Am 11. Dezember 1946 in New York:
Kinderhilfswerk Unicef wird ins Leben gerufen!
Am 24. Juli 1957
wurde in Duisburg aus Dankbarkeit und der Einsicht, dass
auch in vielen anderen Teilen der Welt Kinder in großer Not
leben, die Arbeitsgruppe Duisburg ins Leben gerufen. Redaktion Harald Jeschke
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Gaza: „Die Kinder sind gefangen in einem Kreislauf
des Leidens“ |
Zusammenfassung des heutigen Statements
von James Elder, UNICEF-Sprecher, im Palais des Nations in
Genf
© UNICEF/UNI501984/Al-Qattaa
Gaza/Köln/Duisburg, 26.
März 2024 - Seit einigen Tagen ist UNICEF-Sprecher James
Elder in Gaza. Heute hat er von seinen Eindrücken vor Ort
berichtet. „Ich möchte über zwei wichtige Themen sprechen,
von denen die Menschen hier in Gaza sagen, dass sie für ihr
Überleben entscheidend sind. Die Sicherheit der Menschen in
Rafah und die Lieferung von Hilfsgütern. Rafah ist nicht
wiederzuerkennen, weil die Straßen überfüllt sind und Zelte
an Straßenecken und auf sandigen Flächen stehen. Die
Menschen schlafen auf der Straße, in öffentlichen Gebäuden
und an jedem anderen verfügbaren Platz. Die weltweiten
Standards für humanitäre Notsituationen legen fest, dass
maximal 20 Personen sich eine Toilette teilen sollten.
In Rafah gibt es etwa eine Toilette für 850
Menschen. Bei den Duschen sind es viermal so viele, also
eine Dusche für 3.600 Menschen. Das ist eine eklatante
Missachtung der menschlichen Grundbedürfnisse und der
Menschenwürde. Dieselben Standards besagen, dass jeder
Mensch täglich 15 Liter Wasser braucht, und ein absolutes
Minimum von drei Litern, nur um zu überleben. Als ich im
November hier war, waren Familien und Kinder im Gazastreifen
auf drei Liter oder weniger Wasser pro Person und Tag
angewiesen. Heute haben die befragten Haushalte im
Durchschnitt Zugang zu weniger als einem Liter sauberem
Wasser pro Person und Tag.
Das benachbarte Chan
Yunis ist ebenfalls nicht wiederzuerkennen, wenn auch aus
einem anderen Grund – es existiert kaum noch. In meinen 20
Jahren bei den Vereinten Nationen habe ich noch nie
derartige Zerstörung gesehen. Nur Chaos und Ruinen, Schutt
und Trümmer, die in alle Richtungen verstreut sind. Völlige
Vernichtung. Beim Gang durch die Straßen war ich überwältigt
von dem Verlust. Das bringt uns zurück nach Rafah und den
endlosen Diskussionen über eine groß angelegte
Militäroperation in Rafah. Rafah ist eine Stadt der Kinder.
600.000 Mädchen und Jungen leben dort. Rafah beherbergt
einige der letzten verbliebenen Krankenhäuser,
Notunterkünfte, Märkte und Wasserversorgungssysteme in Gaza.
Und dann ist da noch der Norden.
Gestern war ich
wieder in Jabalia. Zehntausende von Menschen drängen sich
auf den Straßen und halten sich die Hand vor den Mund – das
universelle Zeichen für Hunger. Als ich vor einer Woche in
den Gazastreifen kam, standen Hunderte von Lastwagen mit
lebensrettender humanitärer Hilfe bereit, die darauf
warteten, zu den Menschen zu gelangen, die sie dringend
benötigten – allerdings auf der falschen Seite der Grenze.
Hunderte von Lkw der UN und INGO [Internationalen
Nichtregierungsorganisationen] stehen dort im Stau und
warten auf die Einfahrt nach Gaza. In der Integrated Food
Security Phase Classification (IPC) [fünfstufige Skala für
Hungerrisiken] wurde letzte Woche festgestellt, dass im
nördlichen Gazastreifen eine Hungersnot unmittelbar
bevorsteht.
Der Gazastreifen hat nun den
höchsten Prozentsatz einer Bevölkerung, der die höchste
Einstufung seit Beginn der Klassifizierung im Jahr 2004
erhalten hat. Vor dem Krieg war Mangelernährung im
Gazastreifen selten, weniger als ein Prozent der Kinder
unter fünf Jahren war akut mangelernährt. Heute ist eines
von drei Kindern unter zwei Jahren akut mangelernährt. Es
liegt auf der Hand, dass der Norden dringend große Mengen an
Lebensmitteln und therapeutischer Nahrung benötigt. Aber wir
müssen uns darüber im Klaren sein, dass unsere Bemühungen,
diese Hilfe zu leisten, eingeschränkt werden. Es gibt den
alten Grenzübergang Erez, der genutzt werden könnte, nur
zehn Minuten von den hungernden Menschen entfernt. Zehn
Minuten.
Würde er geöffnet, könnten wir die
humanitäre Krise im Norden innerhalb weniger Tage
bewältigen. Aber er bleibt geschlossen. Zwischen dem 1. und
22. März wurde ein Viertel der 40 humanitären Hilfsmissionen
in den nördlichen Gazastreifen abgelehnt. UNRWA wird nun
daran gehindert, Lebensmittel in den Norden zu bringen,
obwohl bislang 50 Prozent der in den Norden gelieferten
Lebensmittel von UNRWA geliefert wurden. Um es klar zu
sagen: Lebensrettende Hilfe wird unterbunden. Menschen
verlieren ihr Leben. Die Menschenwürde wird missachtet. Die
Entbehrung, die aufgezwungene Ausweglosigkeit lassen die
Bevölkerung verzweifeln. Die Nerven der Menschen liegen
blank angesichts der ständigen Angriffe.
Sie
fragen oft, ob es noch Hoffnung gibt. Alles bewegt sich hier
zwischen den Extremen, auch diese Frage. Auf der einen Seite
erzählt mir eine Mutter, dass sie geliebte Menschen verloren
hat, ihr Zuhause und die Möglichkeit, ihre Kinder regelmäßig
zu ernähren. Alles, was sie noch besitzt, ist Hoffnung.
