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Mitten aus dem Leben - Urteile und Tipps zu §§
D.A.S.
Rechtsschutzexperten erläutern Rechte der Verbraucher
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Kreditbearbeitungsgebühren für Volksbank Rhein-Ruhr kein
Thema Für Kunden der 'Deutschen Bank' aber wohl
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Dezember 2015 |
Änderungen beim Kindesunterhalt
2016 Familienrecht
Dezember 2015 - Ab 1.
Januar 2016 gelten gesetzliche Änderungen beim
Kindesunterhalt. Der gesetzliche Mindestunterhalt orientiert
sich künftig nicht mehr an den steuerlichen
Kinderfreibeträgen, sondern am Existenzminimum. Dies ergibt
sich nach Informationen der D.A.S. Rechtsschutz
Leistungs-GmbH (D.A.S. Leistungsservice) aus dem „Gesetz zur
Änderung des Unterhaltsrechts und des
Unterhaltsverfahrensrechts“ vom 20. November 2015. Die
Unterhaltssätze der Düsseldorfer Tabelle steigen.
Hintergrundinformation
Schon seit
längerer Zeit war das Verfahren zur Berechnung des
Mindestunterhalts für minderjährige Kinder in der Kritik. Der
Mindestunterhalt war per Gesetz an den steuerlichen
Kinderfreibetrag gekoppelt. Eine zügige Erhöhung des
Unterhalts war damit schwierig. Teilweise lag er unter dem
kindlichen Existenzminimum. Der Gesetzgeber hat hier nun
einige Änderungen vorgenommen. Mindestunterhalt: Nach
Mitteilung des D.A.S. Leistungsservice spielt der
Kinderfreibetrag künftig bei der Berechnung des
Mindestunterhalts keine Rolle mehr.
Die entscheidende
gesetzliche Vorschrift ist
§ 1612a des Bürgerlichen Gesetzbuches.
Ab 2016 besagt diese Regelung, dass sich der Mindestunterhalt
am Existenzminimum des minderjährigen Kindes ausrichtet.
Dieses ist dem alle zwei Jahre veröffentlichten
Existenzminimumbericht der Bundesregierung zu entnehmen. Die
geänderte Vorschrift regelt auch, dass das Bundesministerium
der Justiz und für Verbraucherschutz künftig im
Zweijahresrhythmus den Mindestunterhalt durch eine
Rechtsverordnung festlegen wird, die nicht der Zustimmung des
Bundesrates bedarf.
Der letzte Teil ist wichtig – dadurch
vereinfacht und verkürzt sich das Verfahren, um eine solche
Änderung zu beschließen. Die Neuregelung gilt ab 1. Januar
2016. Vereinfachtes Unterhaltsverfahren: Das vereinfachte
Unterhaltsverfahren ist ein schriftliches Verfahren, um über
das Familiengericht einen rechtskräftigen Unterhaltstitel zu
erhalten. Dieses Verfahren war oft in der Kritik, weil es
zwar ohne anwaltliche Hilfe stattfinden konnte, die Formulare
und rechtlichen Folgen jedoch für Laien schwer zu
durchblicken waren. Um das Verfahren effizienter zu machen,
wird es nun in mehreren Punkten geändert. Auch ein neues
Antragsformular für den Unterhalt soll es geben, das auch
Laien verstehen können – aber erst zum 1. Januar 2017.
Düsseldorfer Tabelle
Die Gerichte ziehen bei der Unterhaltsberechnung meist die
Düsseldorfer Tabelle zu Rate. Diese ist zwar kein Gesetz,
wird aber als Richtlinie benutzt. Ab 1. Januar 2016 gelten
höhere Sätze beim Unterhaltsbedarf.
In der geringsten
Einkommensklasse des Unterhaltszahlers (bis 1.500 Euro netto)
gelten nun folgende Sätze:
Altersstufe 1 (bis zum vollendeten
sechsten Lebensjahr: 335 Euro;
Altersstufe 2
(vom siebenten bis zur Vollendung des 12.
Lebensjahres): 384 Euro;
Altersstufe 3 (vom 13. Lebensjahr bis zur
Volljährigkeit): 450 Euro.
Diese Zahlen betreffen den
Unterhaltsbedarf; der tatsächliche Zahlbetrag kann abweichen.
Das Kindergeld ist bei minderjährigen Kindern zur Hälfte auf
den Unterhaltsbedarf anzurechnen.
Gesetz zur Änderung
des Unterhaltsrechts und des Unterhaltsverfahrensrechts,
BGBl. Teil I, Nr. 46 vom 25.11.2015
Bundesgerichtshof zur Zulässigkeit
sogenannter "No-Reply" Bestätigungsmails mit Werbezusätzen
Urteil vom 15. Dezember 2015 - VI ZR 134/15
Der
unter anderem für das Recht der unerlaubten Handlungen
zuständige VI. Zivilsenat hat gestern entschieden, dass gegen
den erklärten Willen eines Verbrauchers übersandte E-Mail
Schreiben mit werblichem Inhalt eine Verletzung des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellen.
Der Kläger
ist Verbraucher. Er wandte sich am 10. Dezember 2013 mit der
Bitte um Bestätigung einer von ihm ausgesprochenen Kündigung
per E-Mail an die Beklagte. Die Beklagte bestätigte unter dem
Betreff "Automatische Antwort auf Ihre Mail (…)" wie folgt
den Eingang der E-Mail des Klägers:
"Sehr geehrte
Damen und Herren, vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir
bestätigen Ihnen hiermit den Eingang Ihres Mails. Sie
erhalten baldmöglichst eine Antwort. Mit freundlichen Grüßen
Ihre S. Versicherung
- Übrigens: Unwetterwarnungen per
SMS kostenlos auf Ihr Handy. Ein exklusiver Service nur für
S. Kunden. Infos und Anmeldung unter (…)
- Neu für
iPhone Nutzer: Die App S. Haus & Wetter, inkl. Push
Benachrichtigungen für Unwetter und vielen weiteren
nützlichen Features rund um Wetter und Wohnen: (…) ***
-
Diese E-Mail wird automatisch vom System generiert. Bitte
antworten Sie nicht darauf.***
Der Kläger wandte sich
daraufhin am 11. Dezember 2013 erneut per E-Mail an die
Beklagte und rügte, die automatisierte Antwort enthalte
Werbung, mit der er nicht einverstanden sei. Auch auf diese
E-Mail sowie eine weitere mit einer Sachstandsanfrage vom 19.
Dezember 2013 erhielt der Kläger eine automatisierte
Empfangsbestätigung mit dem obigen Inhalt.
Mit seiner
Klage verlangt der Kläger, die Beklagte zu verurteilen, es zu
unterlassen, zum Zwecke der Werbung mit ihm, dem Kläger, ohne
sein Einverständnis per E-Mail Kontakt aufzunehmen oder
aufnehmen zu lassen, wenn dies geschieht wie im Falle der
E-Mails vom 10., 11. und 19. Dezember 2013.
Das
Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der
Beklagten hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts
abgeändert und die Klage abgewiesen. Die
zugelassene Revision hat
zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung
des amtsgerichtlichen Urteils geführt.
Jedenfalls die Übersendung der Bestätigungsmail mit
Werbezusatz vom 19. Dezember 2013 hat den Kläger in seinem
allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, weil sie gegen
seinen zuvor erklärten ausdrücklichen Willen erfolgt ist.
Vorinstanzen: AG Stuttgart-Bad Cannstatt – Urteil vom 25.
April 2014 – 10 C 225/14 LG Stuttgart – Urteil vom 4. Februar
2015 – 4 S 165/14
Karlsruhe, den 16. Dezember 2015
Bundesarbeitsgericht Urteil vom 9.
Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 -
Angemessenheit
eines Nachtarbeitszuschlags - Dauerhafte Nachtarbeit
Bestehen keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen,
haben Nachtarbeitnehmer nach § 6 Abs. 5 ArbZG einen
gesetzlichen Anspruch auf einen angemessenen
Nachtarbeitszuschlag oder auf eine angemessene Anzahl
bezahlter freier Tage. Regelmäßig ist dabei ein Zuschlag
iHv. 25% auf den Bruttostundenlohn bzw. die entsprechende
Anzahl freier Tage für die zwischen 23.00 Uhr und 6.00
Uhr geleisteten Nachtarbeitsstunden angemessen. Bei
Dauernachtarbeit erhöht sich dieser Anspruch regelmäßig
auf 30%.
Der Kläger ist bei der Beklagten als
Lkw-Fahrer im Paketlinientransportdienst tätig. Die
Arbeitszeit beginnt in der Regel um 20.00 Uhr und endet
unter Einschluss von Pausenzeiten um 6.00 Uhr. Die
Beklagte ist nicht tarifgebunden. Sie zahlte an den
Kläger für die Zeit zwischen 21.00 Uhr und 6.00 Uhr einen
Nachtzuschlag auf seinen Stundenlohn iHv. zunächst etwa
11%. Später hob sie diesen Zuschlag schrittweise auf
zuletzt 20% an. Mit seiner Klage begehrt der Kläger die
Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm
einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30% vom Stundenlohn zu
zahlen oder einen Freizeitausgleich von zwei Arbeitstagen
für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zu gewähren.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgeben, das
Landesarbeitsgericht hingegen nur einen Anspruch iHv. 25%
festgestellt. Die Revision des Klägers hatte vor dem
Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Bestehen
- wie im Arbeitsverhältnis der Parteien - keine
tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen, haben
Nachtarbeitnehmer nach § 6 Abs. 5 ArbZG einen
gesetzlichen Anspruch auf einen angemessenen
Nachtarbeitszuschlag oder auf eine angemessene Anzahl
bezahlter freier Tage für die zwischen 23.00 Uhr und 6.00
Uhr geleisteten Arbeitsstunden. Regelmäßig ist dabei ein
Zuschlag iHv. 25% auf den Bruttostundenlohn bzw. die
entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage angemessen.
Eine Reduzierung der Höhe des Nachtarbeitsausgleichs
kommt in Betracht, wenn während der Nachtzeit
beispielweise durch Arbeitsbereitschaft oder
Bereitschaftsdienst eine spürbar geringere
Arbeitsbelastung besteht.
Besondere Belastungen
können zu einem höheren Ausgleichsanspruch führen. Eine
erhöhte Belastung liegt nach gesicherten
arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen bei
Dauernachtarbeit vor. In einem solchen Fall erhöht sich
der Anspruch regelmäßig auf einen Nachtarbeitszuschlag
iHv. 30% bzw. eine entsprechende Anzahl freier Tage. Da
der Kläger Dauernachtarbeit erbringt, steht ihm ein
Ausgleichsanspruch iHv. 30% zu. Entgegen der Auffassung
der Beklagten ist ein für die Zeit zwischen 21.00 Uhr und
23.00 Uhr gezahlter Zuschlag nicht anrechenbar. Ebenso
wenig ist die Höhe des Stundenlohns des Klägers relevant.
Erkennbare Anhaltspunkte dafür, dass in diesem bereits
ein anteiliger Nachtarbeitszuschlag enthalten ist,
bestehen nicht.
Bundesgerichtshof verbietet
"HIMBEER-VANILLE- ABENTEUER"-Werbung von Teekanne
Urteil vom 2. Dezember 2015 - I ZR 45/13 -
Himbeer-Vanille-Abenteuer II Der unter anderem für das
Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat hat abschließend in
einem Rechtstreit über die Irreführung von Verbrauchern durch
die Produktaufmachung eines Früchtetees entschieden.
Die
Beklagte, ein namhaftes deutsches Teehandelsunternehmen,
vertreibt unter der Bezeichnung "FELIX
HIMBEER-VANILLE-ABENTEUER" einen Früchtetee, auf dessen
Verpackung sich Abbildungen von Himbeeren und Vanilleblüten
sowie die Hinweise "nur natürliche Zutaten" und "FRÜCHTETEE
MIT NATÜRLICHEN AROMEN" befinden.
Tatsächlich enthält
dieser Tee keine Bestandteile oder Aromen von Vanille oder
Himbeere. Nach Ansicht des klagenden Verbraucherverbandes
führen diese Angaben auf der Verpackung des Tees der
Beklagten den Verbraucher über die Zusammensetzung des Tees
in die Irre. Er hat die Beklagte aus diesem Grund auf
Unterlassung und Zahlung von Abmahnkosten in Anspruch
genommen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Die
Berufung der Beklagten hat zur Abweisung der Klage geführt,
weil nach Ansicht des Berufungsgerichts eine Irreführung der
angesprochenen Verbraucher nicht stattfindet. Das
Berufungsgericht ist davon ausgegangen, die Verbraucher
würden aufgrund der Angabe "natürliches Aroma mit Vanille-
und Himbeergeschmack" im Zutatenverzeichnis erkennen, dass in
dem Früchtetee keine Bestandteile von Vanille und Himbeeren
enthalten sind.
Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren
ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union die
Frage vorgelegt, ob die Etikettierung und Aufmachung von
Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür nach Art. 2 Abs. 1
Buchst. a, Abs. 3 der Richtlinie über die Etikettierung von
Lebensmitteln* durch das Aussehen, die Bezeichnung oder
bildliche Darstellung den Eindruck des Vorhandenseins einer
bestimmten Zutat erwecken dürfen, obwohl die Zutat
tatsächlich nicht vorhanden ist und sich dies allein aus dem
Verzeichnis der Zutaten gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 dieser
Richtlinie** ergibt.
Der Gerichtshof der Europäischen
Union hat diese Frage verneint. Der Bundesgerichtshof hat die
Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben und das Urteil
des Landgerichts wiederhergestellt. Er hat angenommen, dass
das Publikum durch die hervorgehobenen Angaben
"HIMBEER-VANILLE- ABENTEUER" und die Abbildungen von
Vanilleblüten und Himbeeren zu der Annahme veranlasst wird,
in dem Tee seien Bestandteile oder Aromen von Vanille und
Himbeeren enthalten. Zwar lesen Verbraucher, die sich in
ihrer Kaufentscheidung nach der Zusammensetzung des
Erzeugnisses richten, das Verzeichnis der Zutaten.
Der Umstand, dass dieses Verzeichnis auf der Verpackung des
Tees angebracht ist, kann jedoch für sich allein nicht
ausschließen, dass die Etikettierung des Erzeugnisses und die
Art und Weise, in der sie erfolgt, die Käufer irreführen. Die
Etikettierung umfasst alle Angaben, Kennzeichnungen,
Hersteller und Handelsmarken, Abbildungen oder Zeichen, die
sich auf ein Lebensmittel beziehen und auf dessen Verpackung
angebracht sind. Wenn die Etikettierung eines Lebensmittels
und die Art und Weise, in der sie erfolgt, insgesamt den
Eindruck entstehen lassen, dass das Lebensmittel eine Zutat
enthält, die tatsächlich nicht vorhanden ist, ist eine
Etikettierung geeignet, den Käufer über die
Eigenschaften des Lebensmittels irrezuführen.
