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Jugend in DU

Am 11. Dezember 1946 in New York: Kinderhilfswerk Unicef wird ins Leben gerufen! Am 24. Juli 1957 wurde in Duisburg aus Dankbarkeit und der Einsicht, dass auch in vielen anderen Teilen der Welt Kinder in großer Not leben, die Arbeitsgruppe Duisburg ins Leben gerufen. Redaktion Harald Jeschke
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UNICEF: Durchschnittlich 16 Kinder pro Woche in der Ukraine getötet oder verletzt

1.000 Tage Krieg in der Ukraine - Familien leiden unter harten Bedingungen vor drittem Winter - UNICEF ruft vor dem beginnenden Kriegswinter dringend zu Spenden auf: www.unicef.de/ukraine

Sofia in der Region Charkiw mit einem Winterhilfe-Paket von UNICEF (Archivbild November 2023). Den Kindern in der Ukraine steht ein weiterer schwerer Kriegswinter bevor. © UNICEF/UNI497964/Filippov

New York/Kiew/Köln/Duisburg, 18. November 2024 - Seit August 2024 mussten rund 170.000 Menschen ihre Häuser im Osten des Landes verlassen, viele wurden aus Gebieten evakuiert, in denen heftige Kämpfe stattfanden. Insgesamt sind fast 3,6 Millionen Menschen innerhalb der Ukraine vertrieben. Über 6,75 Millionen haben außerhalb des Landes Zuflucht gesucht. In Europa sind neun von zehn geflüchteten Menschen aus der Ukraine Frauen und Kinder.

In den Frontgebieten brauchen fast drei Millionen Menschen dringend Wärme, sauberes Wasser und medizinische Versorgung. Schulen und Krankenhäuser sind immer wieder Ziel von Angriffen. In den letzten tausend Tagen wurden nach Angaben der Vereinten Nationen mindestens 1.496 Bildungseinrichtungen und 662 Gesundheitseinrichtungen in der Ukraine beschädigt oder zerstört. Rund 1,7 Millionen Kinder haben keinen Zugang zu sauberem Wasser, und 3,4 Millionen haben keinen Zugang zu zentralisierten Sanitäreinrichtungen, was ihr Krankheitsrisiko erhöht.

„Schulen, Krankenhäuser und zivile Infrastruktur sind nicht nur Gebäude; sie sind Lebensadern und Symbole der Hoffnung für die Erholung und Widerstandsfähigkeit der Kinder“, sagte Russell. „Die Kinder der Ukraine müssen vor dem anhaltenden Horror dieses Krieges geschützt werden. Die Welt kann nicht schweigen, während sie leiden.“

UNICEF fordert weiterhin, das humanitäre Völkerrecht durch den Schutz von Kindern und der für ihr Überleben entscheidenden Infrastruktur aufrechtzuerhalten. Die sofortige Beendigung des Einsatzes explosiver Waffen in besiedelten Gebieten und aller schweren Übergriffe gegen Kinder muss oberste Priorität haben.

Trotz der großen Herausforderungen bleiben UNICEF und seine Partner vor Ort im Einsatz und helfen Kindern und Familien unter anderem durch psychosoziale Unterstützung, Bildung und grundlegende Dienstleistungen wie Wasser- und Sanitärversorgung. Der Nothilfe-Aufruf für Kinder in der Ukraine und für aus der Ukraine geflüchtete Kinder in den Nachbarländern in 2024 ist noch um 30 Prozent unterfinanziert.


35 Jahre UN-Kinderrechtskonvention

Bundesweite Aktionen zum Tag der Kinderrechte am 20.11. im Zeichen der Demokratie

© UNICEF/UNI595628/Stroisch

Köln/Duisburg, 14. November 2024 - Am 20. November ist Internationaler Tag der Kinderrechte – der Tag, an dem vor 35 Jahren die UN-Kinderrechtskonvention verabschiedet wurde. Aus diesem Anlass hat UNICEF in Deutschland und weltweit zahlreiche Aktionen geplant. Am 20.11. erstrahlen markante Gebäude in Blau – der Farbe der Kinderrechte. Außerdem engagieren sich über eine Viertelmillion Schüler*innen im Zuge der bundesweiten Mitmach-Aktion „Du gehörst dazu!“.


Auch die diesjährige Kinderrechte-Kampagne mit prominenten UNICEF-Unterstützer*innen geht rund um den 20.11. in die zweite Runde. Die persönlichen Statements der Stars werden erneut deutschlandweit auf Ströer-Infoscreens zu sehen sein. Zudem werden engagierte Jugendliche von UNICEF zur Diskussion ins Schloss Bellevue eingeladen.

Von Sydney bis Paris: Am Abend des 20. November werden im Rahmen der internationalen Beleuchtungsaktion von UNICEF etliche Wahrzeichen und Gebäude blau erstrahlen, um mehr Aufmerksamkeit für die Rechte, Bedürfnisse und Wünsche der jungen Generation herzustellen. Auch in Deutschland werden bekannte Bauwerke am Abend des 20.11. Farbe für Kinderrechte bekennen – u.a. der Kulturpalast Dresden oder die Bundeskunsthalle in Bonn.

Neben blau beleuchteten Wahrzeichen und Gebäuden wird es am 20. November in zahlreichen Städten, Gemeinden und an Schulen verschiedene Events und kreative Aktionen geben, um über die Kinderrechte zu informieren und sie öffentlichkeitswirksam in Szene zu setzen.

UNICEF-Aktionen in Deutschland im Zeichen der Demokratie

Zum 35. Geburtstag der UN-Kinderrechtskonvention steht bei allen nationalen Aktionen das Motto „Kinderrechte leben. Demokratie stärken.“ im Fokus. Denn die konsequente Verwirklichung der Kinderrechte ist nicht nur von entscheidender Bedeutung für das Wohlergehen der Kinder und Jugendlichen, sondern auch ein wertvoller Beitrag zur Stärkung unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft.

„Kinder in Deutschland stärken, sie an Entscheidungen beteiligen, ihre Teilhabe sichern und sie vor Diskriminierung schützen – das ist vielleicht der wichtigste Hebel, um unsere Demokratie zu stützen und Fremdenfeindlichkeit, Ausgrenzung und Zweifel an der demokratischen Grundordnung etwas entgegenzusetzen. Denn Demokratie braucht Nachwuchs“, sagt Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland.

Jugendliche zum Gespräch im Schloss Bellevue
Anlässlich des 20.11. werden engagierte Jugendliche des UNICEF-JuniorBeirats zur Diskussion ins Schloss Bellevue eingeladen. Die Jugendlichen werden die Gelegenheit nutzen, Themen, die sie und ihre Generation vor dem Hintergrund nationaler und globaler Umbrüche besonders bewegen, an die Chefin des Bundespräsidialamtes zu richten.

„Kinderrechte dürfen nicht nur auf dem Papier stehen. Sie müssen im Alltag umgesetzt werden. Das ist nicht nur für die Zukunft meiner Generation entscheidend, sondern auch für das Funktionieren unserer demokratischen Gesellschaft. Demokratie ist so wichtig und sie braucht engagierte, selbstbewusste junge Menschen, die einen Unterschied machen“, sagt Clara (17), Mitglied des UNICEF-JuniorBeirats.

„Kinder und Jugendliche haben das Recht, gehört zu werden und an Entscheidungen teilzuhaben, die ihre Zukunft betreffen. Es beeindruckt mich immer wieder, wie engagiert und klar sie ihre Anliegen vertreten – ob es um gerechte Bildungschancen, den Schutz unseres Klimas oder die Sicherheit vor Extremismus und Rassismus geht. Diese Mitsprache ist kein Privileg, sondern ein Kernprinzip der Kinderrechte, das wir ernst nehmen und unterstützen müssen“, betont Elke Büdenbender, Schirmherrin von UNICEF Deutschland.

Prominente unterstützen bundesweite Kampagne

In der zweiten Runde der diesjährigen Kinderrechte-Kampagne rund um den 20.11. rufen prominente UNICEF-Unterstützer*innen dazu auf, die Kinderrechte in Deutschland konsequenter als bislang umzusetzen und so auch einen Beitrag zur Stärkung der Demokratie zu leisten. In ganz Deutschland werden erneut Statements der Prominenten auf Ströer-Infoscreens an Straßen, auf Bahnhöfen, in U-Bahnen und Einkaufzentren zu sehen sein.

Neben Entertainer Riccardo Simonetti, ESA-Astronaut Alexander Gerst, Model Franziska Knuppe, Fußball-Weltmeister Julian Draxler und Zehnkämpfer Leo Neugebauer ist Schauspielerin und Autorin Katja Riemann Teil der bundesweiten Kampagne „Kinderrechte leben. Demokratie stärken.“ von UNICEF Deutschland und dem Unternehmen für Außenwerbung und digitale Kommunikation Ströer.



Im Rahmen der bundesweiten Mitmachaktion 2024 machen sich über eine Viertelmillion Schülerinnen und Schüler in ganz Deutschland mit UNICEF für ihre Rechte stark. Gemeinsam setzen sie dabei ein Zeichen für Vielfalt und einen starken Zusammenhalt in ihrer Stadt und füllen die Message "Du gehörst dazu" an ihrer Schule mit Leben. Auch UNICEF-Engagierte werden in allen Teilen des Landes aktiv, führen Ortsgespräche mit Entscheider*innen aus Politik und Wirtschaft und machen auf die Kinderrechte aufmerksam.

Neuer globaler Report zur Situation der Kinder in der Welt

Am 20.11. veröffentlicht UNICEF den neuen “Bericht zur Situation der Kinder in der Welt”. Der diesjährige Report beleuchtet die Zukunft der Kindheit im Jahr 2050 und setzt sich mit drei globalen Megatrends auseinander – dem demografischen Wandel, dem Klimawandel und disruptiven Technologien.

Zusammen mit dem Wittgenstein Centre for Demography and Global Human Capital hat UNICEF drei Szenarien für Kindheit in 2050 entwickelt: Wie entwickeln sich Lebenserwartung und Gesundheit, Armut, Bildung, Klima, Urbanisierung und Konflikte, wenn wir a) weitermachen wie bisher, b) die positive Entwicklung beschleunigen oder c) die Entwicklung langsamer voranschreitet.



Udo Lindenberg schenkt UNICEF eine internationale Version seines Song-Klassikers
„Wozu sind Kriege da?“

Veröffentlichung am 1. November 2024

© UNICEF/UNI668694/Tine Acke

Köln/Duisburg, 29. Oktober 2024 - Ukraine, Naher Osten, Sudan – Kinder zahlen in Kriegen und Konflikten den höchsten Preis. Tausende Mädchen und Jungen werden verletzt oder getötet, viele weitere leiden Not oder sind traumatisiert. UNICEF-Botschafter Udo Lindenberg gibt diesen Kindern zusammen mit UNICEF eine Stimme: „What is War for“ singen Halle, Henri und Katharina alias “Voices for UNICEF” in dem Song-Klassiker „Wozu sind Kriege da?“.


Die internationale Neuaufnahme seines bekannten Songs, die am 1. November 2024 veröffentlicht wird, schenkt Udo Lindenberg dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, das in diesem Winter insbesondere dazu aufruft, Kinder im Krieg zu unterstützen. Seine TV-Premiere feiert der Song am 9. November 2024 in „Die Giovanni Zarrella Show“ um 20:15 Uhr im ZDF. Das Anti-Krieg Lied schrieb Lindenberg 1981.


Es stellt der Grausamkeit der Erwachsenen die unverfälschte Sicht der Kinder entgegen. Die universelle Frage der Kinder nach dem warum von Krieg können die Erwachsenen nicht beantworten. Die Neueinspielung ist ein emotionaler Aufruf, das Leid der Kinder in aktuellen Kriegen und Konflikten nicht länger zu ignorieren und sie besser zu schützen.


„Wie laut müssen Kinder eigentlich schreien, bis sie gehört werden? Kein Kind will Krieg! Wir dürfen uns an den Horror nicht gewöhnen und so kam die Idee auf, das Lied „What is War for“ mit Halle, Henri und Katharina neu einzusingen, für die Welt, in Englisch“, sagt Udo Lindenberg. „Kinder sind niemals Feinde. Und sie dürfen auch niemals so behandelt werden. Danke, Udo Lindenberg, danke Halle, Henri und Katharina, dass ihr mit uns an der Seite der Kinder steht und zu mehr Schutz und Hilfe für Kinder im Krieg aufruft. Das ist heute wichtiger denn je“, sagte Christian Schneider, Geschäftsführer UNICEF Deutschland.


Kinder können nichts für die Kriege der Erwachsenen. Sie haben keine Wahl und keinen Einfluss auf politische Entscheidungen, die ihre Welt erschüttern. Und obwohl sie ein Recht auf Überleben und Schutz, auf Bildung und ein gutes, gesundes Aufwachsen haben, werden diese Rechte viel zu oft verletzt. Im Jahr 2023 verzeichneten die Vereinten Nationen so viele schwere Kinderrechtsverletzungen in Kriegs- und Konfliktregionen wie nie zuvor.


Udo Lindenberg – jahrelanges Engagement als UNICEF-Botschafter Seit 2001 setzt sich Udo Lindenberg aktiv für UNICEF ein. Während besonderer Krisensituationen machte der Panikrocker dabei immer wieder auf die Situation in Not geratener Kinder aufmerksam und unterstützte dadurch die weltweite UNICEF-Arbeit. Seit 2011 gestaltet der Ausnahme-Künstler jedes Jahr eine UNICEF-Weihnachtsgrußkarte.


Die „Udo-Karten“ zählen zu den Top-Sellern im Sortiment. Sie sind Teil des langjährigen Engagements des UNICEF-Botschafters für ein friedvolles Miteinander und seiner Solidarität mit den Opfern von Armut, Konflikten und Gewalt. Für sein außerordentliches und authentisches Engagement für die Verwirklichung des Rechts eines jeden Kindes auf ein Leben in Frieden und Würde zeichnete UNICEF Deutschland den Künstler 2020 mit dem „Ehrenpreis Kinderrechte“ aus.


Weltmädchentag: Jedes achte Mädchen hat Vergewaltigung oder sexuellen Übergriff erlebt

Erste globale Schätzungen von UNICEF zu sexualisierter Gewalt gegen Kinder Über 370 Millionen Mädchen und Frauen weltweit – oder eine von acht – wurden laut einer neuen UNICEF-Analyse vor ihrem 18. Lebensjahr vergewaltigt oder haben einen sexuellen Übergriff erlebt. Wenn „berührungslose“ Formen sexualisierter Gewalt wie Online- oder verbale Gewalt einbezogen werden, steigt die Zahl der betroffenen Mädchen und Frauen weltweit auf 650 Millionen – oder eine von fünf.

Taina (15, Name geändert) wurde in Haiti Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt.
In fragilen Settings ist die Gefahr für Mädchen durch sexualisierte Gewalt besonders hoch. © UNICEF/UNI425896/Joseph

New York/Köln/Duisburg, 10. Oktober 2024 - Die vor dem morgigen Weltmädchentag (11.10.) veröffentlichten ersten globalen und regionalen Schätzungen zeigen das Ausmaß von sexualisierter Gewalt gegen Kinder weltweit, insbesondere bei Mädchen im Teenager-Alter. Sie unterstreichen die dringende Notwendigkeit umfassender Präventions- und Unterstützungsstrategien, um alle Formen von Gewalt und Missbrauch wirksam zu bekämpfen.


„Sexualisierte Gewalt gegen Kinder ist ein Schandfleck auf unserem moralischen Gewissen“, sagte Catherine Russell, Exekutivdirektorin von UNICEF. „Sie verursacht tiefe und anhaltende Traumata, oft durch jemanden, den das Kind kennt und dem es vertraut, an Orten, an denen es sich sicher fühlen sollte.“ Sexualisierte Gewalt gegen Kinder ist weit verbreitet über alle geografischen, kulturellen und wirtschaftlichen Grenzen hinweg, wie die Daten zeigen.


Die meisten Überlebenden gibt es in Afrika südlich der Sahara, wo 79 Millionen Mädchen und Frauen (22 Prozent) betroffen sind, gefolgt von 75 Millionen in Ost- und Südostasien (8 Prozent), 73 Millionen in Zentral- und Südasien (9 Prozent), 68 Millionen in Europa und Nordamerika (14 Prozent), 45 Millionen in Lateinamerika und der Karibik (18 Prozent), 29 Millionen in Nordafrika und Westasien (15 Prozent) und 6 Millionen in Ozeanien (34 Prozent).


