Duisburg, 22. September 2023 - Das Lehmbruck Museum zeigt
eine umfassende Werkpräsentation der Bildhauerin Alicja Kwade
(*1979). Die Schau präsentiert insgesamt 48 Werke von frühen
Fotografien, Papierarbeiten und Videos über Skulpturen, bis
hin zu raumgreifenden Installationen. Für das Lehmbruck
Museum entwirft Alicja Kwade eine Ausstellung, die Teile des
gesamten Museums umfasst. Sie erstreckt sich vom
Lehmbruck-Flügel über die Glashalle bis in den Neubau und
schließt auch den Skulpturenhof mit ein.
Alicja Kwade nutzt die Architektur des Museums dazu, um
Kontraste zu schaffen – zwischen hell und dunkel, leicht und
schwer, klein und groß. Es entsteht ein ganz eigener Kosmos,
in dem unsere bestehenden Annahmen ins Wanken geraten.
Die
Skulptur „l´ordre des mondes (Totem)“ ist extra für diese
Ausstellung geschaffen worden. Imposante Werke, wie die
Mobiles „Superheavy Skies“, die Rauminstallationen „Light
Touch of Totality“ und „Between Glances“ sind zum ersten Mal
in Deutschland zu sehen. Alicja Kwade nimmt sich die
Freiheit, das gesamte Repertoire der Kunst zu nutzen, um ihre
Fragen zu formulieren.
Sie verwendet Fotografie und
Video, die klassischen Materialien der Bildhauerei, Bronze,
Marmor, Holz, Edelstahl, die unterschiedlichsten Formen von
Steinen und Metallen und auch uns vertraute
Alltagsgegenstände. Alicja Kwade kombiniert immer wieder
diese verschiedenen Materialeigenschaften miteinander und
stört unsere Vorstellung von Schwere und Leichtigkeit, Masse
und Auflösung, Wahrheit und Fiktion.
Durch
scheinbar unendliche Spiegelungen, Dopplungen und
Irritationsmomente stellen uns ihre Werke vor überraschend
neue Perspektiven, fernab unserer Sehgewohnheiten. Die
Ausstellung öffnet uns die Augen für die Geschichte der Kunst
– von Wilhelm Lehmbruck über den Surrealismus und die Minimal
Art bis in unsere Gegenwart.
Die
Ausstellung nimmt das große Ganze in den Blick. Kwade
erforscht die Beschaffenheit der Gesellschaft und der
Systeme, in denen wir jeden Tag agieren.
Auf der
Suche
nach neuen Erklärungen und Modellen für das Verständnis
unserer Welt befasst sie sich mit den Grundsätzen unseres
Seins. Dabei stellt sie unsere Vorstellung von Realität
gekonnt auf die Probe und bringt uns dazu, die eigenen
Annahmen anzuzweifeln. Denn: Wer Zweifel hat, sieht genauer
hin und überdenkt, was sonst selbstverständlich erscheint.
Alicja Kwade beherrscht dieses Erkenntnis
bringende Spiel der Irritation perfekt.
Im
Bereich der zeitgenössischen Skulptur besitzt das Werk von
Alicja Kwade dabei eine Ausnahmestellung: Die bestechende
Ästhetik der Materialien, die Harmonie der Form gepaart mit
der präzisen Formulierung von existenziellen Fragen, sind
Qualitäten, die ihr Werk einzigartig machen.
Mit
ihrer Ausstellung „In Agnosie“ berührt sie die Kernpunkte der
Bildhauerkunst. Ihre Skulpturen und raumgreifenden
Installationen hinterfragen unser Verständnis von
Wirklichkeit. Sie bringen vertraute Formen der Wahrnehmung
aus dem Lot und stellen Wertesysteme auf die Probe. All das
ist notwendig, um unsere Vorstellung von Normalität
gelegentlich neu zu bestimmen. Der Titel der Ausstellung „In
Agnosie“ spitzt den Begriff der Agnosie, einer Störung der
Wahrnehmung, zu und nutzt ihn in einer philosophischen
Dimension, als „Idee des Verlustes der Sinneswahrnehmung“
(Kwade). Versagt unsere gewohnte Wahrnehmung, kann das der
Anfang einer anderen, neuen Form der Wahrnehmung sein.