Gestern dann saß UNICEF mit Jugendlichen zusammen, von denen
einige sagten, sie wünschten sich so sehr, dass ihr Albtraum
ein Ende hätte und dass sie hofften, getötet zu werden. In
Gaza wird regelmäßig das Unaussprechliche gesagt.
Von Mädchen im Teenageralter, die hoffen, dass sie
getötet werden, bis hin zu der Aussage, dass ein Kind die
letzte noch lebende Person der gesamten Familie ist. Solches
Grauen ist hier nicht mehr einzigartig. Trotz allem gibt es
so viele tapfere, hilfsbereite und unermüdliche
Palästinenser*innen, die sich gegenseitig unterstützen. Und
die UN-Organisationen und UNICEF machen weiter.
Wir von UNICEF setzen uns weiterhin für jedes Kind ein.
Wasser, Schutz, Ernährung, Unterkunft – UNICEF ist hier. Wie
wir gestern gehört haben, muss der Waffenstillstand
umfassend sein, nicht nur symbolisch. Die Geiseln müssen
nach Hause zurückkehren. Die Menschen in Gaza müssen leben
dürfen. In den drei Monaten, die zwischen meinen Besuchen
lagen, sind alle schrecklichen Zahlen dramatisch
angestiegen. Gaza hat die Rekorde der Menschheit für ihre
dunkelsten Kapitel gebrochen. Die Menschheit muss jetzt
dringend ein anderes Kapitel schreiben.“
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UN-Bericht: Weltweite Kindersterblichkeit auf
historischem Tiefstand |
Trotz vieler Fortschritte starb im
Jahr 2022 weltweit alle sechs Sekunden ein Kind unter fünf
Jahren – schätzungsweise 4,9 Millionen Kinder insgesamt
© UNICEF/UNI535065/Willocq
Genf/New York/Washington/Köln/Duisburg,
13. März 2024 - Die Zahl der Kinder, die vor ihrem fünften
Geburtstag gestorben sind, erreichte im Jahr 2022 mit
schätzungsweise 4,9 Millionen einen historischen Tiefstand.
Dies geht aus heute veröffentlichten Schätzungen der
Vereinten Nationen zur Kindersterblichkeit (UN Inter-agency
Group for Child Mortality Estimation, UN IGME) hervor.
„Hinter diesen Zahlen stehen die Geschichten
von qualifiziertem Gesundheitspersonal und Hebammen, die
Müttern helfen, ihre Neugeborenen sicher zur Welt zu
bringen, von Gesundheitshelferinnen und -helfern, die Kinder
impfen und vor tödlichen Krankheiten schützen, und die
Hausbesuche in ihren Gemeinden machen, um Familien zu
unterstützen und eine angemessene Gesundheits- und
Ernährungsversorgung für Kinder sicherzustellen,” sagte
UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell. „Das
jahrzehntelange Engagement von Einzelpersonen,
Gemeinschaften und Staaten, um Kinder mit kostengünstigen,
hochwertigen und wirksamen Gesundheitsdiensten zu erreichen,
zeigt, dass wir das Wissen und die Instrumente besitzen,
Leben zu retten."
Aus dem Bericht geht hervor, dass
heute mehr Kinder überleben als je zuvor: Die
Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren ist seit
dem Jahr 2000 weltweit um 51 Prozent gesunken. Mehrere
Länder mit niedrigem und niedrigem mittlerem Einkommen
konnten die Sterblichkeitsrate sogar noch weiter senken.
Dies zeigt, dass Fortschritte möglich sind, wenn ausreichend
Ressourcen für die medizinische Grundversorgung
bereitgestellt werden, einschließlich der
Gesundheitsversorgung von Kindern. Die Ergebnisse zeigen
beispielsweise, dass die Sterblichkeitsrate von Kindern in
Kambodscha, Malawi, der Mongolei und Ruanda seit 2000 um
über 75 Prozent gesunken ist.
Der Bericht macht jedoch auch
deutlich, dass trotz dieser Fortschritte noch eine lange
Wegstrecke bleibt, um dem vermeidbaren Tod von Kindern und
Jugendlichen weltweit ein Ende zu setzen. Zusätzlich zu den
4,9 Millionen Todesfällen vor dem fünften Lebensjahr – rund
die Hälfte davon waren Neugeborene – haben weitere 2,1
Millionen Kinder und Jugendliche zwischen fünf und 24 Jahren
ihr Leben verloren. Die meisten dieser Todesfälle ereigneten
sich in Afrika südlich der Sahara und in Südasien.
Diese tragischen Todesfälle sind
in erster Linie auf vermeidbare Ursachen oder behandelbare
Krankheiten zurückzuführen, wie Frühgeburten, Komplikationen
während der Geburt, Lungenentzündungen,
Durchfallerkrankungen und Malaria. Viele Leben hätten
gerettet werden können, wenn die Kinder besseren Zugang zur
medizinischen Grundversorgung gehabt hätten. Dazu gehören
essenzielle kostengünstige Maßnahmen wie Impfungen, die
Verfügbarkeit von qualifiziertem Gesundheitspersonal bei der
Geburt, Unterstützung beim frühen und kontinuierlichen
Stillen sowie die Diagnose und Behandlung von
Kinderkrankheiten.
„Auch wenn es begrüßenswerte
Fortschritte gibt, leiden jedes Jahr noch immer Millionen
Familien unter dem erschütternden Verlust eines Kindes, oft
schon in den ersten Tagen nach der Geburt,” sagte
WHO-Generaldirektor Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus. „Wo ein
Kind geboren wird, sollte nicht darüber entscheiden, ob es
leben oder sterben wird. Es ist von entscheidender
Bedeutung, den Zugang zu einer hochwertigen
Gesundheitsversorgung für jede Frau und jedes Kind zu
verbessern, auch in Krisensituationen und in abgelegenen
Gebieten.”
Dafür braucht es Investitionen in
Bildung, Arbeitsplätze und angemessene Arbeitsbedingungen
für das Gesundheitspersonal, einschließlich von
Gesundheitshelferinnen und -helfern in den Gemeinden.
