Agatha Christie: Dreizehn bei
Tisch; Wilhelm Goldmann - Verlag München; 186 Seiten; ISBN:
3-442-00066-1
Jane Wilkinson ist eine berühmte Schauspielerin. Sie bittet den
belgischen Meisterdetektiv Hercule Poirot um Rat. Sie möchte
ihren exzentrischen Ehemann um jeden Preis loswerden. Als Poirot
das Gespräch mit Lord Edgware (dem Ehemann) sucht, erklärt sich
dieser überraschend bereit, sich scheiden zu lassen. Jane
Wilkinson ist natürlich überglücklich. Doch schon am nächsten
Morgen wird Lord Edgware tot aufgefunden.
Für mich persönlich ist dies einer der besten Romane von Agatha
Christie. Zumindest menschlich rührt er mich am meisten an.
Natürlich ist Hercule Poirot der perfekte Meisterdetektiv, der
am Ende die richtige Lösung findet. Es ist die Art und Weise,
wie er ermittelt, die mir hier gefällt. Hier ist sie ruhig,
dezent und unspektakulär. In die Geschichte dieses Romans kann
ich mich noch am besten hineinversetzen. Sie wirkt nicht so
abgehoben wie viele andere Krimis, die ich bisher las. Ach, gäbe
es doch nur mehr dieser Krimis, dann wäre auch mein
Lesevergnügen noch viel größer.
Agatha Christie: Mord im Orientexpress; Scherz-Verlag
München; 222 Seiten; ISBN: 3-502-191222
Hercule Poirot befindet sich auf der Heimreise. Aus Syrien
kommend nimmt er den Orientexpress. Als der Zug mitten in der
Nacht in einer Schneewehe steckenbleibt, nimmt das Unheil seinen
Lauf. Einer der Mitreisenden wird ermordet. Ohne auf Hilfe von
außen zurückgreifen zu können, bleiben Poirot nur seine
berühmten "kleinen grauen Zellen", um den Fall zu lösen.
Das Original wurde im Jahre 1933 erstmals veröffentlicht. Und
zählt damit zu den Klassikern der Kriminalliteratur. Eine dichte
Atmosphäre, eine ungewöhnliche Unterhaltung, ein brillanter Plot
- all' dies machen den literarischen Reiz der Geschichte aus.
Agatha Christie lief hier zu ungeahnten Höhen auf.
Ungewöhnlich auch: Poirot wird hier nicht von seinem
langjährigen Partner Captain Hastings begleitet. Ein
griechischer Arzt und der Direktor einer internationalen
Schlafwagengesellschaft füllen aber dessen Rolle meisterhaft
aus: Sie sind so offensichtlich naiv und leichtgläubig angelegt,
daß Poirot nur als der großartige, allwissende Meisterdetektiv
erscheinen kann.
Eine begrenzte Anzahl an Verdächtigen, eine geschlossene
Räumlichkeit, ein bekanntes Mordmotiv, der klassische Dreisprung
(Problemstellung - Arbeit des Detektivs - Plot / Lösung) - sie
alle tragen zum literarischen Erfolg des Romans bei. In welchem
Krimi gibt es schon eine Lösung, daß möglicherweise gleich eine
ganze Gruppe von Personen der Mörder sein könnte? Die Charaktere
sind stimmig gezeichnet. Die Handlung ist stringent. Es ist
offensichtlich, daß Christie ihr Handwerk sehr gut beherrscht.
Man kann dieses Werk nur jedem Krimiliebhaber empfehlen.
Agatha Christie: Die ersten und die letzten Arbeiten des
Herkules; Scherz Verlag München 2002; 302 Seiten; ISBN:
3-502-51843-2
Die Sagen des klassischen Altertums bringen den belgischen
Meisterdetektiv Hercule Poirot auf eine Idee. Zwölf Fälle, die
an Schwierigkeit und Einfallsreichtum nur den zwölf Arbeiten des
Herkules gleichkommen, möchte er lösen. In nichts möchte er
seinem berühmten Namensvetter aus der griechischen Sagenwelt
nachstehen.
Und tatsächlich bekommt der Leser hier zwölf Fälle vorgesetzt.
Oberflächlich, zusammenhanglos, konstruiert, in vielen Details
unglaubwürdig und widersprüchlich und in ihrer Lösung nicht
nachvollziehbar sind sie. Das Buch wirkt so, als seien hier
zwölf Geschichten wahllos zusammengestellt und zwanghaft in eine
Rahmenhandlung gepreßt worden. Es ist oft nicht nachvollziehbar,
wie Poirot zu seiner Lösung kommt. Erpressung, Diebstahl und
Drogenhandel sind die gängigen Themen des Buches. Sie werden mit
Liebesgeschichten garniert. Mir gefällt dieses Buch überhaupt
nicht. Ich möchte es nicht noch einmal lesen.
Agatha Christie: 16 Uhr 50 ab Paddington; Scherz Verlag
München; 252 Seiten; ISBN: 3-502-51810-6
Sie sieht einen Mord im vorbeifahrenden Zug: Mrs. McGillicuddy
heißt die Augenzeugin. Doch wo kein Opfer, da ist auch kein
Täter. So nimmt auch niemand Mrs. Mc Gillicuddy ernst, als sie
den Mord meldet. Das ändert sich erst, als sie ihre Freundin
Miss Marple trifft. Miss Marple macht sich nämlich auf die
Suche. Und wird auch prompt fündig.
Wer den gleichnamigen Film mit Margaret Rutherford kennt, wird
den Roman mit einem gewissen Staunen lesen. Das Buch ist so ganz
anders als der Film. Miß Marple bekommt mit Lucy Eylesbarrow
eine Partnerin und Hilfe zur Seite - allerdings nur eine
Partnerin, die nur in diesem einen Roman auftaucht.