Die Ausstellung wird gefördert von der Sparkasse
Duisburg, der Sparkassen-Kulturstiftung Rheinland, der GEBAG
Duisburger Baugesellschaft mbH, der duisport - Duisburger
Hafen AG und der Stadt Duisburg.
Edeltraud Klabuhn, Bürgermeisterin der Stadt Duisburg:
Als Bürgermeisterin der Stadt Duisburg erfüllt es mich mit
großer Freude, zu sehen, wie diese ambitionierte Ausstellung
Wirklichkeit geworden ist. Eine Stadt wird erst durch Kunst
und Kultur zu einer wirklich lebenswerten Stadt. Diese
Ausstellung rückt die menschlichen Sinne in den Mittelpunkt.
Sie erlaubt uns, unsere Umgebung auf augenscheinlich
gegensätzliche Weisen zu sehen. Wir bewegen uns zwischen
Realität und Vorstellung, zwischen dem Mikroskopischen und
Makroskopischen, dem großen Ganzen und den feinen Details.
Dieser dynamische Wechsel zwischen den Perspektiven und das
konstante Hinterfragen des Alltäglichen sorgen dafür, dass
wir uns weiterentwickeln können und unsere eigenen Grenzen
erweitern.
Marcus Budinger, stellvertretendes
Vorstandsmitglied der Sparkasse Duisburg: Alicja Kwade zeigt
uns mit ihren Werken, wie unsicher das vermeintlich
Selbstverständliche ist. Durch ihre Kunst erleben wir eine
andere Form der Realität. Dabei ist diese Verunsicherung, die
wir in dieser außergewöhnlichen Ausstellung erleben, eine
wertvolle Bereicherung. Sie konfrontiert uns mit Zweifeln und
Unsicherheiten – Emotionen, die wir eigentlich vermeiden
wollen.
Diese Schau ist ein leuchtendes Beispiel
dafür, wie das Lehmbruck Museum die Aufmerksamkeit auf sich
zieht, um die Stadt und Region ins internationale Rampenlicht
zu rücken und ihr ein einzigartiges kulturelles Profil und
eine unverwechselbare Identität zu verschaffen. Das
kulturelle Leben und Angebot vor Ort gilt als Indikator für
Lebensqualität und Attraktivität einer Stadt. Daher tragen
wir gerne mit unserem Engagement dazu bei, dass sich Kunst
und Kultur in Duisburg entfalten können und der Standort
Duisburg attraktiv und unverwechselbar bleibt.“
Dorothée Coßmann, Geschäftsführerin der
Sparkassen-Kulturstiftung Rheinland: Alicja Kwade ist eine
der bedeutendsten zeitgenössischen Künstlerinnen und kann auf
eine Reihe großartiger Projekte auf der ganzen Welt blicken.
Diese Ausstellung rückt das Lehmbruck Museum erneut in das
Scheinwerferlicht der internationalen Kunstszene. Dabei
scheint das Museum wie für die Werke Kwades gemacht: Der
gläserne Museumsbau und der Standort mitten in der Stadt
symbolisieren die Transparenz und Offenheit für alle
Besucher*innen. Alicja Kwades Werke im Außenraum des
Museums freuen uns besonders: So können Menschen im Park die
Kunst erleben. Die Sparkassen-Kulturstiftung Rheinland freut
sich, ein solch bemerkenswertes Projekt zu fördern, das nicht
nur für das Rheinland von großer Bedeutung ist, sondern auch
überregional Anklang finden wird. Davon sind wir überzeugt!
Katalog Es erscheint ein Katalog mit Texten von Dr.
Söke Dinkla, Anne Groh und Ronja Friedrichs, ca. 120 Seiten
mit 60 Abbildungen, zum Preis von 19,90 €.
Biografie Alicja Kwade Alicja Kwade
(*1979 in Kattowitz) lebt und arbeitet in Berlin. In ihren
Arbeiten erforscht und hinterfragt sie die Beschaffenheit von
Realität und Gesellschaft und reflektiert unsere alltäglichen
Wahrnehmungsgewohnheiten.
Ihre vielfältige Praxis
stützt sich auf Konzepte von Raum, Zeit, Wissenschaft und
Philosophie und nimmt in skulpturalen Objekten, öffentlichen
Installationen, Videos und Fotografien Gestalt an.
