Duisburg, 17. April 2019 - Die
Staatsanwaltschaft hat heute dem Vorschlag des Landgerichts,
das Strafverfahren gegen die drei verbliebenen Angeklagten
gemäß § 153 Abs. 2 StPO einzustellen, zugestimmt. Angesichts
der schweren Folgen der Tragödie – 21 Tote, mehr als 650
Verletzte – und des damit verbundenen Leids ist uns diese
Entscheidung nicht leicht gefallen. Unter Berücksichtigung
der Gesamtumstände erscheint uns aber nunmehr eine
Einstellung des Verfahrens im Ergebnis vertretbar.
Dabei geht die Staatsanwaltschaft – bei vorläufiger
Bewertung des Beweisergebnisses – ebenso wie das Gericht
davon aus, dass sich der hinreichende Tatverdacht gegen die
drei Angeklagten bestätigt hat. Vorbehaltlich der
Verjährungsproblematik wäre daher ein Tatnachweis in der
Hauptverhandlung wahrscheinlich.
Die Gründe, die
dazu geführt haben, dass die Zustimmung zur Einstellung des
Verfahrens dennoch erteilt wurde, sind vielfältig und können
aufgrund der Komplexität des Verfahrens an dieser Stelle
nicht abschließend dargestellt werden. Insofern wird
ergänzend auf die Aus-führungen im anliegenden Handout Bezug
genommen.
Folgende Erwägungen sind aber
wesentlich: Durch die bisherige Beweisaufnahme
sowie das vorläufige schriftliche Gutachten des
Sachverständigen Prof. Dr. Gerlach konnten die
entscheidenden Ursachen für das Unglück aus Sicht der
Staatsanwaltschaft herausgearbeitet werden. Diese liegen in
der fehlenden Eignung des Veranstaltungsraumes und des
Veranstaltungskonzeptes für eine Veranstaltung dieser
Größenordnung sowie in einer fehlerhaften Steuerung der
Besucherströme am Veranstaltungstag.
Dafür waren
jedenfalls überwiegend die Angeklagten verantwortlich. Sie
haben daher ursprünglich nicht nur eine geringe
hypothetische Schuld auf sich geladen. Zu ihren Gunsten ist
hingegen zu berücksichtigen, dass es sich – nach den
Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Gerlach – um ein
multikausales und im Einzelnen nur sehr schwer
vorhersehbares Geschehen handelte. Die Angeklagten sind
strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten, sie sind durch
die jahrelan-ge öffentliche Diskussion über das Verfahren
und ihre Rolle darin sowie die lange Verfahrensdauer
erheblich belastet.
Für die Beantwortung der Frage,
ob ein den Angeklagten anzulasten-des Verschulden im Sinne
von § 153 StPO gering ist, darf überdies nicht allein auf
den Tatzeitpunkt abgestellt werden, vielmehr ist auch der
aktuelle Verfahrensstand maßgeblich. Demzufolge sind heute
wesentliche Faktoren zu berücksichtigen, die in der
Vergangenheit noch nicht vorlagen, sich nunmehr aber
erheblich auswirken.
Im Einzelnen:
Seit der Teileinstellung des Strafverfahrens im
Februar 2019 hinsichtlich der früheren sieben Mitangeklagten
ist ein weiteres, die Angeklagten in ihrer Lebensgestaltung
deutlich belastendes Jahr mit zahlreichen weiteren
Hauptverhandlungsterminen vergangen. Durch die
Corona-Pandemie ist eine konkrete Gefährdung zahlreicher
Verfahrensbeteiligter und auch der an den Sitzungen
teilnehmenden Öffentlichkeit mit ganz erheblichen
Gesundheitsrisiken eingetreten. Diese Gefährdung wird – wie
die Unterbrechung des Verfahrens zeigt – zu einer
Verzögerung der Hauptverhandlung führen.
Es steht
damit nunmehr sicher fest, dass das für ein Sachurteil nach
dem Gesetz erforderliche Beweisprogramm bis zu dem Eintritt
der absoluten Strafverfolgungsverjährung am 27. Juli 2020
jedenfalls hinsichtlich des Vorwurfes der fahrlässigen
Tötung nicht zu absolvieren ist. Der Umstand, dass
möglicherweise hinsichtlich des Vorwurfes der fahrlässigen
Körperverletzung die Verfolgungsverjährung gegebenenfalls
erst zu einem späteren Zeitpunkt eintreten könnte, erscheint
demgegenüber weniger bedeutsam.
Angesichts der
Gesamtumstände teilt die Staatsanwaltschaft die Auf-fassung
des Gerichts, dass die Schuld der Angeklagten unter
Berücksichtigung der Gefahrenlage und des aktuellen
Verfahrensstandes als gering angesehen werden kann. Eine
Fortführung des Verfahrens ist daher – insbesondere auch mit
Blick auf die Strafe, die die Angeklagten bei einer
Verurteilung zu erwarten hätten – nicht mehr
verhältnismäßig.
Loveparade-Strafverfahren: Weiterer Verlauf des
Verfahrens Verlängerte Stellungnahmefrist
für Nebenkläger und Aufhebung eines Sitzungstermins
Die drei Angeklagten und die Staatsanwaltschaft haben heute
schriftlich erklärt, einer Einstellung des
Loveparade-Strafverfahrens nach § 153 Abs. 2 StPO
zuzustimmen. Das Verfahren ist durch diese Erklärungen noch
nicht beendet.
Das Gericht hat heute Nachmittag die
Nebenkläger über die Zustimmungen informiert. Sie haben
nunmehr Gelegenheit bis zum 27. April 2020, zu einer
möglichen Einstellung des Verfahrens abschließend Stellung
zu nehmen. Das Gericht wird erst dann über den weiteren
Verlauf des Verfahrens, insbesondere einen Termin für eine
etwaige Einstellung und ergänzende Erläuterungen,
entscheiden.
Aufgrund von weiterhin bestehenden
Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von
Infektionen mit dem Coronavirus (SARS- CoV-2) (s. dazu
Presseerklärung vom 02.04.2020) sowie der verlängerten
Stellungnahmefrist hat das Gericht den Sitzungstermin am 23.
April 2020 aufgehoben.
Der nächste Sitzungstermin
ist auf den 04. Mai 2020 bestimmt. Sollte er nicht
stattfinden können, wird dazu eine gesonderte
Pressemitteilung ergehen.
Aktenzeichen: Landgericht
Duisburg, 36 KLs 10/17
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