Miß Marple taucht in diesem Roman nur am Rande auf. Sie bekommt
ein kriminalistisches Rätsel gestellt, überläßt anderen
Mitwirkenden die Arbeit und tritt am Ende im Plot wieder auf.
Ein solcher Handlungsverlauf ist eigentlich untypisch für die
Romane um Miß Marple. Normalerweise ist sie viel aktiver und
greift ermitteln in das Geschehen ein. Der Handlungsverlauf in
dem Roman ist schon ein wenig unbefriedigend. Schließlich liest
man das Buch, um Miß Marple zu erleben. Alles andere ist
schmückendes Beiwerk.
Auch der Plot am Ende des Romans ist sehr unbefriedigend. Er ist
viel zu kurz geraten - als ob die Autorin schnell mit der Arbeit
fertig werden mußte. Der Plot hat die Aufgabe, die Handlung des
Romans zusammenzufassen und zu erklären. Hier kann der Detektiv
seine Lösung präsentieren. All' dies fällt hier flach. Wie und
wann kam Miß Marple auf die Lösung? Keine Ahnung. Wie geschah
der Mord im Zug? Keine Ahnung. Eigentlich ist der Roman gut
geschrieben. Den beiden letzten Kapiteln fehlt aber jegliche
Erzählkunst. Es fehlt jegliche Spannung und Dramatik, als Miß
Marple dem Täter eine Falle stellt. Würde Agatha Christie noch
leben, müßte man ihr sagen, daß diese beiden Kapitel
umgeschrieben und verbessert werden müßten.
Das Fazit: Von den Mängeln einmal abgesehen ist es ein gutes,
gut lesbares und empfehlenswertes Buch.
Die Tote in der Bibliothek
Weder tot noch lebendig hat das Mädchen etwas in der Bücherei
von Colonel Bantry zu suchen. Darüber sind sich alle Bewohner
von St. Mary Mead einige. Miß Marple hält die Frage, wie die
Leiche in die Bücherei kam, nicht für wichtig. Wie üblich
beschäftigt sie sich lieber mit verräterischen
Nebensächlichkeiten.
Wie in vielen anderen Romanen auch tritt Miss Marple hier erst
einmal in den Hintergrund, um dann am Ende ihren großen Auftritt
zu haben. Vordergründig ist der Roman gut lesbar und flüssig
geschrieben. Daß der vorliegende Roman nicht zu den berühmtesten
der englischen Autorin gehört, hat für mich einen handfesten
Grund. Die Nachforschungen der Miss Marple sind einfach zu
zufallsgesteuert und banal, als daß sie spannend wären. Auch das
Verbrechen als solches ist einfach zu lustlos beschrieben. Hier
wird die Karte "Glücklicher Zufall, daß alles so glatt gelaufen
ist" zu deutlich gespielt, als daß sie überzeugen würde. Was für
ein Zufall muß es doch sein, daß ein Mord quasi in aller
Öffentlichkeit passier und doch niemand etwas bemerkt? Mir
persönlich kommt diese Vorgehensweise der Autorin etwas zu
konstruiert vor. "Glück muß der Mensch haben," lautet eine
Redensart. Kommissar Zufall mag der Polizei gelegentlich helfen;
oft genug ist es aber harte kriminalistische und forensische
Arbeit, die die Polizei weiterbringt. Ein guter Kriminalautor
berücksichtigt dies...
Agatha Christie: Die Tote in der Bibliothek; Scherz � Verlag
München 2001; 190 Seiten; 5; 7,90 Euro
Die Kleptomanin
Bei einer normalen Sekretärin sind drei Tippfehler in einem
Brief nicht mehr als eine Fehlleistung. Doch nicht so bei
Hercule Poirot. Schließlich ist seine Sekretärin unfehlbar.
Poirot gelingt es auf Anhieb, die richtigen Rückschlüsse aus
diesem menschlich - beruflichem Versagen zu schließen. Bei
Hercule Poirot ist es dabei selbstverständlich, daß er dabei
keinen einzigen Denkfehler begeht. Er ist ja nicht umsonst ein
begnadeter Meisterdetektiv.
So gut lesbar das Buch auch ist, so sehr weicht es doch von den
üblichen Romanen der Christie ab. Das Buch spielt nicht in den
sonst üblichen feinen Kreisen, die so oft in den anderen Büchern
auftauchen. Nein, diesmal sind es die Studenten, mit denen sich
Hercule Poirot beschäftigen muß. Doch er sieht nicht etwa eine
Universität von innen. Die abgeschottete Welt eines
Studentenwohnheims ist es, mit der er sich beschäftigen muß. Die
Unachtsamkeit seiner Sekretärin (ihre verwitwete Schwester
arbeitet in dem Studentenheim) läßt ihn vermuten, daß sie so
etwas wie ein Privatleben besitzt und in dem Studentenwohnheim
etwas nicht in Ordnung sein könnte. Wie oft kommt das wohl im
wirklichen Leben vor? Keine Ahnung.
Macht aber nichts. So ungewöhnlich wie der Beginn ist auch das
Ende. Wir erfahren die Beschreibung der Verbrechen nicht aus dem
Munde des Verbrechers bzw. des Detektivs, sondern quasi indirekt
durch andere Beteiligte. Bemerkenswert ist dies schon. Christie
liebt ansonsten doch den Showdown, in dem der allwissende
Detektiv den Fall klärt und der Täter sein Geständnis ablegt.
Und ansonsten? Viel wird mir nicht in Erinnerung bleiben. Es ist
eines jener Bücher, die man schnell liest und dann beiseite
legt.
