Loveparade Duisburg 2010  -  Katastrophe im "Gelben Bogen" an der  Karl-Lehr-Straße mit 21  Toten und 509 Verletzten
Kommentare - Alles zur Loveparade - Fotostrecke -
Dokumente/Pressemitteilungen - "Bürgerkreis Gedenken"

Chronologie des Party(Wahnsinns) - 1,4 Millionen Besucher?
Kommentare: "Nadelöhr" - Ende der Loveparade - Bürger fordern Rücktritt von Oberbürgermeister Sauerland - Duisburg ist betroffen - Konsequenzen ziehen! -  Aalglattes Verhalten schockiert  - Aus Schock wurde Wut -
   Von Harald Jeschke, Jochem Knörzer

 

AXA und Stadt Duisburg schließen Vereinbarung über Entschädigung für Opfer der Loveparade
Duisburg, 27. Mai 2011 - Der AXA Konzern, Köln, und die Stadt Duisburg haben heute eine Vereinbarung unterschrieben, ab sofort mit der Entschädigung für die Opfer der Loveparade-Katastrophe zu beginnen. Beide Seiten betonen, dass die Vereinbarung ausdrücklich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgt. Vielmehr gehe es darum, verantwortlich zu handeln und Geschädigte und Angehörige der Opfer nicht länger warten zu lassen.

Klärung der Schuldfrage nicht auf dem Rücken der Betroffenen
„Die notwendige und gründliche Aufklärung der Geschehnisse und der Verantwortlichkeiten nimmt absehbar noch einige Zeit in Anspruch. Nachdem nun bald ein Jahr seit den tragischen Ereignissen vergangen ist, soll dies nicht zu Lasten der Betroffenen gehen. Wir haben daher mit unserer Vereinbarung den Weg frei gemacht, sofort mit einer Regulierung aller berechtigten Ansprüche zu beginnen“, erklärt Dr. Markus Hofmann, Mitglied des Vorstands des AXA Konzerns. AXA vertritt als Haftpflichtversicherer den Veranstalter der Loveparade, die Lopavent GmbH.
Mit der Vereinbarung knüpfen AXA und die Stadt Duisburg an die seinerzeit unmittelbar nach der Katastrophe eingerichtete Soforthilfe an. Bereits kurz nach der Katastrophe von Duisburg hatten AXA, Rainer Schaller und die Stadt Duisburg dafür gesorgt, dass Betroffenen, die durch die tragischen Ereignisse in finanzielle Not geraten sind, schnell und unbürokratisch geholfen wird.
Die der Höhe nach begründeten Haftpflichtansprüche der Geschädigten werden – im Sinne einer Regulierung „für den, den es angeht“ – ohne jegliches Anerkenntnis zum Haftungsgrund reguliert.
Dr. Hofmann: „Es muss sich zwar weiterhin um schlüssige Ansprüche handeln – es muss also ein unmittelbarer Zusammenhang mit den schrecklichen Ereignissen an der Rampe bzw. im Tunnel bestehen – im Gegensatz zur Soforthilfe ist eine finanzielle Notlage des Anspruchstellers nun aber nicht mehr Voraussetzung einer Regulierung.“
Beide Seiten behalten sich weiterhin ausdrücklich vor, nach Klärung der Schuld- und Haftungsfragen später andere Verantwortliche in Regress zu nehmen.

Appell der Loveparade-Betroffenen: "Die Rampe und die Treppe müssen erhalten bleiben und als historischer Ort und Gedenkstätte dienen!"
Von Harald Jeschke

Im "Kleinen Prinzen" fand heute eine Pressekonferenz der Loveparade-Betroffenen statt. 
Die Stadt Duisburg hat zusammen mit dem Investor Kurt Krieger einen revidierten Bebauungsplanentwurf für das Gelände des ehemaligen Duisburger Güterbahnhofes (Duisburger Freiheit) vorgelegt. Danach soll das Gelände der Loveparade-Katastrophe zerstört und mit einem Möbelhaus überbaut werden.
Gegen diese Pläne protestieren Hinterbliebene der 21 Toten, Verletzte und Traumatisierte sowie deren Angehörige mit dem gemeinsamen Appell „...den Ort des Leidens und der Trauer nicht zerstören...“
Er richtet sich sowohl an den Rat der Stadt Duisburg und seine Fraktionen als auch an die Verwaltung.


V. l.: Janine Marsollek, die mit schweren Verletzungen gerettet werden konnte, Stefanie und Klaus Peter Mogendorf aus Osnabrück, deren Sohn auf der Loveparade Duisburg getötet wurde, Jürgen Hagemann, dessen minderjährige Tochter auf der Loveparade schwer verletzt wurde und Lothar Evers (DocuNews.org), der sich in die Bebauungspläne eingearbeitet hatte.
"Wir wollen, dass der Ort des Leidens und der Trauer, genau so trist und düster der Effekt hier auch ist, erhalten bleiben muss. Hier haben wir uns von unserem Sohn verabschiedet, wir wollen, dass genau hier eine Gedenkstätte entsteht", bekräftigte Stefanie Mogendorf unter Tränen. "Ohne uns zu fragen, das alles abzureißen ist eine Riesensauerei. Es geht um den Ort", legte ihr Mann nach.
"Die Loveparade-Tragödie ist das größte Nachkriegsunglück in NRW. Auch deshalb hoffen wir auf die Solidarität der Duisburger Bevölkerung, uns hier zu unterstützen", so Jürgen Hagemann, einer der Gründer des Massenpanik-Vereins.
"Ich komme immer wieder an diesen Ort, da ich hier immer wieder meinen zweiten Geburtstag feiern kann", ergänzte die Rheinhauserin Janine Marsollek.
Lothar Evers fordert einen Alternativentwurf der Stadtplaner und des Investors Krieger.
"Man kann dem Besitzer kein Mahnmal auf seinem Gelände zumuten, aber der Blödsinn des Überbauens der Rampe und der Treppe muss aufhören."