Zuletzt stellte sie unter anderem in folgenden Museen aus:
Berlinische Galerie – Landesmuseum für Moderne Kunst,
Berlin; Langen Foundation, Neuss, Deutschland; MIT List
Visual Arts Center, Cambridge, USA; Dallas Contemporary,
Dallas, USA; Espoo Museum of Modern Art, Espoo, Finnland;
Kunsthal Charlottenborg, Kopenhagen, Dänemark; Haus
Konstruktiv, Zürich, Schweiz; YUZ Museum, Shanghai, China;
Whitechapel Gallery, London, Großbritannien; Kunsthalle
Mannheim, Mannheim, Deutschland; Schirn Kunsthalle, Frankfurt
am Main, Deutschland; Haus Esters, Krefeld, Deutschland;
Kestner Gesellschaft, Hannover, Deutschland; und Hamburger
Bahnhof, Museum für Gegenwart, Berlin, Deutschland.
Im Jahr 2019 wurde Kwade beauftragt eine monumentale
Installation für das Metropolitan Museum in New York zu
schaffen. Auch an internationalen Gruppenausstellungen und
Biennalen nahm sie mit ortsspezifischen Installationen teil:
Place Vendome, Paris, Frankreich; Desert X AlUla,
Saudi-Arabien; Elevation 1049, St. Moritz + Gstaad, Schweiz;
Helsinki Biennale, Helsinki, Finnland; Desert X, Coachella
Valley, USA; La Biennale di Venezia, 57th International Art
Exhibition, Venedig, Italien; und Public Art Fund, New York,
USA. Kwades Werke sind Teil zahlreicher privater und
öffentlicher Sammlungen weltweit, darunter das Centre
Pompidou, Paris, Frankreich; Hirshhorn Museum, Washington,
USA; LACMA - Los Angeles County Museum of Art, Los Angeles,
USA; Louisiana Museum of Modern Art, Humlebaek, Dänemark;
Mudam - Musée d'Art Moderne Grand-Duc Jean, Luxemburg; mumok
- Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig, Wien, Österreich;
und Yuz Museum, Shanghai, China.
Begleitprogramm Begleitend zur Ausstellung
lädt das Lehmbruck Museum zu einer Reihe von Veranstaltungen
ein. Aktuelle Informationen werden auf der Website des
Lehmbruck Museums veröffentlicht: www.lehmbruckmuseum.de
Freitag, 20.10.2023, 16 Uhr Kann die Welt auch anders sein?
Kuratorinnenführung mit Dr. Söke Dinkla Teilnahme: 2 €
(zusätzlich zum regulären Eintrittspreis) Sonntag,
19.11.2023, 13 –17 Uhr, empfohlen ab 16 Jahren Parallele
Welten
Digitales Atelier Mit Beate Gärtner Teilnahme: 5 €
(zusätzlich zum regulären Eintrittspreis) In 360 Grad-Welten
können wir visuelle Eindrücke noch intensiver erleben – das
gilt erst recht für die Kunstwerke von Alicja Kwade. Mit
Hilfe von VR-Brillen tauchen wir nicht nur sinnlich in ihre
Kunstwerke ein, wir gestalten sogar eigene 3D-Skulpturen und
erweitern den virtuellen Ausstellungsraum mit unseren
künstlerischen Artefakten.
Donnerstag, 23.11.2023,
18 Uhr Entropie, Emergenz, Universum &
Transformationsprozesse Vortrag mit Prof. Dr. Axel Lorke und
Dr. Nicolas Wöhrl (Physik und Wissenschafts- kommunikation,
Universität Duisburg-Essen) Teilnahme: 5 € Ihr eigenes
Schaffen charakterisiert Alicja Kwade mit dem Satz: „Es gibt
keine Wahrheit, nur Perspektiven.“
Auf den ersten
Blick scheint dies dem Grundgedanken unserer Wissenschaft zu
widersprechen. In ihrem experimentellen Vortrag stellen Axel
Lorke und Nicolas Wöhrl das Gegenteil unter Beweis. Unter
Heranziehung naturwissenschaftlicher Konzepte, wie
„Entropie“, „Symmetrie“ und „Zeit“, befragen die beiden
Physiker das Werk Alicja Kwades und laden uns auf eine
imaginäre Reise durch unsere Welt und unser Universum ein.
