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'Stairway to Heaven'
Advent, Advent!
Raniero Spahn
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Duisburg, 20. Dezember 2015 - Stolz
eröffnete kein Geringerer als der Vorstandsvorsitzende des
Konzerns pünktlich zum verkaufsoffenen ersten Adventssonntag
das an alter Stelle neu errichtete super moderne Kaufhaus.
Alle waren sie der Einladung gefolgt, die Honoratioren der
Stadt mit dem Bürgermeister an der Spitze, gefolgt von den
Mitgliedern der Ratsversammlung über die Funktionsträger der
unzähligen Vereine und Gesellschaften des kommunalen
Miteinander bis hin zu den nicht unwichtigen, zum Wohle des
städtischen Lebens ehrenamtlich tätigen Mitbürger.
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Sanddorn im Auge
Stephan 'Der Kulturattache' Sadowski
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Duisburg, 04. November 2015 - Mist, das
ist aber gewaltig schief gegangen. Da greif ich mir doch die
falsche Packung von Hustenbonbons im Diskounter, und das
kurz vor der Probe, wo die Stimme noch mal fein geschliffen
werden will. Statt eines herben, fast bitteren
Geschmacks, den ich in meinem Hals am hinteren Gaumen spüren
wollte – wuselt jetzt eine ganze Armada von 20 eher
süßlichen Kräutern gegen die Bazillen, die sich dort
eingeschlichen haben - eine Mischung, die maximal zu einem
Kräutertee passen würde. Aber ich sehne mich nach dem
bitteren, rauchigen Sanddorngeschmack in meiner Kehle, den
ich dort eigentlich bei jeder Probe spüre. Ok, dann
können meine Mitsänger zumindest beim Suchen der Noten heute
nicht sticheln: „Du hast aber „Sand“ im Getriebe.“ Sie
werden eher sagen: „Da hattest du einen „Dorn“ im Auge!“
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'FERTIG'
Stephan 'Der Kulturattache' Sadowski
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Duisburg, Oktober 2015 - Wie üblich, rufe
ich am Vortage in der Redaktion an, um zu schauen, ob mein
Text durch die unwegsamen, undurchschaubaren Weiten des
Internets dort angekommen ist - es könnte ja was
verlorengehen.
Ich nerve und der Kollege scheint
unter Zeitdruck zu sein und sagt nur barsch: „Deinen Text
mache ich gerade fertig!“ und legt auf.
Ich stelle
mir gerade vor, wie er ihm eine Backpfeife nach der anderen
verteilt, links, rechts eine Watschen gibt und zuletzt noch
einen Kinnhaken in meine Überschrift schlägt, der Text sich
winselnd auf dem Papier vor seinem Schreibtisch räkelt und
er ihn weiter „fertig“ macht....Hoffentlich geht er mit
diesem Text gnädiger um....!!!
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"Verschicken
Sie sich doch mal selbst!"
Stephan Sadowski aka 'Kulturattaché'
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Duisburg, Oktober 2015 - Neulich
fuhr ich hinter einem Postbus. Nein, es war kein
DHL-Fahrzeug vollgepackt mit Paketen, es war ein langer
Reisebus ganz in Gelb mit einem schwarzen Posthorn an der
Fahrzeugseite.
„Verschicken Sie sich doch mal
selbst!“, stand als Slogan hinten drauf und ich musste
schmunzeln. Und hoch auf dem gelben Wagen grüßte und winkte
eine lustige Truppe von Rentnern aus den Fenstern –
allerdings ohne um den Kopf gebundene Schleifchen, die sie
selbst als Geschenk ausweisen würden. Ob diese
erheiterte Gruppe so ganz ohne Pakete bei ihrer Tour in
einem Postbus auskommt, beschäftigte dann doch meinen Geist.
Ich dachte, am Ende würden sie bestimmt welche mitnehmen von
diesem schönen Ausflug – wahrscheinlich mit Heizdecken und
anderem Rheumazubehör darin...wird ja auch langsam kalt!
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"Fahr-zur-Hölle!"
Stephan 'Der Kulturattache' Sadowski
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Duisburg, August 2015 - Wir sind
eigentlich ein dem christlichen Glauben zugetaner Chor.