Agatha Christe: Die Kleptomanin; Scherz Verlag München 1996; 196
Seiten; 12,90 DM
"Am Freitag, dem 29. Oktober, 18.30 Uhr, findet in Little
Paddocks ein Mord statt. Freunde und Bekannte sind herzlich
eingeladen." So steht es in der lokalen Tageszeitung. Doch die
Besucher erleben keine Sensation, sondern einen Schock. Genau um
halb sieben gehen schlagartig alle Lichter aus. Es fallen
Schüsse. Das vermeintliche Gesellschaftsspiel nimmt ein jähes
Ende.
Der Roman wurde im Jahre 1950 erstmals veröffentlicht. Ob es nur
an den vielen zeitgeschichtlichen Bezügen liegt, daß der Roman
so durchschnittlich gelungen ist? Nein, eigentlich nicht. Die
handelnden Charaktere sind auf platte Weise überzeichnet. Die
Handlung ist nur mäßig spektakulär und wirkt schon ein wenig
konstruiert. Das Buch ist eben ein typischer Christie - wer`s
mag, kann sich das Buch durchlesen. Ansonsten sollte man dieses
Buch beiseite liegen lassen.
Agatha Christie: Ein Mord wird angekündigt; Scherz - Verlag
München 2003; 207 Seiten; 7,90 Euro
Das Geheimnis der Goldmine
Für Mr. Rex Fortescue ist die Teestunde heilig. Jeden morgen
bringt ihm seine Privatsekretärin seinen Tee ins Büro. Doch
dienen Morgen soll alles anders sein. Schon nach wenigen
Schlucken windet sich der Besitzer eine Goldmine in heftigen
Krämpfen. Kurze Zeit später ist er tot. Und was findet die
Polizei in seinen Jackettaschen? Es sind Getreidekörner. Während
die Polizei im Dunkeln tappt, kann sich nur Miss Marple einen
Reim auf diesen seltsamen Vorfall machen.
Der Roman erschien 1953 im englischen Original. Der englische
Kinderreim "Sing a song of Sixpence" bildet offensichtlich die
Grundlage für diesen Roman. Christie hatte diesen Kinderreim
schon zwei Mal zuvor genutzt, nämlich in den Kurzgeschichten
"Sing a song of sixpence" aus dem Jahre 1934 und "Four-and-twenty
blackbirds aus dem Jahre 1948.
Inspektor Neele ist der Polizist, der in diesem Roman auftaucht.
So nebenbei bemerkt ist dies der einzige Roman, in dem er
auftaucht. Die Hobbydetektivin Miss Marple unterstützt ihn dabei
aktiv und findet schließlich - wen wundert`s? - die Lösung.
Schauplatz der Handlung ist das Haus "Zur Eibe", das der Familie
Fortescue gehört. Christie orientierte sich dabei an ihrem
eigenen Wohnsitz in Sunningdale.
Soviel zum Hintergrundwissen. Wurde das Buch von der Kritik noch
gut aufgenommen, erscheint es heute doch sehr rückständig.
Moderne rechtsmedizinische und Kommunikationstechnologie würde
in unseren Tagen eine schnellere und einfachere Lösung des
Falles ermöglichen. Der Detektiv greift zum Handy und Computer
und erhält in kürzester Zeit die gewünschten Informationen. So
bleibt schon der fade Beigeschmack, daß Miss Marple zwar den
Täter findet, aber es letztendlich Inspektor Neele überlassen
muß, den entsprechenden Täter zu überführen. Für einen
eingefleischten Krimifan ist ein solcher Plot unbefriedigend.
Schließlich gesteht der Täter nicht sein Verbrechen. Als Leser
möchte ich schon bestätigt bekommen, ob die Lösung auch stimmt.
Dafür ist der Krimi doch da, oder?
Kann man einen Kriminalfall nur doch Gespräche und mit
Vergleichen zu Ereignissen im Heimatdorf lösen? Wenn man den
Berichten im Fernsehen glauben darf, nicht. Im täglichen Leben
muß viel handwerkliche Arbeit geleistet werden. Zeugenaussagen
müssen genauso verglichen werden wie Blutproben genommen und DNS
- Proben erstellt werden. Auch wenn die moderne kriminalistische
Technik damals noch fehlte (weil sie unbekannt war), wäre es
vielleicht doch besser gewesen, Miss Marple nicht zu einer
ältlichen Jungfer zu machen. Dann wäre es ihr auch möglich
gewesen, im Laufe der Jahre moderne Ermittlungsmethoden
kennenzulernen und aktiv an den Ermittlungen teilzunehmen. Wann
wäre es ihr auch möglich, ihre Ermittlungsergebnisse vernünftig
zu begründen. Aber was soll`s? Agatha Christie ist über 30 Jahre
tot; sie kann den Roman daher nicht mehr überarbeiten.
Agatha Christie: Das Geheimnis der Goldmine; Scherz Verlag
München 2002; 256 Seiten
Der Todeswirbel
Gordon Cloade stirbt kurz nach seiner Heirat mit Rosaleen. Daher
schießen die Gerüchte wie Pilze aus dem Boden. Schließlich ist
die junge Witwe die Alleinerbin des riesigen Vermögens. Was dem
Cloade - Clan ganz und gar nicht gefällt. "Rosaleens erster Mann
ist gar nicht tot. Er ist nur verschwunden," lautet ein Gerücht.
Also bittet der Cloade - Clan den belgischen Meisterdetektiv
Hercule Poirot, den Verschollenen herbeizuzaubern.
Das Original stammt aus dem Jahre 1950. Die zeitgeschichtlichen
Bezüge (2. Weltkrieg, englisches Kolonialreich) sind
offensichtlich. Sie sind gewissermaßen Bestandteil der Handlung.