„Kinder in fragilen Settings sind besonders in Gefahr durch sexualisierte Gewalt“, sagte Russell. „Wir erleben schreckliche sexualisierte Gewalt in Konfliktgebieten, wo Vergewaltigung und geschlechtsspezifische Gewalt oft als Kriegswaffen eingesetzt werden.“


In fragilen Regionen und Kontexten ist jedes vierte Mädchen von Vergewaltigungen oder sexuellen Übergriffen betroffen. Den Daten zufolge ereignet sich die meiste sexualisierte Gewalt an Minderjährigen während der Adoleszenz, mit einem deutlichen Anstieg zwischen 14 und 17 Jahren. Überlebende tragen das Trauma sexualisierter Gewalt oft auch im Erwachsenenalter mit sich. Sie haben ein erhöhtes Risiko für sexuell übertragbare Krankheiten, Drogenmissbrauch, soziale Isolation und psychische Probleme wie Angstzustände und Depressionen sowie Schwierigkeiten beim Aufbau gesunder Beziehungen.


Es gibt Belege dafür, dass die Auswirkungen noch verstärkt werden, wenn Kinder über ihre Erfahrungen erst viel später sprechen oder den Missbrauch ganz geheim halten. Sexualisierte Gewalt betrifft auch Jungen Obwohl mehr Mädchen und Frauen betroffen sind und ihre Erfahrungen besser dokumentiert sind, sind auch Jungen und Männer betroffen. Schätzungsweise 240 bis 310 Millionen Jungen und Männer – oder etwa jeder Elfte – haben in ihrer Kindheit Vergewaltigung oder sexuelle Übergriffe erlebt.


Diese Zahl steigt auf schätzungsweise 410 bis 530 Millionen, wenn kontaktlose Formen der sexualisierten Gewalt miteinbezogen werden. Allerdings gibt es Datenlücken, insbesondere zu den Erfahrungen von Jungen sowie zu den nicht-körperlichen Formen sexualisierter Gewalt. Daher sind mehr Investitionen in die Datenerfassung notwendig, um das volle Ausmaß sexualisierter Gewalt gegen Kinder zu erfassen. Kommenden Monat findet in Kolumbien die erste globale Ministerkonferenz zu Gewalt gegen Kinder statt.


UNICEF empfiehlt folgende Maßnahmen, um Kinder besser vor sexualisierter Gewalt zu schützen:
• Soziale und kulturelle Normen, die sexualisierte Gewalt ermöglichen und Kinder davon abhalten, Hilfe zu suchen, müssen hinterfragt und geändert werden.
• Jedes Kindes braucht Zugang zu altersgerechten Informationen, die es befähigen, sexualisierte Gewalt zu erkennen und zu melden.  
• Alle minderjährigen Opfer und Überlebende brauchen Zugang zu Diensten, die Gerechtigkeit und den Heilungsprozess fördern und das Risiko einer weiteren Gefährdung verringern.
• Gesetze und Vorschriften zum Schutz von Kindern vor allen Formen sexualisierter Gewalt müssen gestärkt und besser umgesetzt werden.
• Bessere nationale Datensysteme müssen eingeführt werden, um den Fortschritt zu überprüfen.


„Mit Kinderrechten in die Zukunft“  70 Jahre Weltkindertag

UNICEF und Deutsches Kinderhilfswerk präsentieren mit Kindern und Jugendlichen vor dem Deutschen Bundestag großes Kinderrechte-Puzzle

Paula G. Vidal

Berlin/Köln, den 19. September 2024 - Zum 70. Weltkindertag am 20. September rufen das Deutsche Kinderhilfswerk und UNICEF Deutschland Politik und Gesellschaft dazu auf, die in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschriebenen Kinderrechte in Deutschland endlich vollständig umzusetzen. Dafür müssen die notwendigen Strukturen geschaffen werden und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen im Fokus stehen. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisationen sind die Umsetzung der Kinderrechte und vor allem das Recht auf Partizipation für das Wohlergehen der jungen Menschen und für die Stärkung und den Erhalt der Demokratie sehr wichtig.


UNICEF Deutschland und das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW) präsentierten aus diesem Anlass heute zusammen mit Bundesfamilienministerin Lisa Paus sowie Kindern und Jugendlichen vor dem Bundestag in Berlin ein rund acht Quadratmeter großes Kinderrechte-Puzzle. Die Puzzleteile hatten Kinder und Jugendliche sowie verschiedenste Unterstützerinnen und Unterstützer der Kinderrechtsorganisationen in den letzten Monaten gestaltet, um ihre Sorgen und Wünsche kreativ auszudrücken.


Mitglieder des Kinder- und Jugendbeirats des Deutschen Kinderhilfswerkes und des UNICEF-JuniorBeirats teilten in Berlin ihre Gedanken und Forderungen, zum Beispiel zum Recht auf Mitbestimmung junger Menschen und ihrem Wunsch nach einem friedvollen und gesunden Aufwachsen. Sie sprachen sich auch für die Aufnahme der Kinderrechte im Grundgesetz aus.  Das Kernstück des Puzzles hatte eine Schulklasse der Löcknitz-Grundschule aus Berlin in einem Workshop zum Thema Kinderrechte erarbeitet.


Gemeinsam mit UNICEF-Pate Tobias Krell (bekannt als Checker Tobi) und DKHW-Botschafterin Enie van de Meiklokjes diskutierten die Kinder über Mitbestimmung im Alltag und setzten ihre Wünsche, Sorgen und Gedanken gemeinsam mit den Prominenten kreativ um. Hinter den kreativen und meinungsstarken Botschaften auf den Puzzleteilen stehen die Anliegen und Ideen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zahlreicher (Kinderrechte-)Schulen, Kindertagesstätten, Kinder- und Jugendhäuser, Familienzentren, Bibliotheken, Kinderfreundlicher Kommunen sowie Einrichtungen für Geflüchtete aus ganz Deutschland.


Neben Bundesfamilienministerin Lisa Paus unterstützen viele weitere Vertreterinnen und Vertreter der Politik sowie prominente Unterstützerinnen und Unterstützer die Aktion – darunter Model Eva Padberg, Musiker Sebastian Krumbiegel, Moderator Willi Weitzel, die ehemalige Tennisspielerin Ana Ivanović und Moderator Ingo Dubinski. Sie unterstützen damit das Recht junger Menschen auf Mitbestimmung, damit sie ihre Meinungen ausdrücken können und durch die Teilhabe an Entscheidungen Einfluss auf ihre Zukunft und ihre Umgebung nehmen können. Viele der an der Aktion Beteiligten wünschen sich zudem ein gutes und gesundes Aufwachsen in Frieden. 


Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Die Interessen unserer Kinder brauchen mehr Aufmerksamkeit. Wann immer es um Kinder geht, muss ihr Wohl im Mittelpunkt stehen. Das war nicht immer der Fall. Kinderrechte sind das Fundament einer gerechten Gesellschaft und ein Versprechen an die nächste Generation. Mir ist es wichtig, dass Kinder als Menschen mit eigener Stimme wahrgenommen werden. Wir sind als Gesellschaft und als Bundesregierung verpflichtet, alles zu tun, was ein gutes und sicheres Aufwachsen für Kinder und Jugendliche ermöglicht. Deswegen setze ich mich weiter dafür ein, Kinderrechte endlich ins Grundgesetz aufzunehmen!“


„Kinder und Jugendliche haben das Recht auf eine Zukunft voller Chancen und Möglichkeiten, dafür müssen wir ihnen heute ein gutes Aufwachsen ermöglichen“, sagte Daniela Schadt, Vorstandsmitglied von UNICEF Deutschland und ehemalige First Lady Deutschlands. „Kinder sind Expertinnen und Experten in eigener Sache. Ihre Meinungen sind wichtig für die gesellschaftliche und politische Entwicklung in Deutschland und somit auch für die Stärkung unserer Demokratie. Kinder und Jugendliche, die heute ihre Rechte ausüben und ihre Ideen einbringen, sind die Demokratinnen und Demokraten von morgen.“


„Wir müssen den Kinderrechten in Deutschland mehr Geltung verschaffen. Dafür brauchen wir die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz, entschiedene Maßnahmen gegen die Kinderarmut in unserem Land, und auch einen verstärkten Ausbau der Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen. Das alles muss einhergehen mit einem finanziellen Aufwuchs bei den Zukunftsinvestitionen, beispielsweise für eine chancengerechte Bildung, für mehr Umwelt- und Klimaschutz, für eine bessere öffentliche Infrastruktur, und auch für einen Schub bei der Digitalisierung mit Blick auf zukünftige Generationen. Wir dürfen es nicht länger hinnehmen, dass die Zukunftschancen der jungen Generation weiter verkümmern“, betonte Anja Siegesmund, Vorstandsmitglied des Deutschen Kinderhilfswerkes. 


„Kinder finden – auch in Deutschland – immer noch viel zu selten wirklich Gehör. Nicht nur deshalb sind die Kinderrechte so wichtig und gehören endlich ins Grundgesetz. Auch unsere Demokratie braucht die Kinderrechte, gerade jetzt. Ich freue mich sehr, Kinder und Jugendliche dabei zu unterstützen, genau diese Botschaft am Weltkindertag auf kreative Weise in die Welt zu tragen”, sagte UNICEF-Pate Tobias Krell. 


„Wir müssen endlich Kinder als gleichberechtigte Mitglieder unserer Gesellschaft sehen und anerkennen. Deshalb ist es eine Herzensangelegenheit von mir, mich für ihre Rechte einzusetzen und sie stark zu machen, immer und überall“, so Enie van de Meiklokjes, Botschafterin des Deutschen Kinderhilfswerkes. 


Bundesweite Aktionen zum 70. Geburtstag des Weltkindertages 
Zum Weltkindertag werden – in diesem Jahr unter dem Motto „Mit Kinderrechten in die Zukunft” – wieder bundesweit Demonstrationen, Feste und andere Veranstaltungen mit bunten Straßenaktionen für Kinder und Familien stattfinden. Zahlreiche Vereine und Initiativen in vielen Städten und Gemeinden machen so auf die Lage von Kindern und Jugendlichen aufmerksam. 


UNICEF Deutschland lädt Kinder jeden Alters und ihre Familien bundesweit dazu ein, an kreativen Mitmach-Aktionen teilzunehmen. Sie können selbst gestaltete Teile zu einem Kinderrechte-Puzzle beitragen oder mit bunten Kreidebildern auf Straßen, Bürgersteigen und in Garageneinfahrten ihre Sorgen, Wünsche und Ideen für eine bessere Zukunft für Kinder zum Ausdruck bringen. 


Um den Forderungen der Kinder Nachdruck zu verleihen, können Eltern, Nachbar*innen und Passant*innen Fotos der Kreativaktion unter dem Hashtag #wiestarkwäredasdenn in den Sozialen Medien posten. Ausgewählte Beiträge der Kinder werden auf
www.unicef.de/weltkindertag veröffentlicht. Dort gibt es auch weitere Informationen. 


Das Deutsche Kinderhilfswerk feiert den Weltkindertag am 20. September digital mit einem großen „Kinderrechte-Spezial“ für Kinder in ganz Deutschland. Seit Anfang September dreht sich auf www.kindersache.de/weltkindertag den ganzen Monat alles um die Themen Kinderrechte, Zukunft, Teilhabe und Bildung für nachhaltige Entwicklung. Dabei können die Kinder auf kindersache.de in vielen interessanten Artikeln mehr über ihre Rechte erfahren und zudem selbst aktiv und kreativ werden.


Der Fokus liegt dabei auf partizipativen Angeboten, die sich an der Lebenswelt von Kindern orientieren, um Kinderrechte nicht nur abstrakt zu erklären, sondern erlebbar zu machen.  So wird zum 70. Weltkindertag auf kindersache.de die Videoreihe „Kinder fragen - Expert*innen antworten“ fortgesetzt, die nominierten Projekte des Deutschen Kinder- und Jugendpreises werden vorgestellt, es gibt eine Video-Anleitung zum nachhaltigen Kochen und zum Schreiben eines eigenen Zukunftsliedes oder auch ein Legetrickfilm, der das Konzept Bildung für nachhaltige Entwicklung erklärt.

Zudem können sich Kinder an verschiedenen Rätseln, Quizzen und Challenges ausprobieren oder sich mit der kindersache-Community über ihre Wünsche, Hoffnungen und Sorgen in der Zukunft austauschen. 


Kinderrechte leben. Demokratie stärken - Prominente setzen sich für Umsetzung der Kinderrechte ein

Köln/Duisburg, 12. September 2024 - In einer bundesweiten Kampagne rufen prominente UNICEF-Unterstützer*innen dazu auf, die Kinderrechte in Deutschland konsequenter als bislang umzusetzen und so auch einen Beitrag zur Stärkung der Demokratie zu leisten.  „Kinderrechte gehen uns alle an!“, sagt UNICEF-Botschafterin Katja Riemann. „Sie sind mehr als nur ein nettes Zugeständnis, das wir Erwachsenen unseren Kindern und Jugendlichen machen, sie sind die Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft.“

© UNICEF / Max Menning


Die Schauspielerin und Autorin ist neben Entertainer Riccardo Simonetti, ESA-Astronaut Alexander Gerst, Model Franziska Knuppe, Fußball-Weltmeister Julian Draxler und Zehnkämpfer Leo Neugebauer Teil der bundesweiten Kampagne „Kinderrechte leben. Demokratie stärken.“ von UNICEF Deutschland und dem Unternehmen für Außenwerbung und digitale Kommunikation Ströer. Rund um den Weltkindertag am 20.9. sowie dem Internationalen Tag der Kinderrechte am 20.11. werden Statements der Prominenten jeweils auf Ströer-Infoscreens an Straßen, auf Bahnhöfen, in U-Bahnen und Einkaufzentren in ganz Deutschland zu sehen sein. Der Kampagnenstart liegt mit dem 14. September bewusst direkt vor dem Weltkindertag, der 2024 in Deutschland bereits zum 70. Mal gefeiert wird. 


„Kinder von heute sind die Erwachsenen von morgen. Wir müssen uns alle unserer Verantwortung für eine bessere Zukunft bewusst werden. Das geht nur, indem wir die Kinderrechte leben und vermitteln, dass Vielfalt, Toleranz und Respekt etwas Wunderschönes sind! Kinder, die das vorgelebt bekommen, lernen respektvoll miteinander umzugehen“, sagt Riccardo Simonetti zu seiner Beteiligung an der Kampagne. 


Die persönlichen Statements der Prominenten verdeutlichen, wie positiv sich die Umsetzung der Kinderrechte auf die gesamte Gesellschaft auswirkt. Für den Zehnkämpfer und olympischen Silbermedaillen-Gewinner Leo Neugebauer ist es die erste Aktion als neu ernannter UNICEF-Pate. „Wir müssen alles dafür tun, um Kindern ein gesundes und sicheres Aufwachsen zu ermöglichen. Jedes Kind sollte die Chance haben, sein volles Potenzial ausschöpfen zu können.“     


Für UNICEF Deutschland ist die Initiative ein wichtiges Signal, das Wohl der Kinder und die Umsetzung der Kinderrechte für jedes Kind unabhängig von Geschlecht, Religion, ethnischer oder sozialer Herkunft stärker in den Mittelpunkt der Gesellschaft zu rücken. Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland: „Kinder in Deutschland stärken, sie an Entscheidungen beteiligen, ihre Teilhabe sichern und sie vor Diskriminierung schützen – das ist vielleicht der wichtigste Hebel, um unsere Demokratie zu stützen und Fremdenfeindlichkeit, Ausgrenzung und Zweifel an der demokratischen Grundordnung etwas entgegenzusetzen. Denn Demokratie braucht Nachwuchs.“


„Nur gemeinsam und generationenübergreifend wird es uns gelingen, unsere großen Zukunftsaufgaben zu meistern und unsere demokratischen Werte zu schützen. Deshalb unterstützen wir sehr gern dabei, die Kinderrechte sichtbar zu machen und die Erwachsenen in die Pflicht zu nehmen, diese auch umzusetzen“, betont auch Alexander Stotz, CEO Ströer Media Deutschland GmbH. 


Die UN-Kinderrechtskonvention gilt in Deutschland seit 1992. Trotzdem werden die Rechte von Kindern und Jugendlichen bei vielen wichtigen Entscheidungen von Politik, Verwaltung und Rechtsprechung noch immer zu wenig berücksichtigt. Um dies zu ändern, fordern UNICEF und andere Kinderrechtsorganisationen seit Jahren beispielsweise die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz.  Hintergrund: Im Jahr 2021 haben UNICEF Deutschland und Ströer nach einem bereits mehrjährigen Zusammenwirken eine strategische Kooperation vereinbart.


Ziel ist es, die Öffentlichkeit sowie andere Partner und Akteure über die Kinderrechte zu informieren und zur Unterstützung für die UNICEF-Programme beispielsweise in der Ukraine oder Afghanistan zu motivieren. Die gemeinsame Kinderrechte-Kampagne von UNICEF-Deutschland und Ströer startete im Jahr 2022 und gab zunächst Kindern und im Folgejahr Jugendlichen selbst das Wort. 2024 stehen prominente UNICEF-Unterstützer*innen und ihr Einsatz für Kinderrechte und Demokratie im Fokus.