Deswegen war ich beim Weihnachtsessen kürzlich verwundert,
als unser Tenor in dem kleinen Krefelder Restaurant zur
Kellnerin beim Bezahlen: „Fahr-zur-Hölle!“, sagte. Und
das nicht mit wie sonst üblicher säuselnder Stimme. Die
Kellnerin schmunzelte zu diesen „Satanischen Versen“ mit
einem diabolischen Grinsen – meinte unser Chorsänger doch
die pikante Pfanne mit Peperoni, die er jetzt eben
begleichen wollte. Also nahm sie es gelassen –
wahrscheinlich dachte sie schon an das teuflisch gute
Trinkgeld, was ja wohl so eine ständige Beleidigung beim
Herausgehen impliziert...
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Der Post-Rocker
Stephan 'Der Kulturattache' Sadowski
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Duisburg, August 2015 - „Hoch auf dem
Gelben Wagen“, soll der Song schlechthin für einen
Post-Rocker sein? Denkste, bei mir donnern die
DHL-Fahrer hoch auf ihrem gelben Bock sitzend immer mit
„Smoke on the water“ von Deep Purple und „TNT“ von AC/DC
vorbei, wahrscheinlich weil es lauter ist.
Zwei sind
so knapp hinter fünfzig und meinen mit ihrem leicht
ergrauten, schütteren Haar nicht nur die musikalische
Weisheit, sondern auch die Ewige Jugend gefrühstückt zu
haben. Einer erzählte mir beim Empfang eines Paketes, er sei
jetzt auch in einem Forum, da „postet“ eine „Community“
jetzt diese alten Hits in Form von Youtube-Videos von diesen
ganzen alten Siebziger-Jahre-Bands.
Ich verkniff
mir, ihm zu sagen, dass ich ihn schon immer für einen
„Post-Rocker“ gehalten habe...und, ach, er mit „TNT“
des konkurrierenden Briefunternehmens seinen Arbeitsplatz
gefährdet...
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Der Jogger
Raniero Spahn
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Duisburg, April 2015 - n einem Tag im
November - im Gegensatz zu diesem oftmals als grau
bezeichneten Monat herrschte schönes Wetter, fast schon zu
warm für diese Jahreszeit - besuchten meine Frau und ich
einen Friedhof. Dieses taten wir allerdings nicht am ersten
Tag des Monats, wie man sofort geneigt wäre zu vermuten,
weil an solch einem Tag alle Normalbürger die Friedhöfe
aufsuchen, um den sterblichen Überresten ihrer lieben
Verwandten und Freunden einen Besuch abzustatten, nein, es
war ein ganz gewöhnlicher Samstag morgen, gegen zehn Uhr.
Der Vorteil, an so einem Tag den Friedhof aufzusuchen,
besteht darin, dass er nicht so übervölkert ist, mit
lebenden Personen, wie an Allerheiligen.
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Der Gentest
Raniero Spahn
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Duisburg, April 2015 - Die
fünfzehnjährige Tochter kam leicht aufgeregt von der Schule
nach hause. Sie traf ihren Vater an; die Mutter musste jeden
Moment von den Besorgungen für das leibliche Wohl ihrer
Familie zurückkehren. »Papa, kannst du mir sagen, welche
Blutgruppe du hast?« »Blutgruppe? Meine Blutgruppe? Warum
willst du das denn wissen?« »Ja, weißt du, wir nehmen in
der Schule gerade die Vererbungslehre nach den Mendelschen
Gesetzen durch. Wenn ich zum Beispiel deine Blutgruppe
nehme, kann ich sie mit meiner, die ich aus meinem
Impfausweis kenne, vergleichen; und so kann ich feststellen,
ob du mein wirklicher Vater bist, ich meine, mein
biologischer Vater.« Der Vater fiel aus allen Wolken.
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Der Bücherwurm
Raniero Spahn
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Duisburg, April 2015 - »Geschafft!