Gleichzeitig ist die Handlung aber auch zu banal, vorhersehbar
und belanglos, um wirklich zu überzeugen
Hinzu kommen haarsträubende Fehler bei der Übersetzung. So wird
Poirot beispielsweise zu einem Franzosen (!). Leider ist nicht
angegeben, wer den Text aus dem Englischen übertragen hat. Das
ist vielleicht auch ganz gut so. sonst müßte ich mich schon
wundern, wo diese Person ihr Handwerk gelernt hat. Aber ich
merke, daß ich abschweife.
"Der Todeswirbel" gehört bestimmt nicht zu den bekanntesten
Büchern. Das ist auch leicht verständlich dem Buch fehlt
jegliche atmosphärische und inhaltliche Dichte, jeglicher
Überraschungsmoment und jegliche Spannung - also sämtliche
Grundvoraussetzungen für einen guten Krimi.
Reichlich enttäuscht lege ich das Buch beiseite. Würde ich
Agatha Christie nicht schon längere Zeit kennen und ihr Werk
gelesen haben, müßte ich mich schon deutlich fragen, ob ich noch
weitere Bücher von ihr lesen soll.
Agatha Christie: Der Todeswirbel; Scherz Verlag München 1977;
190 Seiten; 4,80 DM
Das fehlende Glied in der Kette
"Täter gefaßt, Fall abgeschlossen - alle sind zufrieden und
wollen nach Hause gehen. Doch da fängt Hercule Poirot erst
richtig an. Er wirbelt alles durcheinander, bis er auf ein
Beweisstück stößt, das zeigt, wie gerissen der wahre Täter ist."
Ziemlich nichtssagend ist der Text auf der Buchklappe. Eine
Sache verheimlicht er allerdings: "Das fehlende Glied in der
Kette2 heißt der erste Text, den Agatha Christie je
veröffentlichte. Und in diesem Text betritt Hercule Poirot zum
erstenmal das Licht der Weltöffentlichkeit. Ich möchte nun
keinen literaturhistorischen und literaturwissenschaftlichen
Text abliefern. Das können Fachleute besser.
Eigentlich ist dies eine Geschichte, die mir persönlich gefällt.
Es ist ein lebendig geschriebener, gut lesbarer Text, der die
Figuren in die Literatur einführt, der für das spätere Werk
Christies wichtig sind. Inspektor Japp und Captain Hastings
seien hier als Beispiele genannt. Das Gemisch aus
Liebesgeschichte und Krimi, genialem Poirot und naiven
Gefolgsleuten machen den Text lesenswert.
Mein Fazit: Wer sich mit Agatha Christie und ihrem Werk
beschäftigten möchte, sollte dieses Buch lesen. Aber auch als
Unterhaltungsliteratur ist das Buch zu empfehlen.
Agatha Christie: Das fehlende Glied in der Kette; Scherz Verlag
München 1984; 193 Seiten; 5,80 DM
Buchbesprechung Christie Böse unter der Sonne
Kann schwarze Magie den Tod der Schauspielerin Arlena Marshall
verursachen? Ihre Stieftochter Linda glaubt fest daran. Da ist
ihre Stiefmutter auf den Tod haßt, versucht sie es mit einem
Wachspüppchen, in das sie eine Nadel sticht. Und tatsächlich:
Arlena wird noch am selben Tag erwürgt. Stardetektiv Hercule
Poirot glaubt aber nicht an Magie. Mord ist für ihn
wahrscheinlicher.
Wer zuerst den gleichnamigen Film sieht und dann erst das Buch
liest, wird irgendwie irritiert sein. Der Film hält sich zwar
weitestgehend an den Inhalt des Buches, ist aber andererseits
wesentlich spannender.
Das Buch ist nicht unbedingt das beste Werk Christies. Die
Handlung wirkt ein wenig konstruiert. Nur ein paar Griffe in die
literarische Trickkiste führen zur Lösung des Falles. Und selbst
diese Lösung ist unvollständig und wenig überzeugend.
Was war denn nun der konkrete Auslöser für den Mord? Was war
denn das genaue Motiv? Diese Fragen werden nicht eindeutig
beantwortet. Auch der Rauschgiftschmuggel, der in der Handlung
eine wichtige Rolle spielt, wird nicht aufgeklärt.
Die Charaktere sind ein wenig zu stereotyp gezeichnet. Die
geschwätzige Ehefrau, der kühle, zurückhaltende Major, der
fanatische Geistliche, der begriffsstutzige Polizist,, das
einfältige Dienstmädchen - sie sind nur in bestimmten Teilen des
Romans wichtig. Haben sie ihre Aufgabe erfüllt, verschwinden sie
wieder. Nur der geniale Detektiv zieht sich als roter Faden
durch den Roman. Die Handlung ist nur auf ihn zugeschnitten.
So interessant die Grundidee für das Buch auch ist, so schwach
ist doch die Realisation. Wer gute Bücher von Christie lesen
möchte, sollte besser zu anderen Titel greifen.
Christie. Rendezvous mit einer Leiche
Miß Boynton ist alt. Und sie ist die personifizierte Bosheit.
Als sie mit ihrer Familie nach Arabien reist, trifft sie dort
auf Hercule Poirot. Der macht nämlich auch gerade Urlaub. Und
als dann ein Mord passiert, nimmt der Urlaub ein jähes Ende.
Auch wenn das Buch bereits mit Peter Ustinov in der Rolle des
Hercule Poirot verfilmt wurde, macht das das Buch nicht besser.
Es ist eher ein durchschnittliches Werk. Die Handlung ist nur
mäßig spannend; der Plot ist ein wenig zu spekulativ angelegt.