Bauingenieur Klaus Peter Mogendorf hatte auch eine Alternativgestaltung parat.

Der Appell
Die Loveparade in Duisburg am 24. Juli 2010 endete in einer Katastrophe. 21 Menschen starben, über 500 Besucher mussten in Krankenhäusern versorgt werden. Bis heute leiden hunderte Verletzte an körperlichen und seelischen Spätfolgen.
Zur Katastrophe kam es, weil die Eingänge des Veranstaltungsgeländes für die erwartete Zahl der Besucher zu schmal waren. Die Besucher stauten sich auf der Rampe und im Tunnel Karl-Lehr-Straße. Vielen erschien in diesem unerträglichen Gedränge eine kleine Treppe hoch zum Veranstaltungsgelände als Ausweg. Am Fuße dieser Treppe kam es zu lebensgefährlichen Verdichtungen und Stürzen und in deren Folge zu Todesfällen und schweren Verletzungen. Die individuelle Schuld für die Todesfälle und Verletzungen klärt im Auftrag der Staatsanwaltschaft Duisburg eine Sonderkommission der Polizei Köln.
Wir sind Hinterbliebene der 21 Toten auf der Loveparade oder unserer Kinder oder wir selbst sind am 24. Juli 2010 in Duisburg schwer verletzt worden. Hunderte leiden bis heute an Traumata und körperlichen Spätfolgen. Viele kehren oft an den Ort der Katastrophe zurück, um zu schweigen, zu trauern und zu gedenken. Jetzt erfahren wir, dass dieser Ort unseres Leidens und unserer Trauer zerstört werden soll. Der Besitzer des Loveparade-Geländes und die Verwaltung der Stadt Duisburg legen eine völlig revidierte Bebauungsplanung vor, die diesen Ort unter dem Parkplatz eines Möbelhauses verschwinden lässt.
Wir fordern Rat und Verwaltung der Stadt Duisburg daher auf:
• halten Sie an der ursprünglichen Bauleitplanung fest: Möbelhaus südlich der Karl-Lehr-Straße
- Öffnung des Tunnels  Karl-Lehr-Straße bis auf die Bahn- und Autobahnbrücken.
• schützen und erhalten Sie den Ort der Loveparade-Katastrophe als Ort der Trauer und des Gedenkens.

Bebauungsplanung Duisburger Freiheit
Eine Chronologie...

18. Februar 2010 Bezirksvertretung Mitte - Öffentliche Bürgerbeteiligung
2. Anlass der Planung / Ziel und Zweck der Planung
Der Bereich südlich der Karl-Lehr-Straße bis zur Düsseldorfer Straße bietet das Potenzial für die Ansiedlung gewerblicher Nutzungen. Die Ansiedlung eines Möbeleinrichtungszentrums einschließlich der Logistik wird im weiteren Verfahren geprüft.
Der Masterplan wurde in der zweiten Hälfte des Jahres 2009 konkretisiert und verifiziert, so dass der vorliegende Rahmenplan als Grundlage für die weitere Entwicklung und Durchführung der erforderlichen Verfahren für die Umsetzung der „Duisburger Freiheit“ dient. 4.1 Rahmenbedingungen und Leitidee
Neben der Steigerung der Aufenthaltsqualität für die zukünftigen Nutzer gelingt es aber auch, die Vernetzung der umliegenden Stadtquartiere zu stärken. Diese Vernetzungen erfolgt weiterhin über die Koloniestraße und die Karl-Lehr-Straße. Durch den Entfall der vorhandenen Tunnel und der nur noch wenigen Straßen- und Wegebrücken werden diese Anbindungen insbesondere für Fußgänger/Radfahrer wesentlich attraktiver. (...)
4.2 Städtebauliche Quartiersbildung
Diese südlich des Hauptbahnhofs gelegene Fläche wird durch die Koloniestraße und die Karl-Lehr-Straße in 3 Quartiere geteilt, die durch ihre jeweilige Lage und Beziehung zum umgebenden Stadtgefüge unterschiedliche Charaktere aufweisen.
(...)
Quartier 3:
zwischen Karl-Lehr-Straße und AS Hochfeld
Das Quartier 3 ist aufgrund der ausgezeichneten Erschließung über die noch zu realisierende BAB-Anschlussstelle Hochfeld prädestiniert für die Ansiedlung einer gewerblichen Nutzung. Optional zur Ansiedlung von Gewerbe ist die Umsetzung von großflächigem Einzelhandel mit deutlicher Ausstrahlung auf die Gesamtstadt und die Region untersucht worden. Im Planungsprozess wird die Tauglichkeit der Fläche als Standort für ein Möbeleinrichtungszentrum mit 70.000 m2 Verkaufsfläche und zugehöriger Logistik hinsichtlich der lntegrationsmöglichkeit in die Struktur Duisburgs geprüft.
4.5 Prüfaufträge
Das Möbeleinrichtungszentrum einschließlich der Logistik-, Erschließungs- und
Stellplatzanlagen ist als grundsätzlich machbar dargestellt. Es steht jedoch insbesondere noch die Prüfung dieser Nutzung bezüglich des Handels und der Zentrenverträglichkeit innerhalb der Stadt Duisburg und der Region sowie die Durchgängigkeit des Grünen Rings an.