Endlich! Er hat es geschafft!« Gudruns Stimme hallte
durch die kleine Seitenstraße. Sie stand am Ende dieser
Sackgasse, vor ihrem Haus, und hielt triumphierend einen Arm
gen Himmel. Die ersten Anwohner, durch die lauten Rufe von
Gudrun Hüper neugierig geworden, traten vor ihre Haustüren,
in dieser schmucken Siedlung. »Morgen Abend wird
gefeiert!« rief sie diesen überschwänglich zu, »alles
Weitere folgt noch telefonisch! Betet mit uns und verhaltet
Euch so, dass Petrus keinen Grund zur Klage hat. Wir wollen
nämlich grillen.«
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Verzählt
Raniero Spahn
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Duisburg, April 2015 - Der Topmanager war
außer sich, vor Zorn; damit hatte er nun wirklich nicht
gerechnet. Als Vorstandsvorsitzender eines weltumspannenden
Konzerns war er es gewohnt, mit großen und größten Zahlen zu
jonglieren und sich in gigantischen Dimensionen zu bewegen,
doch mit dem kleinen Einmal eins, ging es nach dem Gerücht,
das eine angesehene Wochenzeitschrift in die Welt gesetzt
hatte, sollte es offenbar nicht soweit her sein?
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Landlust in der City sado
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Mein Freund Peter macht das wirklich sehr gut: die ersten Krokusse
sprießen, blaue und weiße Hyazinthen recken ihre Hälse der schwachen Sonne
entgegen, das spricht für seinen grünen Daumen. Es wird nicht mehr lange
dauern, da steckt er die ersten Samen für sämtliche Kräuter in irgendwelche
Blumenkästen auf seinem kleinen Balkon, Anfang März wird er dann seine zehn noch
leerstehenden Kübel mit Blumen vom Markt bepflanzen. Nach getaner Arbeit und bei
gutem Wetter sehe ich ihn dann schon in seinem klapprigen Klappstuhl
sitzen, wie er sein kleines grünes Reich seiner Zweieinhalbzimmerwohnung genießt
– auch den Blick in den halbschattigen Hochemmericher Hinterhof.
Vielleicht wird er sich dabei eine Ausgabe des Hochglanzmagazins „Landlust“, von
denen er einen ganzen Stapel besitzt, zu Gemüte führen und von geräumigen Landhäusern und
den ganz großen Gärten träumen, die darin abgebildet sind.
Nun gut, ich will ihn
ja nicht wecken – aber, vielleicht sollte ich ihm mal sagen, dass es auch eine
Facebook-Gruppe „Gärtnern auf engstem Raum“ gibt, das wäre doch hilfreicher für
ihn...
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Scooter, zwischen Calamares
und Kaviar sado
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Es ist so eine Sache mit den B-Promis: Irgendwann landen sie alle im
Dschungelcamp, spätestens dann, wenn die Tantiemen und Aufträge ausbleiben. Nur
Hans Peter Baxxter, der in den 90er-Jahren als wasserstoffblondierte
Techno-Witzfigur 'Scooter' manche Goldene Schallplatte einsackte, wehrt sich mit
Händen und Füßen dagegen. Im Edeka-Markt flimmert er als Vorturner über die
Bildschirme, schreit alte Hits im neuen Gewand: „Hyper, hyper. How much is the
Preis?“ Und will die Kunden zum Mittanzen bewegen. Nicht ganz durchgeknallte
Käufer schütteln dann wohl eher mit dem Kopf und ich hielt es mit Heinrich
Heine: „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten?“, war meine berechtigte Frage kurz
vor der Kasse.
Aber nicht nur dass H.P Baxxter riesige Summen für diesen
höheren Blödsinn bekommt, er braucht auch nicht, wie einst seine Sänger-Kollegen
Bata Ilic und Costa Cordalis im Dschungel-Camp Kakerlaken und Käfer zu essen:
Er
steht nämlich auf dem Bildschirm mitten in der Feinkostabteilung -
zwischen Calamares und Kaviar ... Hyper ... Hyper ... Stagedive ...
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Rotlichtmilieu in Hohenbudberg sado
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Huch, ich befinde mich mal wieder im
Rotlichtmillieu – zumindest für einen Moment, denn das
Blitzerfahrzeug am Ortsausgang in Hohenbudberg, kurz vor
Friemersheim, lässt mich für einen Moment in selbiges
eintauchen. Dabei bin ich vorschriftsmäßig in die
dortige 30-er-Zone der Hohenbudberger Staße aus Krefeld
kommend hineingefahren, 200 Meter ist sie lang. Mit zehn
Stundenkilometer habe ich mich in sie hineingeschlichen, in
der Mitte der Strecke habe ich vielleicht 25 gehabt –
zu blöd nur, dass die Stadt ihr Fahrzeug genau am Ende der
30er-Zone kurz vor dem Ortsausgangsschild aufgestellt hat,
genau zehn Meter. Ich sehe nämlich schon das 70er-Schild in
weiteren 40 Metern Entfernung und beschleunige auf 40
Stuckis – abgeblitzt... Aber gut, wenn das Messfahrzeug
am Ortsausgang jetzt immer da steht: Das nächste Mal komme
ich einfach aus Friemersheim, dann ist es für mich der
Ortseingang auf der Hohenbudberger Straße und fahre mit
gefühlten zehn Stuckis Richtung Krefeld an der Kontrolle
vorbei –....und steigere mich dann... so ist es vielleicht
besser, oder?