Es fehlt letztendlich die Bestätigung, daß Poirot die richtige
Lösung fand. Normalerweise wäre es seine Aufgabe gewesen, den
Täter und seine Motive angemessen zu präsentieren. Hier ist die
Handlung nicht stimmig genug angelegt, um wirklich glaubwürdig
zu wirken. Es fehlt die innere Folgerichtigkeit, die in den
anderen Romanen zu einem interessanten Ergebnis führt.
Fazit: Das Buch muß man nicht unbedingt kennen.
Agatha Christie: Rendevouz mit einer Leiche oder Der Tod wartet;
Scherz Verlag München; 189 Seiten
Christie: 16 Uhr 50 ab Paddington
Sie sieht einen Mord im vorbeifahrenden Zug: Mrs. McGillicuddy
heißt die Augenzeugin. Doch wo kein Opfer, da ist auch kein
Täter. So nimmt auch niemand Mrs. McGillicuddy ernst, als sie
den Mord meldet. Das ändert sich erst, als sie ihre Freundin
Miss Marple trifft. Miss Marple macht sich nämlich auf die
Suche. Und wird auch prompt fündig.
Wer dem gleichnamigen Film mit Margaret Rutherford kennt, wird
den Roman mit einem gewissen Staunen lesen. Das Buch ist so ganz
anders als der Film. Miß Marple bekommt mit Lucy Eylesbarrow als
Partnerin und Hilfe zur Seite - allerdings nur eine Partnerin,
die nur in diesem einen Roman auftaucht.
Miss Marple taucht in dem Roman nur am Rande auf. Sie bekommt
ein kriminalistisches Rätsel gestellt, überläßt anderen
Mitwirkenden die Arbeit und tritt am Ende im Plot wieder auf.
Ein solcher Handlungsverlauf ist eigentlich untypisch für die
Romane um Miss Marple. normalerweise ist sie viel aktiver und
greift ermittelnd in das Geschehen ein. Der Handlungsverlauf in
dem Roman ist schon ein wenig unbefriedigend. Schließlich liest
man das Buch, um Miss Marple zu erleben. Alles andere ist
schmückendes Beiwerk.
Auch der Plot am Ende des Romans ist sehr unbefriedigend. Er ist
viel zu kurz geraten, als ob die Autorin schnell mit der Arbeit
fertig werden mußte. Der Plot hat die Aufgabe, die Handlung des
Romans zusammenzufassen und zu erklären. Hier kann der Detektiv
seine Lösung präsentieren. All' dies fällt hier flach. Wie und
wann kam Miss Marple auf die Lösung? Keine Ahnung. Wie geschah
der Mord im Zug? Keine Ahnung. Eigentlich ist der Roman gut
geschrieben. Den beiden letzten Kapiteln fehlt aber jegliche
Erzählkunst. Es fehlt jegliche Spannung und Dramatik, als Miss
Marple dem Täter eine Falle stellt. Würde Agatha Christie noch
leben, müßte man ihr sagen, daß diese beiden Kapitel
umgeschrieben und verbessert werden müßten.
Das Fazit: Von den Mängeln einmal abgesehen ist es ein gutes,
gut lesbares und empfehlenswertes Buch.
Agatha Christie: 16 Uhr 50 ab Paddington; Scherz - Verlag; 252
Seiten; 8,90 Euro
Buchbesprechung Agatha Christie Der Blaue Expreß
Der Fahrplan stimmt. Der Zeitplan ebenfalls. Im Luxuszug Calais
- Paris - Nizza geschieht ein perfekter Mord. So scheint es
zumindest. Nur eine kleine Unstimmigkeit läßt die kleinen grauen
Zellen von Hercule Poirot nicht mehr ruhen. Die Frage nämlich,
warum das Gesicht der jungen Frau, Tochter eines amerikanischen
Millionärs, nach ihrer Ermordung entstellt wurde.
Agatha Christie wurde am 15. September 1890 in Torquay, Devon,
geboren. Ihr Vater war ein Amerikaner, der starb, als sie noch
ein Kind war. Ihre Mutter war Engländerin. Bei Ausbruch des 1.
Weltkriegs heiratete sie den Colonel Archibald Christie. Die Ehe
wurde jedoch schon 1928 geschieden. Agatha Christie war in
zweiter Ehe mit Max Mallowan verheiratet. Mallowan war ein um 14
Jahre jüngerer Professor für Westasiatische Archäologie. Sie
begleitete ihn als Mitarbeiterin auf vielen Forschungsreisen in
den Orient. Agatha Christie starb am 12. Januar 1976 im Alter
von 85 Jahren.
"Im Februar 1927 reist Agatha Christie mir ihrer siebenjährigen
Tochter Rosalind auf die Kanarischen Inseln. Sie war zu dieser
Zeit in schlechter Verfassung. Die Scheidung von ihrem ersten
Ehemann stand nämlich bevor. Nur widerwillig begann sie mit dem
Roman `Der blaue Expreߎ. Was sie zur Eile antrieb, war die
Notwendigkeit, ein weiteres Buch zu schreiben und damit Geld zu
verdienen. Das Buch, das im März 1928 bei Collins in London
herauskam, war ein großer Erfolg. Die Kritiker sprachen
ausnahmslos positiv über einen Roman, den die Autorin selbst nie
mochte. Die deutsche Erstausgabe erschien 1957," berichtet der
Scherz - Verlag in seiner Ausgabe des Romans.