Danach sind die verschiedenen Bestandteile der
Etikettierung des Früchtetees insgesamt darauf zu überprüfen,
ob ein normal informierter und vernünftig aufmerksamer und
kritischer Verbraucher über das Vorhandensein von Zutaten
oder Aromen irregeführt werden kann. Das ist vorliegend
aufgrund der in den Vordergrund gestellten Angaben auf der
Verpackung der Fall, die auf das Vorhandensein von Vanille-
und Himbeerbestandteilen im Tee hinweisen.
Vorinstanzen: LG Düsseldorf - Urteil vom 16. März 2012 - 38 O
74/11 OLG Düsseldorf - Urteil vom 19. Februar 2013 - 20 U
59/12 BGH, Beschluss vom 26. Februar 2014 - I ZR 45/13 -
Himbeer-Vanille Abenteuer I, GRUR 2014, 588 = WRP 2014, 694
EuGH, Urteil vom 4. Juni 2015 - C 195/14 Verbraucherzentrale
Bundesverband/Teekanne)
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November 2015 |
Bundesgerichtshof zur Haftung von
Access-Providern für Urheberrechtsverletzungen Dritter
Urteile vom 26. November 2015 - I ZR 3/14 und I ZR 174/14
26. November 2015 - Der u.a. für das Urheberrecht
zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute in
zwei Verfahren über die Haftung von Unternehmen, die den
Zugang zum Internet vermitteln (Access-Provider), für
Urheberrechtsverletzungen Dritter entschieden.
Die
Klägerin im Verfahren I ZR 3/14 ist die
Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische
Vervielfältigungsrechte
(GEMA). Sie nimmt für Komponisten,
Textdichter und Musikverleger urheberrechtliche
Nutzungsrechte an Musikwerken wahr. Die
Beklagte ist Deutschlands
größtes Telekommunikationsunternehmen. Sie
war Betreiberin eines zwischenzeitlich von einer
konzernverbundenen Gesellschaft unterhaltenen Telefonnetzes,
über das ihre Kunden Zugang zum Internet erhielten. Als
sogenannter Access-Provider vermittelte die Beklagte ihren
Kunden auch den Zugang zu der Webseite "3dl.am".
Nach Darstellung der Klägerin
konnte über diese
Webseite auf eine Sammlung von Links und URLs zugegriffen
werden, die das Herunterladen
urheberrechtlich geschützter Musikwerke ermöglichten, die bei
Sharehostern wie
"RapidShare", "Netload" oder "Uploaded"
widerrechtlich hochgeladen worden waren. Die Klägerin sieht
hierin eine Verletzung der von ihr wahrgenommenen
Urheberrechte. Sie macht geltend, die Beklagte habe derartige
Rechtsverletzungen zu unterbinden.
Die Klägerin hat die
Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen, über von ihr
bereitgestellte Internetzugänge Dritten den Zugriff auf Links
zu den streitbefangenen Werken über die Webseite "3dl.am" zu
ermöglichen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin
zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen
Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter. Die
Klägerinnen im Verfahren I ZR 174/14 sind
Tonträgerhersteller.
Die Beklagte ist Betreiberin eines
Telekommunikationsnetzes, über das ihre Kunden Zugang zum
Internet erhalten. Als Access-Provider vermittelte die
Beklagte ihren Kunden auch den Zugang zu der Webseite
"goldesel.to". Nach Darstellung der
Klägerinnen konnte über diese Webseite auf eine Sammlung von
zu urheberrechtlich geschützten Musikwerken hinführenden
Links und URLs zugegriffen werden, die bei dem
Filesharing-Netzwerk "eDonkey" widerrechtlich hochgeladen
worden waren.
Die Klägerinnen sehen hierin eine
Verletzung ihrer urheberrechtlichen Leistungsschutzrechte
gemäß § 85 UrhG*. Die Klägerinnen haben die Beklagte auf
Unterlassung in Anspruch genommen, über von ihr
bereitgestellte Internetzugänge Dritten den Zugriff auf Links
zu den streitbefangenen Werken über die Webseite
"goldesel.to" zu ermöglichen.
Das Landgericht hat die
Klage abgewiesen.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerinnen
zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgen die Klägerinnen ihre
Klageanträge weiter.
Der
Bundesgerichtshof hat die Revisionen in beiden Verfahren
zurückgewiesen.
Ein
Telekommunikationsunternehmen, das Dritten den Zugang zum
Internet bereitstellt, kann von einem Rechteinhaber
grundsätzlich als Störer darauf in Anspruch genommen werden,
den Zugang zu Internetseiten zu unterbinden, auf denen
urheberrechtlich geschützte Werke rechtswidrig öffentlich
zugänglich gemacht werden. Als
Störer haftet bei der Verletzung absoluter Rechte
(etwa des Urheberrechts oder eines Leistungsschutzrechts) auf
Unterlassung, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in
irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur
Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt, sofern er
zumutbare Prüfungspflichten verletzt hat.
Das deutsche
Recht ist vor dem Hintergrund des Art. 8 Abs. 3 der
Richtlinie 2001/29/EG über das Urheberrecht in der
Informationsgesellschaft** richtlinienkonform auszulegen und
muss deshalb eine Möglichkeit vorsehen, gegen Vermittler von
Internetzugängen Sperranordnungen zu verhängen. In der
Vermittlung des Zugangs zu Internetseiten mit
urheberrechtswidrigen Inhalten liegt ein adäquat-kausaler
Tatbeitrag der Telekommunikationsunternehmen zu den
Rechtsverletzungen der Betreiber der Internetseiten "3dl.am"
und "goldesel.to".
In die im Rahmen der
Zumutbarkeitsprüfung vorzunehmende Abwägung sind die
betroffenen unionsrechtlichen und nationalen Grundrechte des
Eigentumsschutzes der Urheberrechtsinhaber, der
Berufsfreiheit der Telekommunikationsunternehmen sowie der
Informationsfreiheit und der informationellen
Selbstbestimmung der Internetnutzer einzubeziehen.
Eine
Sperrung ist nicht nur
dann zumutbar, wenn ausschließlich
rechtsverletzende Inhalte auf der Internetseite
bereitgehalten werden, sondern bereits dann, wenn nach dem
Gesamtverhältnis rechtmäßige gegenüber rechtswidrigen
Inhalten nicht ins Gewicht fallen.
Die aufgrund der
technischen Struktur des Internet bestehenden
Umgehungsmöglichkeiten stehen der Zumutbarkeit einer
Sperranordnung nicht entgegen, sofern die Sperren den Zugriff
auf rechtsverletzende Inhalte verhindern oder zumindest
erschweren. Eine Störerhaftung des Unternehmens, das den
Zugang zum Internet vermittelt, kommt unter dem Gesichtspunkt
der Verhältnismäßigkeit allerdings nur in Betracht, wenn der
Rechteinhaber zunächst zumutbare Anstrengungen unternommen
hat, gegen diejenigen Beteiligten vorzugehen, die - wie der
Betreiber der Internetseite - die Rechtsverletzung selbst
begangen haben oder - wie der Host-Provider - zur
Rechtsverletzung durch die Erbringung von Dienstleistungen
beigetragen haben.
Nur wenn die Inanspruchnahme dieser
Beteiligten scheitert oder ihr jede Erfolgsaussicht fehlt und
deshalb andernfalls eine Rechtsschutzlücke entstünde, ist die
Inanspruchnahme des Access-Providers als Störer zumutbar.
Betreiber und Host-Provider sind wesentlich näher an der
Rechtsverletzung als derjenige, der nur allgemein den Zugang
zum Internet vermittelt. Bei der Ermittlung der vorrangig in
Anspruch zu nehmenden Beteiligten hat der Rechtsinhaber in
zumutbarem Umfang - etwa durch Beauftragung einer Detektei,
eines Unternehmens, das Ermittlungen im Zusammenhang mit
rechtswidrigen Angeboten im Internet durchführt, oder
Einschaltung der staatlichen Ermittlungsbehörden -
Nachforschungen vorzunehmen. An dieser Voraussetzung fehlt es
in beiden heute entschiedenen Fällen.
Im Verfahren I
ZR 3/14 hat die Klägerin
gegen den Betreiber der Webseite "3dl.am" eine einstweilige
Verfügung erwirkt, die unter der bei der
Domain-Registrierung angegebenen Adresse nicht zugestellt
werden konnte. Den gegen den Host-Provider gerichteten
Verfügungsantrag hat die Klägerin zurückgenommen, da sich
auch seine Adresse als falsch erwies. Mit der Feststellung,
dass die Adressen des Betreibers der Internetseite und des
Host-Providers falsch waren, durfte sich die Klägerin nicht
zufriedengeben, sondern hätte weitere zumutbare
Nachforschungen unternehmen müssen.
Im Verfahren I ZR
174/14 ist die Klage
abgewiesen worden, weil die Klägerinnen nicht
gegen den Betreiber der Webseiten mit der Bezeichnung
"goldesel" vorgegangen sind. Dessen Inanspruchnahme ist
unterblieben, weil dem Vortrag der Klägerinnen zufolge dem
Webauftritt die Identität des Betreibers nicht entnommen
werden konnte. Die Klägerinnen haben nicht vorgetragen,
weitere zumutbare Maßnahmen zur Aufdeckung der Identität des
Betreibers der Internetseiten unternommen zu haben.
Vorinstanzen:
I ZR 3/14 LG Hamburg - Urteil vom 12. März
2010 - 308 O 640/08
OLG Hamburg - Urteil vom 21. November
2013 - 5 U 68/10 und I ZR 174/14 - Haftung des
Accessproviders
LG Köln - Urteil vom 31. August 2011 - 28
O 362/10 OLG Köln - Urteil vom 18. Juli 2014 - 6 U 192/11
Karlsruhe, den 26. November 2015
*§ 85
Urheberrechtsgesetz: Verwertungsrechte
(1) Der Hersteller
eines Tonträgers hat das ausschließliche Recht, den Tonträger
zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich
zu machen. (…) **Artikel 8 Abs. 3 der Richtlinie
2001/29/EG: Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die
Rechtsinhaber gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler
beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur
Verletzung eines Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte
genutzt werden.
Mieterhöhung auch bei
Wohnflächenabweichung nur unter Beachtung der Kappungsgrenze
Urteil vom 18. November – VIII ZR 266/14
18.
November 2015 - Der
Bundesgerichtshof hat heute – unter
teilweiser Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung –
entschieden, dass eine Mieterhöhung nach § 558 BGB auf der
Basis der tatsächlichen Wohnfläche zu erfolgen hat,
unabhängig davon, ob im Mietvertrag eine abweichende
Wohnfläche angegeben und wie hoch die Abweichung von der
tatsächlichen Wohnfläche ist.
Der Sachverhalt: Der
Beklagte ist Mieter einer 5-Zimmer-Wohnung der Klägerin in
Berlin. Im Mietvertrag sind die Wohnfläche mit 156,95 qm und
die monatliche Miete mit 811,81 DM angegeben. Tatsächlich
beträgt die Wohnfläche 210,43 qm. Die Klägerin verlangt vom
Beklagten die Zustimmung zur Erhöhung der derzeitigen
Bruttokaltmiete von 629,75 € auf insgesamt 937,52 €. Dies
begründet sie damit, dass sie nach den allgemeinen
Mieterhöhungsvorschriften* zu einer Erhöhung der momentan
geschuldeten Miete um 15 % (94,46 €) sowie darüber hinaus
wegen einer Überschreitung der vertraglich vereinbarten
Wohnfläche um 33,95 % zu einer entsprechenden weiteren
Anhebung berechtigt sei.
Der beklagte Mieter hat nur
einer Mieterhöhung um 94,46 € zugestimmt Die auf Zustimmung
zu einer Mieterhöhung um weitere 213,31 € gerichtete Klage
der Vermieterin ist in den Vorinstanzen abgewiesen worden.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Die vom Landgericht
zugelassene Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Der
unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII.
Zivilsenat hat entschieden, dass es im Mieterhöhungsverfahren
nach § 558 BGB nur auf die tatsächliche Wohnungsgröße
ankommt. § 558 BGB soll es dem Vermieter ermöglichen, eine
angemessene, am örtlichen Markt orientierte Miete zu
erzielen. Für den Vergleich ist deshalb allein der
objektive Wohnwert der zur Mieterhöhung anstehenden Wohnung
maßgeblich, während etwaige Vereinbarungen der
Mietvertragsparteien über die Wohnungsgröße im
Mieterhöhungsverfahren keine Rolle spielen können, denn sonst
würden nicht die tatsächlichen, sondern vertraglich fingierte
Umstände berücksichtigt. An seiner früheren Rechtsprechung,
dass der Vermieter sich an einer im Mietvertrag zu niedrig
angegebenen Wohnfläche festhalten lassen muss, wenn die
Abweichung nicht mehr als zehn Prozent beträgt, hält der
Senat deshalb nicht mehr fest.
Entsprechendes gilt für
den umgekehrten Fall, dass die Wohnfläche im Mietvertrag zu
groß angegeben ist; hier kann der Vermieter die Miete gemäß §
558 BGB ebenfalls nur auf der Grundlage der tatsächlichen
(niedrigeren) Wohnfläche erhöhen. Neben der Berücksichtigung
der wirklichen Wohnungsgröße im Rahmen der allgemeinen
Mieterhöhungsvorschriften (§ 558 BGB) – das heißt unter
Beachtung der Kappungsgrenze - besteht für den Vermieter
keine weitere Möglichkeit der einseitigen Mietanpassung.
Insbesondere ergibt sich aus einer unzutreffenden
Wohnflächenangabe im Mietvertrag noch kein Anwendungsfall
eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB**). Dem
steht bereits entgegen, dass die zutreffende Ermittlung der
tatsächlichen Wohnfläche regelmäßig in die Risikosphäre des
Vermieters fällt.
Vorinstanzen: Amtsgericht
Charlottenburg - Urteil vom 2. Dezember 2013 - 237 C 302/13
Landgericht Berlin - Urteil vom 11. September 2014 - 18 S
413/13 Karlsruhe, den 18. November 2015 *§ 558 BGB
Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete
(1)
1.Der Vermieter kann die Zustimmung zu einer Erhöhung der
Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn
die Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten
soll, seit 15 Monaten unverändert ist.
2. Das
Mieterhöhungsverlangen kann frühestens ein Jahr nach der
letzten Mieterhöhung geltend gemacht werden.
3.
Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 werden nicht
berücksichtigt.