UNICEF: Investitionen für Kinder bringen Milliarden-Überschuss für Deutschland

Neues Gutachten des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt, dass sich Programme wie „Startchancen” auszahlen

© UNICEF/UNI604421/Etges


Berlin/ Köln, den 29. August 2024 UNICEF Deutschland ruft Bund, Länder und Kommunen dazu auf, bei ihren Investitionen die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen zu priorisieren. Ein heute in Berlin vorgestelltes Gutachten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag von UNICEF Deutschland zeigt, dass gezielte Investitionen insbesondere für benachteiligte Kinder sowohl gesellschaftlich als auch ökonomisch sinnvoll sind und positive Effekte in Milliardenhöhe für die öffentlichen Haushalte bringen.


“Investitionen für Kinder zahlen sich in jeder Hinsicht aus - für die Kinder selbst, aber auch für die Zukunft unserer Gesellschaft“, sagte Georg Graf Waldersee, Vorsitzender von UNICEF Deutschland. “Den am meisten benachteiligten Kindern und Jugendlichen kommt eine Schlüsselrolle zu: Bei ihnen gibt es die größten Lücken, was die Verwirklichung ihres Rechts auf gutes Aufwachsen angeht. In ihnen schlummert außerdem das größte noch ungenutzte Potential.”


„Kinder werden in einigen Jahrzehnten als Erwachsene die Wirtschaft tragen, die Gesellschaft prägen und den Wohlstand sichern. Deutschland steht dabei vor großen demografischen Herausforderungen. Allerdings wird dies im politischen Diskurs häufig noch zu wenig gesehen und bei Haushaltsentscheidungen berücksichtigt“, sagte Prof. Dr. Axel Plünnecke, Studienleiter des IW-Gutachtens. 


Das Gutachten nennt die drei Wirkungsfelder Bildung, Gesundheit und Sozialisation, in denen Deutschland jeweils im Vergleich der OECD-Länder nur im Mittelfeld liegt. Schon heute investiert Deutschland in diese Bereiche. Aber die IW-Autoren kommen zu dem Schluss, dass andere Länder wie Kanada und Dänemark deutlich erfolgreicher sind und bei einer effizienteren Investitionspolitik für Kinder als Vorbild dienen können. Der Förderung der besonders benachteiligten Kinder kommt hierbei eine große Bedeutung zu. 


Modellrechnung zum Startchancenprogramm
Das IW-Gutachten beleuchtet das Startchancen-Programm als ein Beispiel für den bewussten strategischen Einsatz von Mitteln für benachteiligte Kinder. Das Programm von Bund und Ländern fördert in den kommenden zehn Jahren gezielt Schulen, die aufgrund der Zusammensetzung der Schülerschaft einen Mehreinsatz von Ressourcen benötigen, damit jedes Kind die Chance auf einen erfolgreichen Bildungsweg erhält. 


Nach der Modellrechnung des IW stehen den vorgesehenen staatlichen Ausgaben von 20 Milliarden Euro langfristig positive Effekte zwischen 56 und 113 Milliarden für die öffentlichen Haushalte gegenüber – zum Beispiel durch zusätzliche Steuereinnahmen und niedrigere Transferleistungen, wenn die Jugendlichen einen höheren Schulabschluss erreichen.

Das Programm würde selbst dann langfristig einen Nettoüberschuss von mehr als 36 Milliarden Euro einspielen, wenn es seine Ziele nur zur Hälfte erreichen sollte. Würde man das Startchancenprogramm ausbauen, wie es das Gutachten empfiehlt, und mit rund 80 Milliarden Euro rund 40 Prozent aller Kinder erreichen, rechnet das IW mit einem Nutzen von 150 bis 365 Milliarden Euro. 


„Da ich auf eine Grundschule in einem sozialen Brennpunkt gegangen bin, weiß ich, wie schwer es manche Kinder haben und dass die Chancen für Kinder in Deutschland alles andere als fair verteilt sind“, sagte die 17-jährige Karlina Li, die sich bei UNICEF engagiert. „Eine Investition in ein Kind endet nicht mit dem Kind, sondern ist eine Investition in die Zukunft.“


Mit der UN-Kinderrechtskonvention ist Deutschland dazu verpflichtet, allen Kindern die bestmöglichen Bedingungen für ihr Aufwachsen zu bieten. Zahlen aus der UNICEF-Datenbank „Kind sein in Deutschland“ und dem UNICEF-Bericht “Zur Lage der Kinder in Deutschland” belegen, dass es in vielen Bereichen noch große Lücken gibt. So verlassen beispielsweise jedes Jahr rund 47.000 junge Menschen die Schule ohne einen Schulabschluss. 


Empfehlungen von UNICEF Deutschland 
Vor dem Hintergrund knapper Mittel muss die öffentliche Hand ihre Investitionen gezielt zur Unterstützung und Förderung benachteiligter Kinder einsetzen.  
•  Bund und Länder sollten dafür sorgen, dass ausreichend Daten und Informationen erhoben werden, um das Gesamtportfolio der wichtigsten Investitionen in Kinder ermitteln und auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen zu können. 
 
Bund, Länder und Kommunen müssen in zentralen Feldern der Kinderpolitik besser zusammenarbeiten.

Der Nationale Aktionsplan
Neue Chancen für Kinder in Deutschland bietet beispielsweise einen guten Rahmen zur Verbesserung der Teilhabe marginalisierter Gruppen von Kindern. Weitere für Kinder relevante Felder wie das Bildungswesen oder der Kinderschutz könnten in ähnlicher Form gemeinsam und an den Kinderrechten orientiert modernisiert werden. 

Kinder ohne oder mit wenig Deutschkenntnissen benötigen frühe Förderung und unmittelbaren Zugang zu Kitas und Schulen. Dies gilt auch für geflüchtete Kinder. 

Die in der UN-Kinderrechtskonvention verankerten Rechte sollten im Grundgesetz ausdrücklich erwähnt werden, um den Schutz, die Förderung und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland wirksam und dauerhaft abzusichern.




Immer heißer: Millionen Kinder erleben jedes Jahr doppelt so viele Hitzetage wie noch ihre Großeltern

Laut UNICEF-Analyse nehmen Tage mit extremer Hitze über 35 Grad in vielen Ländern schnell zu – mit großen Gesundheitsgefahren für Kinder und Schwangere

Ein Mädchen im Südsudan kühlt ihren Kopf an einer Wasserstelle. Im Südsudan und vielen anderen Ländern hat die Zahl der extrem heißen Tage stark zugenommen. ©UNICEF/UN0836989/Naftalin

New York/ Köln/Duisburg, 15. August 2024 - Laut einer neuen UNICEF-Analyse lebt jedes fünfte Kind – oder 466 Millionen – in Gegenden, in denen es jedes Jahr mindestens doppelt so viele extrem heiße Tage gibt wie noch vor sechs Jahrzehnten.  UNICEF hat die 1960er Jahre mit dem Durchschnitt der Jahre 2020 bis 2024 verglichen und warnt eindringlich vor der Geschwindigkeit und dem Ausmaß, mit dem extrem heiße Tage – definiert als Tage mit Temperaturen über 35 Grad Celsius – zunehmen und das Leben und die Gesundheit von Kindern weltweit gefährden. 


„Die heißesten Sommertage scheinen jetzt normal zu sein“, sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell. „Die extreme Hitze nimmt zu und beeinträchtigt die Gesundheit, das Wohlbefinden und den Alltag der Kinder.“

Weltweit sind Kinder in afrikanischen Ländern den meisten extrem heißen Tagen ausgesetzt, und dort hat die Zahl der heißen Tage auch am stärksten zugenommen. 123 Millionen Kinder in West- und Zentralafrika – oder 39 Prozent der Kinder in der Region – erleben heute durchschnittlich mehr als ein Drittel des Jahres (mindestens 95 Tage) Temperaturen über 35 Grad Celsius.


In einigen Ländern verbringen Kinder durchschnittlich sogar mehr als das halbe Jahr bei diesen extrem heißen Temperaturen: In Mali sind es bis zu 212 Tage, in Niger 202 Tage, in Senegal 198 Tage und im Sudan 195 Tage.  In Lateinamerika und der Karibik leben fast 48 Millionen Kinder in Gebieten, in denen es doppelt so viele extrem heiße Tage gibt wie zur Zeit ihrer Großeltern. In Paraguay ist zum Beispiel die Zahl der extrem heißen Tage verglichen mit den 1960er Jahren von 36 auf 71 Tage gestiegen.


Hitzestress im Körper, der durch extreme Hitze verursacht wird, stellt eine einzigartige Bedrohung für die Gesundheit und das Wohlbefinden von Kindern und schwangeren Frauen dar, insbesondere wenn keine Möglichkeiten zur Abkühlung verfügbar sind. „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Ihre Körper sind extremer Hitze gegenüber viel anfälliger. Junge Körper heizen sich schneller auf und kühlen langsamer ab. Extreme Hitze ist für Babys aufgrund ihrer schnelleren Herzfrequenz besonders gefährlich, daher sind steigende Temperaturen für Kinder noch besorgniserregender“, sagte Russell.


Hitzestress wird mit Schwangerschaftskomplikationen, Früh- und Totgeburten in Verbindung gebracht. Kinder sind durch Hitze unmittelbar gefährdet, weil sie zum Beispiel ein höheres Risiko für Hitzschlag oder Sonnenstich haben. Darüber hinaus trägt Hitze zu Mangelernährung bei und macht Kinder anfälliger für Infektionskrankheiten, die sich bei hohen Temperaturen verbreiten, darunter Malaria und Dengue-Fieber.


Es gibt Belege dafür, dass sich Hitze auch auf die neurologische Entwicklung, die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden auswirkt. Darüber hinaus führt Hitze zu Schulschließungen, schlechter Schlafqualität und Konzentrationsschwierigkeiten und hat damit auch Auswirkungen auf die Bildung von Kindern und Jugendlichen. 

UNICEF fordert ambitionierten Klimaschutz In den kommenden Monaten müssen alle Mitgliedsstaaten des Pariser Abkommens neue nationale Klimapläne vorlegen – die Nationally Defined Contributions (NDC 3.0).


Diese Pläne werden den Kurs des Klimaschutzes für ein Jahrzehnt festlegen. UNICEF ruft Staats- und Regierungschefs, Regierungen und den privaten Sektor dazu auf, diese Gelegenheit zu nutzen. Ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen sind dringend notwendig, um das Recht jedes Kindes auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt zu wahren. 


„Die Regierungen müssen handeln, um die steigenden Temperaturen unter Kontrolle zu bringen – und es gibt jetzt eine einzigartige Gelegenheit, dies zu tun. Während die Regierungen derzeit ihre nationalen Klimaaktionspläne entwerfen, können sie dies mit dem Ehrgeiz und dem Wissen tun, dass die Kinder von heute und zukünftige Generationen in der Welt leben müssen, die sie hinterlassen“, sagte Russell.

Weitere Informationen
Der aktuelle UNICEF-Report „A threat to progress: Confronting the effects of climate change on child health and wellbeing“ zeigt umfassend, welche Gesundheitsgefahren für Kinder durch den Klimawandel verursacht beziehungsweise verschärft werden.


Eine Hungersnot – und keiner schaut hin? 
UNICEF Deutschland ruft dringend zu Spenden für die Kinder im Sudan auf.

Statement von Christian Schneider, Geschäftsführer UNICEF Deutschland, zur Lage der Kinder im Sudan 

Kinder und ihre Familien fiehen vor der Gewalt in Al-Fashir, Nord-Darfur. © UNICEF/UNI602892/Jamal

Köln(Duisburg, 08. August 2024 -„Stellen Sie sich vor, es gibt eine Hungersnot – und keiner schaut hin.  Das ist leider kein ausgedachtes Szenario. Es geschieht gerade jetzt, in diesen Tagen.
Festgestellt wurde diese Hungersnot in Nord-Darfur, Sudan, in einem Flüchtlingslager nahe der Stadt Al-Fashir. Das Zamzam-Camp, dessen Namen die meisten von uns nie zuvor gehört haben, beherbergt inzwischen vermutlich mehr als 400.000 schutzsuchende Menschen, die der seit 15 Monaten andauernden Gewalt im Sudan so gerade entkommen sind.   


In anderen Orten ist die Lage ähnlich dramatisch. Wir schätzen, dass bis Ende des Jahres 730.000 Kinder an schwerer Mangelernährung leiden werden. Sie sind damit in akuter Lebensgefahr. Hier bei uns würde ein Kind in diesem Zustand sofort intensive medizinische Betreuung erhalten. Kinder im Sudan sterben heute und morgen an Hunger und Krankheiten. Ihre Eltern können nur zusehen, viele Mütter und Schwangere sind selbst sehr geschwächt.  


Das Leid der Kinder und ihrer Familien ist so groß, dass die Hungersnot im Sudan auf jeder Nachrichtenseite und in jeder Sendung einen prominenten Platz haben sollte. Zumal es eine seltene und zugleich extrem harte Nachricht ist: Das Eintreten einer Hungersnot wurde jetzt weltweit zum ersten Mal seit sieben Jahren (nach 2017 im Südsudan) und insgesamt erst das dritte Mal in zwei Jahrzehnten offiziell festgestellt. Doch leider findet die Verzweiflung der Menschen im Schatten anderer Krisen und Themen kaum Aufmerksamkeit.  

Ganz ehrlich: Auch wir haben gemeinsam mit weiteren Hilfsorganisationen im Versuch, das Schlimmste zu verhindern, über Monate vor einer drohenden Hungersnot gewarnt. Vielleicht ist die Dringlichkeit, die sich aus der nun tatsächlich herrschenden Hungersnot ergibt, nicht deutlich geworden.   Dabei ist es die höchste Stufe der Eskalation.   


Laut
Definition sind die Kriterien einer Hungersnot erst dann erreicht, wenn ein großer Teil der Menschen zu wenig zu essen hat, mindestens 30 Prozent der Kinder unter fünf Jahren an akuter Mangelernährung leiden und mindestens zwei von 10.000 Menschen aufgrund von Mangel an Nahrungsmitteln oder einer Kombination von Hunger und Krankheiten sterben, und zwar täglich. 

Was ist jetzt besonders dringend?
Zum einen müssen die Konfliktparteien endlich überall bessere und sichere Zugänge für uns Hilfsorganisationen gewährleisten, damit wir die Menschen erreichen können. Und zweitens braucht es: Geld. Nur wenn rasch und ausreichend Beiträge von Regierungen und private Spenden mobilisiert werden, können die Organisationen Lebensmittel, Zusatznahrung für ausgezehrte Kinder, Medikamente und mehr nach Darfur und in andere Regionen bringen. Wenn das nicht geschieht, könnte sich die Hungersnot auf große Landesteile ausweiten. Für viele Kinder im Camp Zamzam kann es schon morgen zu spät sein. Hungersnöte können wir nur bekämpfen, wenn wir hinschauen.“ 

UNICEF Deutschland ruft dringend zu Spenden für die Kinder im Sudan auf. Weitere Informationen und Spendenmöglichkeit
hier.  




Konflikte, wirtschaftliche Krisen und Klimaschocks: Umfassende Investitionen aus Deutschland stärken Resilienz in Sahelzone

UNICEF, WFP und GIZ starten neue Programmphase, um Perspektiven in Zeiten multipler Krisen zu schaffen

Ein Junge lernt in einer Schule in Mauretanien.© UNICEF/UNI545074/Kounta

Berlin, 15. Juli 2024 - Mit dem heutigen Beginn der Generalversammlung der Sahel-Allianz unter der Präsidentschaft von Entwicklungsministerin Svenja Schulze tritt auch die Kooperation des UN-Welternährungsprogramms (WFP), des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH in fünf Ländern der Region in eine neue Phase. 


Die Maßnahmen der sogenannten Sahel Resilience Partnership (SRP) setzen bei Dorfgemeinschaften in Burkina Faso, Tschad, Mali, Mauretanien sowie Niger an. Sie tragen dazu bei, Menschen in einer Region zu stärken, die von Klimaextremen, Konflikten und Armut geprägt ist. In einem ersten Schritt will das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) 130 Millionen Euro bereitstellen, damit UNICEF, WFP und GIZ ihre gemeinsame Arbeit erweitern und verstärken. So wappnen sich in der Sahelzone Millionen Menschen besser gegen multiple Krisen.


