgeld
zusteht. Eine Aufklärung der Ereignisse wird dabei insoweit
erfolgen, wie dies für die Streitentscheidung im konkreten
Einzelfall erforderlich ist. In der Verhandlung wird das
Gericht die Sach- und Rechtslage mit den Anwälten
diskutieren und gegebenenfalls die Möglichkeit einer
gütlichen Einigung besprechen. Eine Beweiserhebung ist in
den angesetzten Terminen nicht vorgesehen. Das Gericht hat
aber in beiden Fällen das persönliche Erscheinen der
Klägerinnen angeordnet.
Kommt es zu einer abschließenden Entscheidung, so wird diese
üblicherweise nicht an dem Tag der Verhandlung selbst,
sondern erst einige Wochen später getroffen und bekannt
gegeben. Dieser sogenannte Verkündungstermin wird zum
Schluss der jeweiligen Sitzung bestimmt.
Aktenzeichen 10 O 238/14 und 10 O 369/14
Hintergrund: Überblick über die
Loveparade-Zivilverfahren
(Stand: 5. April 2016) In den Jahren 2010 bis
2015 wurden bei dem Landgericht Duisburg insgesamt 26
Zivilverfahren eingeleitet, die die tragischen Ereignisse
anlässlich der Loveparade-Veranstaltung 2010 zum Gegenstand
haben. Es wurden 13 Klagen erhoben und 12 Anträge auf
Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt. Darüber hinaus
wurde ein selbstständiges Beweisverfahren eingeleitet, das
durch Rücknahme des Antrags aber bereits erledigt ist.
Die Klagen bzw. Prozesskostenhilfeanträge verfolgen das
Ziel, Schadenersatzansprüche und Schmerzensgeld gerichtlich
geltend zu machen. Sie richten sich – in unterschiedlichen
Kombinationen – gegen die Veranstalterin Lopavent GmbH,
ihren Geschäftsführer, die Stadt Duisburg sowie das Land
Nordrhein-Westfalen. Aktuell werden noch zwölf Verfahren
geführt, darunter zehn Klagen und zwei Anträge auf
Prozesskostenhilfe.
Die übrigen Verfahren sind entweder durch Vergleich,
Klageabweisung oder endgültige Versagung von
Prozesskostenhilfe in der Beschwerdeinstanz beendet worden.
In zwei der noch anhängigen Klageverfahren finden am 11. Mai
2016 die mündlichen Verhandlungen statt. In den übrigen
Verfahren werden entweder noch Vergleichsverhandlungen
geführt, sind noch weitere Schriftsätze der Parteien
erforderlich oder es ist mit der Bestimmung und eines
Termins zur mündlichen Verhandlung zu rechnen.
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