(2) 1Die ortsübliche Vergleichsmiete
wird gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde
oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum
vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und
Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und
Beschaffenheit in den letzten vier Jahren vereinbart oder,
von Erhöhungen nach § 560 abgesehen, geändert worden sind.
2Ausgenommen ist Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz
oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden
ist. (3) 1. Bei Erhöhungen nach Absatz 1 darf sich die
Miete innerhalb von drei Jahren, von Erhöhungen nach den §§
559 bis 560 abgesehen, nicht um mehr als 20 vom Hundert
erhöhen (Kappungsgrenze).
2. Der Prozentsatz nach Satz 1
beträgt 15 vom Hundert, wenn die ausreichende Versorgung der
Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in
einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders
gefährdet ist und diese Gebiete nach Satz 3 bestimmt sind.
3. Die Landesregierungen werden ermächtigt, diese Gebiete
durch Rechtsverordnung für die Dauer von jeweils höchstens
fünf Jahren zu bestimmen. […] ** § 313 Störung der
Geschäftsgrundlage
(1) Haben sich Umstände, die zur
Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss
schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag
nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese
Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des
Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter
Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere
der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das
Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden
kann. (2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich,
wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des
Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen. […]
Eigentümergemeinschaft
darf Anleinzwang auch für Katzen beschließen
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Wohnungseigentumsrecht
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17. November 2015 - Eine
Wohnungseigentümergemeinschaft darf per Hausordnung
festlegen, dass Hunde und Katzen in der Wohnanlage
nicht frei herumlaufen dürfen. Ein Anleinzwang bewegt
sich im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung der
Anlage. Die D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH
(D.A.S. Leistungsservice) informiert über ein
aktuelles Urteil des Landgerichts Frankfurt a. M.
|
LG Frankfurt a. M., Az. 2-09
S 11/15
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Hintergrundinformation:
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Immer wieder kommen Fälle
vor Gericht, bei denen es um die Wirksamkeit von
Beschlüssen einer Wohnungseigentümerversammlung geht.
Denn auch Wohnungseigentümer können nicht durch
Mehrheitsbeschluss alles festlegen, was sie gerne
möchten. Das gilt auch für die Hausordnung. Sie darf
nur Regelungen enthalten, die einer ordnungsgemäßen
Verwaltung im Sinne des § 21 Abs. 3
Wohnungseigentumsgesetz (WEG) entsprechen. Dabei sind
die Interessen der verschiedenen Seiten gegeneinander
abzuwägen. Im Notfall ist ein Kompromiss zu suchen.
Der Fall: Eine
Wohnungseigentümergemeinschaft hatte beschlossen, in
ihre Hausordnung eine Regelung aufzunehmen, nach der
Hunde und Katzen nicht frei auf den
Gemeinschaftsflächen herumlaufen durften. Dies betraf
zum Beispiel Garten, Treppenhäuser, Laubengänge,
Kellerbereiche und Tiefgarage. Eine Miteigentümerin
setzte sich für das Recht ihrer Katzen auf freien
Auslauf ein und ging gerichtlich gegen den Beschluss
vor. In erster Instanz bekam sie Recht. Die anderen
Eigentümer gaben jedoch nicht auf und gingen in
Berufung.
Das Urteil: Das
Landgericht Frankfurt am Main erklärte nach
Mitteilung des D.A.S. Leistungsservice den Beschluss
der Wohnungseigentümerversammlung für wirksam. Hier
sei ein vernünftiger Kompromiss zwischen den
Interessen von Tierhaltern und Nichttierhaltern
angezeigt gewesen. Die Haustierhaltung gehöre nicht
zum wesentlichen Inhalt der Nutzung von Wohneigentum.
Durch einen Leinenzwang für Hunde und Katzen sei
sichergestellt, dass die Eigentümer die Tiere
jederzeit unter Kontrolle hätten und dass anderen
Eigentümern keine Nachteile entstehen könnten.
Als Beispiel nannte das Gericht Verunreinigungen von
Spielplätzen. Ein Anleinzwang auch für Katzen sei
nicht mit einem Katzenhaltungsverbot gleichzusetzen.
Eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Tieren
sei in Hausordnungen oft zu finden. Die Regelung
entspreche den Grundsätzen ordnungsgemäßer
Verwaltung.
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LG Frankfurt a. M., Urteil vom 14. Juli 2015, Az.
2-09 S 11/15
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Bundesverwaltungsgericht,
16. November 2011:
Anspruch auf Einhaltung
der Dublin-Regelungen zum Minderjährigenschutz
Ein unbegleiteter Minderjähriger
hat einen Anspruch darauf, dass über seinen Asylantrag in dem
Staat entschieden wird, der nach den Dublin-Bestimmungen für
ihn zuständig ist. Insoweit sind die Bestimmungen der
Dublin-Verordnungen individualschützend. Das hat das
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
Der Entscheidung lag der Fall eines irakischen
Staatsangehörigen zugrunde, der Anfang 2010 als
Minderjähriger in Deutschland einen Asylantrag stellte. Zuvor
hatte er in Belgien ohne Erfolg um Asyl nachgesucht. Nachdem
die belgischen Behörden einer Wiederauf- nahme des Klägers im
Rahmen des Dublin-Verfahrens zugestimmt hatten, lehnte das
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den
Asylantrag im April 2011 wegen anderweitiger internationaler
Zuständigkeit als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung
des Klägers nach Belgien an. Seine Klage hatte in den
Vorinstanzen Erfolg.
Das Oberverwaltungsgericht
begründete die Aufhebung des angefochtenen Bescheids damit,
dass Deutschland nach den Dublin-Bestimmungen die Prüfung des
Asylantrags obliege, weil der Kläger bei Antragstellung
minderjährig gewesen sei. Der 1. Revisionssenat des
Bundesverwaltungsgerichts hat diese Entscheidung bestätigt
und die Revision der Beklagten zurückgewiesen.
Nach Art.
6 der Dublin II-Verordnung ist, soweit kein
Familienangehöriger anwesend ist, der Mitgliedstaat
zuständig, in dem der Minderjährige seinen Asylantrag
gestellt hat. Diese Vorschrift dient - im Gegensatz zu
anderen in der Dublin II-Verordnung festgelegten
Zuständigkeitskriterien - nicht nur der organisatorischen
Abwicklung des Dublin-Verfahrens zwischen den
Mitgliedstaaten, sondern auch dem Minderjährigenschutz.
Der Asylsuchende hat daher einen Anspruch auf Einhaltung
dieser (auch) dem Grundrechtsschutz dienenden
Zuständigkeitsbestimmung. Hat ein Minderjähriger - wie hier -
in mehreren Staaten um Asyl nachgesucht, ist nach der
Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union in
seinem Urteil vom 6. Juni 2013 (C-648/11, M. A. u.a.) der
Staat zuständig, in dem sich der Minderjährige aufhält,
nachdem er dort einen Asylantrag gestellt hat.
Dies
gilt nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
auch, wenn der Minderjährige nach Abschluss eines
Asylverfahrens erneut in einem anderen Mitgliedstaat Asyl
beantragt. In diesem Fall ist es dem Aufenthaltsmitgliedstaat
allerdings nicht verwehrt, den Zweitantrag aus anderen
Gründen als unzulässig zu behandeln, etwa weil es sich um
einen identischen Antrag ohne neue Gründe handelt. Ob diese
Voraussetzungen hier vorliegen, konnte offen bleiben. Denn
das Bundesamt hat den Asylantrag wegen anderweitiger
internationaler Zuständigkeit nach § 27a AsylG als unzulässig
abgelehnt.
Diese Entscheidung kann im
Gerichtsverfahren wegen der ungünstigeren Rechtsfolgen nicht
in eine die Durchführung eines (weiteren) Asylverfahrens
ablehnende Zweitantragsentscheidung nach § 71a AsylG
umgedeutet werden. Denn eine Entscheidung nach § 27a AsylG
führt zur Überstellung des Asylsuchenden in einen anderen -
zur Prüfung seines Asylantrags zuständigen - „sicheren“
Dublin-Staat.
Mit einer negativen Entscheidung nach § 71a
AsylG endet hingegen das Asylverfahren, und der Betroffene
kann - bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen -
grundsätzlich in jeden aufnahmebereiten Staat einschließlich
seines Herkunftsstaats abgeschoben werden.
BVerwG
1 C 4.15 - Urteil vom 16. November 2015
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Oktober 2015 |
27.
Oktober, Bundesverwaltungsgericht Leipzig:
Fristen im
Dublin-Verfahren nicht individualschützend
Stimmt
ein von Deutschland ersuchter EU-Mitgliedstaat der Aufnahme
eines Asylantragstellers im Rahmen des Dublin-Verfahrens zu,
so kann sich der Asylbewerber gegen seine Überstellung in
diesen Mitgliedstaat nicht mit dem Argument wehren, dass die
in der Dublin II-Verordnung geregelte Frist für ein
Aufnahmegesuch abgelaufen sei.
Diese Frist gilt nur für
den Rechtsverkehr zwischen den am Dublin-Verfahren
beteiligten Staa- ten, dient aber nicht dem Schutz des
einzelnen Asylbewerbers. Das hat das Bundesverwaltungsgericht
in Leipzig heute entschieden.
Den Entscheidungen lag
der Fall einer pakistanischen Staatsangehörigen mit ihren
drei Kindern zugrunde, die im Januar 2013 in Deutschland
Asylanträge stellten, weil sie in ihrer Heimat aus religiösen
Gründen verfolgt würden. Das Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge (Bundesamt) lehnte die Asylanträge im Januar 2014
als unzulässig ab. Zugleich ordnete es die Abschiebung der
Kläger nach Spanien an, weil sie bereits in Spanien
Asylanträge gestellt hätten.
Die spanischen Behörden
haben einer Wiederaufnahme der Kläger im Rahmen des
Dublin-Verfahrens zugestimmt. Das Verwaltungsgericht hat die
Bescheide aufgehoben, weil die Bundesrepublik durch
Fristablauf für die Behandlung der Asylanträge zuständig
geworden sei.
Das Bundesamt hätte die spanischen Behörden
spätestens innerhalb einer Frist von drei Monaten um
Wiederaufnahme der Kläger ersuchen müssen; dies sei hier
nicht geschehen. Der Verwaltungsgerichtshof ist dem nicht
gefolgt und hat die Klagen abgewiesen. Die dagegen
gerichteten Revisionen der Kläger blieben ohne Erfolg.
Der 1. Revisionssenat hat entschieden, dass sich die
Kläger nicht auf eine Versäumung der Drei-Monats-Frist für
die Stellung eines Aufnahmegesuchs nach Art. 17 Abs. 1 Dublin
II-Verordnung berufen können. Denn diese Frist dient der
organisatorischen Abwicklung des Dublin-Verfahrens zwischen
den Mitgliedstaaten. Sie schützt jedoch nicht den einzel- nen
Asylbewerber. Dieser kann in Fällen der vorliegenden Art
einer Überstellung an einen anderen Mitgliedstaat nur unter
Hinweis auf systemische Mängel des Asylverfahrens oder der
Aufnahmebedingungen für Asylantragsteller im ersuchten Staat
entgegentreten.
Das gilt jedenfalls dann, wenn der
ersuchte Mitgliedstaat der Aufnahme zuge- stimmt hat. Hier
hatte Spanien seine Zustimmung zur Wiederaufnahme der Kläger
erklärt. Zum Prozessrecht hat das Bundesverwaltungsgericht
entschieden, dass die von den Klägern erhobene
Anfechtungsklage die allein statthafte Klageart darstellt.
Denn die Dublin-Verordnungen unterscheiden klar zwischen dem
Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staats und der
inhaltlichen Prüfung eines Asylantrags.
BVerwG 1 C
32.14 - Urteil vom 27. Oktober 2015
Vorinstanzen: VGH
Kassel, 2 A 976/14.A - Beschluss vom 25. August 2014
- VG
Wiesbaden, 2 K 197/14.WI.A - Urteil vom 22. April 2014 -
BVerwG 1 C 33.14
- Urteil vom 27. Oktober 2015
Vorinstanzen: VGH Kassel, 2 A 975/14.A - Beschluss vom 25.
August 2014
- VG Wiesbaden, 2 K 194/14.WI.A - Urteil vom
22. April 2014
- BVerwG 1 C 34.14 - Urteil vom 27.
Oktober 2015
Vorinstanzen: VGH Kassel, 2 A 974/14.A -
Beschluss vom 25. August 2014
- VG Wiesbaden, 2 K
192/14.WI.A - Urteil vom 22. April 2014 -
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September 2015 |
09.
September 2015 - Bundesverwaltungsgericht:
Bahnhöfe und Haltepunkte
sind mit Einrichtungen zur Information über Verspätungen
auszustatten
Das Eisenbahn-Bundesamt hat die DB
Station & Service AG zu Recht verpflichtet, ihre Bahnhöfe und
Haltepunkte mit Dynamischen Schriftanzeigern auszustatten.
Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute
entschieden. Die Klägerin, die DB Station & Service AG,
betreibt etwa 5500 Bahnhöfe und Haltepunkte in Deutschland.
Das beklagte Eisenbahn-Bundesamt stellte im Jahr 2010
fest, dass nicht alle Bahnhöfe und Haltepunkte mit
Einrichtungen versehen waren, durch welche Fahrgäste über
Verspätungen oder Ausfälle von Zügen informiert werden
können. Es ver- pflichtete die Klägerin, alle Bahnhöfe und
Haltepunkte mit Dynamischen Schriftanzeigern auszustatten,
und zwar zeitlich gestaffelt nach der Größe der Stationen
gemessen an der Zahl der Reisenden.
Dynamische
Schriftanzeiger werden über einen Großrechner gesteuert und
zeigen Informationen über Abweichungen vom Fahrplan,
insbesondere Zugverspätungen und Zugausfälle, an. Die
Verpflichtung gilt nicht, wenn die Klägerin durch andere
gleich geeignete technische Mittel, beispielsweise eine
funktionstüchtige Lautsprecheranlage, oder andere
organisatorische Maßnahmen, beispielsweise örtliches
Personal, sicherstellt, dass Reisende aktiv über Verspätungen
oder den Ausfall von Zügen unterrichtet werden können, sobald
diese Informationen zur Verfügung stehen.
Die gegen diese
Verpflichtung erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Köln
abge- wiesen; das Oberverwaltungsgericht Münster hat die
Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Das
Bundesverwaltungsgericht hat auch die Revision der Klägerin
zurückgewiesen. Nach der Verordnung der Europäischen Union
über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im
Eisenbahnverkehr (Fahrgastrechte-Verordnung) sind die
Fahrgäste bei einer Verspätung bei der Abfahrt oder der
Ankunft durch das Eisenbahnunternehmen oder durch den
Bahnhofsbetreiber über die Situation und die geschätzte
Abfahrts- und Ankunftszeit zu unterrichten, sobald diese
Informationen zur Verfügung stehen. Die
Fahrgastrechte-Verordnung verlangt eine „aktive“
Unterrichtung der Fahrgäste durch den Betreiber.