 

WDR 5, Donnerstag, 23.06.2011, 20.05 – 21.00 Uhr
WDR 5, Sonntag, 26.06.2011, 23.05 – 24.00 Uhr
WDR 5 - Stadtgespräch
Zwischen Trauer, Wut und Hoffnung
Duisburg ein Jahr nach der Loveparade

Duisburg, 16. Mai 2011 - Die Massenpanik im Sommer 2010 ist unvergessen. 21 Menschen verloren dabei ihr Leben, Hunderte wurden verletzt. Wie sehen die Duisburger knapp ein Jahr danach ihre Situation und ihre Zukunft? Die Stadt wirkt noch immer wie gelähmt, ein Image-Wandel scheint kaum möglich. Erstmals seit dem Unglück diskutieren beim Stadtgespräch aus Duisburg öffentlich Bürger, Politiker und Experten über die Tragödie und ihre Folgen.

Auch 12 Monate danach ist die Schuldfrage ungeklärt. Während im Rathaus Oberbürgermeister Adolf Sauerland weiter an seinem Stuhl klebt, haben sich bedeutende Unternehmer der Stadt zusammengetan: Sie wollen mit einer Kreativ-Kampagne den Blick nach vorne richten und endlich für Aufbruchstimmung sorgen. Wie steht es um Duisburgs Zukunft?

Es diskutieren u.a.:
Dr. Peter Greulich (Stadtdirektor Duisburg, stellv. OB, Bündnis 90/Grüne)
Rainer Wendt (Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft)
Lilli Vujnic (Loveparade-Verletzte)
Lothar Evers (Journalist und Loveparade-Kritiker)
Moderation Judith Schulte-Loh und Thomas Vogel

Live-Aufzeichnung: Montag, 20.06.2011, ab 20.00 Uhr
Kulturzentrum Steinhof - Düsseldorfer Landstr. 347 - Duisburg-Huckingen
Eintritt frei!
 

Am kommenden Samstag, 31. Juli 2010, 11 Uhr Loveparade- Gedenkgottesdienst mit Bischof und Präses in Duisburg

Duisburg, 27. Juli 2010 -
Am kommenden Samstag, 31. Juli 2010, findet in der Salvatorkirche in Duisburg ein Ökumenischer Gottesdienst zum Gedenken an die Opfer des Unglücks bei der Loveparade und für deren Angehörige sowie für Verletzte und Betroffene statt. Der Essener Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck und der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider, leiten die zentrale Gedenkfeier, zu der auch zahlreiche Gäste aus Politik, Kirche und Gesellschaft erwartet werden.

 Dieser Gottesdienst, der um 11 Uhr beginnt, wird live im ARD-Fernsehen übertragen. Außerdem wird es eine Außenübertragung auf Großleinwände im Umfeld der Salvatorkirche geben.
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Duisburg, 24./25./26 Juli 2010 - Gegen 17:30 Uhr gab es erste Unruhe, da plötzlich viele Rettungskräfte in Bewegung waren. Kurz vor 18 Uhr kam die Meldung von zehn Toten und rund 100 Verletzten durch Panik im Tunnelbereich.
Um 18:45 wurde von 15 Toten und 80 Verletzten gesprochen. 
Wir empfinden tiefes Mitgefühl für die Angehörigen.
Bis 23:30 Uhr hat sich die Zahl der Toten auf 18 erhöht, 16 sind vor Ort verstorben, 2 weitere ihren Verletzungen im Krankenhaus erlegen. Dazu kommen 40 Schwerstverletzte und mindestens 80 Verletzte. Mindestens 10 Personen mussten vor Ort reanimiert werden.
Gegen 23:30 Uhr wurde die Loveparade beendet.
Noch immer kreisen Hubschrauber über das Gelände und das Umfeld, immer wieder sind Sirenen zu hören, Blaulicht zu sehen.
Um 3:44 Uhr erhöht sich die Zahl der getöteten Opfer auf 19. Insgesamt sind 342 verletzte Personen registriert worden.
Wir empfinden Entsetzen und trauern mit den Angehörigen um die Toten.
Den verletzten Menschen wünschen wir eine gute und schnelle Genesung.

Unter den Toten, 11 Frauen und 8 Männer, zwischen 18 und 38 Jahre jung, sind ein Niederländer, Chinese, eine Italienerin, Australierin, Spanier und Bosnier. Die deutschen Opfer stammen aus Gelsenkirchen, Münster, Düsseldorf, Castrop-Rauxel, Bad Oeynhausen, Bielefeld, Mainz, Lünen, Hamm, Bremen, Steinfurt und Osnabrück. Keine Duisburger/innen.
Die Duisburger Hotline war mit 570.000 Anfragen restlos überfordert, nicht einmal ein Prozent, 5.400, konnten beantwortet werden.

Oberbürgermeister Adolf Sauerland und Rechtsdezernent Wolfgang Rabe versuchen sich vor ihrer Verantwortung zu drücken.

26. Juli.2010 - Aktuelle Bilanz der Katastrophe: 20 Tote, 510 Verletzte, 42 stationär
21-jährige Duisburgerin ist als 20. Todesopfer im Bethesda-Krankenhaus gestorben. 

27. Juli.2010 - Die Katastrophe bekommt Gesichter und Namen, wird sehr persönlich:
Marta (21), Clara (22), Elmar (38), Christian (25), Svenja (22), Fenja (23), Katinka (20), Giulia (21),
Eike (21) ... Sie dürfen nie in Vergessenheit geraten!

28. Juli 2010 - Die Schwerstverletzte im Bethesda-Krankenhaus ist das 21. Todesopfer der Katastrophe.  509 Verletzte.

30. Juli 2010 - Gedenkgottesdienst in der Salvatorkirche

Sind Veranstaltungen Größenordnung noch organisierbar? Kann bei mehr als einer Million Menschen die Sicherheit garantiert werden? Kommentar
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Scharfe Kritik von Innenminister Jäger an Stadt Duisburg
Genehmigung erst beim zweiten Nachfragen am Samstag an Polizei übergeben
Kommentar: Polizei-Inspektor Wehe mit anderer Schilderung als Augenzeugen!