Bis 2027 sollen unter anderem rund acht Millionen Menschen in 6.000 Dorfgemeinschaften erreicht und 450.000 Hektar Ödland wieder urbar gemacht werden. Entwicklungsministerin Svenja Schulze: „Diese Partnerschaft geht die tieferen Ursachen der Krise in der Sahel-Region an: Indem Dörfer sich wieder selber mit Lebensmitteln versorgen können, Kinder wieder in die Schule gehen und dort Mahlzeiten bekommen und junge Menschen wieder Aussicht auf Jobs und Einkommen haben. Die Erfahrung zeigt, dass diese Unterstützung wirkt und viele Dörfer auch in Krisenzeiten nicht mehr auf fremde Hilfe angewiesen sind.“


Die SRP leistet nicht nur einen Beitrag gegen Hunger- und Klimakrise, sondern schafft Lebensgrundlagen und Perspektiven für viele junge Menschen, stärkt sie als Akteure des Wandels und trägt so zu Stabilität in europäischer Nachbarschaft bei. Künftig investieren die drei Partner mehr in lokale Ernährungssysteme. Zudem soll der Zugang zu sozialen Diensten wie Gesundheitszentren und Schulen verbessert werden. Die neuen Elemente zur Stärkung von friedlichem und inklusivem Zusammenleben, die auch der Konfliktprävention dienen, sind entscheidend in der fragilen Region.  


„Um die Krisenfestigkeit der Menschen zu stärken, brauchen wir übergreifende Lösungen, die Ökosysteme wiederherstellen, Lebensgrundlagen aufbauen und ein soziales Sicherheitsnetz knüpfen“, sagte Margot van der Velden, geschäftsführende WFP-Regionaldirektorin für Westafrika. „Dank der Zuwendungen und der politischen Führungsrolle Deutschlands können wir unsere erfolgreichen Programme jetzt ausweiten. Wir sind entschlossen, die Zusammenarbeit mit Regierungen und Partnern zu verstärken, um nachhaltige Lösungen zur Bekämpfung des Hungers zu schaffen, die regionale Stabilität zu unterstützen und schließlich die Spirale der Krisen zu durchbrechen.“


In der Region verschärfen die drastischen Folgen des Klimawandels bestehende Konflikte um Ressourcen wie Wasser, Nahrung und Land. In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Zahl der Hungernden in der Sahelzone auf 11,6 Millionen Menschen fast verdreifacht. Besonders Kinder sind davon betroffen. Aktuelle Zahlen sprechen von 17 Millionen Fällen von Mangelernährung bei Kindern unter fünf Jahren.


Die gemeinsamen, großangelegten Programme leisten hier einen wichtigen Beitrag gegen Hunger und für den Klimaschutz, indem durch einfache und lokale landwirtschaftliche Methoden unfruchtbare Böden großflächig wieder nutzbar gemacht werden – seit 2018 insgesamt eine Fläche von über 400.000 Fußballfeldern. Und sie tragen dazu bei, dass drei Millionen junge Menschen und Frauen Zugang zu Bildung haben, einen Arzt aufsuchen und sich besser ernähren können. Auch dies wappnet sie für zukünftige Krisen.  „Dank der langjährigen Unterstützung schaffen wir Zukunftsperspektiven für junge Menschen in ihren Gemeinden”, sagte Gilles Fagninou, UNICEF-Regionaldirektor für West- und Zentralafrika.


„Unser gemeinsames Ziel ist es, Menschen und soziale Strukturen so zu fördern, dass sie unweigerlich auftretende Schocks und Krisen aus eigener Kraft bewältigen können. Unsere Arbeit verbessert insbesondere die für Kinder so wichtigen Grundleistungen wie gesunde Ernährung, Bildung, sauberes Wasser, soziale Sicherung und Gesundheit.“


Seit 2018 haben WFP und UNICEF, ab 2020 gemeinsam mit der GIZ, und gefördert durch das BMZ, mehr als vier Millionen Menschen in über 3.000 Dörfern in der Region erreicht. Diese Bemühungen haben dazu beigetragen, den Bedarf an teurer humanitärer Hilfe im Laufe der Zeit erheblich zu verringern. Studien und Evaluierungen haben auch gezeigt, dass die Resilienzmaßnahmen den sozialen Zusammenhalt gestärkt haben und Spannungen um knappe natürliche Ressourcen verringert wurden – eine der Hauptursachen für Konflikte in der Sahelzone.


„Wir legen den Fokus auf Entwicklung, sozialen Zusammenhalt und friedliche Konfliktlösung“, sagt Petra Warnecke, Bereichsleiterin Afrika der GIZ. „Die GIZ stärkt Gemeinden darin, mögliche Konflikte frühzeitig zu erkennen und im Dialog beizulegen, bevor sie sich zu gewaltsamen Krisen auswachsen. Zudem lernen Bäuerinnen und Bauern in unseren Schulungen, wie sie ihre Landwirtschaft an die veränderten Klimabedingungen anpassen. Gemeinsam wollen wir die Bevölkerung besser gegen multiple Krisen wappnen.“

Weitere Kennzahlen und bisherige Erfolge der gemeinsamen Programme:
 1 Million Menschen aus den lokalen Dorfgemeinschaften haben an Maßnahmen in den Bereichen Bodenschutz, Wassergewinnung, Gartenbau, Kompostierung und Infrastruktur, wie z.B. Straßenbau, mitgewirkt.

 Im Niger benötigten 80% der an den Maßnahmen teilnehmenden Dorfgemeinschaften während der mageren Zeit zwischen den Ernten keine humanitäre Hilfe mehr. 

  290.000 Hektar Land wurden wiederhergestellt, 2.230 Hektar Garten angelegt, 560 Brunnen und 1.740 Teiche geschaffen oder saniert, um die Nahrungsmittelproduktion anzukurbeln und das Einkommen zu verbessern.

 Mehr als 32.500 junge Menschen engagierten sich in von Jugendlichen geleiteten Initiativen für sozialen Zusammenhalt und Frieden. Mehr als 2 Millionen Kinder und Frauen wurden durch Maßnahmen zur Vorbeugung von Mangelernährung erreicht; mehr als 1,2 Millionen Kinder unter fünf Jahren wurden gegen Mangelernährung behandelt.

 900.000 Schulkinder erhielten nahrhafte Mahlzeiten in mehr als 2.900 Schulen; Schulbesuche von Mädchen im Teenageralter wurden durch Lebensmittelrationen zum Mitnehmen, Stipendien oder Schulpakete gefördert.

 210.000 Jungen und Mädchen besuchen sichere Schulen und über 193.000 Jungen und Mädchen wurden beim Fernunterricht unterstützt, wenn Schulen geschlossen waren oder sie vertrieben wurden.

  386.000 Mitglieder der Gemeinschaften erhielten nachhaltigen Zugang zu sauberem Wasser und engagierten sich in gemeinschaftlichen Hygienemaßnahmen. 



Geschäftsbericht UNICEF Deutschland 2023

Hohe Spendenbereitschaft in einem besonders düsteren Jahr für Kinder

© UNICEF/UN0779513/Suleiman


Köln/Berlin, 14. Juni 2024 - Nach enormer Solidarität für die vom Ukraine-Krieg betroffenen Kinder im Vorjahr war das Spendenergebnis 2023 das zweithöchste seit der Gründung des Deutschen Komitees für UNICEF im Jahr 1953.  „2023 war für viele Kinder ein besonders düsteres Jahr. Allein 460 Millionen Mädchen und Jungen wachsen derzeit in Konfliktgebieten auf oder mussten aus diesen fliehen”, sagte Georg Graf Waldersee, Vorsitzender von UNICEF Deutschland.


„Es ist in diesen Zeiten zahlreicher, sich überlagernder Krisen und extremer Kinderrechtsverletzungen eine gute Nachricht, dass UNICEF Deutschland erneut auf die Unterstützung so vieler Bundesbürgerinnen und Bundesbürger zählen konnte. So konnten UNICEF-Teams Millionen Kindern in großer Not, wie in der Ukraine, im Sudan und im Gazastreifen, mit konkreter Hilfe beistehen.“ 


Mit Gesamteinnahmen von 186,4 Millionen Euro bleibt UNICEF Deutschland eines der drei stärksten Nationalen Komitees für UNICEF, die die weltweite Arbeit des UN-Kinderhilfswerks unterstützen. Der Geschäftsbericht 2023 wurde heute anlässlich der Mitgliederversammlung in Berlin veröffentlicht. Rund 563.000 Spenderinnen und Spender in Deutschland entschieden sich 2023 dafür, sich für das Wohl und den Schutz von Kindern zu engagieren.

Mittlerweile mehr als 310.000 Patenschaften von Privatpersonen und Unternehmen bedeuten eine verlässliche finanzielle Förderung. Im vergangenen Jahr stellte UNICEF Deutschland rund 143,6 Millionen Euro für die weltweite Arbeit der Organisation bereit. 

Die Spenden ermöglichten es dem UN-Kinderhilfswerk, in mehr als 400 Einsätzen weltweit umfassende Nothilfe zu leisten sowie nachhaltige Programme in vielen Ländern zu initiieren oder fortzusetzen – zum Beispiel in den Bereichen Ernährung und Gesundheit, Bildung und Kinderschutz.

Darüber hinaus setzte sich UNICEF Deutschland auch im eigenen Land für die Kinderrechte ein, im Dialog mit Bundesregierung und Parlament, mit Initiativen wie dem Programm Kinderrechteschulen, das die Kinderrechte in die Grundschulen trägt, sowie Forschung zur Situation der Kinder.


Große Nothilfe-Einsätze und nachhaltige Entwicklungsarbeit
Fast 30 Millionen Euro kamen im vergangenen Jahr für die von den schweren Erdbeben betroffenen Kinder und Familien in Syrien und der Türkei zusammen. In den beiden Ländern unterstützte UNICEF insgesamt 5,6 Millionen Kinder mit Hilfsgütern und -angeboten wie sauberem Trinkwasser, sanitären Einrichtungen und medizinischen Leistungen wie Untersuchungen auf Mangelernährung und Impfungen gegen Cholera und Polio. Beschädigte Schulen wurden instandgesetzt und mit Lernmaterialien ausgestattet. 


Mehr als zwölf Millionen Euro erhielt UNICEF Deutschland für die inmitten des Krieges aufwachsenden Kinder und Jugendlichen in der Ukraine. Im Vorjahr hatte die überwältigende Spendenbereitschaft nach dem Kriegsausbruch zu Einnahmen von mehr als 103 Millionen Euro für den Hilfseinsatz in der Ukraine und den Nachbarländern geführt.

Die Situation der Kinder und Familien bleibt insbesondere in den Frontgebieten lebensbedrohlich. UNICEF leistet dort weiter intensiv humanitäre Hilfe, versorgt Kinder und Familien mit sauberem Trinkwasser, Winterkleidung, Medikamenten und Hygieneartikeln. UNICEF liefert auch Stromgeneratoren an Krankenhäuser, Schulen und Kindergärten und unterstützt bei der Fortbildung von Lehr- und psychosozialen Fachkräften.

Der Klimawandel und mit ihm einhergehende Wetterextreme und Naturkatastrophen verschärfen die Lage der Kinder inzwischen spürbar in vielen Ländern. „Schon heute lebt jedes zweite Kind weltweit in einer Region, die durch die Folgen der Klimakrise extrem gefährdet ist. Die Veränderungen prägen den Alltag der Kinder und bedrohen ihre Lebenschancen”, sagt Christian Schneider, Geschäftsführer UNICEF Deutschland. „Mit Unterstützung aus Deutschland kann UNICEF die Widerstandsfähigkeit der Familien nachhaltig stärken und im Katastrophenfall schnelle Nothilfe leisten. Das ist für viele Kinder überlebenswichtig.“ 


Engagement für Kinder und ihre Rechte  
Die großen Aufgaben, die es für Kinder weltweit zu bewältigen gilt, geht UNICEF nicht allein an, sondern setzt auf die Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft, mit Forschungs-einrichtungen und vielen Partnern und jungen Menschen in den jeweiligen Ländern. In Deutschland setzen sich rund 7.000 ehrenamtlich Engagierte persönlich für UNICEF ein – in einem flächendeckenden Netzwerk mit fast 90 Arbeitsgruppen, mehr als 35 JuniorTeams sowie über 60 Hochschulgruppen. Sie setzen sich mit Informationen und intensiver Schularbeit für Kinderrechte ein, organisieren Spendenaktionen und verkaufen die beliebten UNICEF-Grußkarten.


Transparente Mittelverwendung
UNICEF Deutschland trägt das Spendensiegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) und wurde mehrfach für vorbildliche Unternehmensführung und Transparenz ausgezeichnet. Die Kosten für Verwaltung sowie Öffentlichkeitsarbeit und Werbung in Deutschland betrugen 2023 gemäß den Kriterien des DZI 17,6 Prozent. Ein detaillierter Finanzbericht ergänzt den Geschäftsbericht 2023. Der UNICEF-Geschäftsbericht 2023 und der ausführliche Finanzbericht stehen zur Verfügung unter www.unicef.de/gb2023.

Auf der Transparenz-Seite finden Unterstützer*innen weitere umfassende Informationen – zum Beispiel darüber, wie UNICEF arbeitet und die Spenden einsetzt. 

Ergebnisse der UNICEF-Mitgliederversammlung
Der UNICEF-Geschäftsbericht 2023 wurde heute in Berlin von der Mitgliederversammlung des Deutschen Komitee für UNICEF e.V. entgegengenommen. Britta Haßelmann (MdB), Bettina Würth und der Vorstandsvorsitzende Georg Graf Waldersee wurden erneut in den Vorstand von UNICEF Deutschland gewählt. 



1.000 Tage verlorene Bildung für afghanische Mädchen 

 Statement von UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell  © UNICEF/UNI592297/Meerzad New

© UNICEF/UNI592297/Meerzad

York/Köln, 13. Juni 2024 - „Der heutige Tag markiert einen traurigen und ernüchternden Meilenstein: 1.000 Tage sind vergangen, seitdem angekündigt wurde, dass Mädchen in Afghanistan keine weiterführenden Schulen besuchen dürfen. 1.000 Tage ohne Lernen entsprechen drei Milliarden verlorenen Unterrichtsstunden. Für 1,5 Millionen Mädchen bedeutet dieser systematische Ausschluss vom Lernen nicht nur eine eklatante Verletzung ihres Rechts auf Bildung, sondern auch schwindende Zukunftschancen und eine Verschlechterung ihrer psychischen Gesundheit.


Die Rechte von Kindern, insbesondere von Mädchen, dürfen nicht zum Spielball der Politik werden. Ihr Leben, ihre Zukunft, ihre Hoffnungen und ihre Träume stehen auf dem Spiel. Das Verbot hat Auswirkungen über das Wohlergehen der Mädchen hinaus. Es verschärft die anhaltende humanitäre Krise und hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Wirtschaft und die zukünftige Entwicklung Afghanistans. Denn Bildung eröffnet nicht nur Zukunftschancen. Sie schützt Mädchen vor Kinderehen, Mangelernährung und anderen Gesundheitsproblemen und stärkt ihre Widerstandskraft gegenüber Katastrophen wie Überschwemmungen, Dürren und Erdbeben, die Afghanistan immer wieder heimsuchen.
[1]


Die UNICEF-Teams sind unermüdlich im Einsatz, um alle Kinder in Afghanistan zu unterstützen. Gemeinsam mit Partnern sorgen sie dafür, dass 2,7 Millionen Kinder eine Grundschulausbildung erhalten und dass 600.000 Kinder in gemeindebasierten Schulen lernen können – zwei Drittel von ihnen sind Mädchen. Und sie helfen Lehrkräfte auszubilden und tun alles, um die Bildungsinfrastruktur aufrecht zu halten.

Anlässlich dieses düsteren Meilensteins fordere ich die De-facto-Behörden auf, allen Kindern unverzüglich die Wiederaufnahme des Unterrichts zu ermöglichen. Und ich fordere die internationale Gemeinschaft auf, sich weiterhin zu engagieren und die Mädchen in Afghanistan zu unterstützen – sie brauchen uns mehr denn je. Kein Land wird vorankommen, wenn die Hälfte seiner Bevölkerung zurückgelassen wird."

Im vergangenen Jahr hat UNICEF: 
- Mehr als 20 Millionen Menschen über mobile Teams mit grundlegenden Gesundheitsdiensten erreicht, eine Million davon in schwer zugänglichen Gebieten; 
- 2,1 Millionen Menschen mit sauberem Wasser und 1,1 Millionen mit Sanitärversorgung erreicht; 
- 1,4 Millionen Kinder mit Masernimpfungen erreicht;
- 715.000 schwer mangelernährten Kindern eine stationäre Behandlung ermöglicht;
- 686.000 Kinder (sechs von zehn von ihnen Mädchen) mit Bildungsangeboten in 21.335 gemeindebasierten Schulen erreicht; 
- 170.000 besonders schutzbedürftige Familien mit Programmen zur sozialen Sicherung und 86.000 mit Bargeldhilfen während der Wintermonate erreicht: 70.000 Kinder, darunter unbegleitete und von ihren Familien getrennte Kinder, mit gezielten Programmen für ihren Schutz erreicht.

   
 

Der Wiederaufbau der Ukraine hängt davon ab, ob Kinder lernen können

 Statement von Regina De Dominicis, UNICEF-Regionaldirektorin für Europa und Zentralasien

© UNICEF/UN0778560/Filippov


Genf/Köln, 12. Juni 2024 - „Der Krieg in der Ukraine zerstört die wichtigste Ressource seines Landes – seine Menschen. Ohne weitere Investitionen und eine nachhaltige Finanzierung werden Kinder und Jugendliche keinen ausreichenden Zugang zu Schul- und Ausbildungsmöglichkeiten haben – dabei sind diese entscheidend für die Zukunft der Kinder und Familien. 