02.
September 2015 - Bundesverwaltungsgericht:
Gemeinden dürfen
Pferdesteuer erheben
Das
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat entschieden, dass die
Gemeinden grundsätzlich berechtigt sind, auf das Halten und
das entgeltliche Benutzen von Pferden für den persönlichen
Lebensbedarf eine örtliche Aufwandsteuer (Pferdesteuer) zu
erheben. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (Kassel)
hatte die Pferdesteuersatzung der beklagten Stadt Bad
Sooden-Allendorf im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens
überprüft und für rechtmäßig gehalten. Die Revision zum
Bundesverwaltungsgericht hatte es nicht zugelassen. Die
hiergegen gerichtete Beschwerde der Kläger - eines
Reitervereins und mehrerer Einzelkläger - hat das
Bundesverwaltungsgericht nun zurückgewiesen.
Um die Frage
nach der grundsätzlichen Zulässigkeit einer Pferdesteuer zu
beantworten, bedurfte es nicht der Durchführung eines
Revisionsverfahrens. Schon nach den bisher entwickelten
Maßstäben steht fest, dass eine örtliche Aufwandsteuer auf
das Halten und entgeltliche Benutzen von Pferden erhoben
werden darf, soweit es sich um eine Einkommensverwendung für
den persönlichen Lebensbedarf handelt.
Die Befugnis zur
Erhebung örtlicher Aufwandsteuern steht nach Art. 105 Abs. 2a
Grundgesetz den Ländern zu und ist auf die Gemeinden
übertragen. Eine Aufwandsteuer soll die in der
Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum
Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des
Steuerschuldners treffen. Örtlich ist eine Aufwandsteuer
dann, wenn sie an einen Vorgang im Gemeindegebiet anknüpft.
Das Halten bzw. die entgeltliche Benutzung eines Pferdes
geht - vergleichbar der Hundehaltung oder dem Innehaben einer
Zweitwohnung - über die Befriedigung des allgemeinen
Lebensbedarfs hinaus und erfordert einen zusätzlichen
Vermögensaufwand. Im Hinblick darauf, dass nur die
Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf
besteuert werden darf, beschränkt die dem Rechtsstreit
zugrunde liegende Satzung den Steuergrund auf das Halten und
Benutzen von Pferden „zur Freizeitgestaltung“ und nimmt
Pferde, die nachweislich zum Haupterwerb im Rahmen der
Berufsausübung eingesetzt werden, von der Steuerpflicht aus.
Für den erforderlichen örtlichen Bezug kommt es nicht auf
den Wohnort des Pferdehalters, sondern auf die Unterbringung
des Pferdes in der steuererhebenden Gemeinde an. Ob die
Gemeinde über den Zweck der Einnahmeerzielung hinaus noch
weitere Zwecke verfolgt, insbesondere den, das besteuerte
Verhalten - hier die Pferdehaltung - mittelbar zu
beeinflussen, ist für die Rechtmäßigkeit der Steuererhebung
unerheblich.
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August 2015 |
28. August 2015,
Bundesverfassungsgericht:
Durchsuchung bei Medienorganen
darf nicht vorrangig der Aufklärung möglicher Straftaten von
Informanten dienen
Die Durchsuchung in
Redaktionsräumen oder Wohnungen von Journalisten darf nicht
vorrangig dem Zweck dienen, den Verdacht von Straftaten durch
Informanten aufzuklären.
Erforderlich sind vielmehr
zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat der
konkret betroffenen Presseangehörigen, die den
Beschlagnahmeschutz nach § 97 Abs. 5 Satz 1
Strafprozessordnung entfallen lässt. Dies hat die 3. Kammer
des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit zwei
heute veröffentlichten Beschlüssen entschieden und
Verfassungsbeschwerden eines Journalisten sowie eines
Zeitungsverlags gegen Durchsuchungsmaßnahmen stattgegeben.
5.
August 2015: Bundesverwaltungsgericht
Genehmigung der Briefporti
der Deutschen Post in den Jahren 2003, 2004 und 2005
rechtswidrig
Die Bundesnetzagentur hat der
Deutschen Post in den Jahren 2003, 2004 und 2005 zu hohe
Entgelte für die Postdienstleistungen „Standardbrief“
national, „Kompaktbrief“ national, „Großbrief“ national und
„Postkarte“ national genehmigt. Dies hat das Bundes-
verwaltungsgericht in Leipzig auf die Klage eines Kunden der
Deutschen Post in drei Urteilen entschieden.
Auf der
Grundlage der Bestimmungen des Postgesetzes und der
Post-Entgelt- regulierungsverordnung fasste die
Bundesnetzagentur durch einen Beschluss aus dem Jahr 2002 die
der Entgeltgenehmigung unterliegenden Postdienstleistungen
der beigeladenen Deutschen Post in drei Körben zusammen,
darunter einem Korb mit den Formaten Postkarte,
Standardbrief, Kompaktbrief und Großbrief.
Der
Beschluss stellte ferner das Ausgangsentgeltniveau für die
Dienstleistungen der drei Körbe entsprechend dem nach den
Absatzmengen des Jahres 2001 gewichteten Durchschnitt der
Entgelte fest und legte die gesamtwirtschaftliche
Preissteigerungsrate sowie eine zu erwartende
Produktivitätsfortschrittsrate fest. Diese Maßgrößen sollten
für den Geltungszeitraum des Beschlusses bis Ende 2007 die
dann jeweils für ein Jahr zu erteilenden Genehmigungen
konkreter Entgelte bestimmen.
Der Kläger ist ein
eingetragener Verein, dessen Mitglieder Postdienstleistungen
erbrin- gen. Er wendet sich als Postkunde unter anderem gegen
die Genehmigungen der Entgelte, welche die Bundesnetzagentur
auf der Grundlage der festgelegten Maßgrößen für die Jahre
2003, 2004 und 2005 für die Postdienstleistungen Postkarte,
Standardbrief, Kompaktbrief und Großbrief erteilt hat.
Das Verwaltungsgericht Köln hat die Klagen abgewiesen. Das
Oberverwaltungsgericht Münster hat die Berufungen des Klägers
zurückgewiesen und dies in erster Linie damit begründet, der
Kläger werde durch die an die Beigeladene gerichteten
Entgeltgenehmigungen nicht in eigenen Rechten verletzt. Er
schulde zwar - wie wohl fast jeder in Deutschland - im Falle
eines geschlossenen Beförderungsvertrages das genehmigte
Entgelt; dies rechtfertige aber nicht die Annahme, durch eine
rechtswidrige Genehmigung könnten eigene Rechte des Klägers
verletzt sein.
Das Bundesverwaltungsgericht hat auf die
Revisionen des Klägers die drei Entgeltgenehmigungen mit
Bezug auf das Rechtsverhältnis zwischen der beigeladenen
Deutschen Post und dem Kläger für die Jahre 2003, 2004 und
2005 aufgehoben: Soweit der Kläger als Kunde der beigeladenen
Deutschen Post mit ihr - etwa durch Einwurf eines frankierten
Briefes in den Postkasten - Beförderungsverträge schließt,
kann er gegen die Genehmigung des dafür geschuldeten Entgelts
Klage erheben.
Er kann geltend machen, die Genehmigung
verstoße gegen die insoweit einschlägigen Bestimmungen des
Postgesetzes und der Post-Entgeltregulierungsverordnung über
die Höhe zulässiger Entgelte. Durch eine deshalb
rechtswidrige Genehmigung wird er in eigenen Rechten
verletzt. In der Sache hat die Bundesnetzagentur bei der
Genehmigung der Entgelte gegen die gesetzlichen Vorgaben
verstoßen. Sie hat insbesondere die
Produktivitätsfortschrittsrate so festzulegen, dass die auf
dieser Grundlage genehmigten Entgelte im Durchschnitt die
Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung der in dem
Korb zusammengefassten Postdienstleistungen nicht
übersteigen. Hiervon ist die Bundesnetzagentur abgewichen.
Sie hat ausdrücklich von einer vollständigen Annäherung der
Entgelte an diese Kosten abgesehen, weil dies im Interesse
finanzschwächerer Wettbewerber der beigeladenen Deutschen
Post liege und so der Herbeiführung eines funktionierenden
Wettbewerbs auf den Postmärkten diene. Dieses Vorgehen ist
von den gesetzlichen Vorgaben nicht gedeckt.
Das
Bundesverwaltungsgericht hat die Genehmigungen nur
aufgehoben, soweit sie mit Bezug auf das Rechtsverhältnis
zwischen der beigeladenen Deutschen Post und dem Kläger
Entgelte genehmigen.
Der Kläger kann als Folge
nachgewiesenermaßen gezahlte Entgelte zurückverlangen. Auf
andere Kunden wirken die Entscheidungen sich nicht aus.
BVerwG 6 C 8.14 - Urteil vom 05. August 2015
Vorinstanzen: OVG Münster, 13 A 478/08 - Urteil vom 09.
Dezember 2013
- VG Köln, 22 K 9007/04 - Urteil vom 27.
November 2007
- BVerwG 6 C 9.14 Vorinstanzen: OVG
Münster, 13 A 476/08 - Urteil vom 09. Dezember 2013 - VG
Köln, 22 K 3808/03 - Urteil vom 27. November 2007 - BVerwG 6
C 10.14 - 3 - Vorinstanzen: OVG Münster, 13 A 477/08 -
Urteil vom 09. Dezember 2013
- VG Köln, 22 K 8715/03 -
Urteil vom 27. November 2007
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Juli 2015 |
Bereicherungsrechtliche
Rückabwicklung von Lebens- und Rentenversicherungsverträgen
nach Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. IV ZR 384/14 - Urteil
vom 29. Juli 2015 und IV ZR 448/14 - Urteil vom 29. Juli 2015
Bundesgerichtshof, 28. Juli 2015 - Der für das
Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hatte sich erstmals mit Einzelheiten der
bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung von Lebens-
und Rentenversicherungsverträgen zu befassen, in
denen die Versicherungsnehmer nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG
a.F. den Widerspruch gegen das Zustandekommen des Vertrages
erklärt hatten. Die Kläger hatten bei dem beklagten
Versicherer im Jahr 1999 bzw. im Jahr 2003 fondsgebundene
Renten- bzw. Lebensversicherungsverträge nach dem in § 5a VVG
a.F. geregelten sogenannten Policenmodell abgeschlossen.
Jahre später kündigten sie die Verträge und erklärten
schließlich den Widerspruch nach § 5a VVG a.F.
Der
Versicherer zahlte auf die Kündigungen hin den jeweiligen
Rückkaufswert an die Kläger aus. Diese verlangen nun mit
ihren Klagen Rückzahlung aller von ihnen geleisteten Beiträge
nebst Zinsen abzüglich der Rückkaufswerte, da die Verträge
infolge der Widersprüche nicht wirksam zustande gekommen
seien. Das
Landgericht hat die Klagen abgewiesen,
das Oberlandesgericht hat ihnen teilweise
stattgegeben. Es hat angenommen, die
Versicherungsnehmer hätten die Widersprüche wirksam erklärt
und könnten dem Grunde nach Rückzahlung aller Prämien
verlangen, müssten sich dabei aber den während der Dauer der
Prämienzahlung genossenen Versicherungsschutz anrechnen
lassen (vgl. Pressemitteilung Nr. 99/2015). Die
Revisionen des beklagten Versicherers, der den Abzug weiterer
Positionen von den Klageforderungen erstrebt, hatten im
Wesentlichen keinen Erfolg.
Der IV.
Zivilsenat hat bereits mit Urteil vom 7. Mai 2014 (IV ZR
76/11, BGHZ 201, 101, Pressemitteilung Nr. 78/2014)
entschieden, dass Versicherungsnehmer bei der nach einem
wirksamen Widerspruch durchzuführenden
bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung ihrer Lebens- und
Rentenversicherungsverträge nicht uneingeschränkt alle
gezahlten Prämien zurückverlangen können; vielmehr müssen sie
sich den jedenfalls bis zur Kündigung des jeweiligen Vertrags
genossenen Versicherungsschutz anrechnen lassen.
Ausgehend hiervon hat das Berufungsgericht in den
Streitfällen den geschuldeten Wertersatz auf der Grundlage
der Prämienkalkulation des beklagten Versicherers in
revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise geschätzt
und die auf die gezahlten Prämien entfallenden Risikoanteile
in Abzug gebracht. Lediglich in einem Punkt hat der
Bundesgerichtshof einen weiteren Abzug für geboten gehalten.
Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, muss
sich der Versicherungsnehmer zusätzlich zu dem
Rückkaufswert, den er bereits vom Versicherer
erhalten hat, die Kapitalertragssteuer nebst
Solidaritätszuschlag, die der Versicherer bei
Auszahlung des Rückkaufswertes für den Versicherungsnehmer an
das Finanzamt abgeführt hat,
als Vermögensvorteil
anrechnen lassen.
Weitere Positionen, die
der Versicherer in Abzug bringen wollte, hat das
Berufungsgericht hingegen zu Recht nicht berücksichtigt.
Dies gilt insbesondere für die vom Versicherer geltend
gemachten Abschluss- und Verwaltungskosten. Insoweit kann
sich der Versicherer nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB auf den
Wegfall der Bereicherung berufen. Die Verwaltungskosten sind
bereits deshalb nicht bereicherungsmindernd zu
berücksichtigen, weil sie unabhängig von den
streitgegenständlichen Versicherungsverträgen angefallen und
beglichen worden sind.
Hinsichtlich der Abschlusskosten
gebietet es der mit der richtlinienkonformen Auslegung des §
5a VVG a.F. bezweckte Schutz des Versicherungsnehmers, dass
der Versicherer in Fällen des wirksamen Widerspruchs das
Entreicherungsrisiko trägt.
Auch die
Ratenzahlungszuschläge führen zu keinem teilweisen Wegfall
der Bereicherung der Beklagten. Die Bereicherungsansprüche
der Kläger umfassen gemäß § 818 Abs. 1 Alt. 1 BGB auch die
durch die Beklagte gezogenen Nutzungen.
Das
Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass nur
die Nutzungen herauszugeben sind, die vom
Bereicherungsschuldner tatsächlich gezogen wurden. Es hat zu
Recht die Darlegungs- und Beweislast beim Versicherungsnehmer
gesehen und ihm einen entsprechenden Tatsachenvortrag
abverlangt, der nicht ohne Bezug zur Ertragslage des
jeweiligen Versicherers auf eine tatsächliche Vermutung einer
Gewinnerzielung in bestimmter Höhe, etwa in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, gestützt werden kann.