Als vertrauenswürdige Gemeindemitglieder
spielen gemeindebasierte Gesundheitshelferinnen und -helfer
eine wichtige Rolle, um Kinder und Familien mit
lebensrettenden Gesundheitsdiensten zu erreichen. Sie
sollten in die Systeme der grundlegenden
Gesundheitsversorgung integriert, fair bezahlt, gut
ausgebildet und mit den Mitteln ausgestattet werden, die für
eine qualitativ hochwertige Versorgung erforderlich sind.
Studien zufolge könnte die Zahl
der Todesfälle bei Kindern in den Ländern mit dem höchsten
Risiko erheblich zurückgehen, wenn Kindern und ihren
Familien in ihrer Gemeinde Gesundheitsdienste zur Verfügung
stehen würden. Allein dadurch könnten Millionen Kinder
gerettet werden, und die Versorgung würde näher am Wohnort
erfolgen. Um die Gesundheit und Überlebensrate von Kindern
zu verbessern, bedarf es eines ganzheitlichen Ansatzes gegen
Kinderkrankheiten – insbesondere gegen die häufigsten
Ursachen für Todesfälle nach der Geburt, akute
Atemwegsinfektionen, Durchfälle und Malaria.
„Der diesjährige Bericht ist ein
wichtiger Meilenstein, der zeigt, dass weniger Kinder vor
ihrem fünften Geburtstag sterben,” sagte Dr. Juan Pablo
Uribe, Globaler Direktor für Gesundheit, Ernährung und
Bevölkerung, Weltbank & Direktor der Globalen
Finanzierungseinrichtung für Frauen, Kinder und Jugendliche.
„Aber dies reicht nicht aus. Wir müssen den Fortschritt
durch mehr Investitionen, Zusammenarbeit und Fokus
beschleunigen, um dem vermeidbaren Tod von Kindern ein Ende
zu setzen und unsere globalen Verpflichtungen zu erfüllen.
Wir sind allen Kindern schuldig, dafür zu sorgen, dass sie
Zugang zu einer vergleichbaren Gesundheitsversorgung und
gleiche Chancen haben, unabhängig davon, wo sie geboren
wurden."
Trotz der Fortschritte gibt es
auch erhebliche Risiken und Ungleichheiten, die das
Überleben von Kindern in vielen Teilen der Welt gefährden.
Zu diesen Bedrohungen gehören die zunehmende Ungleichheit
und wirtschaftliche Instabilität, neue und anhaltende
Konflikte, die sich verschärfenden Auswirkungen des
Klimawandels und die Folgen von COVID-19. Bei Kindern aus
den ärmsten Haushalten ist die Wahrscheinlichkeit, vor dem
fünften Lebensjahr zu sterben, doppelt so hoch wie bei
Kindern aus den wohlhabendsten Haushalten. Bei Kindern, die
in fragilen oder von Konflikten betroffenen Gebieten leben,
ist die Wahrscheinlichkeit, vor ihrem fünften Geburtstag zu
sterben, fast dreimal so hoch wie bei Kindern in anderen
Regionen.
„Die neuen Schätzungen zeigen,
dass ein besserer Zugang zu einer hochwertigen
Gesundheitsversorgung, insbesondere zum Zeitpunkt der
Geburt, dazu beiträgt, die Sterblichkeitsrate bei Kindern
unter fünf Jahren zu senken,” sagte Li Junhua,
Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen für
wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten. „Die
Meilensteine bei der Verringerung der Kindersterblichkeit
sind zwar wichtig, um Fortschritte zu verfolgen, sie sollten
uns aber auch daran erinnern, dass weitere Anstrengungen und
Investitionen erforderlich sind, um Ungleichheiten zu
verringern und vermeidbare Todesfälle bei Neugeborenen,
Kindern und Jugendlichen weltweit zu beenden.”
Insgesamt kommt der Fortschritt
zu langsam voran. Bei den derzeitigen Raten werden 59 Länder
das Nachhaltige Entwicklungsziel für die Senkung der
Kindersterblichkeit und 64 Länder das Ziel für die Senkung
der Neugeborenensterblichkeit verfehlen. Das bedeutet, dass
bis 2030 schätzungsweise 35 Millionen Kinder vor ihrem
fünften Geburtstag sterben werden – insbesondere in Afrika
südlich der Sahara und in Südasien sowie in Ländern mit
niedrigem und mittlerem Einkommen.
Der Bericht stellt zudem große
Datenlücken fest, insbesondere in Afrika südlich der Sahara
und in Südasien. Daten und Statistiken müssen verbessert
werden, um das Überleben und die Gesundheit von Kindern
besser erfassen und überwachen zu können. Dazu gehören
Indikatoren für Sterblichkeit und Gesundheit durch
Haushaltserhebungen, die Registrierung von Geburten und
Todesfällen durch Gesundheitsmanagement-Informationssysteme
(HMIS) und die zivile Registrierung und Vitalstatistik
(CRVS).
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UNICEF-Report: Über 230 Millionen
Mädchen und Frauen sind Überlebende von weiblicher
Genitalverstümmelung
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Neue Schätzungen von UNICEF
zeigen Anstieg um 15 Prozent seit 2016
Mutter in Guinea mit ihren drei Töchtern und einem Schild
„Nein zur Genitalverstümmelung von Mädchen“. ©
UNICEF/UN0769634/Camara
New York/Köln/Duisburg, 8. März 2024 - Laut einem
neuen UNICEF-Bericht haben über 230 Millionen heute lebende
Mädchen und Frauen weibliche Genitalverstümmelung (Female
Genital Mutilation, FGM) erlitten. Die ersten globalen
Schätzungen seit 2016 zeigen einen Anstieg der Gesamtzahl
der Überlebenden um 15 Prozent (30 Millionen Mädchen und
Frauen) im Vergleich zu den vor acht Jahren veröffentlichten
Daten.
Die am heutigen Weltfrauentag
veröffentlichten Schätzungen zeigen, dass die Fortschritte
bei der Beendigung von weiblicher Genitalverstümmelung nach
wie vor langsam sind und hinter dem Bevölkerungswachstum
zurückbleiben – insbesondere in den Regionen, in denen die
Praxis am häufigsten vorkommt. Um weiblicher
Genitalverstümmelung bis 2030 ein Ende zu setzen, wie es in
den Nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen
angestrebt wird, müsste der weltweite Rückgang 27-mal so
schnell sein.