Aufgrund der Covid-19-Pandemie und des Krieges ist die Bildung der ukrainischen Kinder seit mehr als vier Jahren unterbrochen – so lange wie eine gesamte Grundschulausbildung in der Ukraine. Rund vier Millionen Kinder im ganzen Land können nur eingeschränkt lernen. Die jüngsten verfügbaren Daten aus dem Jahr 2022 zeigen, dass Kinder in der Ukraine im Lesen etwa zwei Jahre, in Mathematik ein Jahr und in den Naturwissenschaften ein halbes Jahr im Rückstand sind. Dieser Rückstand hat sich seit Februar 2022 weiter vergrößert. 


Mehr als jede zehnte Bildungseinrichtung wurde durch den Krieg beschädigt, und mehr als jede fünfte musste geschlossen werden, weil Schutzräume fehlen. Für den Wiederaufbau des Bildungsbereichs werden erhebliche Mittel benötigt, die die verfügbaren Ressourcen weit übertreffen. Die Bildungssituation ist für Kinder, die in die Nachbarländer geflüchtet sind, ebenfalls katastrophal. Etwa die Hälfte der geflüchteten Kinder aus der Ukraine – rund eine Million – sind derzeit nicht in den Schulen ihrer Zufluchtsländer eingeschrieben.


Viele von ihnen haben zwar digitalen Zugang zum ukrainischen Unterricht, aber ihnen fehlt die soziale Interaktion mit Gleichaltrigen. Dieser immense Verlust kann aufgeholt werden. Wir erinnern die Staats- und Regierungschefs, die diese Woche in Berlin zur Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine zusammengekommen sind, daran, dass der Wiederaufbau von Schulen nur der erste Schritt ist. Kinder, ihre Bildung und ihre Sicherheit müssen im Zentrum des Wiederaufbaus der Ukraine stehen.


Das bedeutet, dass wir von den ersten Jahren bis zur Sekundarstufe in den Bildungssektor investieren und die Wiederaufnahme des Unterrichts unterstützen müssen – insbesondere in grundlegenden Fächern wie Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften. Zudem müssen wir die Fähigkeiten fördern, die für ihre berufliche Zukunft unerlässlich sind. Wenn wir jetzt in Bildung und berufliche Fähigkeiten investieren, können wir die negativen Langzeitfolgen von Krieg und Vertreibung für die Kinder und Jugendlichen in der Ukraine reduzieren.


Sie werden dazu beitragen, das Humankapital der Ukraine aufzubauen, indem sie darauf vorbereitet werden, Teil der zukünftigen Wiederaufbaubemühungen ihres Landes zu werden. Vor allem aber müssen die Kinder der Ukraine vor weiterem Schaden bewahrt werden – vor Schaden für ihre Zukunftsaussichten, ihre Bildung, ihre Sicherheit und ihre psychische Gesundheit. Dafür braucht es ein sofortiges Ende des Krieges.“


 

UNICEF: Jedes vierte Kind weltweit von schwerer Ernährungsarmut betroffen 

Kinder, die von schwerer Ernährungsarmut* betroffen sind, haben ein doppelt so hohes Risiko, an schwerer Mangelernährung zu leiden / Ungleichheit, Konflikte und die Klimakrise befeuern Ernährungsarmut

© UNICEF/UNI461464/Pouget

New York/Köln(Duisburg, 6. Juni 2024  Laut UNICEF sind 181 Millionen Kinder unter fünf Jahren weltweit – jedes vierte Kind der Altersgruppe – von schwerer Ernährungsarmut betroffen. Dadurch steigt das Risiko, dass die betroffenen Kinder an schwerer, lebensbedrohlicher Mangelernährung leiden, um bis zu 50 Prozent.  

Laut dem heute veröffentlichten Bericht „Child Food Poverty: Nutrition Deprivation in Early Childhood“ („Ernährungsarmut in der frühen Kindheit“) haben Millionen von Kindern unter fünf Jahren keinen Zugang zu der nahrhaften und abwechslungsreichen Ernährung, die sie für ihr gesundes Wachstum und ihre Entwicklung benötigen.


Zum ersten Mal analysiert UNICEF die Auswirkungen und Ursachen von Ernährungsarmut bei Kindern in fast 100 Ländern weltweit und über alle Einkommensgruppen hinweg.  Als von schwerer Ernährungsarmut betroffen gelten Kinder, die Nahrungsmittel aus nicht mehr als zwei von acht definierten Lebensmittelgruppen zu sich nehmen. Vier von fünf davon betroffene Kinder erhalten lediglich Muttermilch/Milch und/oder ein stärkehaltiges Grundnahrungsmittel wie Reis, Mais oder Weizen.


Weniger als zehn Prozent der betroffenen Kinder haben Zugang zu Obst und Gemüse. Und weniger als fünf Prozent erhalten nährstoffreiche Lebensmittel wie Eier, Fisch, Geflügel oder Fleisch.  „Kinder, die von schwerer Ernährungsarmut betroffen sind, leben am Rande des Existenzminimums. Für Millionen Kleinkinder ist dies Realität und kann irreversible negative Auswirkungen auf ihr Überleben, ihr Wachstum und ihre Gehirnentwicklung haben“, sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell.


„Für Kinder, die nur zwei Nahrungsmittelgruppen pro Tag zu sich nehmen, zum Beispiel Reis und etwas Milch, ist das Risiko doppelt so hoch, an schweren Formen der Mangelernährung zu leiden.“ Der Bericht weist auf die weiterhin relevanten sozioökonomischen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie hin, während gleichzeitig die Lebensmittelpreise und die Lebenshaltungskosten infolge von wachsenden Ungleichheiten, Konflikten und der Klimakrise auf ein Rekordniveau gestiegen sind.  Von den 181 Millionen Kindern, die in schwerer Ernährungsarmut leben, leben rund zwei Drittel (65 Prozent) in nur 20 Ländern.


Etwa 64 Millionen betroffene Kinder leben in Südasien und 59 Millionen in Afrika südlich der Sahara. In Somalia, das von Konflikten, Dürre und Überschwemmungen heimgesucht wird, leben 63 Prozent der Kinder in schwerer Ernährungsarmut. In den am meisten betroffenen Gemeinden berichteten mehr als 80 Prozent der Betreuungspersonen, dass ihr Kind einen ganzen Tag nichts zu essen habe.  Im Gazastreifen haben die monatelangen Feindseligkeiten und die Einschränkungen der humanitären Hilfe zu einem Zusammenbruch des Ernährungs- und Gesundheitssystems geführt – mit katastrophalen Folgen für Kinder und ihre Familien.


Laut fünf Datenerhebungen zwischen Dezember 2023 und April 2024 sind neun von zehn Kindern in Gaza von schwerer Ernährungsarmut betroffen. Sie müssen mit zwei oder weniger Nahrungsmitteln pro Tag auskommen. Die Zahlen veranschaulichen die grausamen Auswirkungen, die der Konflikt und humanitäre Einschränkungen auf die Nahrungsmittelversorgung der Kinder haben. Und sie zeigen, wie schnell Kinder dem Risiko lebensbedrohlicher Mangelernährung ausgesetzt sind.


Der UNICEF-Bericht zeigt, dass fast die Hälfte der von schwerer Ernährungsarmut betroffenen Kinder – 46 Prozent – in Haushalten lebt, die sich eine gesunde Ernährung nicht leisten können. Die andere Hälfte – 54 Prozent bzw. 97 Millionen Kinder – lebt in relativ wohlhabenden Haushalten, in denen ein unzureichendes Ernährungsumfeld und schlechte Ernährungspraktiken die Hauptursachen für Ernährungsarmut in der frühen Kindheit sind. Mehrere Faktoren tragen zur Ernährungsarmut bei. Dazu gehören Lebensmittelsysteme, die den Kindern keine verlässlichen Optionen für eine gesunde Ernährung bieten; die Tatsache, dass sich viele Familien nahrhafte Lebensmittel nicht leisten können sowie fehlende positive Ernährungspraktiken.


In vielen Kontexten werden billige, nährstoffarme und ungesunde sowie stark verarbeitete Lebensmittel und zuckerhaltige Getränke aggressiv an Familien vermarktet. Der Anteil der von Ernährungsarmut betroffenen Kinder, die diese ungesunden Lebensmittel und Getränke zu sich nehmen, ist alarmierend hoch. Nährstoffreichere und gesündere Lebensmittel werden dadurch von ihrem täglichen Speiseplan verdrängt.  Gleichzeitig gibt es aber auch bemerkenswerte Erfolge.


So hat Burkina Faso beispielsweise die Rate der schweren Ernährungsarmut bei Kindern halbiert – von 67 Prozent (2010) auf 32 Prozent (2021). Nepal hat den Anteil der schweren Ernährungsarmut bei Kindern von 20 Prozent (2011) auf acht Prozent (2022) gesenkt. Peru hat den Anteil seit 2014 trotz wirtschaftlicher Herausforderungen unter fünf Prozent gehalten. Und auch Ruanda hat den Anteil von 20 Prozent (2010) auf zwölf Prozent (2020) gesenkt. 

Um der Ernährungsarmut von Kindern ein Ende zu setzen, ruft UNICEF dazu auf:
- Versorgungssysteme für Lebensmittel so umzugestalten, dass nahrhafte, vielfältige und gesunde Lebensmittel die zugänglichste, erschwinglichste und bevorzugte Option für die Ernährung von Kleinkindern darstellen; 

- Gesundheitssysteme so aufzustellen, dass sie grundlegende Dienste zur Vorbeugung und Behandlung von Mangelernährung von Kindern anbieten können, einschließlich der Unterstützung von Gesundheits- und Ernährungsfachkräften in den Gemeinden;

- Soziale Sicherungssysteme zur Bekämpfung von Einkommensarmut auszuweiten, beispielsweise durch Transferleistungen (Bargeld, Nahrungsmittel und Gutscheine) und dies in einer Weise, die den Nahrungsmittel- und Ernährungsbedürfnissen besonders schutzbedürftiger Kinder und ihrer Familien gerecht wird.

Im vergangenen Jahr hat UNICEF mit Unterstützung des britischen Foreign Commonwealth and Development Office (FCDO), der Bill und Melinda Gates Stiftung und der Children's Investment Fund Foundation (CIFF) den sogenannten Child Nutrition Fund ins Leben gerufen. Dabei handelt es sich um einen von UNICEF gemeinsam mit Partnern etablierten Finanzierungsmechanismus, der Anreize für inländische Investitionen schafft, um Mangelernährung von Kindern zu beenden.


UNICEF fordert Regierungen, Geber und Partner dazu auf, den Fond zu unterstützen und nachhaltigen Strategien und Praktiken Vorrang einzuräumen, um schwerer Ernährungsarmut und Mangelernährung bei Kindern ein Ende zu setzen.



EU-Lieferkettengesetz: Trotz Lücken Meilenstein für besseren Schutz von Kinderrechten

 UNICEF Deutschland: Ambitionierte Umsetzung in deutscher Gesetzgebung wichtig

Das neue EU-Lieferkettengesetz soll zum Schutz vor Kinderarbeit und anderen Kinderrechtsverletzungen beitragen. Im Bild: Ein 13-jähriger Junge in einer Werkstatt in Dhaka/ Bangladesch. © UNICEF/UNI487754/Himu

Köln/Duisburg, 24. Mai 2024 - Heute wurde in Brüssel der Weg für das neue EU-Lieferkettengesetz freigemacht und damit aus Sicht von UNICEF Deutschland ein wichtiger Meilenstein für den Schutz der Kinderrechte durch die Einhaltung unternehmerischer Sorgfaltspflichten erreicht. Durch die Zustimmung im EU-Rat hat das Lieferkettengesetz (European Corporate Sustainability Due Diligence Directive, EUCSDDD) nach langem politischen Ringen die letzte Hürde genommen. Nach Inkrafttreten haben die EU-Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.


„Aus Sicht von UNICEF Deutschland ist das EU- Lieferkettengesetz ein wichtiger Wegweiser – aber leider für Kinderrechte nicht der erhoffte Durchbruch. Daher kommt es jetzt ganz entscheidend auf die nächsten Schritte an“, sagte Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland. „Die deutsche Gesetzgebung zur Umsetzung des EU-Lieferkettengesetzes muss Kinder wirksam vor Verletzungen ihrer Rechte durch unternehmerisches Handeln schützen. Außerdem darf es an den Stellen, in denen das deutsche Lieferkettengesetz mit Blick auf den Schutz der Kinderrechte bereits stärker ist als das EU-Gesetz nicht zu einer Abschwächung kommen.“ 


Im EU-Lieferkettengesetz ist aus Sicht von UNICEF insbesondere die Aufnahme einzelner Artikel der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen (KRK) als einzuhaltende Rechtsgüter im Rahmen der unternehmerischen Sorgfaltspflicht ein wichtiger Fortschritt gegenüber dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Dabei geht es auch, aber bei weitem nicht nur um den Schutz vor Kinderarbeit. Das EU-Lieferkettengesetz nennt ausdrücklich die Kinderrechte auf Gesundheit, Bildung, angemessene Lebensbedingungen, Schutz vor wirtschaftlicher Ausbeutung, sexuellem Missbrauch, Entführung und Kinderhandel. 

Allerdings wäre es wichtig gewesen, die gesamte UN-Kinderrechtskonvention als verpflichtend aufzunehmen, denn die Kinderrechte sind universal und unteilbar – und auch Unternehmen haben die Verantwortung dafür, dass diese nicht beeinträchtigt werden. Das EU-Lieferkettengesetz sieht außerdem vor, dass es nur für Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitenden und mit einem Umsatz über 450 Millionen Euro gilt und damit unter der Schwelle des deutschen Gesetzes liegt. Das ist aus Sicht von UNICEF problematisch, weil Kinderrechtsverletzungen, die sich auf viele Kinder auswirken, auch bei kleineren Unternehmen stattfinden können. 


Auch die Definition der zu prüfenden Lieferkette, der sogenannten „Chain-of-Activities", bleibt hinter den Definitionen internationaler Standards zurück, die eine Verantwortung zur Prüfung der gesamten Wertschöpfungskette verlangen. Kinderrechtsverletzungen in der Elektroschrottindustrie, sexueller Missbrauch von Kindern im digitalen Raum oder langfristige gesundheitliche Schäden aufgrund von Marketingpraktiken drohen so übersehen zu werden. 


Es wird entsprechend maßgeblich sein, dass die EU-Mitgliedstaaten und die deutsche Bundesregierung das EU-Lieferkettengesetz ambitioniert in nationale Gesetzgebung umsetzen. Neben der Unterstützung von Unternehmen zur Umsetzung der Richtlinie werden eine Reihe von weiteren begleitenden Maßnahmen nötig sein, um der Komplexität von Kinderrechtsverletzungen in Lieferketten weltweit gerecht zu werden und auch Rechtsverletzungen zu adressieren, die nicht nur ein einzelnes Unternehmen oder eine spezifische Industrie betreffen.  


UNICEF Deutschland wird sich weiter mit seinen Partnern dafür einsetzen, dass Unternehmen ihre Sorgfaltspflichten entlang der anerkannten Standards umsetzen können, dass die beteiligten Institutionen und Behörden mit der nötigen Expertise und Ressourcen ausgestattet werden und wirksame begleitende Maßnahmen für die Wirtschaft und andere Akteure entwickelt werden.  


„Das EU-Lieferkettengesetz hat das Potential, das Leben vieler Kinder zu verbessern, wenn es richtig umgesetzt wird. Angesichts der globalen Herausforderungen ist das für Kinder weltweit von enormer Bedeutung“, sagte Schneider.


Kindheit in Gaza: Überleben am Abgrund 
Kinder brauchen einen sofortigen humanitären Waffenstillstand 

Grenzübergänge müssen umgehend geöffnet werden

© UNICEF/UNI571263/El Baba

Köln/Duisburg, 16. Mai 2024 - Das kurzfristige Überleben und die Zukunft einer ganzen Generation von Kindern hängen an einem seidenen Faden, warnt UNICEF Deutschland angesichts der katastrophal­en Lage der Jungen und Mädchen in Gaza. Die aktuelle Eskalation der Gewalt in Rafah und im gesamten Gazastreifen sowie die dramatischen Engpässe bei der Versorgung mit humanitären Gütern und Treibstoff verschärfen die bereits extreme Notlage der Kinder weiter.


  „Rafah ist eine Stadt der Kinder – 600.000 Mädchen und Jungen drängten sich dort bis vor wenigen Tagen. Jetzt sind fast eine halbe Million Menschen erneut auf der verzweifelten Suche nach Sicherheit außerhalb der Stadt, unter ihnen viele Kinder. Viele von ihnen wurden bereits mehrfach vertrieben, jedes Kind hat Verlust, Angst und Zerstörung erlebt“, sagte Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland.