Freitag, 15.12.2023, 16 Uhr In Wirklichkeit ist
die Welt ganz anders. Kuratorinnenführung mit Anne Groh
Teilnahme: 2 € (zusätzlich zum regulären Eintrittspreis)
Samstag, 20.1.2024, 17 Uhr Annahmen über die Wirklichkeit
Vortrag mit Prof. Dr. Markus Gabriel (Erkenntnistheorie,
Philosophie der Neuzeit und der Gegenwart, Universität Bonn)
Teilnahme: 5 € Die Werke Alicja Kwades stellen unsere
Annahmen über die Wirklichkeit permanent in Frage. Bei einem
geführten Rundgang lässt der Philosoph Markus Gabriel die
illusorischen Orte der Ausstellung „In Agnosie“ aufleben. Er
zeigt uns, dass die Welt nicht (nur) so ist, wie wir sie mit
unseren Sinnen erfassen, sondern dass wir die Wirklichkeit
nur begreifen können, indem wir permanent etwas zu ihr
hinzudenken.
Donnerstag, 25.1.2024, 18 Uhr Die
Realität der Virtualisierung in der künstlerischen Erfahrung
Vortrag mit Prof. Dr. Elena Esposito (Soziologie und ihre
interdisziplinäre Vernetzung, Universität Bielefeld)
Teilnahme: 5 € Die Ausdrucksmöglichkeiten, die die
Digitalisierung für Künstler:innen wie Alicja Kwade bietet,
gehen weit über die Produktion virtueller Kunstwerke und den
Einsatz digitaler Programme hinaus.
Die Loslösung der
virtuellen Welten von dem konkreten Erleben der „realen Welt“
ruft im Gegenzug innovative und intensive Erfahrungen im
Umgang mit den Exponaten im Raum der Ausstellung hervor.
Ausgehend von ihrer eigenen theoretischen Arbeit greift die
Soziologin Elena Esposito das Thema der des Digitalen in den
Werken Kwades auf, an denen sich ein neues Interesse an noch
nie dagewesenen Formen der Selbstbeobachtung ablesen lässt.
Freitag, 16.2.2024, 11-12 Uhr und 13–14 Uhr Meet &
Greet In einem persönlichen Gespräch bietet Alicja Kwade
Schüler:innen ab der 10. Klasse die Möglichkeit mit ihr über
ihr Werk und das Leben als Bildhauerin zu sprechen. Die
Plätze sind begrenzt. Teilnahme: kostenlos
Freitag,
16.2.2024, 17 Uhr Künstlerinnengespräch Über Zeit, Existenz
und verkehrte Welten: Alicja Kwade im Gespräch mit Silke
Hohmann Einführung: Dr. Söke Dinkla Teilnahme: 5 € Im neuen
Jahr begrüßen wir Alicja Kwade bei uns im Lehmbruck Museum.
Sie wird im Gespräch mit der Kunstkritikerin Silke Hohmann in
das große Thema der Ausstellung eintauchen: Von der eigenen
Unkenntnis zum Zustand des Noch-Nicht-Wissens. Die
Arbeitsmethoden und künstlerischen Überlegungen Alicja Kwades
lassen dabei Rückschlüsse auf den internationalen
Kunstbetrieb zu. Im Anschluss gibt es die Möglichkeit zur
Diskussion.
Sonntag, 25.2.2024, 16–19 Uhr Finissage
Teilnahme: Pay What You Want! Zum Abschluss der Ausstellung
laden wir Sie herzlich zu Gesprächen über die Kunst Alicja
Kwades ein. Bei Drinks, Häppchen und Musik verabschieden wir
verabschieden uns gemeinsam von den Werken der Künstlerin.
Jeden 2. und 4. Donnerstag im Monat, 15–17 Uhr,
empfohlen ab 14 Jahren Open Space Atelier Mit Jenny
Ohst Alle zwei Wochen haben Besucher:innen Zugang zu unserem
digitalen Atelier und können sich mit Grafiktablets
ausgestattet durch die Ausstellung bewegen. Unterstützt von
der Grafikdesignerin Jenny Ohst arbeiten sie selbstständig zu
Themen der Ausstellung und erschaffen dabei eigene digitale
Kunstwerke, die sie unter dem Hashtag #kwadeopenspace mit der
Welt teilen können. So entsteht während der Laufzeit der
Ausstellung eine gemeinsame, digitale Parallelwelt. Teilnahme
nach Anmeldung: regulärer Eintrittspreis
|