Liebes-Geschichte am Rande und Scherbenhaufen
bei den Eishockeyverantwortlichen
Die Liebe von Ben und Nicole rührte die Fans, der
Konkurs traf sie ins Mark.
Der alte DSC Kaiserberg war tot, der neue
Duisburger Schlittschuhverein 1987 sollte lange leben – dachte das
"Familienunternehmen Hesselmann" 1987. Mit einem blutjungen Team, dem
neuen Trainer Jan Opial und den Nordamerikanern Darrin Sceviour und Jeff
Pyle – der später wieder in Duisburg auftauchte – sollte der Neustart
beginnen. Ein Jahr später wurden mit Benoit Doucet und Francois Sills
zwei Kanadier verpflichtet, die noch lange in Deutschland von sich reden
machen sollten. Mit dabei war auch Ralph Krueger, der zum einen mit dem
Team 1988/89 zum neuen Höhenflug ansetzte und später in Europa für
Furore sorgen sollte. Doch der sportliche Absturz konnte nicht
verhindert werden. Fehlplanungen sorgten für Zuschauer- und
Vertrauensschwund bei Lieferanten und Sponsoren zugleich. Schon im
Oktober 1991 war es vorbei mit dem DSV 87 und der
Zweitbundesliga-Zugehörigkeit.
Dabei hatte es 1987 so schlitzohrig und hoffnungsvoll zugleich mit Hilfe
der Satzung des Deutschen Eishockeybundes begonnen: Mehr als 90 Prozent
der Vereinsmitglieder mussten zum neuen Verein überwechseln, und schon
ging es in der alten Klasse ohne große Probleme weiter.
Hannelore Hesselmann hieß die Vorsitzende, Schwiegersohn Wolfgang Hösl
war der Schatzmeister und im Hintergrund zog der alte Fuchs und
"Kugelblitz" Fritz Hesselmann die Fäden – es blieb also alles in der
Familie. Jan Opial hatte als Trainer ein Team zur Verfügung, das mit
einem Altersdurchschnitt von knapp 22 Jahren als das mit Abstand jüngste
Team der Liga in die Saison startete. Die Vorgabe war, mit geringen
Mitteln und jungem Team die Klasse zu halten. "Alterspräsident" der
Mannschaft war damals der 36jährige Jan Benda in der Abwehr. Im November
1987 knallte es zum ersten Mal. In einer Nacht- und Nebel-Aktion
verschwand der Amerikaner Jeff Pyle aus Duisburg. Offizieller Grund: Das
Team sei zu "grün". Hinterher gestand er, dass er erhebliche Probleme
mit Fritz Hesselman gehabt hätte. Der aber schlug aus der "Flucht" des
schussgewaltigen Spielers später Kapital, indem er von Bayreuth, dem
neuen Klub von Jeff Pyle, Ablösegeld erhielt, da Pyle gesperrt worden
wäre. Für Pyle wurde Tom St. James geholt. Während Pyle ging, wurde
Trainer Jan Opial gefeuert. Martin Wild wurde wieder geholt. Mit Wild
und St. James schaffte der DSV in allerletzter Sekunde mit einem klaren
Sieg in Solingen den Klassenerhalt.
Zur Saison 1988/89 wurde der Kaufmann Thomas Schulzek Stellvertreter,
Trainer der bisherige Spieler Jan Benda. Mit den beiden neuen Kanadiern
Benoit Doucet und Francois Sills wurde eine in jeder Hinsicht "beherzte"
Spielzeit hingelegt.
Das Team wusste kämpferisch zu gefallen und die
Love-Story zwischen der Zweitliga-Linienrichterin Nicole Kompala,
Tochter des langjährigen Schiedsrichters und früheren beinharten
Verteidigers aus Krefeld Josef "Jupp" Kompalla, und dem quirligen
Stürmer Ben Doucet war der "Gesprächsstoff" der Saison.
Im November 1988 sorgte eine Matchstrafe für
Doucet für den "Vier-Wochen-Kurzeinsatz" von Tim Cranston. Der Engländer
spielte und schoss sich sofort in die Herzen der Fans.
Sein "Abgang" in Duisburg mit halbem Striptease vor den begeisterten
Fans ist vor allem den weiblichen Puckfreunden heute noch in Erinnerung.
Der schon Anfang der 80er beim DSC in Duisburg aktive Dave O‘Brien kam
aus Kaufbeuren nach Duisburg. Der DSV sorgte mit seinem engagierten
Spiel für eine kurzfristige Hochzeit in Duisburg. Am Ende aber verdarb
ein 7:7 gegen Essen dem Klub von der Wedau die Krönung der Saison.