Ängste einer Mutter

Duisburg, 27. Juli 2010 - Über einen grausamen Samstag zu schreiben, ist für eine Mutter, die an diesem Tag "nur" 5 Stunden um ihr Kind gebangt hat, auch heute noch schwer.
Ich will es trotzdem versuchen, um Euch allen zu sagen: "Wir haben alle, wirklich alle, auch diejenigen, die keinen Angehörigen bei der Loveparade hatten, um Hilfe gebetet und gehofft, dass es nicht so schlimm wird."

Ich arbeite in einem Seniorenzentrum an der Düsseldorfer Straße in Wanheimerort und hatte Spätdienst. Die Loveparade war die ganze Woche ein Gesprächsthema. Die Meisten waren doch sehr positiv und offen für diese Veranstaltung eingestellt. Sie hatten sich in ihren Wohnraum zurückgezogen, um die Liveübertragung im Fernsehen zu verfolgen. Es waren am frühen Nachmittag schon sehr auffällig viele Krankenwagen, Feuerwehr- und Polizeifahrzeuge unterwegs. Noch hatten wir keine Ahnung, und dachten an Kleinkram wie: betrunken, gefallen oder kollabiert. Doch dann kam eine Seniorin und meinte "Da ist was passiert" und machte das
Radio im Gemeinschaftsraum lauter.

Es waren zunächst nur Kurzmeldungen, so nach dem Motto "nichts Genaues weiß man nicht". Ich wurde unruhig, denn mein jüngster Sohn, 17 Jahre alt, wollte ja unbedingt hin und ist dann auch mit dem Bus gefahren. Feuerwehr, Krankenwagen, Notarztwagen, THW und Polizei fuhren auf einmal ununterbrochen Richtung Stadt, auch Hubschrauber waren ständig zu hören.

Dann kam die Bestätigung von einer Massenpanik und Verletzten. Alle, ob Bewohner, Besucher oder Mitarbeiter, hielten den Atem an, als die Meldung kam, dass es Tote gegeben hat. Ich rief zunächst meinen Sohn an - Mailbox - dann zu Hause, er war nicht da, dafür sein Handy. In mir waren Bangen, Trauer, Wut, Hoffen, Ängste, Gefühle die weh tun, die einen nur noch taumeln lassen.

Die Arbeit ging irgendwie automatisch, so wie in Trance, ganz ohne Plan und doch fast normal weiter.
Wo ist mein Sohn? Bitte, bitte melde dich doch! Es tut sich nichts. Ich ruf bei der Oma, bei seinem Vater an, nein auch nicht, bei seinen Freunden, immer wieder! Nein, nein, nein! --- Es ist zum Haare ausraufen und verrückt oder wahnsinnig werden.

Die Kinder von meiner Kollegin haben sich gemeldet, alles ok. Warum ruft meiner nicht an? Die Bewohner waren sehr lieb und versuchten mich immer wieder abzulenken und zu beruhigen. Danke nochmal! Es hat gut getan, zu wissen, es gibt Menschen die mitfühlen!
Nun Feierabend, ab nach Hause! Mit dem Einsatzbus der Linie U79. Alles junge Menschen, einige gezeichnet von dem, was sie erlebt haben, andere strahlen vor Glück, dass sie es heil überstanden haben. Andere haben wiederum noch gar nichts realisieren können und verplanen den Rest vom Abend. Dann eine helle, weibliche, weinende Stimme! "Endlich komm ich durch. Mama, mir ist nichts passiert ich komm nach Hause!"
Ich schau auf mein Handy! Nichts! Keine Nachricht, kein Klingeln, einfach nichts! Funkstille!

Wo ist mein Kind? Ich musste aussteigen und war mit meinen Gedanken erst mal allein. Dann doch noch ein paar bekannte Gesichter, aber keiner hat meinen Kleinen (184cm groß) gesehen. Bushaltestelle Münchner Straße! Junge Frauen, von vielleicht mal 20 Jahren, wollten nur noch nach Hause, doch die Linienbusse um 22.12 Uhr sind nicht gekommen. Gegenüber an der U-Bahnstation kein Hinweis, dass Busse oder Bahnen ausfallen. Ironie des Schicksals, es blinkte stattdessen, dass die nächste Bahn Richtung Grunewald in einer Minute fährt. Auch der Busfahrer, der aus Wedau Richtung St. Anna Krankenhaus fährt (942) hatte keine Information für uns.

Die jungen Frauen sind gegangen, zu Fuß! Und dann, dann kam der alles erlösende Anruf. Es ist alles ok!Mein Sohn ist wegen Überfüllung bei einen Freund geblieben. Mir sind Zentner schwere Steine vom Herzen gefallen und ich war frei für die jungen Menschen, die gerade zur Bushaltestelle kamen. Ein junger Mann erzählte, dass er sowas noch nicht erlebt hat!! Eine Loveparade eingezäunt (EINGESPERRT, wie Tiere! waren seine Worte!). Er war mehrmals in Berlin, er hat Dortmund und Essen mitgemacht, überall konnte man sich frei bewegen und in einer Seitenstraße auch mal ne Auszeit nehmen, aber das hier!? Nein! Hier war das Chaos schon vorprogrammiert. Als ob er es da erst merkte, er endschuldigte sich für seine schmutzigen Finger und dem Aussehen von ihm und seiner Freundin!
Und sie erzählte, dass sie mit mehreren da waren und eine Zeit lang ganz allein dastand in der Menge, wo auch schon andere ihre Freunde suchten und weinten und dann wenigstens ihren Freund wiedergefunden hat. Dann haben beide erzählt, wie sie mit angesehen haben und ansehen mussten, dass Menschen vor Angst und Verzweiflung über die Zäune kletterten, sich die Beine aufgerissen haben und sich keiner, ob Sani, Arzt oder Polizist, sich um diese Verletzten kümmerten. Sie konnten nicht weg und wussten auch nicht, wie sie helfen könnten! HILFLOS waren ALLE!!!