„Weibliche Genitalverstümmelung
schadet dem Körper von Mädchen, trübt ihre
Zukunftsaussichten und gefährdet ihr Leben“, sagte
UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell in New York.
„Wir sehen auch einen besorgniserregenden Trend, dass mehr
Mädchen in jüngerem Alter dieser Praxis ausgesetzt sind,
viele sogar schon vor ihrem fünften Geburtstag. Dadurch wird
das Zeitfenster zum Eingreifen kürzer. Wir müssen die
Anstrengungen zur Beendigung dieser schädlichen Praxis
verstärken.“
Höchste Fallzahlen von
weiblicher Genitalverstümmelung in Afrika
Der neue UNICEF-Bericht „Female Genital
Mutilation: A Global Concern“ ist eine Zusammenstellung der
aktuell verfügbaren Statistiken zu weiblicher
Genitalverstümmelung – einer Praxis, die die Menschenrechte
von Mädchen und Frauen verletzt und dauerhafte physische,
psychische und soziale Auswirkungen haben kann. Die meisten
betroffenen Mädchen und Frauen (144 Millionen) leben in
afrikanischen Ländern, gefolgt von 80 Millionen in Asien und
sechs Millionen im Nahen Osten. Auch in kleinen
praktizierenden Gemeinschaften und Einwanderungsländern in
anderen Teilen der Welt treten Fälle auf.
Die Praxis der weiblichen
Genitalverstümmelung breitet sich global nicht weiter aus.
Die Analyse zeigt jedoch, dass die Zahl der Mädchen, die in
FGM praktizierenden Ländern geboren werden, im Vergleich zum
Rest der Welt schnell zunimmt. Dadurch ist eine größere
Bevölkerungsgruppe gefährdet und muss durch
Präventionsbemühungen erreicht werden.
Die Analyse zeigt auch, dass
vier von zehn FGM-Überlebenden in instabilen und von
Konflikten betroffenen Gebieten leben, in denen das
Bevölkerungswachstum ebenfalls schnell verläuft. Diese
Kombination kann Bildungs- und Gesundheitsdienste belasten,
Prioritäten bei der Finanzierung verschieben und dazu
führen, dass Programme zur Förderung der
Geschlechtergleichheit unterbrochen werden. Länder wie
Somalia und der Sudan sind mit einer Vielzahl von dringenden
Problemen konfrontiert, während Konflikte und
Bevölkerungswachstum die Herausforderungen noch erhöhen. In
Äthiopien sind kontinuierliche Fortschritte zu verzeichnen,
aber unvorhersehbare, massive Wetterereignisse (sogenannte
„climate shocks“), Krankheiten und Ernährungsunsicherheit
erschweren die zuverlässige Umsetzung von Programmen für
Mädchen.
Positive Beispiele zeigen,
dass Fortschritt möglich ist
Trotz der Herausforderungen zeigen
positive Beispiele in einigen Ländern, dass Fortschritte
möglich sind und teilweise an Fahrt gewinnen. Die Hälfte der
in den letzten 30 Jahren erzielten Fortschritte wurde erst
innerhalb des letzten Jahrzehnts erreicht. In Kenia ist
beispielsweise die Verbreitung von weiblicher
Genitalverstümmelung von „mäßig“ auf „niedrig“
zurückgegangen; in Sierra Leone gibt es einen Rückgang von
„hoher“ auf „mäßig hohe“ Prävalenz.
Auch in Ägypten, wo vor 30 Jahren noch
nahezu jedes Mädchen einer Genitalverstümmelung unterzogen
wurde, beginnt die Praxis zurückzugehen.
Auch die Einstellungen der Menschen zur
Praxis ändern sich. Dem Bericht zufolge sind rund 400
Millionen in praktizierenden Ländern in Afrika und im Nahen
Osten – oder zwei Drittel der Bevölkerung – gegen FGM.
UNICEF fordert Staaten und Gemeinschaften auf, ihre
bisherigen Anstrengungen zu verdoppeln, um
Geschlechterdiskriminierung und -ungleichheit zu beenden und
dringend in Dienstleistungen für Mädchen zu investieren.
UNICEF setzt sich in Kooperation mit dem
Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) dafür ein,
weibliche Genitalverstümmelung zu beenden. Das 2008
gestartete
gemeinsame UNFPA-UNICEF-Programm arbeitet in 17 Ländern
daran, soziale Normen in betroffenen Gemeinden zu verändern
und gleichzeitig Regierungen bei der Umsetzung nationaler
Maßnahmen zu unterstützen. Das gemeinsame Programm wird auch
von der Bundesregierung unterstützt.
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Zwei Jahre Krieg in der Ukraine: Aufwachsen mit
Angst, Angriffen und Luftalarm |
© UNICEF/UNI448435/Hrom
Berlin/Duisburg,
23. Februar 2024 - Kinder in den ukrainischen Frontgebieten
haben seit Kriegsbeginn bis zu 5.000 Stunden – umgerechnet
etwa sieben Monate – in Schutzkellern verbracht. Das geht
aus einer Analyse des UN-Kinderhilfswerks UNICEF anlässlich
des zweiten Jahrestags des Kriegs hervor. UNICEF und das
Bundesentwicklungsministerium haben in den vergangenen zwei
Jahren ihr Engagement für die Kinder in der Ukraine deutlich
ausgeweitet und werden es weiter fortführen: von
psychosozialer Betreuung über Lernangebote bis hin zu
Wasser- und Gesundheitsversorgung.
Der Krieg in
der Ukraine hat schwere Auswirkungen auf das Leben und die
Psyche der Kinder und Jugendlichen. Immer wieder müssen sich
Kinder in Schutzkellern, Bunkern und U-Bahn-Stationen vor
Angriffen in Sicherheit bringen. In Gebieten nahe der Front
haben nach Berechnungen von UNICEF Kinder in den vergangenen
zwei Jahren zwischen 3.000 und 5.000 Stunden in Kellern
Schutz vor Angriffen gesucht, während oben Luftalarm
herrschte. Dies entspricht umgerechnet etwa vier bis sieben
Monaten.