Über weitere Einzelfragen des Nutzungsersatzes hatte der
Bundesgerichtshof in diesen Revisionsverfahren nicht zu
entscheiden, da keine der Parteien Einwendungen gegen die
Schätzung des Berufungsgerichts erhoben hat.
IV ZR
384/14 - Urteil vom 29. Juli 2015
OLG Köln - Urteil vom
5. September 2014 – 20 U 77/14
LG Aachen - Urteil vom 11.
April 2014 – 9 O 419/13 und
IV ZR 448/14 - Urteil vom 29.
Juli 2015 OLG Köln -Urteil vom 17. Oktober 2014 – 20 U
110/14 LG Aachen - Urteil vom 6. Juni 2014 – 9 O 77/14
Die
maßgeblichen Normen
lauten wie
folgt: Versicherungsvertragsgesetz in der Fassung des
Dritten Gesetzes zur Durchführung versicherungsrechtlicher
Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 21.
Juli 1994 (Drittes Durchführungsgesetz/EWG zum VAG) § 5a (1)
Hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei
Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben
oder eine Verbraucherinformation nach § 10a des
Versicherungsaufsichtsgesetzes unterlassen, so gilt der
Vertrag auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der
Versicherungsbedingungen und der weiteren für den
Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformation als
abgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb
von vierzehn Tagen nach Überlassung der Unterlagen
schriftlich widerspricht. …
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 812 (1) Wer durch Leistung eines anderen oder in
sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen
Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. …
§
818 (1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf
die gezogenen Nutzungen …
… (3) Die Verpflichtung zur
Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen,
soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.
Bundesgerichtshof:
Keine
Geschäftsführung ohne Auftrag beim Transport von Kindern zu
Sportveranstaltungen - Urteil vom 23. Juli 2015 – III ZR
346/14
Karlsruhe, 23. Juli 2015 - Der III.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass
es sich, wenn minderjährige Mitglieder eines
Amateursportvereins von ihren Familienangehörigen oder
Angehörigen anderer Vereinsmitglieder zu
Sportveranstaltungen gefahren werden, grundsätzlich
- auch im Verhältnis zum Sportverein - um eine reine
Gefälligkeit handelt, die sich im außerrechtlichen Bereich
abspielt, sodass Aufwendungsersatzansprüche gegen den
Verein ausscheiden.
Die Parteien streiten um den
Ersatz von Schäden, die die Klägerin bei einem Verkehrsunfall
erlitten hat. Die Enkelin der Klägerin spielt in der
Mädchen-Fußballmannschaft des beklagten Vereins. Die
Mannschaft nahm am 9. Januar 2011 in B. an der
Hallenkreismeisterschaft teil. Die Klägerin, die ihre Enkelin
zu dieser Veranstaltung bringen wollte, verunfallte mit ihrem
PKW auf der Fahrt nach B. und zog sich dabei erhebliche
Verletzungen zu.
Die A. Versicherungs-AG, bei der der
Beklagte eine Sportversicherung unterhält, lehnte die bei ihr
angemeldeten Ansprüche der Klägerin ab. Nach den
Versicherungsbedingungen würden nur Vereinsmitglieder und zur
Durchführung versicherter Veranstaltungen "offiziell
eingesetzte" Helfer Versicherungsschutz genießen; zu diesem
Personenkreis gehöre die Klägerin jedoch nicht. Die Klägerin
hat daraufhin den Beklagten auf Ersatz ihres materiellen und
immateriellen Schadens in Anspruch genommen.
Das
Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der
Klägerin hat das Oberlandesgericht den Beklagten - unter
Zurückweisung der Berufung bezüglich des begehrten
Schmerzensgeldes - zur Zahlung von 2.811,63 € nebst Zinsen
verurteilt. Der Bundesgerichtshof hat auf die vom
Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten das
Urteil des Oberlandesgerichts, soweit zum Nachteil des
Beklagten erkannt worden ist, aufgehoben und das
klagabweisende landgerichtliche Urteil bestätigt.
Nach der Senatsrechtsprechung ist im Bereich der
rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisse zwischen einem
Auftrags- und einem Gefälligkeitsverhältnis zu unterscheiden.
Ob jemand für einen anderen ein Geschäft im Sinne des § 662
BGB besorgt oder jemandem nur eine (außerrechtliche)
Gefälligkeit erweist, hängt vom Rechtsbindungswillen ab.
Maßgeblich ist insoweit, wie sich dem objektiven Beobachter -
nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Umstände des
Einzelfalls mit Rücksicht auf die Verkehrssitte - das Handeln
des Leistenden darstellt.
Eine vertragliche Bindung wird
insbesondere dann zu bejahen sein, wenn erkennbar ist, dass
für den Leistungsempfänger wesentliche Interessen
wirtschaftlicher Art auf dem Spiel stehen und er sich auf die
Leistungszusage verlässt oder wenn der Leistende an der
Angelegenheit ein eigenes rechtliches oder wirtschaftliches
Interesse hat. Ist dies hingegen nicht der Fall, kann dem
Handeln der Beteiligten nur unter besonderen Umständen ein
rechtlicher Bindungswillen zugrunde gelegt werden.
Ein
Bindungswille wird deshalb in der Regel beim sogenannten
Gefälligkeitshandeln des täglichen Lebens, bei Zusagen im
gesellschaftlichen Bereich oder bei Vorgängen, die diesen
ähnlich sind, zu verneinen sein. Genauso muss, um
Wertungswidersprüche zu vermeiden, im Bereich der
gesetzlichen Schuldverhältnisse zwischen der Geschäftsführung
ohne Auftrag nach §§ 677 ff BGB und der (außerrechtlichen)
Gefälligkeit ohne Auftrag unterschieden werden. Maßgeblich
ist insoweit ebenfalls, wie sich dem objektiven Beobachter -
nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Umstände des
Einzelfalls mit Rücksicht auf die Verkehrssitte - das Handeln
des Leistenden darstellt.
Die Abgrenzung erfolgt unter
Berücksichtigung unter anderem der Art der Tätigkeit, ihrem
Grund und Zweck, ihrer wirtschaftlichen und rechtlichen
Bedeutung für den Geschäftsherrn, der Umstände, unter denen
sie erbracht wird, und der dabei entstehenden Interessenlage
der Parteien. Gefälligkeiten des täglichen Lebens oder
vergleichbare Vorgänge können insoweit regelmäßig den
Tatbestand der §§ 677 ff BGB nicht erfüllen.
Die
Klägerin hat im vorliegenden Fall
ihre Enkelin nach
B. fahren wollen, um dieser die Teilnahme an der
Kreismeisterschaft zu ermöglichen.
Dies geschah aus
Gefälligkeit gegenüber ihrer Enkelin beziehungsweise deren
sorgeberechtigten Eltern. An dem Charakter der Fahrt
als Gefälligkeit ändert sich nichts dadurch, dass der
Transport nicht ausschließlich im alleinigen Interesse der
Enkelin und ihrer Eltern, sondern auch im Interesse der
Mannschaft und damit des beklagten Sportvereins lag.
Der
"Bringdienst" der minderjährigen
Spielerinnen zu auswärtigen Spielen war nach den
tatrichterlichen Feststellungen Sache der Eltern
beziehungsweise anderer Angehöriger oder Freunde. Die
Klägerin hat im Rahmen ihrer Anhörungen vor den
Instanzgerichten angegeben, die Kinder seien immer privat
gefahren worden. Sie selbst habe viele Fahrten durchgeführt
und dafür nie etwas bekommen. Wenn sie nicht gefahren wäre,
hätte man den Transport innerhalb der Familie oder der
übrigen Vereinsmitglieder so umorganisiert, dass eine andere
Person ihre Enkelin gefahren hätte.
Dieser übliche Ablauf
spricht entscheidend dagegen, den auf freiwilliger Grundlage
erfolgten Transport der Kinder zu Auswärtsspielen durch
Personen aus ihrem persönlichen Umfeld als auf der Grundlage
eines mit wechselseitigen Rechten und Pflichten
ausgestalteten Schuldverhältnisses erbracht anzusehen.
Vielmehr handelt es sich, wenn minderjährige Mitglieder eines
Amateursportvereins von ihren Familienangehörigen oder
Angehörigen anderer Vereinsmitglieder zu Sportveranstaltungen
gefahren werden, grundsätzlich - auch im Verhältnis zum
Sportverein - um eine reine Gefälligkeit, die sich im
außerrechtlichen Bereich abspielt. Solange keine
gegenteiligen Absprachen getroffen werden, scheiden damit
Aufwendungsersatzansprüche aus.
LG Stade - Urteil vom 11.
Dezember 2013 - 2 O 304/12
Oberlandesgericht Celle -
Urteil vom 16. Oktober 2014 - 5 U 16/14
Karlsruhe, den
23. Juli 2015
Bundesverfassungsgericht: Keine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das
Betreuungsgeld
21. Juli 2015 - Dem Bundesgesetzgeber fehlt
die Gesetzgebungskompetenz für das Betreuungsgeld. Dies
hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit
heute verkündetem Urteil entschieden. Die §§ 4a bis 4d des
Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes, die einen
Anspruch auf Betreuungsgeld begründen, sind daher nichtig.
Sie können zwar der öffentlichen Fürsorge nach Art. 74
Abs. 1 Nr. 7 GG zugeordnet werden, auf die sich die
konkurrierende Gesetzgebung des Bundes erstreckt. Die
Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG für die Ausübung
dieser Kompetenz durch den Bund liegen jedoch nicht vor.
Das Urteil ist einstimmig ergangen.
Bundesgerichtshof zur
urheberrechtlichen Zulässigkeit des "Framing"
Urteil vom 9. Juli 2015 - I ZR 46/12 -
Die Realität II
Der u.a. für das
Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshof
hat heute entschieden, dass der
Betreiber einer Internetseite keine Urheberrechtsverletzung
begeht, wenn er urheberrechtlich geschützte Inhalte,
die auf einer anderen Internetseite mit Zustimmung des
Rechtsinhabers für alle Internetnutzer zugänglich sind, im
Wege des "Framing" in seine eigene Internetseite einbindet.
Die Klägerin, die Wasserfiltersysteme herstellt und
vertreibt, ließ zu Werbezwecken einen etwa zwei Minuten
langen Film mit dem Titel "Die Realität" herstellen, der sich
mit der Wasserverschmutzung befasst. Sie ist Inhaberin der
ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an diesem
Film. Der Film war – nach dem Vorbringen der Klägerin ohne
ihre Zustimmung – auf der Videoplattform "YouTube" abrufbar.
Die beiden Beklagten sind als selbständige
Handelsvertreter für ein mit der Klägerin im Wettbewerb
stehendes Unternehmen tätig. Sie unterhalten jeweils eigene
Internetseiten, auf denen sie für die von ihnen vertriebenen
Produkte werben.
Im Sommer 2010 ermöglichten sie den
Besuchern ihrer Internetseiten, das von der Klägerin in
Auftrag gegebene Video im Wege
des "Framing" abzurufen. Bei einem Klick auf einen
Link wurde der Film vom Server der Videoplattform "YouTube"
abgerufen und in einem auf den Webseiten der Beklagten
erscheinenden Rahmen ("Frame")
abgespielt.
Die Klägerin ist der Auffassung, die
Beklagten hätten das Video damit unberechtigt öffentlich
zugänglich gemacht. Sie hat die Beklagten daher auf Zahlung
von Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht hat
die Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz in
Höhe von je 1.000 € an die Klägerin verurteilt.
Auf die Berufung der Beklagten
hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der
vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die
Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und
die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Berufungsgericht hat, so der BGH, mit Recht
angenommen, dass die bloße Verknüpfung eines auf einer
fremden Internetseite bereitgehaltenen Werkes mit der eigenen
Internetseite im Wege des
"Framing" kein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne des §
19a UrhG darstellt, weil allein der Inhaber der
fremden Internetseite darüber entscheidet, ob das auf seiner
Internetseite bereitgehaltene Werk der Öffentlichkeit
zugänglich bleibt.
Eine solche Verknüpfung
verletzt auch bei einer im Blick auf Art. 3 Abs. 1 der
Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte
des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der
Informationsgesellschaft gebotenen richtlinienkonformen
Auslegung des § 15 Abs. 2 UrhG* grundsätzlich kein
unbenanntes Verwertungsrecht der öffentlichen Wiedergabe.
Der
Gerichtshof der Europäischen Union
hat
auf das im vorliegenden Rechtsstreit eingereichte
Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs ausgeführt,
es liege keine öffentliche Wiedergabe vor, wenn auf einer
Internetseite anklickbare Links zu Werken bereitgestellt
würden, die auf einer anderen Internetseite mit Erlaubnis der
Urheberrechtsinhaber für alle Internetnutzer frei zugänglich
seien. Das gelte auch dann, wenn das Werk bei Anklicken
des bereitgestellten Links in einer Art und Weise erscheine,
die den Eindruck vermittele, dass es auf der Seite erscheine,
auf der sich dieser Link befinde, obwohl es in Wirklichkeit
einer anderen Seite entstamme.
Den Ausführungen des EuGH
ist nach Ansicht des BGH allerdings zu entnehmen, dass in
solchen Fällen eine öffentliche Wiedergabe erfolgt, wenn
keine Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers vorliegt. Danach
hätten die Beklagten das Urheberrecht am Film verletzt, wenn
dieser ohne Zustimmung des Rechtsinhabers bei "YouTube"
eingestellt war. Dazu hat das Berufungsgericht keine
Feststellungen getroffen. Der BGH hat deshalb das
Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das
Berufungsgericht zurückverwiesen, damit dieses die
erforderlichen Feststellungen treffen kann.
Der
Bundesgerichtshof hat erwogen, das Verfahren bis zur
Entscheidung des Gerichtshofs in dem vom Hoge Raad der
Niederlande am 7. April 2015 eingereichten
Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache C-160/15 - GS
Media BV/Sanoma Media Netherlands BV u.a. auszusetzen.
Der Hoge Raad hat dem EuGH die Frage vorgelegt, ob von einer
öffentlichen Wiedergabe auszugehen ist, wenn das Werk auf der
anderen Internetseite ohne Zustimmung des Rechtsinhabers
zugänglich gemacht worden ist. Der BGH hat gleichwohl von
einer Aussetzung des Verfahrens abgesehen. Mit einer
Entscheidung des EuGH in dem ihm vom Hoge Raad vorgelegten
Verfahren ist frühestens in einem Jahr zu rechnen.