Erst viel später - dem Gefühl nach viel zu spät - wurden die Zäune geöffnet. Eine andere junge Frau hat erst auf dem Heimweg erfahren, was passiert ist und hat nicht verstanden, dass die Party noch weiter ging.
Es kamen bei diesen jungen Menschen schon die Fragen: Warum Zaun? - Warum Tunnel? - Warum die späte Hilfe? - Warum weiter Party? - Warum Verletzte? - Warum Tote?

warum warum warum...

Jeder Vater, jede Mutter weiß, dass man junge Menschen nicht einsperren darf! - Jeder Mensch weiß, dass zu viele Menschen auf kleinsten Raum PANIK verursachen!

Am anderen Tag, als ich zur Arbeit fuhr, hab ich in die Gesichter von vielen traurigen Menschen gesehen, die nicht fassen konnten, was da passiert ist. Herr Sauerland hat das "OK" für diese Loveparade gegeben. Er, seine, wie soll ich es sagen, falschen Berater und die Verantwortlichen, dazu gehört auch das Ordnungsamt, denn dieses musste auch das Ok geben haben, damit so ein Event steigen darf, haben Schuld auf sich geladen!

Wo sind unsere ganzen Vorschriften, die Menschenleben schützen sollen? Jede Disco hat und muss mehr Ausgänge haben als diese Loveparade! Für wen zählen unsere Gesetze? - Herr Sauerland  seien sie Mann genug und fangen mal wirklich an Verantwortung zu tragen!

Ich selbst bin doch ein wenig empfindlich geworden! Ich kann kein Martinshorn mehr hören. Ich zucke zusammen, wenn ich eines höre und in mir verkrampft sich alles und der Schmerz von Samstag kommt in mir hoch und ich möcht mich am liebsten verkriechen! Anna Suhren
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Tunnel als Gedenkstätte

Duisburg, 27. Juli 2010 - Der Unglückstunnel, der zur Loveparade-Katastrophe beigetragen hat, entwickelt sich zu einer Gesamt-Gedenkstätte.
Gestern wurde von engagierten Hochfelder Bürger/n/innen eine Mahnwache eingerichtet.
Die Hochfelder Eigentümerinitiative "Klüngelklub" gehört dazu.
Im Tunnel und vor der Rampe wurden Informationen ausgetauscht, verletzte Opfer der Katastrophe kamen in Begleitung, u.a. auf Gehhilfen zum Unglücksort zurück, um das Erlebte zu begreifen und irgendwie zu verarbeiten.
Im Bereich der ersten Gedenkstätte vor dem Tunnel, zur Düsseldorfer Straße, herrschte hingegen betroffenen "Friedhofsstille". Und die Katastrophe bekommt Gesichter und Namen, wird sehr persönlich.
Ruhe in Frieden, Sven
In stillem Gedenken, Jochem Knörzer
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Buh- und Schmährufe schlugen OB Sauerland entgegen

Duisburg, 26. Juli 2010 - Gegen 19.15 Uhr suchte der erste Mann der Stadt, OB Adolf Sauerland, die Gedenkstelle am Gelben Bogen zwischen Hochfeld und Neudorf auf, um dort für die Stadt einen Blumenstrauß abzulegen.

Viele Fragen, aber keine Antwort - OB Adolf Sauerland an der "Loveparade-Gedenkstätte"
Wut und zum Teil auch Hass der Betroffenen schlugen dem Stadtoberhaupt mit geballter Wucht entgegen und bereits nach 3 Minuten verließ der OB unter Polizeischutz den Ort des Geschehens und fuhr den nach Antworten

Flucht im Laufschritt
fragenden Menschen am Unglücksort in seiner Dienstlimousine davon, da die Situation zu eskalieren drohte.

Flucht-Dienstwagen mit Polizeischutz
Die Frustration und Wut über den Umgang des OB mit dem Unglück ging aus allen Gesprächen der BZ mit den Menschen hervor, die in ihrer Trauer und unter dem Schock des selbst erlebten vor Ort waren.

Zwei junge Mädchen aus Dorsten, die extra noch einmal zurückgekommen sind, um ihre Erlebnisse zu verarbeiten und um Blumen niederzulegen.
Ein anderes aus Duisburg, das zwischen den Toten lag, kann es noch nicht fassen.
Und immer wieder die Kritik an einer desolaten Planung der dafür Zuständigen.
Und dann der "Auftritt" des OB im Rahmen der Pressekonferenz.
„Das hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Hier sind 19 Menschen ums Leben gekommen und dieser Mann verschwindet sofort, ohne einige Worte an die Trauernden zu richten! Der sollte sich schämen,“ erklärt ein junger Mann aus Hochfeld.
„Irgendeiner hat doch hier die Verantwortung gehabt! So eine Sauerei habe ich noch nie erlebt!“ sagt ein Anderer.

Nur wenige Minuten nachdem OB Adolf Sauerland vor Ort war, öffnete die Polizei nach "fast" eingehender Säuberung der Unterführung den Gelben Bogen.

 Immer noch sind Überreste der Katastrophe vor Ort
Betroffene und Trauernden strömten an den Unglücksort!




Diese Krallen stabilisieren den Gitterzaun und verhindern das Kippen. Am 24. Juli 2010 gegen 17 Uhr hätte das Fehlen dieser Krallen vermutlich Menschenleben gerettet.




Es bleibt auch jetzt noch abzuwarten, ob die tatsächlich Verantwortlichen ihre Konsequenzen ziehen, oder wie so oft, ein „Bauernopfer“ gesucht wird.