Bundesentwicklungsministerin Svenja
Schulze: „Die ukrainischen Kinder leiden besonders unter dem
brutalen Angriff Russlands. Statt in der Schule müssen viel
zu viele Kinder ihre Tage im Luftschutzkeller verbringen.
Damit die Ukraine stark bleiben kann, braucht sie mehr als
nur Waffen. Auch die Unterstützung der Kinder und
Jugendlichen ist wichtig für die Widerstandskraft der
Ukraine. Das gilt auch für den kommenden Wiederaufbau des
Landes. Denn es ist diese Generation, die nach Schule und
Ausbildung die Ukraine wiederaufbauen wird, als freies,
europäisches Land. Die Ukrainerinnen und Ukrainer können
sich dabei auf Deutschlands Unterstützung verlassen, solange
es nötig ist.“
Seit dem 24. Februar 2022 wurden
mindestens 579 Mädchen und Jungen getötet. 1.284 Kinder
wurden verletzt. Mehr als 3,3 Millionen Kinder aus der
Ukraine sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Der Krieg hat
zudem zu schweren Beeinträchtigungen beim Lernen geführt.
Nach UNICEF-Berechnungen können die Hälfte aller Kinder in
der Ukraine nicht kontinuierlich am Präsenzunterricht
teilnehmen. „Die Kinder in der Ukraine sehnen sich nach
Sicherheit, dem Austausch mit Gleichaltrigen in der Schule
und einem friedlichen Aufwachsen. Doch mit jedem Tag dieses
zermürbenden Krieges wächst ihre Not. Dies schlägt sich auch
in ihrer seelischen Verfassung nieder“, sagte Christian
Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland.
„Es geht jetzt darum, die Angebote für Kinder in der
ganzen Ukraine zu stabilisieren und weiter auszubauen, damit
sie diese schwere Zeit überstehen können. Kinder und junge
Menschen sind diejenigen, die die Zukunft des Landes
gestalten werden und müssen. Sie brauchen langfristig
Perspektiven für ein Leben nach dem Krieg.“
Aufgrund der schweren Angriffe sind Millionen Menschen
zeitweise ohne Strom, Wasser und Gas. Besonders dramatisch
ist die Lage der Zivilbevölkerung in den umkämpften Gebieten
im Süden und Osten des Landes sowie für die rund 3,7
Millionen Menschen, die innerhalb des Landes vertrieben
wurden. Zahlreiche Familien müssen den Winter in
Notunterkünften oder beschädigten Gebäuden überstehen, ohne
ausreichenden Schutz vor der kalten Jahreszeit.
„In Charkiw und Cherson, in Saporischschja und Kramatorsk –
ganz gleich, wo wir im Einsatz sind, die Not der Kinder ist
überall spürbar“, sagte Mustapha Ben Messaoud, Leiter der
Nothilfeprogramme in der Ukraine. „Gleichzeitig zeigen sie
eine enorme Widerstandskraft, selbst in den schwierigsten
Situationen. Sie versuchen, mit aller Kraft an ihren Plänen
und Träumen für die Zukunft festzuhalten. Die UNICEF-Hilfe
ist für viele von ihnen ein Rettungsanker.“
Die
16-jährige Mariia aus Krywyj Rih in der schwer betroffenen
Region Dnipro engagiert sich im Rahmen eines
UNICEF-Programms für Gleichaltrige in ihrer Gemeinde. Sie
sagt: „Viele junge Menschen in unserem vom Krieg gebeutelten
Land benötigen mentale Unterstützung und Ermutigung. Ich
schöpfe Kraft und Inspiration daraus, mich zu engagieren und
etwas für junge Menschen zu bewirken.“
2023 hat
UNICEF beispielsweise dazu beigetragen, 1,3 Millionen Kinder
mit Lernangeboten und 2,5 Millionen Kinder und Betreuende
mit psychosozialer Hilfe zu erreichen. 5,5 Millionen
Menschen erhielten Zugang zu sauberem Wasser und rund fünf
Millionen Menschen zur Gesundheitsversorgung. Rund 60.000
Familien erhielten Bargeldhilfen. Das BMZ ist eine der
wichtigsten Stützen dieser Arbeit. UNICEF und das BMZ werden
die gemeinsame Arbeit in der Ukraine auch in den nächsten
Jahren fortsetzen. Bis 2026 wird UNICEF mit
BMZ-Unterstützung rund 3,3 Millionen Kinder und 1,8
Millionen Jugendliche in der Ukraine unterstützen.
Die Kooperation trägt dazu bei, Schulen, Kindergärten,
aber auch die Wasserversorgung und Sanitäreinrichtungen
wiederaufzubauen und Zugang zu Bildung in einem sicheren
Lernumfeld zu schaffen. Darüber hinaus werden Anlaufstellen
für Familien geschaffen, die Hilfe und Betreuung brauchen.
Das BMZ unterstützt auch die UNICEF-Programme UPSHIFT und
U-Report, die die aktive Teilhabe von Jugendlichen und
jungen Erwachsenen stärken.
Die
Ukraine-Wiederaufbaukonferenz, die Deutschland gemeinsam mit
der Ukraine im Juni in Berlin ausrichtet, wird auch einen
Fokus darauf legen, was Kinder, Jugendliche und ihre
Familien für ihre Zukunft in der Ukraine benötigen. Dabei
geht es um Schulen, Bildungschancen, Fachkräfteausbildung
und Wissenschaft.
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70 Jahre Weltkindertag - "Mit Kinderrechten in die
Zukunft" |
UNICEF Deutschland und das Deutsche Kinderhilfswerk
von Bund und Ländern fordern nachdrücklich die ebenfalls im
Koalitionsvertrag angekündigte Aufnahme der Kinderrechte ins
Grundgesetz.
© Deutsches Kinderhilfswerk – Paula G.
Vidal
Köln/Berlin/Duisburg, 14. Februar 2024 - Der
Weltkindertag am 20. September steht im Jahr 2024 unter dem
Motto „Mit Kinderrechten in die Zukunft“. UNICEF Deutschland
und das Deutsche Kinderhilfswerk fordern zum 70. Geburtstag
dieses Tages, dass die Politik ihre Prioritäten verstärkt
auf Kinder ausrichten muss. Denn jeder junge Mensch ist eine
große Chance für die Zukunft unserer Gesellschaft. Und es
ist das Recht jedes Kindes, sich gut zu entwickeln und sein
Leben gestalten zu können – ganz gleich, woher es kommt oder
welchen Aufenthaltsstatus es hat.