Haben die eben erwähnten Kritiker Recht? Ist es wirklich ein
lesenswertes Buch? Im Grunde schon. Christe versteht es hier
geschickt, einen Kriminalgeschichte mit einer Romanze zu
verbinden. Auch wenn der Mord dadurch fast schon in den
Hintergrund rückt, entsteht hier eine Handlung, die auf dezent -
altmodische Weise den Leser in ihren Bann schlägt. Christie
liefert hier keine blutrünstige Handlung, die mehr abschreckt
als fesselt. Der Leser erhält hier durchaus die Möglichkeit,
mitzuraten, wer hier der Mörder ist. Natürlich wird der Leser
nicht die ganze Wahrheit erraten können. Immerhin erfordert es
die literarische Tradition der damaligen Zeit, daß der Detektiv
die Lösung in den letzten Kapiteln bietet. Christie prägt mit
dieser Vorgehensweise aber die Lesegewohnheiten der Menschen bis
heute. Was auch gut so ist. Denn auf diese Weise kann Christie
ihr ganzes erzählerisches Talent entwickeln, das sie später so
berühmt machen soll. Der Blaue Expreß ist alles in allem ein
gutes, lesenswertes Buch, das leider in der Öffentlichkeit viel
zu wenig beachtet wurde.
Agatha Christie: Der Blaue Expreß; Scherz Verlag Bern München
Wien; 288 Seiten; 8; 8,90 Euro
MC - Besprechung Agatha Christie Mord im Pfarrhaus
"Derjenige, der Oberst Protheroe ins Jenseits befördert, würde
der Welt einen großen Dienst erweisen!" Dies sagt sogar der
Pfarrer. Als der Oberst tatsächlich ermordet wird, haben aber
eine ganze Menge Leute ein handfestes Alibi. In dieser Situation
kann nur Miss Marple dem trickreichen Mörder auf die Spur
kommen.
Agatha Christie wurde am 15. September 1890 in Torquay, Devon,
geboren. Ihr Vater war ein Amerikaner, der starb, als sie noch
ein Kind war. Ihre Mutter war Engländerin. Bei Ausbruch des 1.
Weltkriegs heiratete sie den Colonel Archibald Christie. Die Ehe
wurde jedoch schon 1928 geschieden. Agatha Christie war in
zweiter Ehe mit Max Mallowan verheiratet. Mallowan war ein um 14
Jahre jüngerer Professor für Westasiatische Archäologie. Sie
begleitete ihn als Mitarbeiterin auf vielen Forschungsreisen in
den Orient. Agatha Christie starb am 12. Januar 1976 im Alter
von 85 Jahren.
In einer gekürzten Fassung liefert der Hörverlag hier eine
Lesung aus dem Jahre 2003 ab. Hans Kremer ist derjenige, der die
Lesung durchführt. Hans Kremer wurde 1954 geboren. Er besuchte
die Hochschule für Musik und Theater in Hannover. Er spielte
anschließend in Köln, München und Hamburg. 1986 erhielt der
Kinofilm "Stammheim" mit Hans Kremer in der Hauptrolle den
"Goldenen Bären". Hans Kremer gehört zum Ensemble der Münchener
Kammerspiele.
Merry old England - glückliches altes England. Vordergründig
wird es hier noch einmal lebendig. Oder nicht? Eine Lesung wirkt
an dieser Stelle eher langweilend. Warum wurde der Roman nicht
zu einem Hörspiel umgearbeitet? Ein paar Hintergrundgeräusche,
Jingles, das Lesen mit verteilten Rollen und die Produktion
hätte an Spannung und Attraktivität gewonnen.
Agatha Christe: Mord im Pfarrhaus (Kassette); Der Hörverlag,
München 2003; Laufzeit 190 Minuten;
Buchbesprechung Agatha Christie Die Morde des Herrn ABC
Er schreibt Briefe. Anonym. Dann mordet Herr ABC nach dem
Alphabet. Und fordert damit natürlich die kleinen grauen Zellen
von Hercule Poirot heraus.
Agatha Christie wurde am 15. September 1890 in Torquay, Devon,
geboren. Ihr Vater war ein Amerikaner, der starb, als sie noch
ein Kind war. Ihre Mutter war Engländerin. Bei Ausbruch des 1.
Weltkriegs heiratete sie den Colonel Archibald Christie. Die Ehe
wurde jedoch schon 1928 geschieden. Agatha Christie war in
zweiter Ehe mit Max Mallowan verheiratet. Mallowan war ein um 14
Jahre jüngerer Professor für Westasiatische Archäologie. Sie
begleitete ihn als Mitarbeiterin auf vielen Forschungsreisen in
den Orient. Agatha Christie starb am 12. Januar 1976 im Alter
von 85 Jahren.
Die Morde des Herrn ABC gehört sicherlich zu den
durchschnittlichen, aber gut lesbaren Büchern Christies. Der
Inhalt überzeugt nur bedingt. Welcher Mörder plant seine Taten
schon so detailliert, daß er ein Alibi und einen Ersatz - Mörder
an der Hand hat? Wer plant seine Taten so detailliert, daß es
eines Super - Detektivs bedarf, um die Taten aufzuklären? Hier
wirkt die Handlung doch ein wenig konstruiert. Der Leser bekommt
zwar, wie gewohnt, alle wichtigen Daten geliefert, um mitraten
zu können. Doch wie üblich ist es Hercule Poirot, der den Fall
erfolgreich löst. Hinzu kommt, daß Figuren wie Hauptmann
Hastings und Inspektor Japp hier äußerst schwach angelegt sind.
Ihnen fehlen hier noch die Ecken und Kanten, die sie in den
anderen Romanen, in denen sie auftreten, auszeichnen. So bleiben
sie ein wenig farblos.