Harald Molder (Text, Foto)

Die Pressekonferenz zur Tragödie - Von Harald Jeschke

Duisburg, 25. Juli - Am Morgen des Tags nach der Katastrophe gab es zunächst eine Durchsuchung - Insider nutzen das Wort Razzia - im Rathaus. Die Staatsanwaltschaft sicherte den gesamten Schriftverkehr. Zwei Strafanzeigen sollen bei der Neudorfer Behörde eingegangen sein, eine soll von einem Feuerwehrmann sein, da die Feuerwehr massiv auf die Unzulänglichkeit des Geländes hingewiesen haben soll, dem Vernehmen aber übergangen wurde.

Vor dem Rathaus war der Burgplatz zur Aufmarschzone der Nachrichtensender aus der gesamten Bundesrepublik geworden.

Im Ratssaal selbst waren an die 200 Medienvertreter - auch die beiden Emporen waren besetzt -anwesend.

Es begann um 12 Uhr eine Pressekonferenz, in der es sehr viele Fragen, aber kaum befriedigende Antworten gab. Eine vorweg durch Rainer Schaller, Geschäftsführer der Loveparade: "Es wird nach dieser Tragödie keine Loveparade mehr geben."



Den Fragen stellten sich (v. l.) Duisburgs Rechtsdezernent Wolfgang Rabe (Leiter des Krisenstabes), Detlef von Schmeling, stellvertretender Polizeipräsident Duisburg, Rainer Schaller, Geschäftsführer Loveparade und Duisburgs OB Adolf Sauerland.

Herr Sauerland übernehmen Sie die Verantwortung?
Sauerland: Uns brennen nach dieser Tragödie viele Fragen unter den Fingernägeln, wir müssen aber die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abwarten.

Gibt es genaue Angaben zur Nationalität der Toten?
von Schmeling: Es wurden derzeit 16 der 19 Toten identifiziert. Unter diesen waren ein Niederländer, ein Italiener und ein Chinese. Später wurde bekannt, dass es auch einen Australier getroffen hatte.

Ist Ihnen bekannt, dass Polizeikräfte mit der Schusswaffe gedroht hätten?
von Schmeding: Diese Information lag mir nicht vor.

Wer hat den Weg zum Tunnel erlaubt bzw. genehmigt?
Rabe: Das ist Gegenstand der Untersuchung, aber der gesamte Weg wurde von allen Behörden genehmigt. Alle Maßnahmen waren geeignet, einen Durchlauf von 8 Stunden auch in der bekannten Größenordnung durchzuführen. Die Zahl von 1,4 Millionen kann ich nicht bestätigen, nach unseren Angaben war der Platz nie vollständig gefüllt und die Zuführung durch die Bahn in der Zeit von 9 bis 14 Uhr wurde mit 105.000 Reisenden angegeben.

Für wie viele Personen ist der Platz denn ausgelegt?
Rabe: Ob es nun die 105.000 oder durchaus 250.000 bis 350.000 nach der Schätzung möglich war - Fakt ist, dass der Platz zu keiner Zeit gefüllt war.

Wer hat entschieden, dass die Rampe und die Zufahrten, die Absperrung gesperrt bleiben, dass es dann zu dem Todesereignis kam?
von Schmeling: Es waren zwei Rampen geöffnet, wobei der Durchlauf über eine Rampe gehen sollte. Welche Einsatzleitung entschieden hat oben auf der Rampe aufzumachen, das ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Gab es keine Bedenken für die Floats auf so einem kleinen Platz?
Schaller: Fakt ist, dass der Duisburger Platz größer als der in Dortmund ist, deshalb gab es keine Bedenken.

Bei der Hotline für die Angehörigen soll es 570.000 Anfragen gegeben haben, wobei aber nur 5.400 angenommen wurden. Ist die Hotline zusammengebrochen Herr Sauerland?
Sauerland: Das kann ich so nicht sagen, dass die Hotline mal außer Betrieb war, ist wohl richtig.

Als der Druck so groß wurde, wurden auf den Zuwegen Sperren eingerichtet. Erst nach den Todesfällen wurde der Zugang ganz gesperrt. Warum nicht vorher?
von Schmeling: Zu dem Zeitpunkt des Unfalls war nur auf der Rampe Bewegung.

Warum wurde die Fläche zur ohnehin gesperrten A59 nicht genutzt und warum war diese eingezäunt?
von Schmeling: Die A59 liegt tiefer als das Gelände und die Fläche mussten wir einzäunen um Rettungswege freizulassen.

Herr Sauerland, wie waren Sie persönlich in die Planungen eingebunden?
Sauerland: War persönlich in die Planungen nicht eingebunden.

Wie lang und breit ist der Tunnel und gab es eine Videoüberwachung?
Rabe: Der Tunnel ist so 120 m lang und gut 20 m breit.

Pressesprecher der Loveparade: Wir hatten im Tunnel Kameras, wissen aber derzeit nicht, welche Qualität das Material hat.

Lagen Ihrerseits individuelle Fehler der Gäste vor aber musste man sich nicht genau darauf einstellen?
von Schmeling: Wir waren so eingestellt, dass immer wieder Sperrungen im Zugang angeordnet wurden. Gegen 17 Uhr aber haben wir den zweiten Zugang von Süden her geöffnet. Ich muss noch einmal betonen, dass die Vorfälle außerhalb des Tunnels auf der Rampenfläche stattgefunden haben.