In Kinder zu
investieren, ist gerade jetzt notwendig, um die großen
Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen. Gleichzeitig
gilt es, die Kinder- und Menschenrechte als demokratische
Gesellschaft gegenüber jeglicher Form von Diskriminierung zu
verteidigen.
Im September 1954 empfahlen die Vereinten Nationen
ihren Mitgliedstaaten die Einführung eines weltweiten Tages
für Kinder. Sie wollten damit den Einsatz für Kinderrechte
stärken, die Freundschaft unter Kindern und Jugendlichen auf
der Welt fördern und die Regierungen auffordern, die
weltweite UNICEF-Arbeit zu unterstützen. Inzwischen wird der
Weltkindertag in über 145 Staaten am 20. September gefeiert;
seit 1989 sind die Kinderrechte mit einer UN-Konvention für
jedes Kind verbrieft.
„Wir brauchen
Vielfalt und die Zuversicht und Ideen der jungen Generation,
um unsere großen Zukunftsaufgaben als demokratische
Gesellschaft zu meistern. Deshalb ist es gerade in einer
Zeit großer Krisen und Herausforderungen so wichtig, sich
entschlossen für jedes Kind und seine Rechte einzusetzen”,
sagt Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF
Deutschland.
„Mit dem Motto des
Weltkindertags im Jahr 2024 möchten wir das besonders
unterstreichen.“ „Kinder sind eigenständige Persönlichkeiten
mit vielfältigen Fähigkeiten. Staat und Zivilgesellschaft
müssen mehr dafür tun, dass sie stark und gleichberechtigt
mit ihrer Kreativität und Kompetenz unsere Gesellschaft
mitgestalten können“, sagt Holger Hofmann,
Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes. „Die
Grundlage dafür ist die UN-Kinderrechtskonvention. Die muss
in Deutschland endlich vollständig umgesetzt werden.“
Rund um den Weltkindertag am 20. September
2024 werden bundesweit zahlreiche Initiativen mit
lokalen Demonstrationen, Festen und anderen Veranstaltungen
auf die Situation der Kinder, ihre Rechte und ihre Zukunft
aufmerksam machen. 70 Jahre, nachdem der Weltkindertag
eingeführt wurde, weisen UNICEF Deutschland und das Deutsche
Kinderhilfswerk mit dem Motto 2024 darauf hin, dass die
Interessen und Rechte der Kinder auch heute richtungweisend
für politische Entscheidungen der Gegenwart und Zukunft sein
müssen. Diskriminierung und Hass in jeglicher Form dürfen
keinen Platz in der Gesellschaft haben.
Die
Zusagen im 2021 geschlossenen Koalitionsvertrag für die
Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen müssen bis
zum Ende der Legislaturperiode umgesetzt werden – dazu
gehören beispielsweise die Verbesserung von Bildungs- und
Teilhabechancen für jedes Kind, unabhängig von Herkunft oder
Einkommen der Eltern und die Absicherung kindgerechter
Lebensbedingungen für geflüchtete Kinder. Zudem fordern
UNICEF Deutschland und das Deutsche Kinderhilfswerk von Bund
und Ländern nachdrücklich die ebenfalls im Koalitionsvertrag
angekündigte Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz.
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EU-Lieferkettengesetz: Große Chance für Kinderrechte
ist durch Enthaltung der Bundesregierung gefährdet |
Gemeinsamer
Aufruf von deutschen Kinderrechtsorganisationen vor der
Abstimmung in Brüssel am Freitag
©
UNICEF/UNI487754/Himu
Berlin/ Köln, 7. Februar 2024
- Deutsche Kinderrechtsorganisationen sind enttäuscht über
die Ankündigung der Bundesregierung, sich bei der Abstimmung
des EU-Lieferkettengesetzes am Freitag zu enthalten und
damit den über Monate hinweg verhandelten Kompromiss
eventuell scheitern zu lassen. In einem gemeinsamen Appell
fordern Kindernothilfe, Save the Children Deutschland,
SOS-Kinderdörfer weltweit, terre des hommes Deutschland,
UNICEF Deutschland und World Vision Deutschland die
Bundesregierung mit Nachdruck auf, dem EU-Gesetzvorhaben
zuzustimmen und so den Schutz von Kinderrechten in globalen
Lieferketten zu stärken.
„Wenn das
EU-Lieferkettengesetz nicht kommt, wäre das eine große
verpasste Chance für einen besseren Schutz der Kinderrechte
in globalen Lieferketten“, sagte Dr. Sebastian Sedlmayr,
Leiter der Politikabteilung bei UNICEF Deutschland. „Es gibt
viele gute Gründe für ein solches Gesetz: Kinder haben ein
Recht auf Schutz. Verbraucherinnen und Verbraucher wollen
darauf vertrauen können, dass für Produkte und
Dienstleistungen keine Kinder ausgebeutet, Menschenrechte
verletzt oder Umweltschäden in Kauf genommen werden. Auch
für Unternehmen sind Regelungen fairer, die europaweit
gelten. Das EU-Lieferkettengesetz wäre deshalb ein sehr
wichtiger Schritt.“
„Unsere intensive praktische
Zusammenarbeit mit Unternehmen in Risikolieferketten zeigt
tagtäglich, dass die kinderrechtlichen Anforderungen der
EU-Richtlinie für Unternehmen gut umsetzbar sind“, sagt
Eva-Maria Scholz, Abteilungsleitung
Unternehmenspartnerschaften & Stiftungen bei Save the
Children Deutschland. „Wir stehen ausdrücklich bereit,
Unternehmen in Deutschland bei der Umsetzung ihrer
kinderrechtlichen Sorgfaltspflichten aktiv zu unterstützen.“
Gemeinsamer Appell zum
EU-Lieferkettengesetz Das EU-Lieferkettengesetz
wäre ein Meilenstein für den Schutz der Kinderrechte in
globalen Lieferketten, da es Unternehmen in der gesamten EU
dazu verpflichten würde, die Menschen- und Kinderrechte im
Rahmen ihrer unternehmerischen Sorgfaltspflichten zu
achten. Wir als deutsche Kinderrechtsorganisationen wären
sehr enttäuscht, wenn die Bundesregierung sich der
Abstimmung für ein EU-Lieferkettengesetz enthielte und damit
das Scheitern einer EU-einheitlichen Gesetzgebung riskierte.