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Ein schöner Stau
Raniero Spahn
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Duisburg, Februar 2015 - Pfeifend
betrat Viktor Rollbaier die Wohnung. In der Küche hörte er
seine Frau hantieren. »Hm, das riecht aber lecker,
Schatz. Was gibt es denn?« »Rotkohl mit Bratwurst,
Viktor. Hast du großen Appetit?« »Und wie!«
Während des Essens brach Viktor plötzlich in schallendes
Gelächter aus. »Was ist denn mit dir los?«
»Entschuldige, ich muss gerade an die Meldung denken, die
ich vorhin im Autoradio gehört habe. Danach saßen zahlreiche
Autofahrer neun Tage lang auf einer Autobahn im Stau, kannst
du dir das vorstellen, Veronika?« »Wirklich? Neun Tage?«
Beide schüttelten sich vor Lachen. »Übrigens, weißt du,
wo der Stau begann, in dem die Autofahrer saßen?« »Nein?«
»Hier ganz in der Nähe!« »Nix wie hin!« Beide ließen
ihr Essen stehen, setzten sich in den Wagen und fuhren zu
dem bezeichneten Autobahnabschnitt. Der Stau aus dem Radio
hatte sich immer noch nicht aufgelöst, oder war das bereits
ein neuer? Viktor und Veronika blickten sich an. »Sollen
wir mal?« »Warum nicht, Schatz. Wir haben doch Urlaub,
nicht wahr!« »Also los!«
Als Veronika und Viktor
Rollbaier die Autobahn wieder verließen, nach neunundzwanzig
Jahren, hatte Veronika ihrem Mann drei Kinder geboren, im
Stau, während Viktor die Zeit nutzte, um an einer
Fernuni seinen Abschluss als Grundschullehrer nachzuholen.
Darüber hinaus hat Veronika in einem Fernlehrgang genügend
Kenntnisse als Hebamme erworben, die es ihr erlaubten,
zahlreichen Geschlechtsgenossinnen im Stau zu helfen. Auf
diese Weise trug sie zur Sicherstellung des Nachwuchses, auf
den ihr Mann Viktor als erster Autobahnlehrer der Welt
dringend angewiesen war, entschieden bei.
Nun aber,
nach endgültiger Auflösung des Staus, stehen sie verzweifelt
mit ihren drei Sprösslingen an der Autobahn und hoffen alle
auf einen neuen, nicht zu kurzen Stau zurück, denn, wie
formulierten es die Kinder dereinst, mit verklärten Mienen:
»Das Leben ist so schön auf der Autobahn, etwas
anderes können wir uns gar nicht mehr vorstellen...«
Der
literarischer "Brückenbauer"
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'Das
Methusalem-System'
Raniero Spahn
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Als Simon Laublöffel
den Brief von der Versicherung öffnete, erstarrte er zur
Salzsäule. In schönstem Behördendeutsch teilte man ihm mit,
dass er aufgrund der allgemeinen Entwicklung im Lande mit
der Auszahlung seiner ersten monatlichen Rentenzahlung nicht
vor seinem ordnungsgemäß beurkundeten Tod zu rechnen hätte.
»Das kann doch nicht wahr sein«, sträubte sich Simon mit
allen Sinnen gegen diesen offensichtlichen Unfug, »da hat
man quasi das ganze Leben lang gearbeitet und freut sich auf
den Ruhestand, und da sagen die, dass man die Rente erst
nach dem Tod erhält! Was sind das denn für Methoden?«
Erbost griff er zum Telefon und wählte die Nummer der
Versicherung.
»Guten Tag«, erklang es am anderen Ende
der Leitung, »Sie sind verbunden mit der Allgemeinen
Rentenversicherungsanstalt, mein Name ist Olaf Lahnemann.