Gut lesbar ist das Buch allerdings. Oberflächlich gesehen mag
das Buch ja einige Längen geben und auch den nötigen Tiefgang
vermissen lassen. Andererseits zeichneten sich die Bücher Agatha
Christies ja nie durch eine tiefergehende Schärfe aus. Sie
bieten gute spannende Unterhaltung. Und diese spannende
Unterhaltung ist auch die Eigenschaft, die die Bücher von Agatha
Christie auszeichnet. Gerade die ersten Bücher mögen ja noch
ihre eigene Entstehungsgeschichte haben. Andererseits ist aber
auch sehr deutlich zu sehen, daß hier weder psychologische
Finessen noch andere Absonderlichkeiten untergebracht sind.
Liebe, Haß, Geldgier und andere menschliche Eigenschaften müssen
hier herhalten, um der Geschichte einen Rahmen zu geben. Und das
ist auch gut so. auf diese Weise bleibt der vorliegende Krim
das, was er auch sein sollte. Nämlich eine Geschichte, die der
Leser sich gerne zu Gemüte führen wird.
Agatha Christie: Die Morde des Herrn ABC; Scherz Verlag München
Bern Wien
Agatha Christe: Die Büchse der Pandora
Tommy und Tuppence Beresford sind die Betreiber einer
florierenden Detektei. Dabei erhalten sie einen brisanten
Auftrag von einem Mann im Nebel. Doch die Ermittlungen
entwickeln ihre eigene Dynamik; plötzlich ist Tuppence
verschwunden und der seltsame Auftraggeber verstorben. Just in
dem Moment, als Tommy glaubt, Tuppence endlich gefunden zu
haben, wird ein Mordanschlag auf ihn verübt.
Dies ist einer der Geschichten, die Christie in diesem Buch
veröffentlich. Das Ehepaar Beresford gehört nicht zu den
erfolgreichen Detektiven in der Literaturgeschichte. Was auch
nicht weiter verwundert. Zu oberflächlich sind die Charaktere
gezeichnet. Ihnen fehlen die liebenswerten und skurrilen
Eigenschaften einer Miss Marple oder eines Monsieur Hercule
Poirot, als daß sie überzeugen könnten. Hinzu kommt: Auch die
Geschichten sind nicht unbedingt prickelnd. Es fehlt der Charme
des guten alten Englands, der die Romane um Poirot / Marple
auszeichnet.
Ein solches Buch ist daher eher für Liebhaber geeignet, die das
Gesamtwerk Christies komplett kennen möchten.
Agatha Christie: Die Büchse der Pandora; Scherz - Verlag Bern
und München 1999; 177 Seiten; 12,90 DM
Agatha Christie: Tod in den Wolken
Hercule Poirot ist ein berühmter Privatdetektiv. Als er mit dem
Flugzeug von Paris nach London reist, stellt einer der Stewards
fest: Eine der Reisenden ist tot. Ihr Name lautet Madame
Giselle. Poirot behauptet: "Sie wurde ermordet!" Dann entdeckt
die Polizei tatsächlich die Tatwerkzeuge: ein Blasrohr, ein
vergifteter Dorn und eine Wespe.
Agatha Christie veröffentlichte ihren ersten Kriminalroman im
Jahre 1920. Er kennzeichnet den Beginn des "goldenen Zeitalters"
des Kriminalromans. Die englischsprachige Originalausgabe des
vorliegenden Krimis wurde im Jahre 1935 herausgegeben. Natürlich
weist er alle Kennzeichen des klassischen Krimis auf. Der
klassische Dreisprung "Problemstellung", "Arbeit des Detektivs",
"Auflösung" ist hier gegeben. Der Mord geschieht in einem
abgeschlossenem Raum, hier: einem Flugzeug. Es gibt daher nur
wenige Verdächtige. Der Privatdetektiv ist genial und
allwissend; die fast schon naive Polizei arbeitet ihm im Grunde
nur noch zu.
Und dennoch bleibt hier ein fader Beigeschmack. Die Handlung
wirkt einfach zu gekünstelt. Während der wahre Klassiker dem
Leser die Möglichkeit bieten möchte, die Lösung selbst
herauszufinden, ist dies hier nicht gegeben. Die Autorin
konstruiert hier eine Lösung, die eigentlich gar keine ist. Es
fehlt die innere Logik, die Folgerichtigkeit, die erklärt, warum
der Mord im Flugzeug überhaupt geschieht. Hinzu kommt: Gegen
Ende des Romans geschieht ein zweiter Mord. Diese
stiefmütterliche Behandlung des Mordes führt dazu, daß man ihn
sehr leicht überliest. Als Leser kann man sehr leicht den
Eindruck gewinnen, dieser zweiter Mord würde eigentlich gar
nicht zur Handlung gehören.
Das Fazit? Es ist eigentlich schade, daß die Autorin das Thema
"Mord in einem Flugzeug" nicht besser angeht. Sie hätte mehr
daraus machen können.
Agatha Christie: Tod in den Wolken; Goldmann - Verlag; 190
Seiten; 6,80 DM
Agatha Christie: Ruhe unsanft
Die kleine weiße viktorianische Villa in einem verwilderten
Garten ist ein Traum. Und auf den ersten Blick genau das
Richtige für das frischgebackene Ehepaar Reed. Doch die Mauern
verbergen ein Geheimnis. Schon als Gwenda das Haus zum erstenmal
sieht, erfaßt sie Unruhe. Als sie Miss Marple ihre Angst
anvertraut, machen sie verschiedene Entdeckungen. Ihre privaten
Nachforschungen wecken einen fast vergessenen Mörder sehr
unsanft.
Dies ist der letzte Miss Marple - Krimi, den Agatha Christie
schreiben konnte. Er erschien 1976, also dem Jahr, in dem
Christe starb. Der Roman ist fast schon ein Abschiedsgeschenk.