Deshalb rufen wir die Bundesregierung heute mit
Nachdruck dazu auf, das EU-Lieferkettengesetz im Rat der
Europäischen Union zu unterstützen. Das
EU-Lieferkettengesetz enthält wichtige Elemente
internationaler Standards und Abkommen, die über das
deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)
hinausgehen und schließt somit menschenrechtliche Lücken des
deutschen LkSGs. So sollen Kinder als spezifische
Personengruppe mit eigenen Rechten besser in
unternehmerischen Sorgfaltspflichten berücksichtigt werden.
Das EU-Lieferkettengesetz würde außerdem gleiche
Regeln für alle in der EU tätigen Unternehmen schaffen und
damit einer möglichen Benachteiligung deutscher Unternehmen
durch die nationale Gesetzgebung entgegenwirken. Bereits
während der EU-Ratspräsidentschaft in 2020 hatte sich die
Bundesregierung zu der Notwendigkeit eines
EU-Lieferkettengesetzes für den Schutz von Kinderrechten im
globalen Wirtschaftskontext bekannt. Die Bundesregierung hat
den abgestimmten Richtlinientext mitverhandelt und sollte
dem bereits ausgehandelten Kompromiss für ein
EU-Lieferkettengesetz entsprechend zuzustimmen.
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Ein Jahr nach den verheerenden
Erdbeben in der Türkei und in Syrien sind die Folgen für
Kinder weiter sehr präsent
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Anhaltende Krise in Syrien verschärft humanitäre Situation
der Kinder und Familien
© UNICEF/UN0793096/Ashawi
New
York/Amman/Genf/Köln/DUisburg, 6. Februar 2024 - Ein Jahr
nach den tödlichsten Erdbeben in der jüngeren Geschichte der
Türkei und Syriens sind die Auswirkungen der Katastrophe auf
Kinder noch sehr präsent. Für die Menschen in Syrien werden
die Auswirkungen der Erdbeben durch die anhaltende
humanitäre Krise noch verstärkt.
Bei den ersten
beiden verheerenden Erdbeben am 6. Februar 2023, auf die
zahlreichen Nachbeben folgten, wurden Tausende von Kindern
getötet und verletzt. Familien wurden obdachlos und hatten
keinen Zugang zur Grundversorgung wie sauberem Wasser,
medizinischer Versorgung und Bildungsangeboten. Gleichzeitig
waren Kinder vielfachen Risiken im Hinblick auf ihren Schutz
ausgesetzt.
Dank weitreichender humanitärer
Hilfe konnten viele Menschen unterstützt werden. Doch in
Syrien sind weiterhin rund 7,5 Millionen Kinder auf
humanitäre Hilfe angewiesen. In der Türkei benötigen 3,2
Millionen Kinder lebenswichtige Unterstützung. „Die
Erdbeben, die die Türkei und Syrien vor einem Jahr
erschütterten, haben das Leben von Millionen Kindern von
einer Minute auf die andere auf den Kopf gestellt. Tausende
von Menschen kamen ums Leben. Häuser, Schulen und
Gesundheitszentren wurden zerstört. Dadurch haben viele
Kinder ihr Gefühl von Sicherheit verloren“, sagte
UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell.
„Die Unterstützung der Regierungen und humanitären
Bemühungen hat dazu beigetragen, dass Familien ihr Leben
langsam wieder aufbauen und Kindern geholfen wurde, ihre
Erlebnisse zu verarbeiten. Aber viel zu viele Familien,
insbesondere im Norden Syriens, sind weiterhin von einer
humanitären Krise betroffen, deren Ende nicht absehbar ist.“
In Syrien befinden sich Kinder nach rund 13 Jahren Gewalt,
Zerstörung und anhaltender humanitärer Krisen in einer der
weltweit komplexesten Notsituationen.
Rund 7,5
Millionen Kinder benötigen aufgrund der sich zuspitzenden
Wirtschaftskrise, anhaltender lokaler Konflikte,
Massenvertreibungen und einer schwachen öffentlichen
Infrastruktur humanitäre Hilfe – vielerorts steht die
Grundversorgung vor dem Zusammenbruch. Die Wasser- und
Abwassersysteme sowie die öffentliche Gesundheitsversorgung
sind nach Jahren geringer Investitionen stark überlastet,
wodurch Krankheitsausbrüche drohen. Die anhaltende Dürre und
Wasserkrise sowie die unsichere Ernährungslage verschärfen
die Situation weiter, was wiederum dazu führt, dass immer
mehr Kinder unter Mangelernährung leiden und ihr Leben
verlieren. Rund 90 Prozent der Familien in Syrien leben in
Armut; mehr als 50 Prozent sind von Ernährungsunsicherheit
betroffen.
Die anhaltende Wirtschaftskrise führt
zudem dazu, dass insbesondere Frauen oft keine andere Wahl
haben, als auf negative Bewältigungsmechanismen
zurückzugreifen, während geschlechtsspezifische Gewalt und
die Ausbeutung von Kindern weiter zunehmen. In der Türkei
haben die Erdbeben die Bildung von mehr als vier Millionen
Kindern unterbrochen. Im vergangenen Jahr hat UNICEF dazu
beigetragen, rund eine Million der Kinder mit formalen und
informellen Bildungsangeboten zu erreichen. Obwohl große
Anstrengungen unternommen wurden, um den Zugang zu Bildung
zu verbessern, gehen viele Kinder in den betroffenen
Gebieten in der Türkei weiterhin nicht zur Schule.
Gemeinsam mit seinen Partnern hat UNICEF rund 4,7
Millionen Menschen mit Hilfsprogrammen erreicht, darunter
2,4 Millionen Kinder. Mehr als 1,5 Millionen Kinder und
Betreuende wurden mit psychischer und psychosozialer
Unterstützung und mehr als drei Millionen mit sauberem
Wasser erreicht. Für die Hilfe für von den Erdbeben
betroffenen Kindern in der Türkei benötigt UNICEF 2024 116
Millionen US-Dollar. Für die Hilfe für Kinder in Syrien
benötigt UNICEF in diesem Jahr 401,7 Millionen US-Dollar.