„Die anhaltende Gewalt, der Tod ihrer Angehörigen und Freunde, die schweren Verletzungen, die wiederholte Vertreibung aus ihrem Zuhause und die katastrophale tägliche Not – die Situation der Kinder in Rafah und dem gesamten Gazastreifen ist untragbar. Das enorme Ausmaß der Traumatisierung der Kinder lässt sich nur erahnen.“


   Rund 78.000 Kinder unter zwei Jahren leben in Rafah. Neun von zehn Kindern unter fünf Jahren leiden an einer oder mehreren Infektionskrankheiten. Rund 8.000 Kinder unter zwei Jahren sind akut mangelernährt. In den vergangenen Tagen sind bereits mehr als 450.000 Menschen geflohen. Durch die schwierige Versorgungslage steigt das Risiko von Krankheiten, Infektionen, Mangelernährung, Dehydrierung und weiterer Gefahren für Kinder. Auch im Norden des Gazastreifens ist die Lage der Kinder katastrophal. Jedes dritte Kind ist dort akut mangelernährt. Die grundlegende Infrastruktur für Kinder liegt in Trümmern. Die aktuellen Kampfhandlungen verschärfen die Not der Kinder und ihrer Familien. 


  UNICEF ist besonders besorgt über die Schäden an der Wasser-Infrastruktur. Im Norden wurden lebenswichtige Brunnen stark beschädigt. In Rafah sind mindestens acht Anlagen ausgefallen. Rund 300.000 Menschen sind davon betroffen. Der Konsum von verunreinigtem Wasser würde bei vielen Kindern zu weiteren Infektionen und bei den durch Mangelernährung geschwächten Kindern zu einer weiteren Gefährdung führen.


   „Die Kinder in Gaza stehen am Abgrund. Nach mehr als sieben Monaten Krieg sind sie am Ende ihrer Kräfte. Sie sind hungrig, erschöpft und oft traumatisiert. Sie wissen nicht, wo sie Schutz vor den Bombardierungen suchen können. Und ob sie die nächste Nacht überleben werden. Dabei können sie nichts für den Krieg der Erwachsenen. Sie brauchen endlich eine Atempause. Und die Chance auf eine friedliche Zukunft“, sagte Schneider. Die andauernde Gewalt im Gazastreifen hat zudem dazu geführt, dass rund 625.000 Schulkinder im Gazastreifen nicht zur Schule gehen können.

Nach aktuellen Schätzungen müssen 72 Prozent aller Schulen im Gazastreifen entweder vollständig wiederaufgebaut oder umfassend saniert werden, um wieder funktionsfähig zu sein. Je länger Kinder nicht zur Schule gehen können, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie nicht wieder dorthin zurückkehren, weil sie arbeiten müssen oder früh verheiratet werden. Zudem steigt die Gefahr von Ausbeutung und Missbrauch.  


   Gemeinsam mit seinen Partnern leistet das UNICEF-Team im Gazastreifen lebensrettende Hilfe für Kinder. Seit dem 21. Oktober 2023 hat UNICEF mehr als 800 LKW-Ladungen mit Hilfsgütern in den Gazastreifen gebracht, 98 allein in der zweiten Aprilhälfte. Gemeinsam mit Partnern hat das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen dazu beigetragen, 1,6 Millionen Menschen Zugang zu Trinkwasser zu ermöglichen und rund 567.000 Menschen mit Bargeldhilfen erreicht. Doch ohne Treibstoff und die Öffnung der Grenzübergänge in den Gazastreifen droht die humanitäre Hilfe zum Erliegen zu kommen.


   Die Eskalation der letzten Tage hat zur Folge, dass kaum Hilfsgüter in den Gazastreifen gelangen. Vor allem der Mangel an Treibstoff kann nun sehr rasch dazu führen, dass Generatoren für die Wasserversorgung oder wichtige Geräte in den verbliebenen medizinischen Einrichtungen nicht mehr betrieben werden können, mit möglicherweise dramatischen Folgen für die betroffenen Kinder. 

   UNICEF fordert weiter dringend einen sofortigen humanitären Waffenstillstand. Alle Geiseln müssen freigelassen werden. Die Grenzübergänge zum Gazastreifen müssen schnellstens geöffnet werden. Und humanitäre Organisationen benötigen ungehinderten, sicheren Zugang zum und innerhalb des Gazastreifens, um Kinder in Not mit lebensrettender Hilfe zu erreichen. 


Gaza: „Die Kinder sind gefangen in einem Kreislauf des Leidens“

Zusammenfassung des heutigen Statements von James Elder, UNICEF-Sprecher, im Palais des Nations in Genf

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Gaza/Köln/Duisburg, 26. März 2024 - Seit einigen Tagen ist UNICEF-Sprecher James Elder in Gaza. Heute hat er von seinen Eindrücken vor Ort berichtet. „Ich möchte über zwei wichtige Themen sprechen, von denen die Menschen hier in Gaza sagen, dass sie für ihr Überleben entscheidend sind. Die Sicherheit der Menschen in Rafah und die Lieferung von Hilfsgütern. Rafah ist nicht wiederzuerkennen, weil die Straßen überfüllt sind und Zelte an Straßenecken und auf sandigen Flächen stehen. Die Menschen schlafen auf der Straße, in öffentlichen Gebäuden und an jedem anderen verfügbaren Platz. Die weltweiten Standards für humanitäre Notsituationen legen fest, dass maximal 20 Personen sich eine Toilette teilen sollten.


In Rafah gibt es etwa eine Toilette für 850 Menschen. Bei den Duschen sind es viermal so viele, also eine Dusche für 3.600 Menschen. Das ist eine eklatante Missachtung der menschlichen Grundbedürfnisse und der Menschenwürde. Dieselben Standards besagen, dass jeder Mensch täglich 15 Liter Wasser braucht, und ein absolutes Minimum von drei Litern, nur um zu überleben. Als ich im November hier war, waren Familien und Kinder im Gazastreifen auf drei Liter oder weniger Wasser pro Person und Tag angewiesen. Heute haben die befragten Haushalte im Durchschnitt Zugang zu weniger als einem Liter sauberem Wasser pro Person und Tag.


Das benachbarte Chan Yunis ist ebenfalls nicht wiederzuerkennen, wenn auch aus einem anderen Grund – es existiert kaum noch. In meinen 20 Jahren bei den Vereinten Nationen habe ich noch nie derartige Zerstörung gesehen. Nur Chaos und Ruinen, Schutt und Trümmer, die in alle Richtungen verstreut sind. Völlige Vernichtung. Beim Gang durch die Straßen war ich überwältigt von dem Verlust. Das bringt uns zurück nach Rafah und den endlosen Diskussionen über eine groß angelegte Militäroperation in Rafah. Rafah ist eine Stadt der Kinder. 600.000 Mädchen und Jungen leben dort. Rafah beherbergt einige der letzten verbliebenen Krankenhäuser, Notunterkünfte, Märkte und Wasserversorgungssysteme in Gaza. Und dann ist da noch der Norden.


Gestern war ich wieder in Jabalia. Zehntausende von Menschen drängen sich auf den Straßen und halten sich die Hand vor den Mund – das universelle Zeichen für Hunger. Als ich vor einer Woche in den Gazastreifen kam, standen Hunderte von Lastwagen mit lebensrettender humanitärer Hilfe bereit, die darauf warteten, zu den Menschen zu gelangen, die sie dringend benötigten – allerdings auf der falschen Seite der Grenze. Hunderte von Lkw der UN und INGO [Internationalen Nichtregierungsorganisationen] stehen dort im Stau und warten auf die Einfahrt nach Gaza. In der Integrated Food Security Phase Classification (IPC) [fünfstufige Skala für Hungerrisiken] wurde letzte Woche festgestellt, dass im nördlichen Gazastreifen eine Hungersnot unmittelbar bevorsteht.


Der Gazastreifen hat nun den höchsten Prozentsatz einer Bevölkerung, der die höchste Einstufung seit Beginn der Klassifizierung im Jahr 2004 erhalten hat. Vor dem Krieg war Mangelernährung im Gazastreifen selten, weniger als ein Prozent der Kinder unter fünf Jahren war akut mangelernährt. Heute ist eines von drei Kindern unter zwei Jahren akut mangelernährt. Es liegt auf der Hand, dass der Norden dringend große Mengen an Lebensmitteln und therapeutischer Nahrung benötigt. Aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass unsere Bemühungen, diese Hilfe zu leisten, eingeschränkt werden. Es gibt den alten Grenzübergang Erez, der genutzt werden könnte, nur zehn Minuten von den hungernden Menschen entfernt. Zehn Minuten.


Würde er geöffnet, könnten wir die humanitäre Krise im Norden innerhalb weniger Tage bewältigen. Aber er bleibt geschlossen. Zwischen dem 1. und 22. März wurde ein Viertel der 40 humanitären Hilfsmissionen in den nördlichen Gazastreifen abgelehnt. UNRWA wird nun daran gehindert, Lebensmittel in den Norden zu bringen, obwohl bislang 50 Prozent der in den Norden gelieferten Lebensmittel von UNRWA geliefert wurden. Um es klar zu sagen: Lebensrettende Hilfe wird unterbunden. Menschen verlieren ihr Leben. Die Menschenwürde wird missachtet. Die Entbehrung, die aufgezwungene Ausweglosigkeit lassen die Bevölkerung verzweifeln. Die Nerven der Menschen liegen blank angesichts der ständigen Angriffe.


Sie fragen oft, ob es noch Hoffnung gibt. Alles bewegt sich hier zwischen den Extremen, auch diese Frage. Auf der einen Seite erzählt mir eine Mutter, dass sie geliebte Menschen verloren hat, ihr Zuhause und die Möglichkeit, ihre Kinder regelmäßig zu ernähren. Alles, was sie noch besitzt, ist Hoffnung. Gestern dann saß UNICEF mit Jugendlichen zusammen, von denen einige sagten, sie wünschten sich so sehr, dass ihr Albtraum ein Ende hätte und dass sie hofften, getötet zu werden. In Gaza wird regelmäßig das Unaussprechliche gesagt.


Von Mädchen im Teenageralter, die hoffen, dass sie getötet werden, bis hin zu der Aussage, dass ein Kind die letzte noch lebende Person der gesamten Familie ist. Solches Grauen ist hier nicht mehr einzigartig. Trotz allem gibt es so viele tapfere, hilfsbereite und unermüdliche Palästinenser*innen, die sich gegenseitig unterstützen. Und die UN-Organisationen und UNICEF machen weiter.


Wir von UNICEF setzen uns weiterhin für jedes Kind ein. Wasser, Schutz, Ernährung, Unterkunft – UNICEF ist hier. Wie wir gestern gehört haben, muss der Waffenstillstand umfassend sein, nicht nur symbolisch. Die Geiseln müssen nach Hause zurückkehren. Die Menschen in Gaza müssen leben dürfen. In den drei Monaten, die zwischen meinen Besuchen lagen, sind alle schrecklichen Zahlen dramatisch angestiegen. Gaza hat die Rekorde der Menschheit für ihre dunkelsten Kapitel gebrochen. Die Menschheit muss jetzt dringend ein anderes Kapitel schreiben.“

UN-Bericht: Weltweite Kindersterblichkeit auf historischem Tiefstand
Trotz vieler Fortschritte starb im Jahr 2022 weltweit alle sechs Sekunden ein Kind unter fünf Jahren – schätzungsweise 4,9 Millionen Kinder insgesamt

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Genf/New York/Washington/Köln/Duisburg, 13. März 2024 - Die Zahl der Kinder, die vor ihrem fünften Geburtstag gestorben sind, erreichte im Jahr 2022 mit schätzungsweise 4,9 Millionen einen historischen Tiefstand. Dies geht aus heute veröffentlichten Schätzungen der Vereinten Nationen zur Kindersterblichkeit (UN Inter-agency Group for Child Mortality Estimation, UN IGME) hervor.

„Hinter diesen Zahlen stehen die Geschichten von qualifiziertem Gesundheitspersonal und Hebammen, die Müttern helfen, ihre Neugeborenen sicher zur Welt zu bringen, von Gesundheitshelferinnen und -helfern, die Kinder impfen und vor tödlichen Krankheiten schützen, und die Hausbesuche in ihren Gemeinden machen, um Familien zu unterstützen und eine angemessene Gesundheits- und Ernährungsversorgung für Kinder sicherzustellen,” sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell. „Das jahrzehntelange Engagement von Einzelpersonen, Gemeinschaften und Staaten, um Kinder mit kostengünstigen, hochwertigen und wirksamen Gesundheitsdiensten zu erreichen, zeigt, dass wir das Wissen und die Instrumente besitzen, Leben zu retten."



Aus dem Bericht geht hervor, dass heute mehr Kinder überleben als je zuvor: Die Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren ist seit dem Jahr 2000 weltweit um 51 Prozent gesunken. Mehrere Länder mit niedrigem und niedrigem mittlerem Einkommen konnten die Sterblichkeitsrate sogar noch weiter senken. Dies zeigt, dass Fortschritte möglich sind, wenn ausreichend Ressourcen für die medizinische Grundversorgung bereitgestellt werden, einschließlich der Gesundheitsversorgung von Kindern. Die Ergebnisse zeigen beispielsweise, dass die Sterblichkeitsrate von Kindern in Kambodscha, Malawi, der Mongolei und Ruanda seit 2000 um über 75 Prozent gesunken ist.




Der Bericht macht jedoch auch deutlich, dass trotz dieser Fortschritte noch eine lange Wegstrecke bleibt, um dem vermeidbaren Tod von Kindern und Jugendlichen weltweit ein Ende zu setzen. Zusätzlich zu den 4,9 Millionen Todesfällen vor dem fünften Lebensjahr – rund die Hälfte davon waren Neugeborene – haben weitere 2,1 Millionen Kinder und Jugendliche zwischen fünf und 24 Jahren ihr Leben verloren. Die meisten dieser Todesfälle ereigneten sich in Afrika südlich der Sahara und in Südasien.



Diese tragischen Todesfälle sind in erster Linie auf vermeidbare Ursachen oder behandelbare Krankheiten zurückzuführen, wie Frühgeburten, Komplikationen während der Geburt, Lungenentzündungen, Durchfallerkrankungen und Malaria. Viele Leben hätten gerettet werden können, wenn die Kinder besseren Zugang zur medizinischen Grundversorgung gehabt hätten. Dazu gehören essenzielle kostengünstige Maßnahmen wie Impfungen, die Verfügbarkeit von qualifiziertem Gesundheitspersonal bei der Geburt, Unterstützung beim frühen und kontinuierlichen Stillen sowie die Diagnose und Behandlung von Kinderkrankheiten.



„Auch wenn es begrüßenswerte Fortschritte gibt, leiden jedes Jahr noch immer Millionen Familien unter dem erschütternden Verlust eines Kindes, oft schon in den ersten Tagen nach der Geburt,” sagte WHO-Generaldirektor Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus. „Wo ein Kind geboren wird, sollte nicht darüber entscheiden, ob es leben oder sterben wird. Es ist von entscheidender Bedeutung, den Zugang zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung für jede Frau und jedes Kind zu verbessern, auch in Krisensituationen und in abgelegenen Gebieten.”



Dafür braucht es Investitionen in Bildung, Arbeitsplätze und angemessene Arbeitsbedingungen für das Gesundheitspersonal, einschließlich von Gesundheitshelferinnen und -helfern in den Gemeinden.  

Als vertrauenswürdige Gemeindemitglieder spielen gemeindebasierte Gesundheitshelferinnen und -helfer eine wichtige Rolle, um Kinder und Familien mit lebensrettenden Gesundheitsdiensten zu erreichen. Sie sollten in die Systeme der grundlegenden Gesundheitsversorgung integriert, fair bezahlt, gut ausgebildet und mit den Mitteln ausgestattet werden, die für eine qualitativ hochwertige Versorgung erforderlich sind.



Studien zufolge könnte die Zahl der Todesfälle bei Kindern in den Ländern mit dem höchsten Risiko erheblich zurückgehen, wenn Kindern und ihren Familien in ihrer Gemeinde Gesundheitsdienste zur Verfügung stehen würden. Allein dadurch könnten Millionen Kinder gerettet werden, und die Versorgung würde näher am Wohnort erfolgen. Um die Gesundheit und Überlebensrate von Kindern zu verbessern, bedarf es eines ganzheitlichen Ansatzes gegen Kinderkrankheiten – insbesondere gegen die häufigsten Ursachen für Todesfälle nach der Geburt, akute Atemwegsinfektionen, Durchfälle und Malaria.