EuGH - Beschluss vom 21. Oktober 2014 - C-348/13, GRUR 2014,
1196 = WRP 2014, 1441 - BestWater International/Mebes und
Potsch BGH - Beschluss vom 16. Mai 2013 - I ZR 46/12,
GRUR 2013, 818 = WRP 2013, 1047 -
Die Realität I, OLG
München - Urteil vom 16. Februar 2012 - 6 U 1092/11, ZUM-RD
2013, 398 LG München I - Urteil vom 2. Februar 2011 - 37 O
15777/10 Karlsruhe, den 9. Juli 2015
§ 15 Abs. 2 Satz 1
und 2 Nr. 2 UrhG
Der Urheber hat ferner das
ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form
öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe).
Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere
[…] das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a).
§ 19a UrhG Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist
das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der
Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es
Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer
Wahl zugänglich ist.
Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie
2001/29/EG Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern
das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder
drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich
der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise,
dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu
Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu
verbieten.
Bundesverfassungsgericht am 1. Juli 2015:
Drei Verfassungsbeschwerden gegen das
Mindestlohngesetz unzulässig
Mit den heute veröffentlichten Beschlüssen hat die
3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts
drei Verfassungsbeschwerden gegen das Mindestlohngesetz nicht
zur Entscheidung angenommen, da sie sich als unzulässig
erwiesen haben. Eine Verfassungsbeschwerde von 14
ausländischen, auch im Inland tätigen Transportunternehmen
genügt nicht dem Grundsatz der Subsidiarität, denn die
Unternehmen sind gehalten, sich zunächst an die Fachgerichte
zu wenden (1 BvR 555/15).
Gleiches gilt für einen
17-jährigen Arbeitnehmer in der Systemgastronomie, der eine
Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG rügt, weil Volljährige für
dieselbe Tätigkeit den gesetzlichen Mindestlohn erhalten (1
BvR 37/15); auch darüber müssen zunächst die Fachgerichte
entscheiden. Eine Verfassungsbeschwerde gegen die zeitlich
verzögerte Einführung des Mindestlohnes für
Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller ist mangels
hinreichender Angaben zur tatsächlichen Situation nicht
hinreichend substantiiert und deswegen ebenfalls unzulässig
(1 BvR 20/15).
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Mai 2015 |
Bundesverfassungsgericht lehnt
Einstweilige Anordnung gegen das Inkrafttreten des „Bestellerprinzips“
bei Maklerprovisionen für Wohnraummietverträge ab
Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 2. Kammer des
Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts den Erlass einer
einstweiligen Anordnung gegen das zum 1. Juni 2015
vorgesehene Inkrafttreten des „Bestellerprinzips“ bei
Maklerprovisionen für Wohnraummietverträge abgelehnt.
Der
Beschluss beruht auf einer Folgenabwägung. Für den Erlass
einer einstweiligen Anordnung müssten die Nachteile, die
durch das vorübergehende Inkrafttreten eines - nach
abschließender Prüfung - verfassungswidrigen Gesetzes
entstünden, die Nachteile deutlich überwiegen, die mit der
vorläufigen Verhinderung eines verfassungsmäßigen Gesetzes
verbunden wären. Den Antragstellern ist die Darlegung eines
hinreichend schwerwiegenden Nachteils jedoch weder für die
Gesamtheit der Wohnungsvermittler noch im Hinblick auf ihre
eigene Situation gelungen.
19. Mai 2015:
Verfassungsgerichtshof bestätigt Stärkungspakt für
finanzschwache Kommunen
Der
Verfassungsgerichtshof NRW in Münster hat die Verteilung der
gewährten Konsolidierungshilfen an Kommunen auf Grundlage des
Stärkungspaktgesetzes in besonders schwieriger Haushaltslage
bestätigt. Innenminister Ralf Jäger begrüßte diese
Entscheidung in Düsseldorf: „Sie bringt allen Beteiligten die
notwendige Planungssicherheit über die Höhe der
Konsolidierungshilfen. Die finanzschwachen
Stärkungspaktkommunen haben die schwierige Aufgabe, ihre
Etats wieder ins Gleichgewicht zu bringen.“
„Der
Stärkungspakt Stadtfinanzen bleibt ein wichtiges Instrument
zur Unterstützung finanzschwacher Kommunen in NRW“, erklärte
Ralf Jäger. Das Land zahlt mit rund vier Milliarden Euro mehr
als zwei Drittel aller Stärkungspaktleistungen. „Es trägt
damit den Löwenanteil und geht bis an die Grenze seiner
Belastbarkeit. Hierzu stehen wir auch in Zukunft und bleiben
verlässlicher Partner der Kommunen“, betonte der
Innenminister. „Mit dem Stärkungspakt Stadtfinanzen hat das
Land Neuland betreten. Durch zügiges und beherztes Handeln
ist es uns gelungen, den finanzschwachen Kommunen
Handlungsspielraum zurück zu geben.“
|
April 2015 |
Duisburgs
Abfallentsorgungsgebührensatzung für 2012
nichtig erklärt!
Die Wirtschaftsbetriebe Duisburg
zum Urteil
E-Zigaretten und
E-Shishas - Novellierung des
Jugendschutzgesetzes
Berlin/Duisburg,23. April 2015 -
Gemeinsam für den Jugendschutz Die
Bundesregierung will die Abgabe und den
Konsum von elektronischen Zigaretten und
Shishas an Kinder und Jugendliche verbieten.
"Mit den E-Shishas und E-Zigaretten sind
Produkte auf dem Markt, die keinesfalls in
die Hände von Minderjährigen gelangen
sollten", betonten Bundesjugendministerin
Manuela Schwesig und Bundesernährungsminister
Christian Schmidt heute (Donnerstag) bei
einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin.
Neueste Studien belegen: Die so genannten
"Liquids" schaden der Gesundheit von Kindern
und Jugendlichen - unabhängig davon, ob sie
Nikotin enthalten oder nicht. Das
Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend hat deshalb einen
Referentenentwurf zur Änderung des
Jugendschutzgesetzes erarbeitet:
"Wir
müssen die bestehende Gesetzeslücke
schließen. Dass Kinder und Jugendliche diese
Produkte einfach kaufen und konsumieren
können, ist für mich eine unhaltbare
Situation", so Manuela Schwesig. Auch die
Gefahr durch die nikotin-freien Liquids dürfe
nicht unterschätzt werden: "Sie schmecken
nach Mango, Schokolade oder Kaugummi - aber
was da inhaliert wird, ist alles andere als
harmlos." Für Bundesminister Christian
Schmidt, neben Ernährung und Landwirtschaft
auch für den gesundheitlichen
Verbraucherschutz zuständig, ist ein
Abgabeverbot ein Meilenstein für den
gesundheitlichen Verbraucherschutz:
"E-Zigaretten, egal ob mit oder ohne Nikotin,
sind keine harmlosen Erzeugnisse. Indem wir
den Verkauf unterbinden, schützen wir Kinder
und Jugendliche präventiv vor den Gefahren
des Rauchens.
Der Jugendschutz geht hier
Hand in Hand mit dem gesundheitlichen
Verbraucherschutz. Diesen müssen wir auch bei
nikotinfreien E-Zigaretten verbessern." Er
strebe die Gleichstellung von nikotinhaltigen
und nikotinfreien E-Zigaretten an, soweit
dies für den gesundheitlichen
Verbraucherschutz erforderlich ist. Bei
nikotinhaltigen E-Zigaretten und E-Shishas
liegt die Gefährdungslage für Kinder und
Jugendliche auf der Hand.
Die
gesundheitlichen Folgen von Nikotinkonsum
sind relativ gut erforscht. Bei den
nikotinfreien E-Zigaretten und E-Shishas
liegen nunmehr entsprechende Bewertungen vor,
u.a. vom Bundesinstitut für Risikobewertung,
vom Deutschen Krebsforschungszentrum und der
Bundeszentrale für gesundheitliche
Aufklärung. Demnach entstehen beim Dampfen
sowohl von nikotinhaltigen als auch
nikotinfreien E-Zigaretten
Carbonylverbindungen, darunter Formaldehyd,
Acrolein und Acetaldehyd, die Krebs auslösen
können. Außerdem enthalten die Aerosole von
E-Zigaretten und E-Shishas feine und
ultrafeine Partikel. Eine chronische
Schädigung durch diese Partikel wirkt sich
besonders in der Wachstumsphase aus und
beeinträchtigt bei Kindern die
Lungenentwicklung.
Das Wachstum der
Lunge endet erst im jungen Erwachsenenalter.
Nicht zuletzt könnte der anfängliche Gebrauch
von vermeintlich harmlosen nikotinfreien
E-Zigaretten dazu verleiten, neue Reize zu
suchen und auf nikotinhaltige E-Zigaretten
oder herkömmliche Tabakzigaretten
umzusteigen. Zum Hintergrund: Um Kinder und
Jugendliche wirksam vor Tabakkonsum zu
schützen, sieht das Jugendschutzgesetz
(JuSchG) klare Regelungen zu Tabakwaren vor:
Nach § 10 JuSchG dürfen in
Gaststätten, Verkaufsstellen oder sonst in
der Öffentlichkeit Tabakwaren an Kinder oder
Jugendliche unter 18 Jahren nicht abgegeben
werden. Zudem bestimmt § 10 JuSchG, dass in
Gaststätten, Verkaufsstellen oder sonst in
der Öffentlichkeit Kindern oder Jugendlichen
unter 18 Jahren das Rauchen nicht gestattet
werden darf. Allerdings handelt es sich bei
E-Zigaretten und E-Shishas, bei denen
sogenannte Liquids verdampfen, nicht um
"Tabakwaren" im Sinne des § 10 JuSchG.
Insofern greifen die strikten Abgabe- und
Rauchverbote des Jugendschutzgesetzes bislang
nicht.
Freiheit im
Schrebergarten? Rechte und Pflichten von
Kleingärtnern
Besonders in
Großstädten sind Schrebergärten für viele
Menschen idyllische und ruhige Rückzugsorte.
Allerdings sind Schrebergärtner nicht
alleine. Meistens sind die Häuschen Teil
einer Gartenkolonie und damit eines Vereins.
Um ein harmonisches Zusammenleben zu
gewährleisten, sind daher Regeln
unerlässlich. Worauf Schrebergartenbesitzer
achten sollten, weiß die D.A.S.
Rechtsexpertin Michaela Zientek.
Was sollten
Naturfreunde beachten, die einen
Schrebergarten bewirtschaften wollen?
Wer mit einem
Schrebergarten liebäugelt, sollte sich
zunächst darüber informieren, ob die eigenen
Vorstellungen mit den Vorgaben des
Bundeskleingartengesetzes und des
ortsansässigen Kleingartenvereins vereinbar
sind. Befinden sich die Kleingärten auf
Gemeindeland, erlässt die jeweilige Stadt als
Verpächter zudem oft eine eigene
Gartenordnung. All diese Regelungen geben den
Rahmen für die Gestaltung der Gärten vor.
So informieren die Vorschriften
beispielsweise über die erlaubte Höhe der
Bäume, wie groß der Anteil an Obst und Gemüse
an der Gesamtfläche sein sollte oder welche
Pflanzen nicht angepflanzt werden dürfen.
Tierfreunde sollten zudem berücksichtigen,
dass Kleintiere in den meisten
Schrebergartensiedlungen keine gern gesehenen
Gäste sind: In vielen Fällen ist die Haltung
von Tieren nur mit schriftlicher Zustimmung
des Vereinsvorstands zulässig – oftmals ist
sie stark eingeschränkt oder sogar
vollständig verboten.
Grundsätzlich
gilt: Was das Bundeskleingartengesetz oder die jeweiligen
Satzungen des ortsansässigen Kleingartenvereins vorschreiben,
müssen alle Gärtner einhalten. Alle Punkte, die nicht
explizit geregelt sind, sind dagegen dem
Selbstverwirklichungsrecht der Schrebergartenbesitzer
überlassen. Das bedeutet: In diesem Fall können die
Laubenpieper ihren Kleingarten nach ihren individuellen
Vorstellungen gestalten – sofern sie dadurch die Besitzer
umliegender Parzellen nicht beeinträchtigen.
Bäume und
Sträucher wachsen mit der Zeit, und
irgendwann wird auch der Kleingarten nebenan
beschattet oder im Herbst mit unerwünschtem
Laub eingedeckt. Müssen Betroffene das
hinnehmen?
Um einen Streit zu
vermeiden, empfiehlt es sich in jedem Fall,
mit dem Nachbarn eine einvernehmliche Lösung
zu suchen. So lässt sich sicher klären, wann
Bäume zurückgeschnitten werden sollen oder
welchen Abstand zum Zaun sie einhalten
sollten. Was viele nicht wissen: Gesetzliche
Vorschriften, die Grenz- und Pflanzabstände
zu Nachbargrundstücken regeln, gelten nicht
für Schrebergärten! Denn der Gesetzgeber
sieht die einzelnen Kleingärten lediglich als
Teilstücke des Grundstückes an, das die
gesamte Schrebergartensiedlung umfasst.
Aber: Die Satzung des Kleingartenvereins
oder die Gartenordnung der jeweiligen
Gemeinde enthalten meist besondere
Vorschriften zu den Abständen, die sowohl
zwischen bestimmten Pflanzen als auch zur
Parzellengrenze hin einzuhalten sind. Und oft
dürfen nur Bäume gepflanzt werden, die eine
bestimmte Größe, etwa drei Meter, nicht
überschreiten. An diese Vorgaben müssen sich
die Vereinsmitglieder halten.
Dürfen
Kleingartenbesitzer in ihrer Gartenlaube auch
wohnen?
Grundsätzlich
spricht nichts dagegen, wenn der Besitzer
einer Gartenlaube dort die Nacht verbringen
möchte – zum Beispiel nach einem sommerlichen
Grillabend. Rechtlich bedenklich wird es
erst, wenn es nicht bei einer Übernachtung
bleibt. Denn eine vorschriftsmäßige
Gartenlaube darf einschließlich Terrasse
höchstens 24 Quadratmeter Grundfläche haben
und nicht so ausgestattet sein, dass sie sich
als dauerhafter Wohnsitz eignet. Dies
schreibt § 3 des Bundeskleingartengesetzes
vor. Auch der Bebauungsplan der jeweiligen
Gemeinde unterscheidet zwischen einem
Kleingartengebiet und einem Wohngebiet.
Ausdrücklich verboten ist das Wohnen in der
Laube in der Regel schon durch die Satzung
des Kleingartenvereins. Aus dieser strikten
Unterscheidung zwischen Wohnsitz und
Gartenlaube ergeben sich für Kleingärtner
aber auch Vorteile: So sind die Besitzer von
Schrebergärten seit dem 1. Januar 2013 von
der Rundfunkgebührenpflicht ausgenommen. Zwar
sieht der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag die
Ausnahme nur für Lauben vor, die den Vorgaben
des Bundeskleingartengesetzes entsprechen.