Christie läuft hier noch einmal zur Hochform auf. Stilistisch
und inhaltlich ist der Roman einer der besten, den Christie je
veröffentlichte.
An den Bolero von Maurice Ravel erinnert das Buch: Langsam, ganz
langsam und gemächlich beginnt die Geschichte. Erste
Kindheitserinnerungen tauchen auf. Sie schieben sich störend in
das Alltagsleben. Am Ende erreicht sie dann einen Umfang, der
eines guten Krimis würdig ist: Die Leiche wird gefunden, der
Mörder - natürlich! - überführt. Es gibt nur wenige Autoren, die
eine Geschichte so behutsam und trotzdem so lesenswert aufbauen
können.
Meine Empfehlung: Wer Agatha Christie von ihrer besten Seite
kennenlernen möchte, sollte sich unbedingt dieses Buch
vornehmen.
Agatha Christie: Ruhr unsanft; Scherz - Verlag Bern, München,
Wien; 253 Seiten; 28,- DM
Agatha Christie: Zehn kleine Negerlein
Das Wochenende auf der kleinen Insel ist gespenstisch. Zehn
Personen mit dunkler Vergangenheit sind hier die Gäste. Ihr
Gastgeber? Er bleibt unbekannt und unsichtbar. Seine Gäste
halten Gericht über sich selbst. Das Ergebnis? Einer nach dem
anderen verliert nicht nur das Gesicht, sondern auch das Leben.
"Ich hatte das Buch geschrieben, weil die Problemstellung so
schwierig war, daß mich die Aufgabe reizte. Zehn Menschen sollte
sterben, ohne daß es lächerlich wirkte und ohne daß man den
Mörder erraten konnte. Das Buch wurde freundlich aufgenommen und
erhielt wohlwollende Kritiken. Die größte Freude an dem Buch
hatte aber ich. Ich wußte nämlich besser als jeder Kritiker, wie
schwer es gewesen war, das Buch zu schreiben," blickt Agatha
Christe in dem Nachwort zu dem Buch zurück.
Glaubt man diesem Nachwort, gibt es auch eine Bühnefassung und
mehrere Filmfassungen zu dem Buch. Und dennoch: Ziemlich
unbekannt ist das Buch geblieben. Was ihm eigentlich nicht ganz
gerecht wird. Es ist eines jener spannenden Bücher, die eben
nicht von einem Detektiv und seiner genialen Arbeit leben. Auch
dieser Roman ist im klassischen Dreisprung des traditionellen
Krimis geschrieben. Zuerst kommt die Einleitung mit der
Problemstellung: Zehn potentielle Mörder wurden auf eine
einsame, unzugängliche Insel eingeladen. Dann kommt die
literarisch dichte Beschreibung der Ereignisse auf der Insel.
Ein abgeschlossener Ort, eine begrenzte Personenzahl, ein
bekanntes Motiv - auch diese Elemente gehören zum klassischen
Kriminalroman. Auch der letzte Schritt des Dreisprungs, nämlich
die Auflösung, ist in dem Roman zu finden. Wer Krimis jenseits
von Miss Marple und Hercule Poirot schätzt, wird auch diesen
Roman mögen.
Agatha Christie: Zehn kleine Negerlein; Scherz - Verlag München;
222 Seiten; 7,90 Euro
Fata Morgana
Miss Marple macht Urlaub auf dem Lande. Sie besucht ihre alte
Jugendfreundin Carrie Louise auf deren feudalen Landsitz
Stonygates. Gerüchte besagen, daß Carrie Louise gefährdet ist.
Doch also Miss Marple an ihrem Urlaubsort ankommt, findet sie
vordergründig nur Harmonie vor. Doch Miss Marple wäre nicht Miss
Marple, würde sie dem Frieden nicht trauen. Sie bleibt. Sie
sollte mit ihren Vorahnungen recht behalten. Drei Morde kann sie
nicht verhindern. Erst nach und nach gelingt es ihr, Lichts ins
Dunkel zu bringen.
Ist dies wirklich ein Roman von Agatha Christie? Wahrscheinlich
schon.
"Vor ihrer Abreise zu weiteren Ausgrabungen im Irak, wo sie
ihren zweiten Ehemann Max Mallowan unterstützte, hatte Agatha
Christie im Frühjahr 1951 ein Manuskript bei ihrem Verleger in
London zurückgelassen, das im folgenden Jahr bei Collins in
London erscheinen sollte. 1952 war für die Autorin ein sehr
produktives Jahr, denn neben dem Manuskript `They did it with
mirrors', das im November veröffentlicht wurde, hatte auch im
gleichen Monat ihr Theaterstück `The Mousetrap' in London
Premiere," ist im Nachwort des Romans zu lesen.
Wie soll man das Buch beschreiben? Es fehlt ihm die leichte,
erzählende Feder, das viele andere Bücher Christies auszeichnet.
Die Geschichte wirkt so, als ob sie mit heißer Nadel gestrickt
worden sei, um schnell fertig zu werden. Daher entsteht sehr
leicht der Eindruck, die Handlung sei ein wenig unübersichtlich
und konstruiert. Und dies entspricht eigentlich nicht dem
Grundton, der sich durch viele andere Romane Christies zieht.
Auch der Plot hätte überzeugender sein können. Ein geständiger
Täter, der seine Verbrechen bestätigt und beschreibt, hätte ja
schon ausgereicht. In der vorliegenden Form wirkt gerade die
Auflösung wenig überzeugend. Was eigentlich schade ist. Aus der
Handlung hätte Christie sicher mehr machen können.
Agatha Christie: Fata Morgana; Scherz Verlag; 222 Seiten; 7,90
Euro |