Prof. Dr. Michael Schreckenberg (links) (Uni-Stauforscher):
Ich halte die in den Medien verbreiteten Zahlen von 1,4 Millionen Besuchern oder mehr für blanken Unsinn. Die Zahlen, die ich bei der Vorlage des Gesamtkonzepts für den Platz festgestellt hatte, lagen bei rund 300.000. Zum Konzept selbst bin ich nicht eingebunden gewesen. Ich habe auch mit meinen Leuten eine Videoüberwachung der gesamten Fläche und des Tunnelbereiches vorgeschlagen, was aber nicht umgesetzt wurde. Zur Massenpanik muss ich sagen, dass es eine solche nicht gegeben hat. Es gab aber Druck oberhalb des Tunnels bei einer Verdichtung von Menschen von 2, 3, 5 oder gar 7 pro Quadratmeter, was dann Fluchtverhalten auslöst. Harald Jeschke, Manfred Schneider (Foto)

Mit Beats in die Katastrophe

Versagen der Organisation und des Sicherheitskonzept macht Loveparade zur Todesparade
Duisburg, 25. Juli 2010 - Als um 12 Uhr die Pforten zur Parade geöffnet wurden, war eigentlich alles noch normal. Wie bei jeder Parade gab es wunderbare Eindrücke von fröhlich feiernden und bunt gekleideten Ravern entlang der Strecke und auf den Floats, wobei besonders das „Duisburg Float“ des Clubs „ultraschall“ ins Auge fiel. Jens Thiem und Eric Schmeier hatten besonderen Wert auf den Dresscode „Weiß“ gelegt und Haus DJ Fishi legte auf. Ehrengäste, wie Wladimir Klitschko oder Oliver Pocher waren gekommen um die Loveparade zu genießen und auch die lokalen Größen aus Politik und Verwaltung. Und nicht zuletzt ließ es sich der neue Innenminister Ralf Jäger (Duisburg) nicht nehmen, sich die Sicherheitsvorkehrungen vor Ort genauestens erklären zu lassen und den Rettungskräften einen Besuch abzustatten.
Dass es nur eine Stunde nach der Besichtigung für ihn und alle anderen Besucher zur größten Katastrophe in der Stadt kommen würde, mochte zu diesem Zeitpunkt noch niemand ahnen oder auch nur annähernd sehen.
Obwohl das "Nadelöhr" Tunnel und Eingang schon Tage vorher via Internet heftig diskutiert und genau auf diesen neuralgischen Punkt hingewiesen wurde!
Doch die Kritik am Zugang im Vorfeld war an den Protagonisten der Parade wie Wasser abgeperlt. Noch bei der Begehung des Geländes am Donnerstag hatte sich diese Frage auch der BZ gestellt, da die Veranstalter weit über eine Million Menschen in Duisburg erwartet hatten. 
Es war dem neutralen Beobachter völlig klar, dass sowohl das Gelände als auch die enge Zufahrt für diesen Ansturm viel zu klein sind. Auch das eigentliche Gelände bietet, laut Polizeiangaben, nur 250.000 Menschen Platz. Die Frage, wo denn die restlichen 750.000 Besucher untergebracht werden, wurde mit der Fluktuation beantwortet. "Das wird ein ständiges Kommen und Gehen, zudem sorgen wir mit Musik- und Versorgungsständen auf den Hin- und Rückwegen bereits für Unterhaltung," so Loveparade Geschäftsführer Rainer Schalla.
Eine Fehleinschätzung, wie man heute weiß.
„Wie durch einen engen Schlauch sind wir mit Tausenden durch den gut 20 Meter breiten Tunnel zu diesem Zugang gelotst worden, der dann gesperrt war! Wir fühlten uns wie in einer Mausefalle“ so ein Raver aus Heidelberg nach dem Zwischenfall.
Und wenn man die Vorgeschichte genau betrachtet und die Menschen hört, die am Unglücksort dabei waren, hat es so manches Fehlverhalten seitens der Einsatzkräfte gegeben.
Da ist der Bundeswehrsoldat, der von der Polizei daran gehindert wurde, Ersthilfe zu leisten, da ist der Polizist, der ein Opfer für tot erklärt, ohne einen Sanitäter hinzu zu rufen um weitere reanimierende Maßnahmen zu unternehmen. Da werden Menschen in Fesseln gelegt, als sie ihren verletzten Freunden und Angehörigen helfen wollen und Platzverweise erteilt.
Wut kam auf bei den Menschen, die aus ganz Deutschland angereist waren. Als die Meldung vom Ende der Parade gegen 18 Uhr über die Polizeilautsprecher durchgegeben wird, fliegen auch schon einmal frustriert Glasflaschen durch die Menge. Erst die Aufklärung durch den Berichterstatter, was nur wenige hundert Meter weiter geschehen ist, lassen die Wogen abebben.
„Wir sehen, dass die Organisation klipp und klar gegen die Loveparade ging. Die Polizei hat viel zu spät eingegriffen.“ sagen Christine Ehlers und Christoph Casper aus Bremen und Osterholz Scharmbeck, die sich mit Freunden nur mit knapper Not aus dem Hexenkessel im gelben Bogen retten konnten.
„Für diese Organisation kann man keine Note geben. Es müsste eine Zehn minus sein! Es war wie beim Vieheintrieb in Pferche. Hier müsste man die Verantwortlichen sofort entlassen! Das war ein vorab geplantes Chaos, wenn man eine solche kleine Fläche für über 1 Millionen Menschen einplant!“
„Wir werden Anzeige gegen die Stadt Duisburg wegen Körperverletzung stellen!“ erklärt eine junge Mutter, die mit ihren 5 und 9 jährigen Kindern aus Solingen angereist war.
Und als alle Rettungskräfte noch im Einsatz sind und die Karl-Jarres-Straße zur Katastrophenrettungsstelle deklariert wird, über die auch viele Teilnehmer den Rückweg zum Hauptbahnhof anstreben, da die Düsseldorfer Straße gesperrt ist, gibt die Polizei die Straße wieder für den PKW Verkehr frei, wobei man nur von Glück sprechen kann, dass Beinaheunfälle dank der Besonnenheit der Mitarbeiter der DVG, die fast schon die Arbeit der Polizei übernommen hat, vermieden werden konnten. Eine Gruppe der Bundespolizei aus Mönchengladbach verweigerte zudem die Ersthilfe bei einem angetrunkenen Jugendlichen, der am Böningerpark in einer Grünanlage lag.
Dass aufgrund des Unglücks die After Show Partys abgesagt wurde, war nur mehr als konsequent. Gespannt sein kann man, wie man sich seitens der Verantwortlichen zu den Vorfällen äußert! Dass es ein stichhaltiges Sicherheitskonzept gegeben hat, wie es OB Adolf Sauerland in ersten Stellungnahmen kundtat, muss bezweifelt werden, denn das Gelände des Güterbahnhofs war völlig überfüllt.  Harald Molder (vor Ort)
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Augenzeugen berichteten, dass oben auf dem Tunnel (gelber Bogen) der Karl-Lehr-Straße die Menschen vom Geländer in die Tiefe fielen, als es aus zum Panikverhalten kam., als der Druck der nachdrängenden Masse zu groß wurde. Um einen weiter Panik zu vermeiden, wurde die Loveparade nicht beendet. Immerhin war bis kurz vor 20 Uhr das Gelände immer noch randvoll mit Menschen. Am Hauptbahnhof versuchten starke Sicherheitskräfte die Menschenmassen geordnet in Züge zu bekommen. Vor dem Güterbahngelände kamen auch Busse zum Einsatz.
Auf einer Pressekonferenz zeigten sich Polizeisprecher, OB Sauerland und NRW-Innenminister Ralf Jäger zutiefst betroffen. Seitens der Polizei wurde erwähnt, dass man schon sehr frühzeitig und noch weit vor dem Ereignis an der Karl-Lehrstraße den Zugang gesperrt und nur zeitweise wieder für nachströmende Menschen geöffnet hätte und auch den ÖPNV mit weiteren Transporten vom Bahnhof zum Geländeeingang unterbunden hätte.