„Der diesjährige Bericht ist ein wichtiger Meilenstein, der zeigt, dass weniger Kinder vor ihrem fünften Geburtstag sterben,” sagte Dr. Juan Pablo Uribe, Globaler Direktor für Gesundheit, Ernährung und Bevölkerung, Weltbank & Direktor der Globalen Finanzierungseinrichtung für Frauen, Kinder und Jugendliche. „Aber dies reicht nicht aus. Wir müssen den Fortschritt durch mehr Investitionen, Zusammenarbeit und Fokus beschleunigen, um dem vermeidbaren Tod von Kindern ein Ende zu setzen und unsere globalen Verpflichtungen zu erfüllen. Wir sind allen Kindern schuldig, dafür zu sorgen, dass sie Zugang zu einer vergleichbaren Gesundheitsversorgung und gleiche Chancen haben, unabhängig davon, wo sie geboren wurden."  



Trotz der Fortschritte gibt es auch erhebliche Risiken und Ungleichheiten, die das Überleben von Kindern in vielen Teilen der Welt gefährden. Zu diesen Bedrohungen gehören die zunehmende Ungleichheit und wirtschaftliche Instabilität, neue und anhaltende Konflikte, die sich verschärfenden Auswirkungen des Klimawandels und die Folgen von COVID-19. Bei Kindern aus den ärmsten Haushalten ist die Wahrscheinlichkeit, vor dem fünften Lebensjahr zu sterben, doppelt so hoch wie bei Kindern aus den wohlhabendsten Haushalten. Bei Kindern, die in fragilen oder von Konflikten betroffenen Gebieten leben, ist die Wahrscheinlichkeit, vor ihrem fünften Geburtstag zu sterben, fast dreimal so hoch wie bei Kindern in anderen Regionen.



„Die neuen Schätzungen zeigen, dass ein besserer Zugang zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung, insbesondere zum Zeitpunkt der Geburt, dazu beiträgt, die Sterblichkeitsrate bei Kindern unter fünf Jahren zu senken,” sagte Li Junhua, Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten. „Die Meilensteine bei der Verringerung der Kindersterblichkeit sind zwar wichtig, um Fortschritte zu verfolgen, sie sollten uns aber auch daran erinnern, dass weitere Anstrengungen und Investitionen erforderlich sind, um Ungleichheiten zu verringern und vermeidbare Todesfälle bei Neugeborenen, Kindern und Jugendlichen weltweit zu beenden.”



Insgesamt kommt der Fortschritt zu langsam voran. Bei den derzeitigen Raten werden 59 Länder das Nachhaltige Entwicklungsziel für die Senkung der Kindersterblichkeit und 64 Länder das Ziel für die Senkung der Neugeborenensterblichkeit verfehlen. Das bedeutet, dass bis 2030 schätzungsweise 35 Millionen Kinder vor ihrem fünften Geburtstag sterben werden – insbesondere in Afrika südlich der Sahara und in Südasien sowie in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen.



Der Bericht stellt zudem große Datenlücken fest, insbesondere in Afrika südlich der Sahara und in Südasien. Daten und Statistiken müssen verbessert werden, um das Überleben und die Gesundheit von Kindern besser erfassen und überwachen zu können. Dazu gehören Indikatoren für Sterblichkeit und Gesundheit durch Haushaltserhebungen, die Registrierung von Geburten und Todesfällen durch Gesundheitsmanagement-Informationssysteme (HMIS) und die zivile Registrierung und Vitalstatistik (CRVS).




UNICEF-Report: Über 230 Millionen Mädchen und Frauen sind Überlebende von weiblicher Genitalverstümmelung

Neue Schätzungen von UNICEF zeigen Anstieg um 15 Prozent seit 2016

Mutter in Guinea mit ihren drei Töchtern und einem Schild „Nein zur Genitalverstümmelung von Mädchen“. © UNICEF/UN0769634/Camara

New York/Köln/Duisburg, 8. März 2024 - Laut einem neuen UNICEF-Bericht haben über 230 Millionen heute lebende Mädchen und Frauen weibliche Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation, FGM) erlitten. Die ersten globalen Schätzungen seit 2016 zeigen einen Anstieg der Gesamtzahl der Überlebenden um 15 Prozent (30 Millionen Mädchen und Frauen) im Vergleich zu den vor acht Jahren veröffentlichten Daten.


Die am heutigen Weltfrauentag veröffentlichten Schätzungen zeigen, dass die Fortschritte bei der Beendigung von weiblicher Genitalverstümmelung nach wie vor langsam sind und hinter dem Bevölkerungswachstum zurückbleiben – insbesondere in den Regionen, in denen die Praxis am häufigsten vorkommt. Um weiblicher Genitalverstümmelung bis 2030 ein Ende zu setzen, wie es in den Nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen angestrebt wird, müsste der weltweite Rückgang 27-mal so schnell sein.



„Weibliche Genitalverstümmelung schadet dem Körper von Mädchen, trübt ihre Zukunftsaussichten und gefährdet ihr Leben“, sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell in New York. „Wir sehen auch einen besorgniserregenden Trend, dass mehr Mädchen in jüngerem Alter dieser Praxis ausgesetzt sind, viele sogar schon vor ihrem fünften Geburtstag. Dadurch wird das Zeitfenster zum Eingreifen kürzer. Wir müssen die Anstrengungen zur Beendigung dieser schädlichen Praxis verstärken.“




Höchste Fallzahlen von weiblicher Genitalverstümmelung in Afrika

Der neue UNICEF-Bericht „Female Genital Mutilation: A Global Concern“ ist eine Zusammenstellung der aktuell verfügbaren Statistiken zu weiblicher Genitalverstümmelung – einer Praxis, die die Menschenrechte von Mädchen und Frauen verletzt und dauerhafte physische, psychische und soziale Auswirkungen haben kann. Die meisten betroffenen Mädchen und Frauen (144 Millionen) leben in afrikanischen Ländern, gefolgt von 80 Millionen in Asien und sechs Millionen im Nahen Osten. Auch in kleinen praktizierenden Gemeinschaften und Einwanderungsländern in anderen Teilen der Welt treten Fälle auf.




Die Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung breitet sich global nicht weiter aus. Die Analyse zeigt jedoch, dass die Zahl der Mädchen, die in FGM praktizierenden Ländern geboren werden, im Vergleich zum Rest der Welt schnell zunimmt. Dadurch ist eine größere Bevölkerungsgruppe gefährdet und muss durch Präventionsbemühungen erreicht werden.




Die Analyse zeigt auch, dass vier von zehn FGM-Überlebenden in instabilen und von Konflikten betroffenen Gebieten leben, in denen das Bevölkerungswachstum ebenfalls schnell verläuft. Diese Kombination kann Bildungs- und Gesundheitsdienste belasten, Prioritäten bei der Finanzierung verschieben und dazu führen, dass Programme zur Förderung der Geschlechtergleichheit unterbrochen werden. Länder wie Somalia und der Sudan sind mit einer Vielzahl von dringenden Problemen konfrontiert, während Konflikte und Bevölkerungswachstum die Herausforderungen noch erhöhen. In Äthiopien sind kontinuierliche Fortschritte zu verzeichnen, aber unvorhersehbare, massive Wetterereignisse (sogenannte „climate shocks“), Krankheiten und Ernährungsunsicherheit erschweren die zuverlässige Umsetzung von Programmen für Mädchen.




Positive Beispiele zeigen, dass Fortschritt möglich ist

Trotz der Herausforderungen zeigen positive Beispiele in einigen Ländern, dass Fortschritte möglich sind und teilweise an Fahrt gewinnen. Die Hälfte der in den letzten 30 Jahren erzielten Fortschritte wurde erst innerhalb des letzten Jahrzehnts erreicht. In Kenia ist beispielsweise die Verbreitung von weiblicher Genitalverstümmelung von „mäßig“ auf „niedrig“ zurückgegangen; in Sierra Leone gibt es einen Rückgang von „hoher“ auf „mäßig hohe“ Prävalenz.

Auch in Ägypten, wo vor 30 Jahren noch nahezu jedes Mädchen einer Genitalverstümmelung unterzogen wurde, beginnt die Praxis zurückzugehen.

Auch die Einstellungen der Menschen zur Praxis ändern sich. Dem Bericht zufolge sind rund 400 Millionen in praktizierenden Ländern in Afrika und im Nahen Osten – oder zwei Drittel der Bevölkerung – gegen FGM.


UNICEF fordert Staaten und Gemeinschaften auf, ihre bisherigen Anstrengungen zu verdoppeln, um Geschlechterdiskriminierung und -ungleichheit zu beenden und dringend in Dienstleistungen für Mädchen zu investieren.

UNICEF setzt sich in Kooperation mit dem Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) dafür ein, weibliche Genitalverstümmelung zu beenden. Das 2008 gestartete gemeinsame UNFPA-UNICEF-Programm arbeitet in 17 Ländern daran, soziale Normen in betroffenen Gemeinden zu verändern und gleichzeitig Regierungen bei der Umsetzung nationaler Maßnahmen zu unterstützen. Das gemeinsame Programm wird auch von der Bundesregierung unterstützt. 



Zwei Jahre Krieg in der Ukraine: Aufwachsen mit Angst, Angriffen und Luftalarm 



© UNICEF/UNI448435/Hrom

Berlin/Duisburg, 23. Februar 2024 -  Kinder in den ukrainischen Frontgebieten haben seit Kriegsbeginn bis zu 5.000 Stunden – umgerechnet etwa sieben Monate – in Schutzkellern verbracht. Das geht aus einer Analyse des UN-Kinderhilfswerks UNICEF anlässlich des zweiten Jahrestags des Kriegs hervor. UNICEF und das Bundesentwicklungsministerium haben in den vergangenen zwei Jahren ihr Engagement für die Kinder in der Ukraine deutlich ausgeweitet und werden es weiter fortführen: von psychosozialer Betreuung über Lernangebote bis hin zu Wasser- und Gesundheitsversorgung.


Der Krieg in der Ukraine hat schwere Auswirkungen auf das Leben und die Psyche der Kinder und Jugendlichen. Immer wieder müssen sich Kinder in Schutzkellern, Bunkern und U-Bahn-Stationen vor Angriffen in Sicherheit bringen. In Gebieten nahe der Front haben nach Berechnungen von UNICEF Kinder in den vergangenen zwei Jahren zwischen 3.000 und 5.000 Stunden in Kellern Schutz vor Angriffen gesucht, während oben Luftalarm herrschte. Dies entspricht umgerechnet etwa vier bis sieben Monaten. 


Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze: „Die ukrainischen Kinder leiden besonders unter dem brutalen Angriff Russlands. Statt in der Schule müssen viel zu viele Kinder ihre Tage im Luftschutzkeller verbringen. Damit die Ukraine stark bleiben kann, braucht sie mehr als nur Waffen. Auch die Unterstützung der Kinder und Jugendlichen ist wichtig für die Widerstandskraft der Ukraine. Das gilt auch für den kommenden Wiederaufbau des Landes. Denn es ist diese Generation, die nach Schule und Ausbildung die Ukraine wiederaufbauen wird, als freies, europäisches Land. Die Ukrainerinnen und Ukrainer können sich dabei auf Deutschlands Unterstützung verlassen, solange es nötig ist.“


Seit dem 24. Februar 2022 wurden mindestens 579 Mädchen und Jungen getötet. 1.284 Kinder wurden verletzt. Mehr als 3,3 Millionen Kinder aus der Ukraine sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Der Krieg hat zudem zu schweren Beeinträchtigungen beim Lernen geführt. Nach UNICEF-Berechnungen können die Hälfte aller Kinder in der Ukraine nicht kontinuierlich am Präsenzunterricht teilnehmen.  „Die Kinder in der Ukraine sehnen sich nach Sicherheit, dem Austausch mit Gleichaltrigen in der Schule und einem friedlichen Aufwachsen. Doch mit jedem Tag dieses zermürbenden Krieges wächst ihre Not. Dies schlägt sich auch in ihrer seelischen Verfassung nieder“, sagte Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland.


„Es geht jetzt darum, die Angebote für Kinder in der ganzen Ukraine zu stabilisieren und weiter auszubauen, damit sie diese schwere Zeit überstehen können. Kinder und junge Menschen sind diejenigen, die die Zukunft des Landes gestalten werden und müssen. Sie brauchen langfristig Perspektiven für ein Leben nach dem Krieg.“


Aufgrund der schweren Angriffe sind Millionen Menschen zeitweise ohne Strom, Wasser und Gas. Besonders dramatisch ist die Lage der Zivilbevölkerung in den umkämpften Gebieten im Süden und Osten des Landes sowie für die rund 3,7 Millionen Menschen, die innerhalb des Landes vertrieben wurden. Zahlreiche Familien müssen den Winter in Notunterkünften oder beschädigten Gebäuden überstehen, ohne ausreichenden Schutz vor der kalten Jahreszeit.


„In Charkiw und Cherson, in Saporischschja und Kramatorsk – ganz gleich, wo wir im Einsatz sind, die Not der Kinder ist überall spürbar“, sagte Mustapha Ben Messaoud, Leiter der Nothilfeprogramme in der Ukraine. „Gleichzeitig zeigen sie eine enorme Widerstandskraft, selbst in den schwierigsten Situationen. Sie versuchen, mit aller Kraft an ihren Plänen und Träumen für die Zukunft festzuhalten. Die UNICEF-Hilfe ist für viele von ihnen ein Rettungsanker.“


Die 16-jährige Mariia aus Krywyj Rih in der schwer betroffenen Region Dnipro engagiert sich im Rahmen eines UNICEF-Programms für Gleichaltrige in ihrer Gemeinde. Sie sagt: „Viele junge Menschen in unserem vom Krieg gebeutelten Land benötigen mentale Unterstützung und Ermutigung. Ich schöpfe Kraft und Inspiration daraus, mich zu engagieren und etwas für junge Menschen zu bewirken.“


2023 hat UNICEF beispielsweise dazu beigetragen, 1,3 Millionen Kinder mit Lernangeboten und 2,5 Millionen Kinder und Betreuende mit psychosozialer Hilfe zu erreichen. 5,5 Millionen Menschen erhielten Zugang zu sauberem Wasser und rund fünf Millionen Menschen zur Gesundheitsversorgung. Rund 60.000 Familien erhielten Bargeldhilfen. Das BMZ ist eine der wichtigsten Stützen dieser Arbeit. UNICEF und das BMZ werden die gemeinsame Arbeit in der Ukraine auch in den nächsten Jahren fortsetzen. Bis 2026 wird UNICEF mit BMZ-Unterstützung rund 3,3 Millionen Kinder und 1,8 Millionen Jugendliche in der Ukraine unterstützen.


Die Kooperation trägt dazu bei, Schulen, Kindergärten, aber auch die Wasserversorgung und Sanitäreinrichtungen wiederaufzubauen und Zugang zu Bildung in einem sicheren Lernumfeld zu schaffen. Darüber hinaus werden Anlaufstellen für Familien geschaffen, die Hilfe und Betreuung brauchen. Das BMZ unterstützt auch die UNICEF-Programme UPSHIFT und U-Report, die die aktive Teilhabe von Jugendlichen und jungen Erwachsenen stärken.  


Die Ukraine-Wiederaufbaukonferenz, die Deutschland gemeinsam mit der Ukraine im Juni in Berlin ausrichtet, wird auch einen Fokus darauf legen, was Kinder, Jugendliche und ihre Familien für ihre Zukunft in der Ukraine benötigen. Dabei geht es um Schulen, Bildungschancen, Fachkräfteausbildung und Wissenschaft. 


70 Jahre Weltkindertag - "Mit Kinderrechten in die Zukunft"

UNICEF Deutschland und das Deutsche Kinderhilfswerk von Bund und Ländern fordern nachdrücklich die ebenfalls im Koalitionsvertrag angekündigte Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz. 

© Deutsches Kinderhilfswerk – Paula G. Vidal

Köln/Berlin/Duisburg, 14. Februar 2024 - Der Weltkindertag am 20. September steht im Jahr 2024 unter dem Motto „Mit Kinderrechten in die Zukunft“. UNICEF Deutschland und das Deutsche Kinderhilfswerk fordern zum 70. Geburtstag dieses Tages, dass die Politik ihre Prioritäten verstärkt auf Kinder ausrichten muss. Denn jeder junge Mensch ist eine große Chance für die Zukunft unserer Gesellschaft. Und es ist das Recht jedes Kindes, sich gut zu entwickeln und sein Leben gestalten zu können – ganz gleich, woher es kommt oder welchen Aufenthaltsstatus es hat.

In Kinder zu investieren, ist gerade jetzt notwendig, um die großen Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen. Gleichzeitig gilt es, die Kinder- und Menschenrechte als demokratische Gesellschaft gegenüber jeglicher Form von Diskriminierung zu verteidigen. 


Im September 1954 empfahlen die Vereinten Nationen ihren Mitgliedstaaten die Einführung eines weltweiten Tages für Kinder. Sie wollten damit den Einsatz für Kinderrechte stärken, die Freundschaft unter Kindern und Jugendlichen auf der Welt fördern und die Regierungen auffordern, die weltweite UNICEF-Arbeit zu unterstützen. Inzwischen wird der Weltkindertag in über 145 Staaten am 20. September gefeiert; seit 1989 sind die Kinderrechte mit einer UN-Konvention für jedes Kind verbrieft.
 