Und viele größere Lauben aus früheren Zeiten
genießen Bestandsschutz. Aber: Die
Landesrundfunkanstalten („Beitragsservice”)
gehen davon aus, dass alle Lauben in
Kleingartenanlagen unabhängig von ihrer Größe
nicht zum Wohnen geeignet sind und damit
keine Gebühr anfällt. Sonderregeln gibt es
für Lauben außerhalb von Kleingartenanlagen:
Dürfen diese nicht ganzjährig bewohnt werden,
ist auf Antrag eine halbjährige Befreiung vom
Beitrag möglich.
5 Fakten rund um
Schrebergärten
Das
Bundeskleingartengesetz, Regelungen des
ortsansässigen Kleingartenvereins und die
Gartenordnungen der Gemeinde geben einen
verbindlichen Rahmen für die Gestaltung von
Schrebergärten vor.
Alle Punkte, die dort nicht explizit geregelt
sind, sind dem Selbstverwirklichungsrecht der
Kleingartenbesitzer überlassen.
Gesetzliche Vorschriften, die Grenz- und
Pflanzabstände zu Nachbargrundstücken regeln,
gelten nicht für Schrebergärten.
Für
die Gartenlaube gilt: Ihre Grundfläche darf
einschließlich der Terrasse höchstens 24
Quadratmeter betragen. Außerdem darf ihre
Ausstattung kein dauerhaftes Bewohnen
zulassen.
Besitzer von Schrebergärten sind seit dem 1.
Januar 2013 von der Rundfunkgebührenpflicht
ausgenommen. Bei Gartenlauben, die sich
außerhalb von Kleingartenanlagen befinden und
nicht ganzjährig bewohnt werden dürfen, ist
auf Antrag eine halbjährige Befreiung vom
Beitrag möglich.
|
Recht auf dem Rad: Was
dürfen Radfahrer und was nicht?
13. April 2015 -
Mit Frühlingsbeginn holen
viele wieder ihr Fahrrad aus dem Keller. Aber kaum
treten sie in die Pedale, hupt sie auch schon der
erste Autofahrer an. Außerdem ist immer wieder zu
hören, es gelte jetzt die Helmpflicht. Stimmt das?
Was Radfahrer im Straßenverkehr dürfen und was nicht,
erklärt Michaela Zientek, Rechtsexpertin der D.A.S.
Rechtsschutzversicherung.
Wo dürfen Radfahrer
unterwegs sein?
Radfahrer, die die Straße
benutzen, sind Autofahrern häufig ein Dorn im Auge.
Doch anders als viele annehmen, müssen Radler nicht
automatisch auf Seitenwege ausweichen: „Oftmals sind
sie auf der Straße sicherer unterwegs, weil sie dort
für andere Verkehrsteilnehmer schneller und besser zu
sehen sind. Dies gilt besonders an Einmündungen und
Zufahrten – hier kommt es zu besonders vielen
Unfällen, weil Autofahrer die Radfahrer auf dem
Radweg schlicht übersehen”, erklärt Michaela Zientek,
Rechtsexpertin der D.A.S. Rechtsschutzversicherung.
„Sind Radwege jedoch mit einem weißen Fahrrad auf
blauem Grund gekennzeichnet, müssen Radfahrer diese
benutzen – es sei denn, der Weg ist beispielsweise
wegen Scherben oder parkenden Autos nicht befahrbar.“
Ein grundsätzliches Radfahrverbot gilt nicht nur in
Fußgängerzonen, sondern auch auf Gehwegen.
Ausgenommen von dieser Regelung sind nur Kinder unter
zehn Jahren.
„Sie sind die schwächsten
Verkehrsteilnehmer und bedürfen eines besonderen
Schutzes. Kinder bis acht Jahren müssen daher auf dem
Gehweg fahren. Kinder bis 10 Jahren haben die Wahl
zwischen Gehweg und Straße”, so die D.A.S.
Rechtsexpertin. Übrigens: Das Rechtsfahrgebot gilt
auch für Radfahrer! Wer sich nicht daran hält,
riskiert ein Bußgeld von 15 Euro sowie eine Mitschuld
im Falle eines Unfalls.
Richtiges Verhalten an
Ampeln
Hohes Konfliktpotenzial
zwischen Auto- und Radfahrern lauert auch an Ampeln.
Es gilt: Wenn die Ampel rot zeigt, müssen Radler sich
nicht hinten anstellen! „Auch ohne einen ausdrücklich
gekennzeichneten Radfahrstreifen dürfen Radfahrer bei
stehendem Verkehr rechts an den Autos vorbeifahren.
Wichtig ist allerdings, dass sie dabei langsam fahren
und äußerst umsichtig vorgehen”, betont Michaela
Zientek.
Auf Radfahrstreifen oder Radwegen finden
sich häufig eigene Ampeln für Radfahrer – andernfalls
gelten für sie dieselben Signale wie für Autos. „An
Kreuzungen ohne besondere Radwegampel müssen
Radfahrer so lange warten, bis der Fahrverkehr grünes
Licht erhält. Abbiegende Autofahrer sollten sich
deshalb bewusst machen, dass Radler die Straße auch
dann noch kreuzen können, wenn die Fußgängerampel
bereits ,rot‘ zeigt”, verdeutlicht Michaela Zientek.
Aber: Dies ist die neue Regelung seit der letzten
Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO). Bisher
gilt hier noch eine Übergangsregelung für Radwege
ohne Radwegampel, bei denen die Übergänge für
Fußgänger und Radler nebeneinander liegen: Hier
müssen Radfahrer bis 31. Dezember 2016 die
Fußgängerampel beachten. Dadurch sollen die Gemeinden
genügend Zeit bekommen, ihre Ampelanlagen der neuen
Rechtslage anzupassen.
Ein Haltesignal ist auch für
Radler verpflichtend: Wer eine rote Ampel auf
dem Drahtesel überfährt, zahlt bis zu 100 Euro, mit
Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer bis zu 160 Euro
und erhält einen Punkt im Flensburger
Verkehrsregister.
Sicher mit dem Rad
unterwegs
Radfahrer haben keine
Knautschzone und tragen bei Unfällen deshalb häufig
schwere Verletzungen davon. Entgegen gängiger
Erwartungen besteht für sie trotzdem keine
Helmpflicht. Der Nutzen einer solchen Regelung gilt
nach mehreren Untersuchungen von Fahrradunfällen als
umstritten. Eine Helmpflicht könnte außerdem dazu
führen, dass sich weniger Menschen für das Radfahren
entscheiden. Musik auf dem Ohr ist prinzipiell
erlaubt:
Die StVO lässt das Tragen von Kopfhörern
zu, solange der Radfahrer noch den Verkehr um sich
herum akustisch wahrnehmen kann. Zur Rechenschaft
gezogen werden hingegen Radler, die sich mit einem
Handy am Ohr erwischen lassen: Hierfür ist ein
Bußgeld von 25 Euro fällig. Auch Radfahrer mit zu
viel Alkohol im Blut kommen nicht straffrei davon:
„Im Falle eines Unfalls oder bei
Ausfallerscheinungen können bereits 0,3 Promille zu
einer Geldstrafe führen.” Radfahrer mit mehr als 1,6
Promille Alkohol im Blut gelten als absolut
fahruntüchtig. Sie begehen aus rechtlicher Sicht eine
Straftat und müssen mit der Anordnung einer
medizinisch-psychologischen Untersuchung, dem
sogenannten Idiotentest, rechnen. „Verweigert der
Betroffene die Teilnahme oder besteht den Test nicht,
verliert er seinen Führerschein”, erklärt Michaela
Zientek. Und: Um die Gefahr von Stürzen zu
verringern, ist freihändiges Fahren verboten. Wer es
riskiert, dem droht ein Bußgeld.
Radfahrer im
Straßenverkehr: Was ist erlaubt?
Raum für Radfahrer
Sind
Radwege mit einem weißen Fahrrad auf blauem Grund
gekennzeichnet, müssen Radfahrer sie benutzen
- In Fußgängerzonen müssen
Radfahrer absteigen
- Gehwege sind für Rad fahrende
Kinder bis acht Jahren Pflicht
- Acht- bis Zehnjährige können
auf dem Gehweg oder auf der Straße fahren
- Ab dem 10. Geburtstag müssen
Radfahrer die Straße benutzen
Vorsicht, Bußgeld!
- Ein Missachten des Ampelsignals
kostet bis zu 160 Euro und kann mit einem Punkt im
Flensburger Verkehrsregister zu Buche schlagen
- Wer sich nicht an das
Rechtsfahrgebot hält, riskiert ein Bußgeld von 15 Euro sowie
eine Mitschuld im Falle eines Unfalls
- Wer mit dem Handy am Ohr erwischt
wird, zahlt 25 Euro
- Bei einer Fahrradfahrt unter
Alkoholeinfluss drohen neben einer Geldstrafe auch eine
medizinisch-psychologische Untersuchung und der
Führerscheinentzug
- Auch freihändiges Fahren
wird mit einem Bußgeld bestraft
-
Erlaubt ist es dagegen, ohne Helm unterwegs zu sein oder in
einer angemessenen Lautstärke Musik zu hören
Wohnungseigentumsrecht:
Trittschallschutz in der Wohnanlage
Parkettboden verursacht meist mehr Geräusche durch
„Trittschall“ als Teppichboden. Aber: Wohnungseigentümer
dürfen trotzdem Parkett verlegen, solange die
Schallschutznormen aus der Bauzeit des Hauses eingehalten
werden und die Gemeinschaftsordnung nichts Abweichendes
regelt. Dies entschied nach Mitteilung der D.A.S. der
Bundesgerichtshof. BGH, Az. V ZR 73/14
Hintergrundinformation: Trittschall sorgt immer wieder für
Streit in Mehrfamilienhäusern.
Während früher
Teppichboden als der letzte Schrei galt, muss es heute
Parkett oder zumindest Laminatboden sein. Die Bewohner der
darunter liegenden Wohnungen sind davon meist weniger
begeistert, weil sie nun von oben jeden Schritt hören. Denn
die gesamte Deckenkonstruktion bestehender Häuser ist nicht
so schallschluckend ausgelegt, wie dies heute bei Neubauten
üblich ist. Der Fall: Die Eigentümer einer Wohnung in einem
Hochhaus aus den siebziger Jahren hatten ihren Teppichboden
gegen Parkett ausgetauscht. Die Eigentümer der Wohnung
darunter beschwerten sich nun über gestiegene
Trittschallbelastung. Sie verklagten die Nachbarn auf einen
Rücktausch des Bodenbelages.
Das Amtsgericht gab ihnen
in erster Instanz sogar Recht: Es müsse wieder Teppichboden
verlegt werden, um die Nachbarn nicht zu stören. Das Urteil:
Nach Angaben der D.A.S. Rechtsschutzversicherung entschied
der Bundesgerichtshof anders und wies die Klage ab. § 14 des
Wohnungseigentumsgesetzes verpflichte die Eigentümer zur
gegenseitigen Rücksichtnahme. Sie würden durch den
zusätzlichen Trittschall hier aber nicht über das
unvermeidliche Maß hinaus benachteiligt. Maßgeblich für den
Schallschutz seien die Grenzwerte, die bei Erbauung des
Hauses gegolten hätten – also die damalige Version der DIN
4109. Diese würden trotz Parkettboden eingehalten.
Nur
die Gemeinschaftsordnung könne ein höheres Schallschutzniveau
festlegen – in dieser sei aber nichts dazu geregelt. Es sei
nicht entscheidend, welcher Bodenbelag bei der Errichtung des
Gebäudes vorgesehen gewesen sei oder in den siebziger Jahren
in den Verkaufsprospekten angepriesen worden sei. Denn die
Geschmäcker hinsichtlich der Wohnungsgestaltung würden sich
im Laufe der Zeit nun einmal ändern. Die Eigentümer der
oberen Wohnung durften damit ihr Parkett behalten.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.02.2015, Az. V ZR 73/14
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März 2015 |
18. März 2015: Bundesgerichtshof
stärkt Mieterrechte bei Schönheitsreparaturen
Änderung der Rechtsprechung zu
Formularklauseln bei Schönheitsreparaturen: -
formularmäßige Quotenabgeltungsklauseln unwirksam -
formularmäßige Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den
Mieter bei unrenoviert übergebener Wohnung unwirksam -
formularmäßige Quotenabgeltungsklauseln unwirksam -
formularmäßige Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den
Mieter bei unrenoviert übergebener Wohnung unwirksam
Der u.a. für das Wohnraummietrecht zuständige VIII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich heute in drei
Entscheidungen mit der Wirksamkeit formularmäßiger
Renovierungs- und Abgeltungsklauseln beschäftigt. Durch
Renovierungsklauseln (auch Vornahme- oder Abwälzungsklauseln
genannt) wird die (als Teil der Instandhaltungspflicht nach §
535 BGB grundsätzlich dem Vermieter obliegende) Pflicht zur
Vornahme der Schönheitsreparaturen auf den Mieter abgewälzt.
(Quoten-)Abgeltungsklauseln erlegen dem Mieter die Pflicht
zur anteiligen Tragung von Kosten der Schönheitsreparaturen
für den Fall auf, dass die Wohnung am Ende des
Mietverhältnisses Abnutzungs- oder Gebrauchsspuren aufweist,
die Schönheitsreparaturen aber nach dem in der
Renovierungsklausel festgelegten Fristenplan noch nicht
fällig sind.