„Die Situation der betroffenen Kinder in der
Türkei verbessert sich weiter, auch wenn es noch viel zu tun
gibt", sagte Russell. „In Syrien verschlechtert sich die
humanitäre Lage für Kinder und Familien. Ohne weitere
humanitäre Anstrengungen und finanzielle Mittel zur
Wiederherstellung der Grundversorgung wie beispielsweise in
den Bereichen Bildung und Wasser- und Abwassersysteme werden
die Kinder in Syrien in einem Teufelskreis aus Not und
Krisen gefangen bleiben."
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Schätzungsweise 17.000 Kinder im Gazastreifen sind
unbegleitet oder von ihren Eltern getrennt
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Genf/ Köln/Duisburg, 2. Februar 2024
- „UNICEF schätzt, dass mindestens 17.000 Kinder im
Gazastreifen unbegleitet oder von ihren Familien getrennt
sind – jede dieser Trennungen bedeutet eine herzzerreißende
Geschichte von Verlust und Trauer. Die Zahl entspricht einem
Prozent der 1,7 Millionen Menschen, die innerhalb des
Gazastreifens vertrieben sind. Es handelt sich hierbei um
eine Schätzung, da es unter den derzeitigen Sicherheits- und
humanitären Bedingungen nahezu unmöglich ist, Informationen
zusammenzutragen und zu überprüfen.
In dieser
Woche bin ich aus Gaza zurückgekehrt. Ich bin vielen Kindern
begegnet – jedes von ihnen hat seine eigene erschütternden
Geschichte. Von den zwölf Kindern, die ich getroffen habe,
hatte mehr als die Hälfte ein Familienmitglied in diesem
Krieg verloren. Drei Kinder hatten einen Elternteil
verloren, zwei sowohl ihre Mutter als auch ihren Vater.
Hinter jeder dieser Zahlen steht ein Kind, das mit dieser
schrecklichen neuen Realität konfrontiert ist.
Die elfjährige Razan war mit ihrer Familie im Haus ihres
Onkels, als dieses in den ersten Wochen des Krieges
bombardiert wurde. Sie verlor fast alle ihre Angehörigen.
Ihre Mutter, ihr Vater, ihr Bruder und ihre beiden
Schwestern wurden getötet. Razans Bein musste amputiert
werden. Nach der Operation infizierte sich ihre Wunde. Razan
wird jetzt von ihrer Tante und ihrem Onkel versorgt, die
nach Rafah geflohen sind. In einem Zentrum, in dem
unbegleitete Kinder betreut werden, habe ich zwei Kinder im
Alter von sechs und vier Jahren kennengelernt. Sie sind
Cousins und ihre Familien wurden Anfang Dezember getötet.
Vor allem das vierjährige Mädchen steht noch unter Schock.
Ich habe diese Kinder in Rafah getroffen. Wir
befürchten, dass die Situation von Kindern, die ihre Eltern
verloren haben, im Norden und im Zentrum des Gazastreifens
noch dramatischer ist. In Konfliktsituationen kümmert sich
häufig die erweiterte Familie um verwaiste Kinder. Doch
viele Familien sind angesichts fehlender Nahrungsmittel,
Wasser und Unterkünfte verzweifelt. Es ist eine große
Herausforderung, sich um ein weiteres Kind zu kümmern,
während sie selbst mit aller Kraft versuchen, ihre Kinder
und Familien zu versorgen.
In dieser Situation
ist es wichtig, dass die vorübergehende Versorgung und
Unterstützung der Kinder sichergestellt wird. Wo immer
möglich, sollten Kinder mit ihren Familien in Kontakt
bleiben und Angehörige identifiziert werden, damit sie
wieder mit ihnen zusammengeführt werden können, sobald die
Situation sich stabilisiert. Razan steht wie die meisten
Kinder, die so Traumatisches erlebt haben, unter Schock.
Jedes Mal, wenn sie sich an die Ereignisse erinnert, bricht
sie in Tränen aus und ist kraftlos. Razans Situation ist
auch deshalb besonders belastend, weil sie sich nur
eingeschränkt bewegen kann und keine spezialisierten
Unterstützungs- und Rehabilitationsdienste zur Verfügung
stehen.
Die mentale Gesundheit der Kinder ist
stark beeinträchtigt. Sie zeigen Symptome wie extrem starke
anhaltende Angstzustände oder Appetitverlust. Sie können
nicht schlafen, brausen emotional auf oder geraten jedes Mal
in Panik, wenn sie Bomben hören.
UNICEF schätzt,
dass bereits vor diesem Krieg mehr als 500.000 Kinder im
Gazastreifen psychologische und psychosoziale Hilfe
benötigten. Wir gehen davon aus, dass mittlerweile alle
Kinder – eine Million insgesamt – Bedarf haben.
Gemeinsam mit seinen Partnern hat UNICEF mehr als 40.000
Kindern und 10.000 Betreuungspersonen mit psychologischer
und psychosozialer Hilfe erreicht. Ich habe an den Angeboten
teilgenommen und es war eine Erleichterung zu sehen, wie die
Kinder spielen, malen, tanzen, singen und lächeln.
Psychosoziale Angebote helfen ihnen, mit der schrecklichen
Situation umzugehen. Aber natürlich reichen diese bei weitem
nicht aus. Die einzige Möglichkeit, psychische und
psychosoziale Unterstützung in großem Umfang zu leisten, ist
ein Waffenstillstand.
Im Jahr 2022 hat der
sogenannte Kinderschutz-”Cluster” 100.000 Kinder mit
relevanten Programmen erreicht. Auch jetzt könnten wir diese
Hilfe ausweiten. Aber unter den derzeitigen Sicherheits- und
humanitären Bedingungen ist dies nicht möglich. Noch eine
Anmerkung: Die Kinder haben nichts mit diesem Konflikt zu
tun. Dennoch leiden sie, wie kein Kind jemals leiden sollte.
Kein einziges Kind sollte je solcher Gewalt ausgesetzt sein,
wie wir sie am 7. Oktober und seither gesehen haben."
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