„Wir brauchen Vielfalt und die Zuversicht und Ideen der jungen Generation, um unsere großen Zukunftsaufgaben als demokratische Gesellschaft zu meistern. Deshalb ist es gerade in einer Zeit großer Krisen und Herausforderungen so wichtig, sich entschlossen für jedes Kind und seine Rechte einzusetzen”, sagt Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland.


 „Mit dem Motto des Weltkindertags im Jahr 2024 möchten wir das besonders unterstreichen.“ „Kinder sind eigenständige Persönlichkeiten mit vielfältigen Fähigkeiten. Staat und Zivilgesellschaft müssen mehr dafür tun, dass sie stark und gleichberechtigt mit ihrer Kreativität und Kompetenz unsere Gesellschaft mitgestalten können“, sagt Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes. „Die Grundlage dafür ist die UN-Kinderrechtskonvention. Die muss in Deutschland endlich vollständig umgesetzt werden.“


Rund um den Weltkindertag am 20. September 2024 werden bundesweit zahlreiche Initiativen mit lokalen Demonstrationen, Festen und anderen Veranstaltungen auf die Situation der Kinder, ihre Rechte und ihre Zukunft aufmerksam machen. 70 Jahre, nachdem der Weltkindertag eingeführt wurde, weisen UNICEF Deutschland und das Deutsche Kinderhilfswerk mit dem Motto 2024 darauf hin, dass die Interessen und Rechte der Kinder auch heute richtungweisend für politische Entscheidungen der Gegenwart und Zukunft sein müssen. Diskriminierung und Hass in jeglicher Form dürfen keinen Platz in der Gesellschaft haben.


Die Zusagen im 2021 geschlossenen Koalitionsvertrag für die Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen müssen bis zum Ende der Legislaturperiode umgesetzt werden – dazu gehören beispielsweise die Verbesserung von Bildungs- und Teilhabechancen für jedes Kind, unabhängig von Herkunft oder Einkommen der Eltern und die Absicherung kindgerechter Lebensbedingungen für geflüchtete Kinder. Zudem fordern UNICEF Deutschland und das Deutsche Kinderhilfswerk von Bund und Ländern nachdrücklich die ebenfalls im Koalitionsvertrag angekündigte Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz. 


EU-Lieferkettengesetz: Große Chance für Kinderrechte ist durch Enthaltung der Bundesregierung gefährdet

Gemeinsamer Aufruf von deutschen Kinderrechtsorganisationen vor der Abstimmung in Brüssel am Freitag

© UNICEF/UNI487754/Himu

Berlin/ Köln, 7. Februar 2024 - Deutsche Kinderrechtsorganisationen sind enttäuscht über die Ankündigung der Bundesregierung, sich bei der Abstimmung des EU-Lieferkettengesetzes am Freitag zu enthalten und damit den über Monate hinweg verhandelten Kompromiss eventuell scheitern zu lassen. In einem gemeinsamen Appell fordern Kindernothilfe, Save the Children Deutschland, SOS-Kinderdörfer weltweit, terre des hommes Deutschland, UNICEF Deutschland und World Vision Deutschland die Bundesregierung mit Nachdruck auf, dem EU-Gesetzvorhaben zuzustimmen und so den Schutz von Kinderrechten in globalen Lieferketten zu stärken. 


„Wenn das EU-Lieferkettengesetz nicht kommt, wäre das eine große verpasste Chance für einen besseren Schutz der Kinderrechte in globalen Lieferketten“, sagte Dr. Sebastian Sedlmayr, Leiter der Politikabteilung bei UNICEF Deutschland. „Es gibt viele gute Gründe für ein solches Gesetz: Kinder haben ein Recht auf Schutz. Verbraucherinnen und Verbraucher wollen darauf vertrauen können, dass für Produkte und Dienstleistungen keine Kinder ausgebeutet, Menschenrechte verletzt oder Umweltschäden in Kauf genommen werden. Auch für Unternehmen sind Regelungen fairer, die europaweit gelten. Das EU-Lieferkettengesetz wäre deshalb ein sehr wichtiger Schritt.“


„Unsere intensive praktische Zusammenarbeit mit Unternehmen in Risikolieferketten zeigt tagtäglich, dass die kinderrechtlichen Anforderungen der EU-Richtlinie für Unternehmen gut umsetzbar sind“, sagt Eva-Maria Scholz, Abteilungsleitung Unternehmenspartnerschaften & Stiftungen bei Save the Children Deutschland. „Wir stehen ausdrücklich bereit, Unternehmen in Deutschland bei der Umsetzung ihrer kinderrechtlichen Sorgfaltspflichten aktiv zu unterstützen.“


Gemeinsamer Appell zum EU-Lieferkettengesetz
Das EU-Lieferkettengesetz wäre ein Meilenstein für den Schutz der Kinderrechte in globalen Lieferketten, da es Unternehmen in der gesamten EU dazu verpflichten würde, die Menschen- und Kinderrechte im Rahmen ihrer unternehmerischen Sorgfaltspflichten zu achten.  Wir als deutsche Kinderrechtsorganisationen wären sehr enttäuscht, wenn die Bundesregierung sich der Abstimmung für ein EU-Lieferkettengesetz enthielte und damit das Scheitern einer EU-einheitlichen Gesetzgebung riskierte.


Deshalb rufen wir die Bundesregierung heute mit Nachdruck dazu auf, das EU-Lieferkettengesetz im Rat der Europäischen Union zu unterstützen. Das EU-Lieferkettengesetz enthält wichtige Elemente internationaler Standards und Abkommen, die über das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) hinausgehen und schließt somit menschenrechtliche Lücken des deutschen LkSGs. So sollen Kinder als spezifische Personengruppe mit eigenen Rechten besser in unternehmerischen Sorgfaltspflichten berücksichtigt werden. 


Das EU-Lieferkettengesetz würde außerdem gleiche Regeln für alle in der EU tätigen Unternehmen schaffen und damit einer möglichen Benachteiligung deutscher Unternehmen durch die nationale Gesetzgebung entgegenwirken. Bereits während der EU-Ratspräsidentschaft in 2020 hatte sich die
Bundesregierung zu der Notwendigkeit eines EU-Lieferkettengesetzes für den Schutz von Kinderrechten im globalen Wirtschaftskontext bekannt. Die Bundesregierung hat den abgestimmten Richtlinientext mitverhandelt und sollte dem bereits ausgehandelten Kompromiss für ein EU-Lieferkettengesetz entsprechend zuzustimmen.


Ein Jahr nach den verheerenden Erdbeben in der Türkei und in Syrien sind die Folgen für Kinder weiter sehr präsent 

Anhaltende Krise in Syrien verschärft humanitäre Situation der Kinder und Familien

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New York/Amman/Genf/Köln/DUisburg, 6. Februar 2024 - Ein Jahr nach den tödlichsten Erdbeben in der jüngeren Geschichte der Türkei und Syriens sind die Auswirkungen der Katastrophe auf Kinder noch sehr präsent. Für die Menschen in Syrien werden die Auswirkungen der Erdbeben durch die anhaltende humanitäre Krise noch verstärkt. 


Bei den ersten beiden verheerenden Erdbeben am 6. Februar 2023, auf die zahlreichen Nachbeben folgten, wurden Tausende von Kindern getötet und verletzt. Familien wurden obdachlos und hatten keinen Zugang zur Grundversorgung wie sauberem Wasser, medizinischer Versorgung und Bildungsangeboten. Gleichzeitig waren Kinder vielfachen Risiken im Hinblick auf ihren Schutz ausgesetzt. 


Dank weitreichender humanitärer Hilfe konnten viele Menschen unterstützt werden. Doch in Syrien sind weiterhin rund 7,5 Millionen Kinder auf humanitäre Hilfe angewiesen. In der Türkei benötigen 3,2 Millionen Kinder lebenswichtige Unterstützung. „Die Erdbeben, die die Türkei und Syrien vor einem Jahr erschütterten, haben das Leben von Millionen Kindern von einer Minute auf die andere auf den Kopf gestellt. Tausende von Menschen kamen ums Leben. Häuser, Schulen und Gesundheitszentren wurden zerstört. Dadurch haben viele Kinder ihr Gefühl von Sicherheit verloren“, sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell.


„Die Unterstützung der Regierungen und humanitären Bemühungen hat dazu beigetragen, dass Familien ihr Leben langsam wieder aufbauen und Kindern geholfen wurde, ihre Erlebnisse zu verarbeiten. Aber viel zu viele Familien, insbesondere im Norden Syriens, sind weiterhin von einer humanitären Krise betroffen, deren Ende nicht absehbar ist.“ In Syrien befinden sich Kinder nach rund 13 Jahren Gewalt, Zerstörung und anhaltender humanitärer Krisen in einer der weltweit komplexesten Notsituationen.


Rund 7,5 Millionen Kinder benötigen aufgrund der sich zuspitzenden Wirtschaftskrise, anhaltender lokaler Konflikte, Massenvertreibungen und einer schwachen öffentlichen Infrastruktur humanitäre Hilfe – vielerorts steht die Grundversorgung vor dem Zusammenbruch. Die Wasser- und Abwassersysteme sowie die öffentliche Gesundheitsversorgung sind nach Jahren geringer Investitionen stark überlastet, wodurch Krankheitsausbrüche drohen. Die anhaltende Dürre und Wasserkrise sowie die unsichere Ernährungslage verschärfen die Situation weiter, was wiederum dazu führt, dass immer mehr Kinder unter Mangelernährung leiden und ihr Leben verlieren. Rund 90 Prozent der Familien in Syrien leben in Armut; mehr als 50 Prozent sind von Ernährungsunsicherheit betroffen.


Die anhaltende Wirtschaftskrise führt zudem dazu, dass insbesondere Frauen oft keine andere Wahl haben, als auf negative Bewältigungsmechanismen zurückzugreifen, während geschlechtsspezifische Gewalt und die Ausbeutung von Kindern weiter zunehmen. In der Türkei haben die Erdbeben die Bildung von mehr als vier Millionen Kindern unterbrochen. Im vergangenen Jahr hat UNICEF dazu beigetragen, rund eine Million der Kinder mit formalen und informellen Bildungsangeboten zu erreichen. Obwohl große Anstrengungen unternommen wurden, um den Zugang zu Bildung zu verbessern, gehen viele Kinder in den betroffenen Gebieten in der Türkei weiterhin nicht zur Schule.


Gemeinsam mit seinen Partnern hat UNICEF rund 4,7 Millionen Menschen mit Hilfsprogrammen erreicht, darunter 2,4 Millionen Kinder. Mehr als 1,5 Millionen Kinder und Betreuende wurden mit psychischer und psychosozialer Unterstützung und mehr als drei Millionen mit sauberem Wasser erreicht.  Für die Hilfe für von den Erdbeben betroffenen Kindern in der Türkei benötigt UNICEF 2024 116 Millionen US-Dollar. Für die Hilfe für Kinder in Syrien benötigt UNICEF in diesem Jahr 401,7 Millionen US-Dollar.


„Die Situation der betroffenen Kinder in der Türkei verbessert sich weiter, auch wenn es noch viel zu tun gibt", sagte Russell. „In Syrien verschlechtert sich die humanitäre Lage für Kinder und Familien. Ohne weitere humanitäre Anstrengungen und finanzielle Mittel zur Wiederherstellung der Grundversorgung wie beispielsweise in den Bereichen Bildung und Wasser- und Abwassersysteme werden die Kinder in Syrien in einem Teufelskreis aus Not und Krisen gefangen bleiben."


Schätzungsweise 17.000 Kinder im Gazastreifen sind unbegleitet oder von ihren Eltern getrennt  

Genf/ Köln/Duisburg, 2. Februar 2024 - „UNICEF schätzt, dass mindestens 17.000 Kinder im Gazastreifen unbegleitet oder von ihren Familien getrennt sind – jede dieser Trennungen bedeutet eine herzzerreißende Geschichte von Verlust und Trauer. Die Zahl entspricht einem Prozent der 1,7 Millionen Menschen, die innerhalb des Gazastreifens vertrieben sind.  Es handelt sich hierbei um eine Schätzung, da es unter den derzeitigen Sicherheits- und humanitären Bedingungen nahezu unmöglich ist, Informationen zusammenzutragen und zu überprüfen.


In dieser Woche bin ich aus Gaza zurückgekehrt. Ich bin vielen Kindern begegnet – jedes von ihnen hat seine eigene erschütternden Geschichte. Von den zwölf Kindern, die ich getroffen habe, hatte mehr als die Hälfte ein Familienmitglied in diesem Krieg verloren. Drei Kinder hatten einen Elternteil verloren, zwei sowohl ihre Mutter als auch ihren Vater. Hinter jeder dieser Zahlen steht ein Kind, das mit dieser schrecklichen neuen Realität konfrontiert ist.


Die elfjährige Razan war mit ihrer Familie im Haus ihres Onkels, als dieses in den ersten Wochen des Krieges bombardiert wurde. Sie verlor fast alle ihre Angehörigen. Ihre Mutter, ihr Vater, ihr Bruder und ihre beiden Schwestern wurden getötet. Razans Bein musste amputiert werden. Nach der Operation infizierte sich ihre Wunde. Razan wird jetzt von ihrer Tante und ihrem Onkel versorgt, die nach Rafah geflohen sind. In einem Zentrum, in dem unbegleitete Kinder betreut werden, habe ich zwei Kinder im Alter von sechs und vier Jahren kennengelernt. Sie sind Cousins und ihre Familien wurden Anfang Dezember getötet. Vor allem das vierjährige Mädchen steht noch unter Schock.   


Ich habe diese Kinder in Rafah getroffen. Wir befürchten, dass die Situation von Kindern, die ihre Eltern verloren haben, im Norden und im Zentrum des Gazastreifens noch dramatischer ist. In Konfliktsituationen kümmert sich häufig die erweiterte Familie um verwaiste Kinder. Doch viele Familien sind angesichts fehlender Nahrungsmittel, Wasser und Unterkünfte verzweifelt. Es ist eine große Herausforderung, sich um ein weiteres Kind zu kümmern, während sie selbst mit aller Kraft versuchen, ihre Kinder und Familien zu versorgen.


In dieser Situation ist es wichtig, dass die vorübergehende Versorgung und Unterstützung der Kinder sichergestellt wird. Wo immer möglich, sollten Kinder mit ihren Familien in Kontakt bleiben und Angehörige identifiziert werden, damit sie wieder mit ihnen zusammengeführt werden können, sobald die Situation sich stabilisiert. Razan steht wie die meisten Kinder, die so Traumatisches erlebt haben, unter Schock. Jedes Mal, wenn sie sich an die Ereignisse erinnert, bricht sie in Tränen aus und ist kraftlos. Razans Situation ist auch deshalb besonders belastend, weil sie sich nur eingeschränkt bewegen kann und keine spezialisierten Unterstützungs- und Rehabilitationsdienste zur Verfügung stehen. 


Die mentale Gesundheit der Kinder ist stark beeinträchtigt. Sie zeigen Symptome wie extrem starke anhaltende Angstzustände oder Appetitverlust. Sie können nicht schlafen, brausen emotional auf oder geraten jedes Mal in Panik, wenn sie Bomben hören.


UNICEF schätzt, dass bereits vor diesem Krieg mehr als 500.000 Kinder im Gazastreifen psychologische und psychosoziale Hilfe benötigten. Wir gehen davon aus, dass mittlerweile alle Kinder – eine Million insgesamt – Bedarf haben. 

Gemeinsam mit seinen Partnern hat UNICEF mehr als 40.000 Kindern und 10.000 Betreuungspersonen mit psychologischer und psychosozialer Hilfe erreicht. Ich habe an den Angeboten teilgenommen und es war eine Erleichterung zu sehen, wie die Kinder spielen, malen, tanzen, singen und lächeln. Psychosoziale Angebote helfen ihnen, mit der schrecklichen Situation umzugehen. Aber natürlich reichen diese bei weitem nicht aus. Die einzige Möglichkeit, psychische und psychosoziale Unterstützung in großem Umfang zu leisten, ist ein Waffenstillstand.


Im Jahr 2022 hat der sogenannte Kinderschutz-”Cluster” 100.000 Kinder mit relevanten Programmen erreicht. Auch jetzt könnten wir diese Hilfe ausweiten. Aber unter den derzeitigen Sicherheits- und humanitären Bedingungen ist dies nicht möglich. Noch eine Anmerkung: Die Kinder haben nichts mit diesem Konflikt zu tun. Dennoch leiden sie, wie kein Kind jemals leiden sollte. Kein einziges Kind sollte je solcher Gewalt ausgesetzt sein, wie wir sie am 7. Oktober und seither gesehen haben."