Der VIII. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat nunmehr – wie bereits im
Hinweisbeschluss vom 22. Januar 2014 (VIII ZR 352/12, WuM
2014, 135) erwogen - seine frühere Rechtsprechung aufgegeben,
dass die Schönheitsreparaturen auch bei einer zu Mietbeginn
dem Mieter unrenoviert überlassenen Wohnung durch Allgemeine
Geschäftsbedingungen auf den Mieter übertragen werden können
(dazu grundlegend BGH, Rechtsentscheid vom 1. Juli 1987 –
VIII ARZ 9/86, BGHZ 101, 253, 264 ff.). Auch an seiner
weiteren (früheren) Rechtsprechung zur Wirksamkeit
formularmäßiger Quotenabgeltungsklauseln (dazu grundlegend
BGH, Rechtsentscheid vom 6. Juli 1988 – VIII ARZ 1/88, BGHZ
105, 71, 84 ff.; Urteil vom 26. September 2007 – VIII ZR
143/06, NJW 2007, 3632 Rn. 20) hält der Senat nach den
heutigen Entscheidungen nicht mehr fest. Weiterhin
maßgeblich ist allerdings der Ausgangspunkt auch der früheren
Rechtsprechung des Senats, dass der Mieter nur zu den auf
seine eigene Vertragszeit entfallenden Renovierungsleistungen
verpflichtet werden darf. Er darf zur Vermeidung einer
unangemessenen Benachteiligung - jedenfalls nicht ohne
Gewährung eines angemessenen Ausgleichs durch den Vermieter -
formularmäßig nicht mit der Beseitigung von Gebrauchsspuren
der Wohnung belastet werden, die bereits in einem
vorvertraglichen Abnutzungszeitraum entstanden sind. Bei
Erlass der oben genannten Rechtsentscheide aus den Jahren
1987 und 1988 entsprach es noch der Praxis des
Bundesgerichtshofs, den Anwendungsbereich Allgemeiner
Geschäftsbedingungen unter Rückgriff auf den Grundsatz von
Treu und Glauben (§ 242 BGB) in einer Weise einzuschränken,
die nach heutiger Sichtweise als unzulässige
geltungserhaltende Reduktion einer Klausel auf den gerade
noch zulässigen Inhalt eingestuft würde (vgl. Rechtsentscheid
vom 6. Juli 1988 - VIII ARZ 1/88, aaO S. 87 f.). Dem
damaligen Verständnis lag die Vorstellung zugrunde, dass der
Mieter nur mit Renovierungsarbeiten für seine eigene
Vertragslaufzeit belastet würde, wenn die "üblichen"
Renovierungsfristen im Falle der Überlassung einer
unrenovierten Wohnung an den Mietbeginn anknüpften. Hieran
hält der Senat angesichts der weiteren Entwicklung der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Maßstäben der
Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht fest.
Insbesondere durch die ab 2004 einsetzende Rechtsprechung des
Senats zum Erfordernis eines flexiblen Fristenplans
(grundlegend Senatsurteil vom 23. Juni 2004 – VIII ZR 361/03,
NJW 2004, 2586 unter II 2) und durch die Anwendung der
kundenfeindlichsten Auslegung auch im Individualprozess (dazu
Senatsurteil vom 29. Mai 2013 – VIII ZR 285/12, NJW 2013,
2505 Rn. 20 mwN) sind die Maßstäbe der
Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen erheblich
verschärft worden. Gemessen daran ist eine
Formularklausel, die dem Mieter einer unrenoviert übergebenen
Wohnung die Schönheitsreparaturen ohne angemessenen Ausgleich
auferlegt, unwirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB).
Denn eine solche Klausel verpflichtet den Mieter zur
Beseitigung sämtlicher Gebrauchsspuren des Vormieters und
führt – jedenfalls bei kundenfeindlichster Auslegung – dazu,
dass der Mieter die Wohnung vorzeitig renovieren oder
gegebenenfalls in einem besseren Zustand zurückgeben müsste
als er sie selbst vom Vermieter erhalten hat. In dem
Verfahren VIII ZR 185/14, in dem die Vorinstanzen der auf
Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen
gerichteten Klage überwiegend stattgegeben hatten, hat der
Bundesgerichtshof unter Aufhebung des Urteils des
Berufungsgerichts abschließend entschieden, dass die Klage
wegen unterlassener Schönheitsreparaturen (insgesamt)
abgewiesen wird.
Die formularmäßige Abwälzung
der Schönheitsreparaturen auf die beklagten Mieter ist
unwirksam, denn nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts waren bei Mietbeginn in drei Zimmern
Streicharbeiten erforderlich, so dass die Mieter bei
Nutzungsbeginn eine unrenovierte Wohnung übernommen hatten.
Der ihnen zu Mietbeginn gewährte Nachlass von lediglich einer
halben Monatsmiete stellt in diesem Fall keinen angemessenen
Ausgleich dar. Im Verfahren VIII ZR 242/13, in dem das
Berufungsgericht dem Vermieter den begehrten Schadensersatz
wegen nicht ausgeführter Schönheitsreparaturen zugesprochen
hatte, hat der Bundesgerichtshof die Sache unter Aufhebung
des Berufungsurteils an das Berufungsgericht zurückverwiesen,
damit die – vom Mieter zu beweisende Frage - geklärt werden
kann, ob die Wohnung zu Vertragsbeginn unrenoviert übergeben
worden und die Abwälzung der Schönheitsreparaturen deshalb
unwirksam ist. Dabei kommt es (wie in dem Verfahren VIII
ZR 185/14 näher ausgeführt wird) für die Abgrenzung
renoviert/unrenoviert letztlich darauf an, ob etwa vorhandene
Gebrauchsspuren so unerheblich sind, dass die Mieträume im
Zeitpunkt der Überlassung den Gesamteindruck einer
renovierten Wohnung vermitteln; dies hat der Tatrichter unter
umfassender Würdigung der Umstände des Einzelfalls zu
entscheiden. In dem Verfahren VIII ZR 242/13 hat der Senat
zusätzlich entschieden, dass ein – von der klagenden
Vermieterin hilfsweise geltend gemachter - Anspruch auf
anteilige Kostentragung nach einer Quotenabgeltungsklausel
nicht besteht. Auch bei der
Quotenabgeltungsklausel hatte der Senat ursprünglich
eine Bemessung des vom Mieter zu tragenden Anteils nach
"starren" Fristen für zulässig erachtet (Rechtsentscheid vom
6. Juli 1988 aaO) und dies später (Urteil vom 26. September
2007, aaO Rn.17 f., 29) dahin modifiziert, dass derartige
Klauseln (nur dann) der Inhaltskontrolle standhielten, wenn
sie den vom Mieter zu zahlenden Anteil nach dem Verhältnis
zwischen der Mietdauer seit Durchführung der letzten
Schönheitsreparaturen und dem Zeitraum bemessen würden, nach
dem bei einer hypothetischen Fortsetzung aufgrund des
Wohnverhaltens des Mieters voraussichtlich Renovierungsbedarf
bestünde.
Im Hinweisbeschluss vom 22. Januar 2014
(VIII ZR 352/12, aaO) hatte der Senat bereits Bedenken
angedeutet, ob eine Berechnung des vom Mieter zu tragenden
Anteils an den Renovierungskosten anhand einer hypothetischen
Fortsetzung seines bisherigen Wohnverhaltens der
Inhaltskontrolle standhält. Diese Bedenken hat der Senat
nunmehr für durchgreifend erachtet und unter Aufgabe seiner
bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass eine - zur
Unwirksamkeit der Abgeltungsklausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1,
2 BGB führende - unangemessene Benachteiligung des Mieters
darin liegt, dass der auf ihn entfallende Kostenanteil nicht
verlässlich ermittelt werden kann und für ihn bei Abschluss
des Mietvertrags nicht klar und verständlich ist, welche
Belastung gegebenenfalls auf ihn zukommt. Dies gilt
unabhängig davon, ob die Wohnung dem Mieter zu Beginn des
Mietverhältnisses renoviert oder unrenoviert überlassen
wurde.
In dem Verfahren VIII ZR 21/13 hat der
Bundesgerichtshof die Entscheidung des Berufungsgerichts
bestätigt, das eine Schadensersatzpflicht des Mieters wegen
unterlassener Schönheitsreparaturen schon deshalb verneint
hatte, weil die verwendete Formularklausel zum Teil auf
"starre" Fristen abstellt und deshalb insgesamt unwirksam
ist. Auf die Frage, ob die Wohnung bei Vertragsbeginn
renoviert übergeben worden war, kam es aus diesem Grund in
diesem Verfahren nicht mehr an.
Urteile vom 18. März
2015 – VIII ZR 185/14; VIII ZR 242/13; VIII ZR 21/13 VIII ZR
185/14 LG Berlin - Urteil vom 25. Juni 2014 - 65 S 388/13
AG Tempelhof, - Urteil vom 9. August 2013 – 22 C 57/12
VIII ZR 242/13 LG Hannover - Urteil vom 10. Juli 2013 – 12
S 9/13 AG Hannover - Urteil vom 3. Januar 2013 – 51 0 C
12173/11 VIII ZR 21/13 LG Berlin - Urteil vom 14.
Dezember 2012 – 63 S 179/12 AG Mitte - Urteil vom
10. Januar 2012 – 14 C 64/11
13. März 2015: Verwaltungsgericht:
"Gastro-Kontrollbarometer": Bewertungsergebnisse aus
Kontrolluntersuchungen von Gastronomiebetrieben dürfen nicht
an die Verbraucherzentrale weitergegeben werden
Die Weitergabe von Kontrollergebnissen aus
der Lebensmittelüberwachung von Gaststätten an die
Verbraucherzentrale NRW ist rechtswidrig. Das hat die 26.
Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf heute mit in
öffentlicher Sitzung verkündeten Urteilen entschieden.
Geklagt hatten vier Duisburger Gastronomiebetriebe
gegen die Stadt Duisburg, die die im Rahmen einer
Risikobeurteilung ermittelten Punktebewertungen der
Gaststätten an die Verbraucherzentrale weitergeben wollte.
Die Verbraucherzentrale, die zu den Verfahren beigeladen war,
möchte diese Informationen im Rahmen des Pilotprojekts
"Gastro-Kontrollbarometer" im Internet veröffentlichen.
Dabei werden die Punktebewertungen drei Ergebnisstufen und
nach Art einer Ampel den Farben grün, gelb und rot
zugeordnet. Die Weitergabe der Punktwerte findet im
Verbraucherinformationsgesetz keine Rechtsgrundlage. Dieses
erlaubt nur die Weitergabe konkreter Verstöße gegen
lebensmittelrechtliche Bestimmungen oder allgemeiner
Erkenntnisse aus der Lebensmittelüberwachung, die
beispielsweise in Statistiken enthalten sind. Die Kammer
hat jeweils die Berufung zum Oberverwaltungsgericht wegen
grundsätzlicher Bedeutung der zu klärenden Rechtsfragen
zugelassen. Aktenzeichen: 26 K 4876/13, 26 K 5494/13, 26 K
5722/13, 26 K 8686/13
13. März 2015:
Bundesverfassungsgericht - Ein pauschales Kopftuchverbot für
Lehrkräfte in öffentlichen Schulen ist mit der Verfassung
nicht vereinbar Das Bundesverfassungsgericht hat
eine neue Pressemitteilung veröffentlicht. Hierzu lautet der
Kurztext: Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat der Erste
Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass ein
pauschales Verbot religiöser Bekundungen in öffentlichen
Schulen durch das äußere Erscheinungsbild von Pädagoginnen
und Pädagogen mit deren Glaubens- und Bekenntnisfreiheit
(Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) nicht vereinbar ist. § 57 Abs. 4
Satz 1 und Satz 2 des nordrhein-westfälischen Schulgesetzes
sind daher verfassungskonform dahingehend einzuschränken,
dass von einer äußeren religiösen Bekundung nicht nur eine
abstrakte, sondern eine hinreichend konkrete Gefahr der
Beeinträchtigung des Schulfriedens oder der staatlichen
Neutralität ausgehen muss, um ein Verbot zu rechtfertigen.
§ 57 Abs. 4 Satz 3 des Schulgesetzes, der als
Privilegierung zugunsten christlich-abendländischer Bildungs-
und Kulturwerte oder Traditionen konzipiert ist, verstößt
gegen das Verbot der Benachteiligung aus religiösen Gründen
(Art. 3 Abs. 3 Satz 1 und Art. 33 Abs. 3 GG) und ist daher
nichtig. Die Entscheidungen der Arbeitsgerichte in den
Ausgangsverfahren genügen den verfassungsrechtlichen
Anforderungen nicht; der Senat hat sie aufgehoben und die
Verfahren an die Landesarbeitsgerichte zurückverwiesen.
Die Entscheidung ist mit 6:2 Stimmen ergangen; Richter
Schluckebier und Richterin Hermanns haben ein Sondervotum
abgegeben. Vizepräsident Kirchhof hat an dem Verfahren nicht
mitgewirkt. Richterin Hermanns ist durch Los als Vertreterin
bestimmt worden. Den Vorsitz hat Richter Gaier als
dienstältester Richter geführt.
6. März 2015: Mobiltelefon im Auto
- auch Nutzung als Navigationshilfe oder zur
Internetrecherche verboten
Der 1. Senat für Bußgeldsachen des
Oberlandesgerichts Hamm bestätigt die obergerichtliche
Rechtsprechung, nach der § 23 Abs. 1a der
Straßenverkehrsordnung (StVO) auch die Nutzung der
Navigationshilfe oder eines anderen Hilfsdienstes eines
Mobiltelefons regelt. Nach § 23 Abs. 1a darf ein
Fahrzeugführer ein Mobiltelefon nicht benutzen, wenn er
hierfür das Mobiltelefon aufnehmen oder halten muss. Das ist
nur dann erlaubt, wenn das Fahrzeug steht und wenn bei
Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist.
Der 1986
geborene Betroffene aus Marl befuhr im Dezember 2013 die BAB
2 in Castrop-Rauxel. Dabei hielt er sein Mobiltelefon, ein
sog. "Smartphone", für mehrere Sekunden in der Hand und
nutzte dessen Funktionen. Gegenüber den ihn kontrollierenden
Polizeibeamten gab er an, nicht telefoniert, sondern nur auf
das Gerät "geguckt" zu haben. Er habe eine Werkstatt gesucht,
nachdem die Motorkontrollleuchte aufleuchtete. Wegen
dieser Tat verurteilte ihn das Amtsgericht Castrop-Rauxel am
01.10.2014 wegen vorsätzlicher verbotswidriger Benutzung
eines Mobiltelefons als Kraftfahrzeugführer zu einer Geldbuße
von 40 Euro. Den Antrag des Betroffenen, die Rechtsbeschwerde
gegen das Urteil des Amtsgerichts zuzulassen, hat der 1.
Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm mit
Beschluss vom 15.01.2015 verworfen. Der Senat folge der
obergerichtlichen Rechtsprechung, nach der auch die Nutzung
der Navigationsfunktion des Mobiltelefons unter § 23 Abs. 1a
StVO falle. So habe bereits der 5. Senat für
Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm mit Beschluss vom
18.02.2013 (5 RBs 11/13) zutreffend ausgeführt, dass eine
gemäß § 23 Abs. 1a StVO verbotene "Benutzung" in jeder
bestimmungsgemäßen Bedienung des Geräts liege, also neben dem
Telefonieren auch den Abruf von Navigationsdaten erfasse. §
23 Abs. 1a StVO solle gewährleisten, dass der Fahrzeugführer
auch dann, wenn er ein Mobiltelefon benutze, beide Hände frei
habe, um die "Fahraufgabe" zu bewältigen. Dementsprechend
falle auch der Einsatz des Mobiltelefons für Abfragen über
das Internet o.ä. unter § 23 Abs. 1a StVO.
Rechtskräftiger Beschluss des 1. Senats für Bußgeldsachen des
Oberlandesgerichts Hamm vom 15.01.2015 (1 RBs 232/14)
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