Ärgerlich war, dass das entscheidende Tor zum 7:7 kurz vor Ende der
Partie noch ein irregulärer Treffer war. Jeder, auch die gegnerischen
Fans, hatten gesehen, dass vor dem Torschuss der Puck außerhalb der
Duisburger Zone war – der Unparteiische nicht. Er gab den Treffer. "Wir
wurden um die Arbeit einer ganzen Saison gebracht", ärgerte sich Jan
Benda noch Jahre später über diese Fehlentscheidung.
Der DSV durfte aufgrund des fehlenden mickrigen Punktes in der Runde um
den Klassenerhalt und nicht in der Aufstiegsrunde zur Bundesliga
mitmischen. Am Saisonende verabschiedete sich Ben Doucet auf Anraten
seines Schwiegervaters Jupp Kompalla in Richtung Iserlohn.
Ralph Krueger wurde zur Meisterschaft 1989/90
Spielertrainer beim DSV. Der Torwart mit Format hieß Frank Seithümmer.
Für Doucet kam der Freund von Ralph Krueger, Warren Harper, ein Mann,
der es verstand sich zu wehren. Neu in den Vorstand rückte Michael
Bergemann aus Solingen, da dort Konkurs angesagt war. Im November 1989
musste, wie ein Jahr zuvor, ein "Kurzarbeiter" verpflichtet werden, da
Warren Harper wegen Schlägerei und daraus resultierender Matchstrafe
länger ausfiel. Für ihn kam John Ollson. Im Februar 1990 rückte endlich
"Stasi-Flüchtling" Thomas Popiesch ins Team. Der DSV machte Furore und
wurde dank eines überragenden Francois Sills Zweiter im Norden und zog
erstmals in die Aufstiegsrunde zur Bundesliga ein. Trotz enormen
Einsatzes spielte das Team in dieser Runde nur eine untergeordnete
Rolle, konnte aber oft genug den Favoriten das Fürchten lehren. Mit dem
Kern des Teams sollte der Höhenflug anhalten. Mit einem
Dreijahresvertrag der König-Brauerei im Rücken wollte man ein Stück
weiter als zuletzt kommen. Doch von Anfang an war irgendwie der Wurm
drin. Die "Häuptlinge" kamen nicht optimal vorbereitet in die Saison und
Dave O‘Brien wurde aufgrund der drohenden Pfändungen vom
"Spielerbesitzer" Kassel nach Grefrath abgegeben.
Es half nicht viel, da die juristischen Probleme
mit allen Konsequenzen den Klub weiter in Atem hielten. Ein Übel reihte
sich an das andere und die Negativserie riss nicht ab. Der lizensierte
Coach Jan Benda wurde rausgeworfen, aber Ralph Krueger geriet als
Spielertrainer immer mehr in die Schusslinie der "VIPs" und verließ
daraufhin den Klub in Richtung Ratingen. Nachdem er dort die Saison
beendete, ging er zum österreichischen Klub VEU Feldkirch und wurde
hauptamtlicher Trainer. "Ich muss Fritz Hesselmann für die Chance, die
ich in Duisburg bekam, danken", sagte er Jahre später als Feldkircher
Erfolgscoach mit Meistertitel im Abo und Gewinn des Europapokals. Heute
ist er Nationaltrainer der Schweiz, vergisst aber nie, dass für ihn
alles in Duisburg begann. Sein Freund Warren Harper ging kurz nach ihm
zurück nach Kanada und "Ausnahmekanadier" Francois Sills wechselte zum
Krefelder EV.
Kurz vor dem Jahreswechsel trat dann nach vielen
Reibereien mit "Vize" Michael Bergemann Hannelore Hesselmann zurück.
Ehemann Fritz sprang in die Bresche und Bergemann schied aus. Der Kreis
hatte sich geschlossen, das Ende nahte unaufhaltsam. Jaroslav Jirik
wurde neuer Coach, Pari Proft, Scott MacLeod und Mike Wehrmann wurden
neu geholt. Jirik ging bald, wie auch der verletzte MacLeod.
Spielergehälter flossen - wenn überhaupt - nur unregelmäßig und das Team
ging sogar in den Trainingsstreik als dem DSV durch Kontensperrung der
unseligen O‘Brien-Geschichte völlig die Puste ausging. Die "Hesselmann‘sche-Pokerpartie"
um das sogenannte "Schnäppchen" O‘Brien wurde zum Rohrkrepierer. Der DSV
rettete mit Ach und Krach und Wieslaw Jobcyk – der als Spieler und Coach
in die Lücke gesprungen war – seine Haut. Aber durch riesige
Zuschauereinbußen blieben enorme Kratzer zurück.
Zur Saison 1991/1992 wurde dem DSV 87 zwar die
Lizenz erteilt, aber nach nur vier Wochen kam das absolute Aus mit dem
Gang zum Konkursgericht. In nur vier Jahren hatten die Verantwortlichen
den neuen Verein heruntergewirtschaftet und einen riesigen
Scherbenhaufen hinterlassen – nicht nur in Duisburg. |