Was kann ich für Sie tun?« »Ja, Herr Lahnemann, mein Name
ist Laublöffel, und ich bin ganz außer mir. Ich habe
soeben ein Schreiben von Ihnen erhalten, da steht ja etwas
Entsetzliches drin!« »Etwas Entsetzliches? Ich verstehe
Sie nicht. Was steht denn da drin?« »Na, ja, dass ich
meine Rente erst nach meinem Tod erhalte.« »Ach so, das
meinen Sie. Das ist doch nicht entsetzlich. So einen Brief
haben unzählige Versicherte in den letzten Tagen erhalten.«
»Wie bitte?« »Nun ja, nachdem in der letzten Zeit stets
aufs neue Versuche gestartet wurden, mit einem immer weiter
nach hinten geschobenen Renteneintrittsalter dem
demographischen Wandel gerecht zu werden, haben wir einmal
eine Gegenrechnung aufgestellt« »Eine
Gegenrechnung? Wie meinen Sie das?« »Nun ja, wir haben
uns gedacht, statt das Renteneintrittsalter linear zu
erhöhen, dieses individuell zu gestalten.«
»Individuell zu gestalten?« freute sich Simon, »heißt das,
ich kann selbst auswählen, wann ich in Rente gehe?« »Wenn
Sie so wollen, ja, das heißt, sie können praktisch sofort in
Rente gehen, wenn Sie den hinteren Teil Ihres
Nachnamens abgegeben haben.« »Den hinteren Teil
meines Nachnamens?« »Na, ja, Herr Laublöffel, damit
wollte ich sagen, dass Sie sofort in Rente gehen können,
wenn Sie Ihren Löffel abgegeben haben. Wenn es sein
muss, noch am gleichen Tage. Mal ehrlich, individueller
geht’s wirklich nicht.« »Aber was habe ich denn dann noch
von meiner Rente, wenn ich gestorben bin?« »Diese Frage,
mein Lieber, ist falsch gestellt. Sie muss nicht
lauten, was habe ich von meiner Rente, wenn ich gestorben
bin, sondern was brauche ich eigentlich noch, wenn ich
tot bin? Brauche ich denn dann überhaupt noch was? Sie
müssen die ganze Sache von dieser Perspektive aus
betrachten, dann haben Sie die Lösung. Wir nennen sie das
System Methusalem.« »Das System
Methusalem?« »Exakt! Die Menschen können alt
werden, wie Methusalem, doch sie kriegen keine Rente,
zumindest zu Lebzeiten nicht.« Simon wurde
nachdenklich. »Von dieser Seite habe ich die Sache noch
nicht betrachtet. Das ist sicher gar keine schlechte Idee.
Eine Frage hätte ich noch, zum Procedere des Ganzen.«
»Bitte.« »Wie läuft denn der Eintritt in die Rente bei
Ihrem System ab?«
»Nichts einfacher als das. Sobald Sie verstorben sind,
kommen Sie zu uns und füllen das erforderliche Formular aus.
Sie können das ruhig sofort machen, Sie brauchen nicht bis
zu Ihrer Beerdigung zu warten. Im Gegenteil, kommen Sie
lieber vorher, denn wie man aus Erfahrung weiß, ist man bei
der eigenen Beerdigung zu sehr abgelenkt. Kommen Sie aber
bitte in gedeckter Kleidung, dem Anlass entsprechend.«
»Vielen Dank für die Auskunft, Herr Lahnemann, eine letzte
Frage aber hätte ich noch.« »Fragen Sie.« »Gesetzt den
Fall, ich werde sehr alt. Was soll ich eigentlich so lange
machen, bis zu meinem Renteneintritt?« »Na,
arbeiten, mein Bester, was sonst. Arbeit hat doch wirklich
noch keinem geschadet.«
Der
literarischer "Brückenbauer"
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frigida? sado
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Sie schießen wie Pilze aus dem Boden,
erst war es PEGIDA (Patriotische Europäer gegen die
Islamisierung des deutschen Abendlandes) in Dresden. Jetzt
haben sich immer mehr lokale Ableger gebildet, BOGIDA in
Bonn, und echt kein Ostfriesenwitz: In Emden heißt diese
Bewegung OGIDA, vielleicht nur mit 200 Mitläufern. In
Düsseldorf haben es diese Leute, die meist schweigend oder
Weihnachtslieder singend durch die Straßen ziehen, mit
DÜGIDA versucht.. Jetzt steht ein Marsch durch die
Königstraße unter dem Motto DUGIDA bevor - organisiert von
Leuten mit rechtsradikaler Vergangenheit., die bestimmt
versuchen werden das Unwort des Jahres zu skandieren:
„Lügenpresse“.