Die Masse:

Das Duisburg-Float auf dem Weg durch die Menge

 "Cuscus" aus Dortmund  Fotos Schneider

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8:00 - Der Bauernmarkt in Duisburg öffnet seine Pforten(Händlerstände schon um diese Zeit - sonst ab 10 Uhr), um den Bürgern vor dem Ansturm der Raver auch ein wenig Nahversorgung in diesem Bereich zu gewähren. Klappte ganz gut, war aber wenig Betrieb
Gegen 8:30 Uhr tauchen die ersten Gruppen jungen und erwartungsfroher Menschen auf.
Ruhe bei den Händlern. Auch im Forum Duisburg noch absolute Gelassenheit. "Wir halten so lange auf, wie es sinnvoll erscheint", meinte ein Sicherheits-Mann. Gegen 14:30 Uhr schloss Karstadt die Türen.
Anders am Hauptbahnhof. Zeitungen und Handybedarf geöffnet, Bäckerladen hier zu, Imbiss dort offen. Kontrast eben.

Fotos  KaVü

Kurz vor dem Startschuss der Megaparty rollen proppevolle Züge ohne Ende an.  "Das war irre eng im Zug. Da war nur ,Sardinenbüchsen-Gefühl`angesagt", so der einhellige Tenor der Anreisenden Loveparade-Fans. Und schnell wird der Hauptbahnhof zum ersten Schwerpunkt. Ganz eng im wahrsten Sinne des Wortes wurde es schnell am echten Nadelöhr Karl-Lehr-Straße, den Neudorfern besser als "gelber Bogen "bekannt.

Gegen  14:30 Uhr gab e  s in der City erste Durchsagen der Polizei, noch im Bereich der Friedrich-Wilhelm-Straße zu bleiben, da vor dem Partygelände am Güterbahnhof alles dicht sei. Geschlossenen Reihen gab es zuhauf, nämlich die der unzähligen Dixi-Klos in fast allen umliegenden Straßen der Partymeile.

Die ersten  Gedanken zum Veranstaltungsort alter Güterbahnhof kamen sofort, als die 16 Floats auf dem Gelände kreisten. "Das ist an sich keine Parade mehr wie zum Start 1989 in Berlin und noch Jahre danach, es ist die vielleicht neue Art, die Zukunft der Loveparade, die einen Festival-Charakter bekommen könnte", so auch Insider nach den ersten Stunden in Duisburg.

Loveparade Geschäftsführer Rainer Schaller (li.) mit VIP-Gast Wladimir Klitschko - Foto Schneider

Und der Ansturm ging weiter, war sogar Box-Ikone Vladimir Klitschko mit dabei. Rund um den Sportpark waren Busse aus Tschechien, Polen, Niederlanden und Süddeutschland in die entlegensten Ecken des Neudorfer Südens geparkt. Autokennzeichen aus der ganzen Republik waren zu sehen.

Ab 16 Uhr war dann der erste Super-Gau eingetreten: u ein Dutzend Personen wurden auf den Gleisen gesichtet. Die Polizei sperrte daraufhin en Zugverkehr. Nach knapp einer Stunde waren dann die Menschen von der Polizei von den Gleisen geholt worden, da aber ging rund um den Güterbahnhof buchstäblich nicht mehr. Also musste die Polizei auch hier vorsorglich und vorüberhegend dicht machen. Also mussten angereiste Raver wider zurück zum Bahnhof wo sie aber nicht wegfahren konnten. Folglich war ein Besuch der City und des Kantparks angesagt...Und dann die ersten absolut Genervten: "Ich will nur noch nach Hause!" Nur wie, war zu diesem Zeitpunkt die große Frage.

Dann gab es die ersten Krankentransport. Kreislaufversagen. Stundenlang hatten viele jungen Menschen in der Enge angestanden, um ihre Djs zu sehen und zu hören, verkrafteten diese Anspannungen aber nicht mehr.

 

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