Aber ich vermute: nicht ganz Duisburg
wird von dieser Bewegung eingenommen werden, ein kleines
eingemeindetes niederrheinisches, aber unbeugsames Dorf wird
sich sicherlich nicht vereinnahmen lassen. Die Kaiserstraße
in Friemersheim wird nicht zum
Aufmarschgebiet dieser Leute werden. Denn wer läuft schon
gerne unter dem Motto FRIGIDA gegen eine mögliche
Islamisierung durch die Straßen – allein die Planer und
Akteure würden sich wohl, genauso wie ich jetzt gerade,
aufgrund dieses Namens vor Lachen wegschmeißen....
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Neulich
an der Tankstelle sado
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Völlig erschöpft vom Tag
fahre ich an eine Tanksäule – vergesse aber
zu tanken – und gehe mit einer
Selbstverständlichkeit zur Kasse und möchte
zahlen: „Einmal die zwei, bitte!“ Der
Tankwart antwortet: „Wie! Sie haben doch gar
nicht getankt, der Zähler zeigt doch null.“
Es ist mir peinlich, ich bin verwirrt, deute
noch wild fuchtelnd auf meinen alten Mazda,
der doch da an der Säule parkt - und
überlege kurz, eine Ausrede muss her
und sage dann: „Stimmt! Aber was wäre
gewesen, ich hätte getankt und wäre einfach
fortgefahren? Dann ist es doch besser, dass
ich jetzt hier stehe, zwar nicht getankt
habe, aber zahlen möchte, oder?“ „Stimmt!“,
sagt der Tankwart. Wir lachen beide kurz
auf, ich gehe hinaus, labere nicht und
tanke ...
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Mit 500 Sachen durch die Stadt...
sado
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Neulich fuhr ich hinter dem
Bofrost-Mann in Rheinhausen-Friemersheim hinterher. An
der Ampel konnte ich endlich die Aufschrift lesen:
„Mit 500 Sachen durch die Stadt!“ Wird schwierig für
den Mann, wenn man bedenkt, dass die Stadt Duisburg
jetzt bald über ein fünftes Blitz-Fahrzeug verfügt.
Doch ich habe den Gedanken weiter gesponnen: Meine
Mutter nimmt ihm schon mal zwei Pakete
tiefgefrorenen Fisch, zwei Erbsengemüse im Beutel und die eisige Schwarzwälderkirschtorte ab, dann hat
er nur noch 495.
Da greift der Toleranzabzug zwar noch nicht und es
ist eigentlich immer noch zu viel für den
Stadtverkehr – und ich frage mich: wer nimmt ihm
dann die anderen 445 Pakete ab? Denn dann, mit 50
Sachen könnte der Blitzer schließlich kommen – ähm,
wenn unser Bofrost-Mann nicht gerade durch eine
30er-Zone rauscht...
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Gedanken zum Jugendwort des Jahres
sado
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Jetzt ist es amtlich: Das
Jugendwort des Jahres lautet „Läuft bei dir?“ Das
ganze ist als rhetorische Frage getarnt, genauso
kann es eine Aussage sein. „Babo“, das Wort des
Jahres 2013 ist vergessen – in meinem Bekanntenkreis
kannte es eigentlich keiner. Zumindest wird das
aktuelle Wort gesprochen, man kann es zum Zuprosten
oder als lockere Begrüßungsfloskel benutzen.
Ganz moderne User lassen schon das „bei dir?“ weg.
Denken wohl auch, im Zeitalter der SMS sich aufs
Wesentliche zu beschränken: wären wir also bei
„Läuft“, was ein vollständiger Hauptsatz ist –
dächten wir uns das Subjekt implizit ins Prädikat,
wie im Lateinischen.
Und dieses „Läuft“, es passt momentan gut zu mir –
genauer gesagt zu meiner Nase. Die „LÄUFT“ auch die ganze
Zeit. Also endlich mal ein Jugendwort, das Sinn macht! Wenn
es nicht unter diesem negativen Erkältungseffekt schon ganz
oben auf der Liste zum „Unwort des Jahres“ steht...
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